Die Suche auf dem Fremdenmarkt

  • Etwas erstaunte blickte Caecilia Alba ihren neuen Gesprächspartner schon an, als dieser ihr wie selbstverständlich von den Zusammenhängen von Philosophie und Rechtskunde berichtete.


    "Du verstehst es zu beeindrucken. Es ist erstaunlich mit welcher Gelassenheit und Selbstverständlichkeit über die Philosophie und Rechtskundes sprichst."


    Es machte Alba schon ein wenig stolz einen so interessanten "Fang" gemacht zu haben.
    Doch es schien sich zu bewahrheiten, dass ein gelehrter Mensch -besonders wenn er ein Mann ist- von den Freuden des Lebens wenig weiß. Oder gar nichts wissen will?


    "Du kennst nicht das berühmte Porneion der Urgulania? Mein lieber Marcus Achilleos. Sei dir gewiss, dass du was verpasst."


    Die schöne Caecilierin sprach diesen Satz mit Entrüstung aber einer verführerischen Entrüstung aus. Damit blickte sie Marcus tief in die Augen und fuhr mit einer Hand seine Beinkleider, was ganz bestimmtes suchend, entlang.


    "Oder willst du mir gar weiß machen, dass eure Männlichkeit in Indien geblieben ist?"


    Der Kommentar war zwar frech, aber typisch für Alba, die sich soetwas gerne mal rausnahm.

  • "Man verpasst so vieles im Leben. Alles zu kennen, ist unmöglich."


    Ich zuckte mit den Schultern. Als sie mir in die Augen sah, musste ich ihren Blick zwangsläufig erwidern. Sie hatte schöne grüne Augen. Gleichzeitig spürte ich ihre Hand an Stellen entlang wandern, an denen sie nichts zu suchen hatte. Ohne den Blick von ihren Augen zu lassen, griff ich ihre Hand mit eine schnellen Bewegung und zog sie nach oben. Ich zeigte dabei keine Verärgerung und behielt sogar mein höfliches Lächeln. Ich hielt ihre Hand dabei fest genug, damit sie sie nicht aus meinem Griff befreien konnte, aber gleichzeitig leicht genug, damit ich ihr nicht weh tat. Dabei sah ich ihr die ganze Zeit in die Augen. So lange, bis sie meinem inzwischen kalten Blick nicht mehr stand hielt.


    "Ich habe meine Gründe," sagte ich schließlich mit eisiger Stimme, aber immer noch höflich lächelnd und ließ ihre Hand los.


    "Ach, übrigens, wenn du es nochmal wagst, deine Hand in der Öffentlichkeit an Stellen von mir zu bewegen, wo sie nichts zu suchen hat, wirst du es bereuen."


    Der freundliche Tonfall, in dem ich das sagte, passte so gar nicht zu der Drohung. Ein Blick in meine Augen genügte aber, um von der Ernsthaftigkeit meiner Drohung überzeugt zu sein.

  • Urplötzlich packte Marcus Achilleos ihre Hand und zog sie mit einem so festen Griff an sich heran, dass ihr das Handgelenk schmerzte. Er schaute ihr tief ind die Augen, ein Blick, den Alba nicht lange stand halten konnte. Verzweiflete versucxhte sie sich aus seiner festen Umklammerung zu befreien.


    "Was erlaubst du dich!? Du verfluchter Sohn einer Sklavin hast mir weh getan."


    Caecilia Alba war wirklich wütend geworden. Und einige Besucher des Marktes hatten sich nach ihrem lautstarken Fluch bereits umgedreht. Mit böse funkelnden Augen trat sie Marcus Achilleos entgegen.


    "Höre mir gut zu. Wenn du nicht von einer Frau berührt werden willst. Vielleicht weil deine Männlichkeit in Indien geblieben ist oder du Knaben bevorzugst ist das deine Sache. Aber wenn du es noch einmal wagst mich so rüde anzufassen, dann lasse ich deine Hände abhacken."


    Ohne auf eine Antwort zu warten, drehte sich Caecilia Alba um und ging empört aber mit erhobenen Haupt davon.

