Forum Pacis | Eine Schankstelle

  • Davon, daß Piso solch eine bewegte Vergangenheit hinter sich hatte, ahnte Ursus natürlich nichts. Er hatte immer schon einen anspruchsvollen Geschmack gehabt, was Wein anging. Und er war entsprechend verwöhnt aufgewachsen, daß er nie auf etwas anderes angewiesen gewesen war. "Ja, er hat enorm viel erreicht, da hast Du Recht. Aber er hat es sich auch hart erarbeitet. Am Anfang hat er es nicht leicht gehabt. Doch mit Beharrlichkeit und starkem Willen hat er es weit gebracht. Und wird es sicher auch noch weiter bringen." Daß der Wille des lieben Onkels manchmal allzu stark war in seinen Augen, ließ er lieber unerwähnt.


    "Dein Vetter? So merkwürdig es ist, daß mein Onkel und ich nur so wenige Jahre auseinander sind, so erstaunt es, wieviele Jahre Du und Dein Vetter auseinander seid", lachte Ursus. Es war schon erstaunlich, was für Verwandtschaftsverhältnisse es gab. "Das ist er in der Tat. Ich finde ihn großartig, auch wenn er sich manchmal etwas kompliziert ausdrückt. Und ja, es schadet sicher nicht, wenn Du mit meinem Onkel sprichst. Er ist ohne Zweifel ein Mann, dessen Gesellschaft und Bekannschaft wünschenswert ist. Unsere Familien sind doch eng miteinander befreundet. Er empfängt Dich gewiß."


    Als Piso darum bat, noch etwas fragen zu dürfen, nickte Ursus. "Sicher darfst Du." Und grinste, als er hörte, was das für eine Frage war. "Du kannst ganz sicher sein, daß das nicht das Ende meiner Aspirationen ist. Allerdings wird es noch ein bißchen dauern, bis ich als Aedil kandidiere. Ich möchte vorher noch einige Erfahrungen sammeln. Wer weiß, vielleicht für ein paar Jahre ein Kommando übernehmen, falls der Kaiser mir sein Vertrauen schenkt. Ich hätte Spaß daran. Was ich mir für meine Zukunft vorstelle? Ich möchte eines Tages Consul sein. Aber das ist noch in sehr weiter Ferne und noch ein sehr weiter Weg dorthin. - Du siehst, Bescheidenheit ist nicht meine stärkste Tugend. Ich strebe nach den höchsten Zielen." Er lachte und nahm dann noch einen Schluck Wein.

  • Seine Reisen in der Vergangenheit waren schon eine Sache, an die er sich, trotz aller Unannehmlichkeiten, immer wieder gern zurückerinnerte, jedoch wurde er von den Gedanken daran abgelenkt, als Ursus begann, über seinen Onkel zu reden. Piso nahm einen Schluck von seinem Weinbecher und nickte dabei. „Durchaus ein bemerkenswerter Mann. Aber Kritik an seinem letzten Aedilat habe ich hie und da schon vernommen. Er hat ja keine Spiele ausgerichtet, und sich nur um administrative Belange gekümmert. Hat er dennoch vor, bald Praetor zu werden?“ Corvinus‘ Unterstützung könnte wohl ein wenig geschrumpft sein.
    Piso zuckte nur die Achseln. „Der Altersunterschied ist noch immer weniger erstaunlich als der, der zwischen mir und Flavius Furianus, eigentlich einem Neffen von mir, herrscht. Wir Flavier haben offenbar ein Händchen dafür, uns Frauen zu nehmen, die über lange Zeit hinweg gebärfreudig sind.“ Er lachte leise. „Na ja, da bin ich wohl das schwarze Schaf der Familie, bisher habe ich keine Frau gefunden, die sowohl mir als auch der Familie recht ist.“ Entweder oder wäre schon lange gegangen, aber Piso wollte weder gegen seine Familie anheiraten, noch wie ein toter Fisch im Strom mitschwimmen.
    Er nickte, als Ursus weiter redete über Corvinus. „Wenn er wirklich ein solcher Mann ist, dann werde ich einmal versuchen, mich mit ihm zu unterreden. Ich danke dir für die Empfehlung.“, zeigte Piso seine Dankbarkeit und trank wieder ein wenig. Neue Leute kennen lernen tat er immer gerne. Und wenn er bei den Aureliern einmal hereinplatzen würde, könnte er auch gleich feststellen, ob die Weine, die bei jenen eingelagert waren, besser waren als die der Flavier.
    Piso grinste zurück. „Das glaube ich dir.“, meinte er und hörte dann zu. „Ein Kommando? Sapperlot.“, murmelte Piso. „Wo denn? Ich meinte zu hören, der Legatsposten wird frei bei der Legion in Hierosolyma in Iudaea.“ Jerusalem war sicherlich eines der übelsten Pflaster, wo man als Legionslegat hinversetzt werden könnte, dies war sicher nicht im Interesse von Ursus.
    „Consul also. Nun, wieso nicht? Du bringst alle Anforderungen dazu bei! Ich bin mir sicher, dass du dies schaffen wirst.“, versicherte er Ursus. „Und, Bescheidenheit ist eine falsche Tugend. Hoch zu zielen, ja, das ist der rechte Geist!“ Das klang wie aus einem Gedicht, hehe, dachte sich der Flavier. „Ich wage noch gar nicht, zu träumen noch davon. Bislang ist mein Ziel der Senat. Wenn dies erreicht ist, stecke ich mir neue Ziele.“