  • Ich blieb einen Moment lang stehen. Sie wagte es, mich zu beschimpfen? Mich? Sie hatte mich in Verlegenheit gebracht, da brauchte sie sich über eine solche Reaktion nicht zu wundern! Es ging mir nur darum, mein Gesicht zu wahren! In Han hätte ich ihr vermutlich einfach die Hand gebrochen. Aber erstens war ich hier nicht in Han und zweitens war es jetzt eine Situation, in der wir beide kurz davor standen, das Gesicht zu verlieren. Ich fluchte kurz auf Chinesisch und ging ihr dann hinterher.


    "Warte!" sagte ich mit ruhiger Stimme, als ich sie eingeholt hatte. "Ich wollte nicht zu grob sein. Ich habe überreagiert. Erlaube mir, dir meine Reaktion zu erklären."


    Es lag jetzt an ihr, mich entweder hier stehen zu lassen oder mir zuzuhören. Ich würde jede dieser Möglichkeiten akzeptieren.

  • Gereizt war Caecilia Alba die Marktstände hinunter gegangen ohne diese eines BLickes zu würdigen. Plötzlich erschien wieder Marcus Achilleos an ihrer Seite und sprach sie an. Noch immer beleidigt würdigte sie ihm zunächst keinen Blick und hörte sich erst an was er ihr zu sagen hatte.


    "In der Tat Marcus Achilleos. Du hast überreagiert."


    Alba überlegte kurz, ob er es wert sei, dass sie sich seine Erklärung anhören sollte. Doch dann erinnerte sie sich an das, was er ihr gasagt hatte und wie sie auf ihn neugierig geworden ist.


    "Nun gut, erkläre dich," sagte Caecilia Alba knapp und blickte ihn erwartungsvoll an.

  • Ich nickte kurz.


    "In Ch'in ist es sehr wichtig, das Gesicht zu wahren. Insbesondere in der Öffentlichkeit. Und, ganz ehrlich, du warst kurz davor mich in Verlegenheit zu bringen. Das konnte ich nicht zulassen. Wehtun wollte ich dir dabei aber nicht. Dass ich es trotzdem getan habe, ist nicht entschuldbar. Das zeigt nämlich, dass ich mich selbst nicht im Griff hatte. Selbstbeherrschung ist auch sehr wichtig in Ch'in, vor allem für einen Beamten und Gelehrten wie ich es war. Dann kommt auch noch hinzu, dass vor fünf Jahren meine Frau bei der Geburt meines Sohnes gestorben ist. Mein Sohn starb kurz darauf. Seitdem lebe ich enthaltsam. Du hast mich diesbezüglich ebenfalls provoziert. Das ist zwar keine Entschuldigung, aber eine Erklärung. Ich lebe enthaltsam, bis ich der Meinung bin, dass es an der Zeit ist, das zu ändern."


    Ich redete ganz ruhig und objektiv. Keine Gefühlsregung war zu bemerken.


    "Außerdem bin ich mir nicht sicher, wie die philosophischen Lehren des Ostens genau zu deuten sind. Allerdings wächst meine Überzeugung, dass die Aufhebung der Gegensätze das höchste Ziel ist. Die Gegensätze bedingen einander. Kein Vergnügen bedeutet auch kein Leiden. So lange ich mir nicht sicher bin, werde ich meine Einstellung zum Vergnügen auch nicht ändern. Ich weiß, dass sich das unendlich hart gegen mich selbst anhören muss, das ist es vielleicht auch. Ich erwarte nicht, dass du das verstehst, aber ich erwarte, dass du das akzeptierst."

  • Noch immer 2war Caecilia Alba über Marcus Achilleos empört. Aber sie hörte sich seine Geschichte an und ihre Miene begann sich ein wenig zu beruhigen.


    "Nun gut. Du magst einen trefflichen Grund haben und wenn ich das gewusst hätte, hätte ich so nicht gehandelt. Da du dich entschuldigt hast, will ich mich auch bei dir entschuldigen. Es tut mir Leid Marcus Achilleos. Nicht nur meine Tat, sondern auch das, was dir in der Fremde wiederfahren ist."


    Alba konnte es selbst gar nicht fassen, dass es jemand geschafft hat sie mit einer solchen Geschichte zu erweichen. Es scheint, als ob unter der rauhen Schale doch ein weicher Kern steckt.

  • Ich schüttelte leicht meinen Kopf und lächelte sanft.


    "Du brauchst dich nicht entschuldigen, Caecilia Alba. Du konntest es ja nicht wissen, also liegt der Fehler ganz bei mir. Ich sollte mich besser im Griff haben. Meine Selbstbeherrschung war auch schon mal besser."


    Ganz vorsichtig nahm ich ihre Hand und tastete mit meiner anderen Hand über ihr Handgelenk und ihre Hand.


    "Tut es noch weh?"


    Ich war wirklich besorgt, dass ich sie verletzt haben könnte. Ohne dass ich es bemerkte, wurde das Tasten zu einem sanften Streicheln. Als ich es bemerkte, zog ich plötzlich, erschrocken über mich selbst, meine Hände zurück. Was war nur in mich gefahren?


    "Tut mir Leid... ich... ähm... tut mir Leid."

  • Caecilia Alba hörte sich die Worte des Marcu Archilleos etwas gerührt an und gab ihm auch bereitwillig ihre Hand. Sie genoss die kurzen Streicheleinheiten, bis ihm bewusst wurde, was er tat und seine Hand abrupt wegzog.


    "Lieber Marcus Achilleos, verstelle dich nicht."


    Alba reicht ihm ihre Hand.


    "Sei nicht hart gegen dich selber. Meine Hand ist immer für dich da."


    Caecilia Alba hatte das Gefühl, dass Marcus es für einen kurzen Moment genossen hatte ihre Hand zu berühren und dass es wohl schon sehr lange her gewesen sein muss, dass er eine Frau berührt hatte. Auch fühlte Alba, dass es ihm unangenehm war. Aber warum? Wollte er sich wirklich selber geißeln und bestrafen?

  • Einen Bruchteil einer Sekunde lang wollte ich sagen "Ich verstelle mich nicht", aber ich sagte es nicht. Es wäre eine Lüge gewesen. Ja, ich hatte es genossen, ihre Hand zu berühren. Ich hatte es genossen, sanft zu sein. Und zugleich fühlte es sich so ungewohnt an. Wie lange war das her? Fünf Jahre? Ein Teil von mir sehnte sich nach der Nähe einer Frau, während gleichzeitig an anderer Teil jede Nähe ablehnte, um nicht verletzbar zu sein. Und ich hatte die Theorie, dass durch Aufgabe des Glücks auch das Leiden aufgelöst wird. Inzwischen wurde mir bewusst, dass diese Theorie falsch war.


    Ich nahm Albas rechte Hand ganz vorsichtig und hakte sie in meinem linken Arm ein, wobei ich meine rechte Hand noch einen Moment lang auf ihrer Hand liegen ließ. Dabei lächelte ich nur und sagte nichts und sah ihr in die Augen. In ihre schönen, grünen Augen. Und diesmal war mein Blick sanft. Während normalerweise immer eine gewisse Härte in meinem Blick lag, um die Distanz zu wahren, war jetzt jede Härte aus meinem Blick gewichen. Etwas, das nur höchst selten passierte.

  • Die sanfte Berührung von Marcus Archilleos genuss Alba und sie lächelte als er sie bei sich einhakte. Es ging plötzliche eine Sanftmut von Marcus aus, die Caecilia Alba vor einem kurzen Augenblick für unmöglich hielt. Was war nur geschehen? War der Wolf in ihren Händen zu einem zahmen Lamm geworden? Sie blickte in seine Augen und sie sah nichts mehr von dem Zorn, der ihn noch vor kurzem bestimmt hatte. Eben wollte sie ihn noch verstoßen und nun, nun wollte sie ihn am liebsten umarmen oder besser gesagt, sie würde sich nun von ihm umarmen lassen. Auch ihr Zorn, den sie eben noch verspührte, schien durch seine Sanftheit verflogen zu sein. Caecilia Alba drückte sich ein wenig fester an Marcus, als sie eingehakt über den Markt gingen. Sie wollte jetzt nichts sagen, wollte jetzt nicht die Ruhe und die Gemeinsamkeit stören. Er würde schon wissen, wann es was zu sagen gibt.