  • Das war ein empfindliches Thema. Am meisten natürlich für Corvinus, aber durchaus auch für den Rest der Familie. "Mein Onkel wurde schwer krank während seiner Amtszeit. Von daher konnte er am Ende seinen Pflichten nicht mehr so nachkommen, wie er es sich gewünscht hätte. Natürlich bleibt das Ende einer Amtszeit immer am besten in Erinnerung, zumindest bei denen, die von den Gründen nichts wissen. Vielleicht wird er erst noch einmal als Aedil kandidieren, bevor er sich als Praetor zur Wahl stellt. Wir werden sehen, so konkret sind die Pläne noch nicht." Zumindest offiziell war es noch nicht und die Wahl noch in weiter Ferne.


    "Dann seid ihr Flavier glücklich zu nennen. Viele patrizische Familien haben eher das Problem, zu wenig Nachwuchs in die Welt zu setzen. Solch ein glückliches Händchen hätte ich auch gerne, denn gegen viele Kinder habe ich nichts einzuwenden." Die Gens Aurelia strotzte schließlich auch nicht gerade vor Nachwuchs. Es gab definitiv zu wenig Kinder in der Familie. Es wurde Zeit, das zu ändern.


    "In Iudaea? Dahin zieht es mich nicht so richtig, muß ich zugeben. Na, warten wir es ab. Vorerst steht noch der mündliche Teil des Examen Tertium an." Er zuckte mit den Schultern. Iudaea war doch wirklich arg wenig prestigeträchtig.


    "So habe ich es auch gemacht. Erst das Ziel Senat erreichen. Dann weiterschauen. Dieses Ziel habe ich nun erreicht und kann mir in aller Ruhe das nächste Ziel in der Ferne betrachten. Laß uns etwas abmachen: Wenn Du in den Senat berufen wurdest, dann laß uns wieder einen Wein zusammen trinken in Gedenken an dieses Gespräch." Er dachte an die Wette, die er mit Decima Lucilla vor sehr langer Zeit abgeschlossen hatte. Leider war sie nicht mehr in Rom, so daß es mit der Einlösung ein wenig schwierig wurde.

  • Piso hatte da offenbar kein ideales Thema angesprochen. Ursus selber schien nicht so richtig gerne darüber sprechen. Er beeilte sich also, seine Position dazu zu klären. „Glaub mir, es gibt niemanden, der ihn mehr versteht als ich. Mich selber fesselte im Sommer eine schwere Sommergrippe einige Zeit lang ans Bett. Das war nicht sehr angenehm.“, schilderte er Ursus. „Und ich finde, angesichts seiner Krankheit hat er herausragende Arbeit geleistet.“ Corvinus hatte schließlich alle verwaltungstechnischen Sachen seine Amtes gut geregelt, was ein großes Maß an Bewunderung abnötigte. „Ob er sich als Praetor oder als Aedil zur Wahl stellt, er wird sicherlich ein großes Maß an Unterstützung hinter sich vereinen können.“ Dessen war er sich sicher. Die Unterstützung der patrizischen Familien hatte er sicherlich.
    Er lachte kurz auf. „Dass es große Altersunterschiede oft zwischen Geschwistern gibt, heist nicht, dass es viel Nachwuchs gibt. Vielmehr gebären unsere Frauen ziemlich unregelmäßig...“ Da die Frauen der Flavier auch im späten Alter so gut gebärten, legte den verdacht nahe, dass dies nichts mit den Frauen zu tun hatte, sondern eher an den Männern. Doch Piso wollte gar nicht dran denken.
    „Examen Tertium? Ach, an der Academia. Du wirst es nicht glauben, aber ich habe dort schon zwei Examen abgelegt, in der Hoffnung, irgendwann einmal ein Tribunat zu besetzen. Mal sehen, wie es kommt. Denn auch ich habe nicht sonderlich viel Lust darauf, in irgendein elendes Nest geschickt zu werden. Wenn es nicht Iudaea für dich sein wird, wohin würde es dich dann ziehen?“ Er dachte kurz nach. „Mir würde ja Britannia gefallen. Ich mag das Land, ich war schon einmal für eine längere Zeit dort.“ Er zuckte die Schultern. „Wie gesagt, das liegt noch in der Zukunft.“
    Er nickte, als Ursus ihm erzählte, wie er gestartet hatte, und begann zu lachen, als ihm Ursus ein verlockendes Angebot machte. „Zu gerne, Ursus! Das wäre eine sehr gute Idee! Ich werde es mir merken, und dann am Tag vor dir an der Türe stehen. Mit meiner gestreiften Toga.“ Die Aussicht darauf machte ihn ganz hibbelig. „Welch schöner Tag wird das sein – zuerst eine Ernennung in den Senat, und dann ein geselliger Umtrunk. Perfekt, bei Bacchus.“, musste Piso sagen und trank ein wenig von seinem Getränk.