  • Wortlos und Albas Nähe genießend ging ich langsam über den Markt. Auch wenn es nicht so aussah, schlenderten wir nicht planlos an den Läden vorbei. Ich wusste sehr genau, wohin ich wollte. In einer Gasse des Marktes war mein Ziel. Vorbei an einem Händler edelster Stoffe ging es in die Gasse, wo sich einige Gewürzhändler fanden. Zwischen diesen Geürzhändlern gab es ein kleines Lokal. Zielstrebig ging ich mit Alba dort hin und löste mich kurz von ihr, um ihr einen Stuhl zurück zu ziehen, damit sie sich setzen konnte.


    "Bitte, nimm doch Platz, Caecilia Alba. Etwas zu trinken wird uns sicher gut tun. Lass dich überraschen, ich bestelle uns beiden etwas Besonderes."


    Nachdem sie sich gesetzt hatte, nahm ich ihr gegenüber Platz. Der Inhaber des Lokals, ein Inder Namens Hemachandra, kam zu uns an den kleinen Tisch und begrüßte mich erfreut. Ich hatte ihn im Museion kennen gelernt, als er eine Sutra suchte. Ich half ihm bei der Suche und später hatte ich ihm mit meinen letzten Räucherstäbchen ausgeholfen, als er selbst keine mehr hatte. Ich wusste zwar nicht, was ihn nach Alexandria verschlagen hatte, aber ich war froh, im Zweifalsfall jemanden zu kennen, mit dem ich über den Buddhismus diskutieren konnte. Wobei ich selbst kein Buddhist war - zumindest noch nicht oder nicht wissentlich.


    Ich wechselte ein paar Worte mit ihm auf Indisch, dann verschwand er im Gebäude.


    "Das wird jetzt einen Moment dauern, aber es lohnt sich."


    Ich nahm Albas Hände in meine, während ich sie sanft ansah.


    Gar nicht so spät kam Hemachandra mit zwei feinen Keramikbechern und einer ebenso feinen Kanne zurück und stellte sie auf den Tisch. Ich füllte unsere Becher mit der dampfenden Flüssigkeit, die blass gelbgrün war und nach süßlich nach Jasmin duftete, wobei auch noch eine ganz feine andere Geruchsnote darüber lag. Ich hatte zwar keine Ahnung, wie mein indischer Bekannter an grünen Tee kam, den er persönlich mit Jasminblüten mischte, aber ich war ihm dankbar, dass er mir welchen ausschenkte. Denn eigentlich behielt e den Tee für sich.


    Ich hob meinen Becher andächtig hoch und hielt ihn einen Moment unter meinem Gesicht, um den Geruch genießen zu können. Dabei lächelte ich Caecilia Alba an.


    "Erfreue dich erst am Geruch und sei dann vorsichtig, damit du dir nicht die Lippen oder Zunge verbrennst. Nimm am besten nur einen kleinen Schluck udn bewahre ihn einen Moment im Mund, damit sich der Geschmack voll entfalten kann. Ich denke, dass du so etwas noch nie getrunken hast."


    Dann nahm ich einen kleinen Schluck.

  • Caecilia Alba genoss es mit Marcus Achilleos an den Ständen des Marktes vorbei, durch kleine Gassen zu schlendern. Schließlich kamen sie an ein kleine Taberna, wo sie Halt machten. Alba setzte sich und beobachtete aufmerksam, wie sich Marcus in einer fremden Sprache mit dem Wirt unterhielt.


    Ohne Widerstreben ließ Alba Marcus ihre Hände nehmen. Es kam nicht sehr oft vor, dass Caecilia Alba mit einem Mann in einer kleinen gemütlichen Taberna verkehrte, ohne dass Inunia Urgulania ihre Finger im Spiel hatte. Aber das war nunmal ihr Geschäft und Caecilia Alba fand nichts ehranrüchiges daran. Ganz im Gegenteil. Während sie gemeinsam an dem kleinen Holztisch saßen herrschte eine vielsagende Stille. Alba blickte Marcus tief mit ihren grünen Augen an, als sie von dem Wirt unterbrochen wurden.


    Alba lauschte den Worten Marcus und führte die kleine Schale an ihre Lippen. Das Getränk war in der Tat heiß und duftete nach dem Land jenseits Babylons. Vorsichtig nahm Caecilia Alba einen kleinen Schluck. Es war ein fremder, aber sehr wohltuender Geschmack.


    "Marcus Achilleos. Das schmeckt wirklich einmalig. Sag, wie heißt das Getränk?"


    Alba war sich sicher, dass sie durch diese zufälige Begegnung eine sehr interessante Bekanntschaft gemscht hat.

  • "Das Getränk heißt Chá. Wobei hier noch Jasminblüten zugefügt wurden. Selbst in Indien ist Chá selten und hier... naja, vielleicht gibt es das beim Kaiserhof, aber hier in Alexandria bin ich sehr froh, dass Hemachandra, der Eigentümer dieser Taberna, seinen Vorrat an Chá mit mir teilt."


    Mein Blick schien einen Moment lang in die Ferne zu blicken.

    "In Ch'in, jenseits von Indien, war Chá für mich alltäglich."


    Mein Blick hatte etwas Sehnsüchtiges und Nachdenkliches an sich.


    "Es ist schon seltsam, dass man manche Dinge erst zu schätzen weiß, wenn man sie nicht mehr hat, oder? Man sollte doch vielmehr mit offenen Augen durchs Leben gehen und sich auch an Kleinigkeiten erfreuen."


    Ich nahm einen weiteren Schluck meines Tees. Danach lächelte ich Caecilia Alba wieder sanft an.

  • Caecilia Alba hörte ihm interessiert zu als er von dem Getränk berichtete, was es wohl nur jenseits der großen Wüsten im Osten gibt. Es war ihr immernoch unverständlich, wie jemand so weit weg reisen konnte. Zwar gab es Leute die nach Gallien oder auch auch nach Germanien reisten, aber das lag alles im Imperium. Wieso ging jemand nur so weit weg?


    Alba merkte sofort, dass Marcus Blick ein wenig melancholisch in die Ferne schweifte, als er von dem Chá erzählte.


    "Es muss wohl sehr schön dort sein, wo man den Chá trinkt wie hier Wasser und Wein."


    Alba legte ihre Hand auf die von Marcus.


    "Erzählst du mir noch mehr von dem Land, was dich nicht mehr los lässt?"


    Sim-Off:

    *tschuldige, dass ich jetzt erst antworte. War aber tierisch im Stress.

  • "Die Landschaften sind schön, aber das Land hat nicht nur Freude gesehen. Dennoch... die bunt glasierten Dachziegel, die hohen Stadtmauern, von denen Fahnen wehen, die Handelsgüter... Seide, Jade und Gewürze... das alles macht das Leben dort lebenswert. Und die Art der Menschen. Höflichkeit ist wichtig. Jeder muss sein Gesicht wahren und man ist verpflichtet, andere ihr Gesicht wahren zu lassen, wenn es möglich ist. Das macht das Leben angenehmer als hier."


    Ich nahm den letzten Schluck Tee aus meiner Tasse. Bevor ich Alba's Tasse nachfüllen konnte, füllte ich meine aber nicht wieder auf.


    "Die Stadt, über die ich dort herrschte, lag am Rande der Tian Shan Berge, in einer Steppengegend. Es war eine kleinere Stadt, nur etwa 5000 oder 6000 Einwohner, dazu 100 Soldaten. Eine kleine Handelsstadt. Die Gebäude waren traditionell aus Holz, aber reich verziert. Die Dächer waren aus bunt glasierten Ziegeln. In meinem Statthalterpalast - naja, eigentlich eine kleine Villa und kein Palast - war ein schöner Innenhof mit einem gut gepflegten Garten. Seidene Vorhänge hingen vor den Fenstern und Kalligraphien auf Seide an den Wänden - einige davon habe ich selbst geschrieben. Es mangelte mir an nichts. Ich war ein junger Jìnshì, ein Gelehrter und Beamter des Kaisers. Ich war durch eine harte Ausbildung gegangen und hatte nach sieben Jahren alle drei Prüfungen, jede für eine höhere Beamtenebene, bis zur höchsten Ebene auf Anhieb geschafft. Mein bester Freund war Astrologe am Kaiserhof und auch ich hätte Hofbeamter werden können. Statt dessen wollte ich eine Herausforderung, eine Grenzstadt. Die hatte ich auch bekommen. Eine Schöne kleine Stadt, wie bereits gesagt. Ich machte gerne Ausritte in die Berge und genoß den Ausblick über die Hügel und die entfernten Ebenen. Die große Mauer von 10000 Li, das sind... ähm... etwa 3500 römische Meilen, glaube ich, reichte noch nicht bis zu meiner Stadt. Die Mauer soll den Norden des Reiches vor den Barbaren schützen. Da meine Stadt aber nicht geschützt war, ließ ich eine Stadtmauer bauen. Jeder Bürger musste zwei Stunden pro Tag beim Bau helfen. Ich selbst packte auch mit an. Ich hatte schließlich niemanden von meiner Verordnung ausgenommen. Viermal habe ich die Barbaren besiegt. Verloren habe ich nicht eine einzige Schlacht. Nichtmal eine Narbe habe ich behalten, obwohl ich selbst immer meine Reiterei persönlich geführt hatte."