  • "Im Sommer ist so eine Grippe fast noch hinterhältiger als im Winter. Wie gut, daß Du sie ohne böse Folgen überstanden hast." Solche Krankheiten waren nicht zu unterschätzen, rafften sie doch alljährlich Unzählige, auch junge gesunde Menschen dahin. "Dann verstehst Du ja gut, daß sein Aedilat nicht gerade unter einem guten Stern stand. Ja, dafür, daß er so lange krank war, hat er es gut gemeistert. Sein Ansehen ist weiterhin sehr groß. Zumal er sich ja auch sehr stark in den Cultus Deorum einbringt. Er kann sich der Unterstützung vieler sicher sein. Eine Sicherheit, die er sich hart erarbeitet hat." Wieder nahm Ursus einen Schluck aus dem Becher und griff auch nach etwas Brot und Käse.


    "Du hast bereits zwei Examen abgelegt? Nicht schlecht für jemanden, der gerade erst mit dem Cursus Honorum beginnen will. Natürlich haben wir Patrizier nicht gerade die erste Wahl, wenn es um Tribunate geht. Aber ich kann Dir nur raten, eins zu machen. Ich selbst habe von mir erst gedacht, daß mir das Militär gar nicht gefallen würde. Ich habe das erste Tribunat in Germania bei der Legio II nur angetreten, weil das Militär in meiner Familie eine gewisse Tradition besitzt und ich dachte, daß die Erfahrung mir gut tun könnte. Aber dann gefiel es mir ausgesprochen gut. Ich durfte sehr eigenverantwortlich arbeiten. Mit Germanicus Sedulus, der damals als Quästor in Germania war, besuchte ich germanische Stämme jenseits des Limes, um die Verträge zu erneuern. Und ich erhielt das Kommando über die Reiterei und trieb den Ausbau des Limes weiter voran. Meine guten Erfahrungen bei der Legio II trieben mich dazu, ein zweites Tribunat abzuleisten, als ich auf meine Erhebung in den Senat eh noch warten mußte. Britannia würde mich auch reizen. Auch Gallien oder Raetien oder Hispania. Aber ich muß gestehen, daß mir die heißen südlichen Länder nicht so liegen." Er zuckte mit den Schultern. "Letztendlich ist das Tribunat nur ein Jahr. Das geht sehr schnell vorüber. Also ist es im Grunde egal, wohin es einen verschlägt."


    Ursus lachte, als Piso seinen Besuch am Tage seiner Ernennung bereits fest ankündigte. "Ich werde dafür sorgen, daß ein besonders guter Tropfen für diese Gelegenheit bereit steht", versprach er und grinste schelmisch, "damit Deine schöne neue Toga an dem Tag auch gleich richtig eingeweiht wird." Ein Versprechen, das leicht zu halten war, da er immer sehr guten Wein vorrätig hielt für besondere Gelegenheiten.

  • Piso nickte nur düster, als Ursus ihm beipflichtete, was die Gefährlichkeit einer solchen Grippe anging. Dass es überhaupt nicht so schlimm gewesen war, und er es sich womöglich auch nur eingebildet hat, wurde natürlich nicht erwähnt an dieser Stelle. „Oh ja, er ist eine echte Bereicherung für das Leben in Rom, das denke ich ebenfalls.“, stimmte er Ursus zu und tat es jenem gleich, indem er auch einen Schluck Wein trank.
    „Nun, dann werde ich einmal sehen, was die Zukunft bringt. Ich selber weiß ja auch nicht, ob mir ein Tribunat viel bringt, aber es wurde mir nahe gelegt vonseiten meiner Familie. Deshalb habe ich wohl meine Examina gemacht. Und vielleicht auch aus einem Gefühl von... Neugierde heraus. Ich persönlich finde, obwohl ich jetzt schon ein Militärtheoretiker bin, die Soldateska ein wenig... wie soll ich sagen, unästhetisch. Im Schlamm herumkriechen und sich mit irgendwelchen Barbaren zu raufen ist nicht das, was wirklich erringenswert ist. Wenn man es objektiv betrachtet.“, fügte er schnell hinzu. „Aber sicherlich gibt es auch viele Seiten des Lebens als Soldat, die schön sind. Der Dienst für Kaiser und Vaterland... aber ich stelle mir vor, die meisten Soldaten sind in der Legion, weil sie sich finanziell über Wasser halten wollen.“ Die Legion bot schließlich sehr viele Anreize. Zum Beispiel Verpflegung und gute Sölde.
    Er hörte weiter zu, als Ursus von seiner Zeit in Germanien erz;ahlte. Es klang eigentlich doch recht interessant. Ein Name fiel, den er schon das eine oder andere Mal gehört hatte – Germanicus Sedulus. Piso hielt, so einfach vom Hörensagen, nicht viel von ihm, aber wer wusste, was dies für ein Mann wirklich wäre.
    „Nun, da muss ich dir recht geben. Da muss man viel zu viel schwitzen beim Training.“, grinste er. „Ja, die Provinzen, die du aufgezählt hast, sind sicherlich reizvoll. Vor allem Raetia, dort befinden sich ja die höchsten Berge des Imperiums. Sicherlich schön.“, meinte er. „Nun, ein Jahr ist ein Jahr, und man will nicht ein ganzes Jahr in einem öden Kaff verbringen.“, war er sich sicher.
    Piso grinste zurück, als Ursus seine Versprechungen machte. „Ich danke dir vielmals! Du musst wissen, einem guten Wein bin ich nie abgeneigt.“ Er lächelte nochmals und trank wieder aus seinem Becher. „Sag, hast du eigentlich bei deinen tribunaten viel kämpfen müssen? Bist du auch in lebensgefährliche Situationen geraten?“ Piso war ein halbwegs passabler Fechter, aber er wollte sicher seine Haut nicht zu Markte tragen.

  • Das Thema Corvinus schien so langsam abgehandelt zu sein, wie Ursus feststellte. Auch wenn er mit seinem Onkel ständig aneinander geriet, hielt er ihn tatsächlich für eine Bereicherung für das Leben in Rom. Auch wenn er das ihm gegenüber kaum zugeben würde. Und wenn, dann würde Marcus es ihm wohl nicht glauben, von daher war es eh überflüssig, es ihm zu sagen.


    "Ein Tribun kommt eher selten bis gar nicht in die Verlegenheit, durch den Schlamm kriechen zu müssen", stellte er trocken fest. "Während meiner zwei Tribunate mußte ich es nicht einmal tun. Eigentlich hat man hauptsächlich Verwaltungsaufgaben zu bewältigen. Ich hatte den Legaten damals darum gebeten, mich mehr im militärischen Bereich einzusetzen, weil ich wirklich reinschnuppern wollte ins Soldatenleben. Glaub mir, einfacher Soldat würde ich nicht sein wollen. Allein, wie beengt sie leben müssen. Und was sie alles schleppen müssen. Nein, da ist es angenehmer, auf seinem Pferd zu sitzen und Sklaven und Knechten die Schlepperei und groben Arbeiten zu überlassen." Er mußte unwillkürlich schmunzeln. "Ödes Kaff? Du wirst eh fast immer in der Castra sein. Wo diese steht, ist dabei fast unwichtig. Allenfalls das Klima ist ein Auswahlkriterium. Und der Ruf der einheimischen Bevölkerung. Aufstände sind gewiß kein Vergnügen."


    Als Piso nach Kämpfen fragte, schüttelte Ursus den Kopf. "Nein, kämpfen mußte ich nicht, abgesehen vom Training, das ich mir aber selbst auferlegt hatte. Zwei Mal war die Situation brenzlig. Einmal bei besagten Verhandlungen - Du glaubst nicht, was diese Germanen so vertragen können. Und sie erwarten, daß Du mit ihnen mithältst beim Trinken! Und das andere Mal, als einige Germanen auftauchten beim Limesausbau. Aber beide Male ging es gut und wir konnten friedlich miteinander sprechen. Mulmig war's mir allerdings, das muß ich zugeben."

  • Ursus machte keinerlei Bemerkung mehr zum Thema Corvinus, was auch gut war, denn ein wenig unangenehm war dieses gesprächsthema doch geworden, schnitt es doch etwas bei den Aurelierin an, was jenen offensichtlich nicht genehm war. So trank er einen Schluck aus seinem Becher Wein, stellte ihn wieder ab.
    Denn seine Konzentration sollte nicht mehr auf den Wein gerichtet sein, vielmehr aber auf Ursus, der nun über das Leben als Tribun erzählte. „Das ist gut.“, meinte er mit einem erleichterten Aufatmen, als das Schlammkriechen als unnötig erklärt wurde. Als Schöngeist wäre ihm das unglaublich zuwider. Verwaltungsaufgaben, das klang nach etwas, womit er sich eindeutig mehr anfreunden konnte. Er nickte nur, als Ursus meinte, er wolle kein gemeiner Soldat sein. „Nein, ich sicherlich auch nicht.“ Piso schüttelte es innerlich. „Wie die wohnen müssen! Ich habe schon ein paar Legionslager gesehen... nicht meine Welt, muss ich leider sagen. Aber ein Tribunat werde ich vielleicht doch machen, wenn auch nur um meinen Lebenslauf etwas interessanter zu machen.“ Nicht, dass er irgendwann in den Senat kam und dann von irgendjemanden angegriffen wurde, weil er noch niemals im Heer gewesen war.
    Piso hörte weiter zu, als Ursus erzählte. „Nun, ich denke, wo ein Legionslager ist, wird es nie langweilig.“, gab er zu. „Und, da hast du recht. Sagen wir, an der parthischen Grenze stationiert zu sein ist sicher nicht das Gelbe vom Ei.“
    Gespannt hörte er auch weiterhin zu, als Ursus von seinen Beinah-Kamp-Erfahrungen erzählte. Piso lächelte kurz, als er davon erzählte, wieviel die Germanen aushielten. Hmm, er musste zu wenig lange in Mogontiacum gewesen sein, um dies voll mitzubekommen. Obwohl, lustig hatte er es sich schon gemacht. „Das kann ich verstehen! Wenn so ein reisiger germanischer Klotz vor dir auftaucht! Bis an die Zähne bewaffnet waren sie sicher auch! Hast du eigentlich auch etwas germanisch gelernt?“, fragte er am Rande.