    Ich war durchaus stolz auf das, was ich geleistet hatte. Das merkte man mir auch an.


    "Ich würde dir das Land ja gerne zeigen, aber ich denke nicht, dass du für mindestens zwei Jahre außerhalb des Imperiums umherreisen willst. Mal ganz abgesehen davon, dass ich gerade erst hier angekommen bin und eigentlich nicht vorhatte, so schnell wieder zurück zu reisen."


    Ich zwinkerte Alba zu.

  • Caecilia Alba saß mit offenem Mund da. So etwas hatte sie noch nie gehört. Der Mann, der dort vor ihr saß, muss wirklich jemand ganz außergewöhnliches sein. Doch schließlich entschied sie sich ihre Erstaunen nicht allzu sehr anmerken zu lassen. So lehnte sie sich zurück und fächelte sich ein wenig gelangweilt frischen Wind zu.


    "Nun, mein lieber Marcus Achilleos. Ich bin wirklich beeindruckt von einer solchen Lebensgeschichte, die du dein Eigen nennen kannst. Es gibt wirklich nicht viele, die es mit dir aufnehmen könnten. Aber ich gebe dir Recht. Auch wenn ich dieses Land gerne mal erleben möchte, so wäre ich wohl jetzt nicht bereit mich für eine so lange Zeit von meiner Familie zu trennen."


    Alba nahm das Zwinken war und verdeckte mit dem Fächer verführerisch ihr Gesicht, sodass nur ihre grünen Augen gerade Marcu anschauen konnten.


    "Ja, dass kann ich mir vorstellen, dass ihr erstmal hier bleiben wollt."

  • Also, eins musste ich Alba lassen, sie wusste sich durchaus interessant zu gestalten. Sie hatte sicher schon manchen Mann verführt. Auch ich selbst merkte, wie sich mein Puls etwas beschleunigte. Herzklopfen. Wie lange hatte ich es schon nicht mehr gespürt?


    Allerdings war sie nicht so gut darin, ihr Erstaunen verborgen zu halten. Das hatte ich bemerkt, auch wenn sie es zu verbergen suchte. Ihre Augen hatten sie verraten.


    Ich lehnte mich vor.


    "Noch etas Chá?"


    Dabei gab ich ihr mein charmantestes Lächeln. Früher hatte das meistens recht gut gewirkt.

  • Alba versuchte nicht allzu erstaunt zu wirken, doch sie war sich bewusst, dass es kaum gelingen mochte. Bisher hatte es noch kein Mann geschaft Alba wirklich zu beeindrucken und sie hätte auch einen Eid geleistet, dass dies niemand schaffen könnte. Doch jetzt hatte sie Marcus Achilleos kennen gelernt. Ein wirklich faszinierende Mann.


    "Ja, gerne", antwortete Caecilia Albe knapp auf seine Frage.


    Versucht er etwa jetzt mit mir zu flirten? Zu diesem Spiel gehören doch immer zwei, mein lieber Marcus Achilleos. dachte Alba, als sie sein verführerisches Lächeln sah.

  • Ich füllte unsere Becher mit dem Tee. Eine Weile sagte ich nichts, sondern betrachtete Alba nur. Dabei lächelte ich die ganze Zeit, ohne wirklich zu flirten. Sie hatte eine Eleganz und Schönheit, die mich faszinierte.


    "Hattest du eigentlich etwas Bestimmtes auf dem Markt gesucht?" fragte ich schließlich, um mich selbst aus meiner Faszination für Alba's Schönheit herauszureißen.

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