  • Das erleichterte Aufatmen war kaum zu übersehen. Ursus mußte schmunzeln, offenbar hatte sich Piso falsche Vorstellungen vom senatorischen Tribunat gemacht. Gut, wenn er ihm ein wenig Licht in diese Sache bringen konnte. "Als Tribun steht Dir ein eigenes Haus zur Verfügung. Es ist nicht riesig, aber durchaus ausreichend. Ein wenig Personal ist da, aber es empfiehlt sich, eigene Sklaven mitzunehmen. Also, ich würde die Erfahrung nicht missen wollen. Als senatorischer Tribun ist man der Stellvertreter des Legaten. Auch wenn die ritterlichen Tribune gerne versuchen, einen in die Versagerecke zu stellen, bedeutet diese Stellung durchaus Macht und Einfluß. Zu lernen, sich dort zu behaupten zwischen all den Berufssoldaten, kann sich später als ausgesprochen nützlich erweisen." Ursus war zutiefst davon überzeugt, daß ein Militärtribunat ausgesprochen nützlich war. Wenn es nach ihm ginge, wäre es auch für Patrizier Pflicht.


    "Germanisch? Ich? Guten Tag heißt Heilsa. Damit hören meine Germanischkenntnisse schon auf. Und ja, sie sind bis an die Zähne bewaffnet gewesen. Ich glaube, allenfalls im Bett tragen sie keine Waffen. Vielleicht." Er lachte und füllte die Becher nach. "So genau weiß ich das nicht, muß ich zugeben."

  • „Ein eigenes Haus... mhm.“ Piso wusste dies von seiner Prüfung her noch, doch er wollte Ursus nicht einfach forsch ins Gesicht hauen, er wüsste dies schon. Er nickte also nur. Die nachfolgenden Ratschläge waren aber sehr nützlich, dachte er sich. „Sklaven? Nun gut, werde ich machen...“ Zu welchem Ausmaß seine Sklaven wohl von Nutzen sein würden? Antiochos und Phrima waren leider die einzigen, denen er halbwegs vertraute. Cassivellaunus würde er auch wohl mitnehmen, obwohl er stank. Artomaglos und Semiramis waren ihm immer suspekter, je mehr er darüber nachdachte. Was sie bloß in Germanien trieben? Er hätte andere Sklaven schicken sollen. Doch nun war es zu spät.
    „Hmm, gut, dann werde ich das machen. Und, keine Sorge, wer wäre ich, dass ich mich von ritterlichen Tribunen herunterziehen lassen würde? Als senatorischer Tribun würde ich einfach meine Arbeit machen, und fertig.“, schloss er. „Und behaupten... hmm.“, brummte er. „Sicher kein Problem.“ Das war nicht ganz die Wahrheit, Piso fand den Anblick eines komplett ausgerüsteten Soldaten einigermaßen furchteinflössend. Aber dies war wohl nötig.
    „Na ja, sicherlich, es ist ja auch eine hässliche Sprache.“ Piso zuckte mit den Achseln und nahm etwas vom Käse. „Diese Germanen scheinen ja schreckliche Menschen zu sein. Da lobe ich mir, was die Barbaren angeht, die Kelten, die haben wenigstens ein wenig Kultur.“ Er schluckte etwas von seinem Wein herunter. Wehmütig erinnerte er sich an den schönen gallischen Anhänger, den er als seinen Wetteinsatz im großen Sängerwettstreit am Forum verloren hatte.

  • Ursus konnte ja nicht wissen, daß auch Piso den Lagerbau als Thema für das Examen gehabt hatte. Schließlich wechselten die Themen alle paar Jahre mal. Und seine bisherigen Äußerungen hatten so geklungen, als wüßte er es nicht. Es war auch nicht so wichtig, Piso schluckte diese überrflüssige Information ja völlig ungerührt, so daß Ursus weiterhin dachte, dem Flavier unschätzbare Dienste zu leisten, indem er ihn auf die Gegenheiten gut vorbereitete. Ein ziemlich gutes Gefühl.


    "Das ist gut, daß Du Dich nicht herunterziehen läßt. Am besten ist es natürlich, wenn Du es schaffst, Dich mit ihnen oder wenigstens einem Teil von ihnen anzufreunden. Ihre Erfahrung ist groß und sie können so manchen guten Tip geben." Er hatte damals wirklich Glück gehabt, daß er von den vorhandenen ritterlichen Tribunen nicht von vornherein abgelehnt worden war.


    "Nein, so kann man das eigentlich auch nicht sagen. Es wäre ungerecht, sie einfach als schreckliche Menschen abzustempeln. Ich fand einige von ihnen sehr sympathisch. Andere wieder nicht. Die meisten haben eine rauhe, direkte Art, die ich persönlich sehr erfrischend fand. Aber andere sind sehr listig und heulen mit den Wölfen, um sie vielleicht eines Tages zu übertönen. Naja, mach Dir ein eigenes Bild, sollte es Dich einmal dorthin verschlagen." Bis heute traute Ursus den Ducciern nicht. Oder besser, den meisten von ihnen. Aber gar so deutlich wollte er es nicht sagen.

  • Pisos Hirnwindungen arbeiteten derweil noch immer. Er würde schon ein senatorisches Tribunat bekleiden, wenn man ihn ließ, aber trotzdem konnte er leichte Zweifel in der Hinsicht nicht komplett beiseite schaffen.
    Er nickte nur, als Ursus seine Intention, sich nicht herunterziehen zu lassen, als Charaktereigenschaft hinnahm. In der Realität sah es doch anders aus – Piso war in machen Belangen (zum Beispiel denen, die seine Eitelkeit konfrontierten) stur wie ein Eber, aber doch in manchen (von denen er dachte, andere kannten sich da besser aus wie er) biegsam wie ein Grashalm. Und in letzterer Angelegenheit war es halt so, dass ein Soldat mehr übers Lagerleben wissen würde als ein Schreibtischstratege wie Piso. Und wenn man erst rausfinden würde, dass Pisos Eigenschaften nicht eben jenen entsprachen, die man von einem gestandenen Mannsbild erwarten würde... er wollte gar nicht daran denken. Ursus schien es aber ganz gut gehabt zu haben in der Legion, so wie er drauflosquatschte. „Ja, Freunde machen ist immer wichtig.“, stimmte Piso zu. Und Piso wusste auch, wie man jemanden am Besten zu seinem Freund machte – mit Freibier. Oder Freiwein. Ursus wusste das offensichtlich auch, wodurch er nun einen Stein im Brett bei Piso hatte.
    Er hörte sich das an, was Ursus über die Germanen erzählte. Er lächelte. „Nun ja, es gibt solche und solche, wie überall. Und, ich war schon einmal in Mogontiacum. Das ist aber schon sehr lange her.“, berichtete er. „Und in Argentorate, welches mir eine unendlich feinere Stadt erschien. Weiter in den Norden kam ich nicht, aber man sagt ja, dass Germania Inferior von den Göttern verlassen ist.“ Ein schrecklicher Gedanke für den Arvalbruder Piso. „Ich weiß nur von den Germanen, dass sie versuchen, römische Besucher auszupressen wie die Zitronen.“ Er zuckte die Achseln. Es war klar, wie Piso das Geld, das ihm sein Vater übereignet hatte, verloren hatte, und nun in der Kanzlei arbeiten musste, um sich wieder Kapital aufzubauen.

  • Ursus kannte Piso ja fast noch gar nicht. Er konnte daher nicht ahnen, was der Flavier für Bedenken hatte oder wie er sich selbst einschätzte. Er selbst hatte das Tribunat nicht als unüberwindlich empfunden, daher nahm er an, daß jeder andere junge Mann mit einer ähnlichen Vorbildung genauso damit fertig wurde. Hier und jetzt wirkte Piso ja auch keinesfalls unfähig oder kontaktscheu. Also würde er es sicher bewältigen.


    "Wenn Du bereits in Germanien warst, dann brauche ich Dir ja gar nichts mehr zu erzählen", lachte Ursus und nahm noch einen Schluck Wein und dazu ein bißchen Käse. "Haben die Germanen versucht, Dich auszunehmen? Jemand bestimmtes? Diese Erfahrung zumindest blieb mir erspart. Darf ich fragen, was Dich nach Germanien getrieben hatte?" So wirklich freiwillig reiste ja selten jemand dorthin. Zumindest kannte Ursus nicht viele Leute, die es freiwillig einfach so tun würden.


    "Ich finde es gut, daß endlich wieder ein Flavier den Cursus Honorum anstrebt. Seit Aquilius Rom verlassen hat, ist es still geworden um eure Gens. Außer Gracchus und Furianus ist niemand mehr wirklich aktiv in der Politik vertreten." Zumindest nicht in solchem Maße, daß es ihm aufgefallen wäre.

  • „Wie gesagt, ich war nicht sehr lange da, und über die dortigen Sitten habe ich kaum etwas gelernt.“ Sonst hätte er ja Ursus auch kaum über so etwas ausgefragt. Seine Fragen waren viel eher darauf ausgerichtet, Wissenslücken zu schließen – und Ursus war dahingehend auch sehr hilfreich, wie Piso es ihm anerkennen musste.
    Die Frage, wieso Piso dorthin gegangen war, war eine interessante solche, die Piso lächeln ließ. „Einfach so.“, antwortete er freimütig. „Ich wollte Germania sehen, und deshalb bin ich dorthin gegangen. Weißt du, bevor ich nach Rom gegangen bin, habe ich das Imperium Romanaum bereist, sozusagen auf Grand Tour. Und der einzige Platz, wo ich nicht hingekommen bin...“ Er lachte. „...war Achaia.“ Er wusste, dass sehr viele Römer nach Achaia gingen, um dort ihre Ausbildungszeit zu verbingen. „Ich war dafür auf Creta, sogar ziemlich lange, und in Kleinasien. Naja, wenn ich dir von meinen ganzen Reisen erzählen würde, säßen wir noch zur 4. Vigilia hier.“ Er trank wieder einen Schluck von seinem Wein.
    Er lächelte ein wenig, als Ursus seine Freude darüber aussprach, dass die Flavier wieder im Kommen waren. „Es wurde durchaus Zeit, da muss ich dir zustimmen.“, meinte er nur. „Wenn ich nur wüsste, wieso mein Vetter Aquilius sich zurückgezogen hat.“ Offensichtlich war ihm die ganze Politik über den Kopf gewachsen. „Also heißt das, du würdest meine Kandidatur unterstützen?“, fragte Piso interessiert.

  • "Als Experten für die germanischen Sitten würde ich mich auch nicht gerade bezeichnen. Aber vielleicht helfen Dir meine Tipps ja, sollte es Dich dorthin verschlagen." Er jedenfalls war das Jahr über gut damit über die Runden gekommen.


    "Einfach so?" Ursus lachte amüsiert, während er noch eine Olive nahm. "Eigentlich gibt es kaum einen besseren Grund, irgendwo hinzureisen. So ganz frei von Zwängen. Du hast also das Imperium bereist? Also, ein bißchen was davon würde ich schon gerne hören, wenn es Dir nichts ausmacht. Ich kann Dir ja dann im Gegenzug von Achaia berichten. So sind wir dann beide bestens über alles informiert." Wieder mußte er lachen. Es war tatsächlich, als würden sie sich ganz gut ergänzen mit ihren Erfahrungen.


    "Schade, ich dachte, Du wüßtest vielleicht etwas. Ich habe ihn sehr geschätzt und würde mich freuen, ihn wiederzusehen." Aquilius als guten Freund zu bezeichnen würde wohl zu weit gehen, so gut hatten sie sich nicht kennen gelernt. Doch Ursus wäre gerne enger mit ihm befreundet gewesen.


    "Nun, wenn Du Dich bis zur Wahl nicht irgendwie als Vollidiot darstellst, dann wüßte ich nicht, warum ich einem Flavier die Unterstützung verweigern sollte."

  • „Gut möglich, nochmals danke. Ich werde mir deine Ratschläge auf jeden Fall merken.“ Gleich zu Hause aufkritzeln. Erfahrungen aus erster Hand waren nicht leicht immer zu erhalten.
    Er lächelte, als Ursus ein wenig erstaunt schien ob der tatsache, dass er nur so gereist war. „Einfach so.“, bestätigte er und ließ ein anderes Kässtückchen seinen ihm vorbestimmten Weg via Mund in seinen Magen finden. Er lachte, als Ursus einen Erfahrungsaustausch vorschlug. „Sicherlich! Wovon willst du hören? Von Kreta? Ich kenne mich dort recht gut aus. Oder aber von Gallien oder Hispania?“, bot er ihm an. „Von Achaia würde ich wirklich gerne etwas hören. Warst du denn beim Orakel von Delphi? Und auf der Akropolis in Athen? Oder in Olympia?“, fragte er neugierig. Es gab so viel in Achaia zu sehen, und jeder war schon da gewesen... außer ihm. Irgendwie sollte er dereinst dies ändern. Irgendwann einmal.
    „Aquilius habe ich nie persönlich kennen gelernt.“, gab er zu. „Er ist aus der hispanischen Linie, und er war in Rom, als ich in Hispania war, und jetzt, wo ich in Rom bin, ist er wieder in Hispania. Schon ironisch, oder?“, lächelte er. „Ich hoffe nur, dass es ihm gut ergeht.“ Denn bei den Flaviern war es in letzter Zeit häufiger geworden, Krankheiten anheim zu fallen. War dies der patrizische Inzucht? Das einzige alte Familienmitglied, welches er kannte und gesund war, war sein Onkel Manius Sabinus. Auch sein Vater erfreute sich noch guter Gesundheit, obwohl schon um die 50. Von Felix‘ Gesundheitszustand hörte man hingegen nichts. Gracchus‘ Vater seinerseits war früh gestorben.
    Er musste abermals lachen, als Ursus seine Unterstützung ihm versicherte. „Ich danke dir!“ Nur hoffte er, er würde vor der Wahl in kein größeres Fettnäpfchen treten. Das konnte man glatt noch von ihm haben.
    „Apropos. Ich habe eine Frage, die absolut nichts mit dem zu tun hat, was wir gerade besprechen. Du hast doch einen Patron, oder?“, fragte er.

  • Ursus mußte unwillkürlich lachen. Piso war sehr geschickt darin, aus anderen Informationen herauszukitzeln, ohne selbst viel zu sagen. Das war keine schlechte Eigenschaft für einen Politiker. "Also, ich hörte, die gallischen Mädchen seien eine Erwähnung wert. Ich kenne nur eines, und das ist meine Sklavin. Sie ist allerdings auch durchaus bemerkenswert. Hispania stelle ich mir eigentlich nicht wesentlich anders vor als Italia. Oder irre ich mich da? Kreta... davon habe ich schon gelesen. Ja, ich glaube, ich würde sehr gerne von Kreta hören. Du kennst Dich dort gut aus? Was sollte man sich ansehen, wenn man Kreta besucht? Ich meine, was lohnt sich wirklich und was ist eher langweilig?" Nicht alles, was in Schriften hochgelobt wurde, war schließlich wirklich einen Besuch wert.


    "Selbstverständlich war ich hauptsächlich zum Lernen in Achaia. Was ich dort auch intensiv getan habe. Nunja. Natürlich", er hüstelte ein wenig verlegen, "waren dies auch die Jahre meiner Jugend und durchaus auch von einigen sagen wir... ungestümen Abenteuern geprägt. Eigentlich bin ich froh, daß ich diese Sturm- und Drangzeit so weit weg von Rom verbracht habe. Das hat meinen Ruf hier doch deutlich geschont." Er grinste ein wenig verschwörerisch. Daß einer der anderen Römer, die dort als Jünglinge ihre Zeit verbrachten, wilde Geschichten über ihn verbreiteten war kaum zu fürchten. Sie alle hatten mindestens so viel auf dem Kerbholz wie er selbst.


    Auf die Frage nach dem Patron nickte er. "Ja, ich habe einen Patron. Es gibt wohl nicht viele Römer, die keinen haben. Du hast noch keinen?" Die Frage danach schien diese Annahme zumindest nahezulegen.

  • Piso wusste jetzt nicht, wieso Ursus lachte, aber er lachte trotzdem gepflegt-kontrolliert mit und brachte diesen Heiterkeitsausbruch mit einem Schluck aus seinem Wein zu einem kultivierten Ende. „Gallien, und die Mädchen dort, sind unbeschreiblich. Die Frauen dort haben es echt drauf.“, gestand er. „Lugdunum... ach, wundervoll. Seither weiß ich, wieso man sagt, man lebt wie Iuppiter in Gallien. Denn Essen haben sie auch nicht schlechtes. Nur etwas seltsames. Stell dir vor, Froschschenkel. Ohne Zweifel ein Gericht aus den Tagen, als Caesar versuchte, die Bevölkerung von Alesia auszuhungern.“, meinte er. „Deine Sklavin ist auch Gallierin? Hmm... ist die auch so... du weißt schon... erwähnenswert?“ Er grinste Ursus fröhlich zu.
    „Hispania ist schon was anderes. Sehr trocken, wie die Weine, die aus dem Land kommen. Ich war aber nur im Norden, in Tarraco, im Ebrotal und im Baskenland. Sehr schön. In Flaviobriga hatte ich ein etwas unschönes Erlebnis... meine Fremdenführerin hat sich in unserer Herberge in der Nacht aufgehängt. Seltsames Mädchen, hatte noch ihr ganzes Leben vor sich...“ Er schüttelte den Kopf.
    „Kreta ist wundervoll. Die Ruinen von Knossos und die von Phaistos sind unbedingt einen Besuch wert. Und erst die Höhlen! Auf Kreta gibt es viele schöne Höhlen, die man besichtigen kann... wie auch weite Schluchten. Wundervolle Landschaften, sage ich dir. Gortyn ist obendrein eine nette Stadt.“, erklärte er.
    Er lachte lauthals, als Ursus meinte, er wäre heilfroh, sich in Achaia ausgetobt zu haben. „Nun, das ist auch schön. Ich habe auch noch zu meiner Anfangszeit hier in Rom den einen oder anderen Spaß getrieben. Aber ich bin jetzt auch ruhiger geworden.“, meinte er zu Ursus. Und das war auch gut so. Obwohl, Piso würde im Herzen immer ein Kindskopf bleiben.
    „Doch, doch, ich habe einen.“, strafte er wohl den Gedanken des Ursus Lügen. „Purgitius Macer.“ Sicher würde Ursus den kennen. „Wer ist denn dein Patron?“, fragte er.

  • "So, das klingt, als wäre Gallien tatsächlich eine Reise wert." Ursus grinste breit. An Pisos gutem Geschmack die Frauen betreffend zweifelte er nicht im Mindesten. "Ja, meine Sklavin ist ausgesprochen hübsch. Leider hat sie auch ein recht loses Mundwerk. Damit ist sie manchmal ziemlich anstrengend. Sind andere Gallierinnen auch so? Und die essen Froschschenkel? Naja, klingt, als wäre nicht viel dran und daß es sonderlich lecker ist, kann ich mir auch nur schwer vorstellen. Aber unbedingt seltsamer als gefüllte Giraffenhälse klingt es in meinen Ohren nicht unbedingt. Hast Du sie denn probiert, diese Froschschenkel? Schmecken sie? Oder sollte man auf solch einen Versuch lieber verzichten? Das, was Du von Hispania berichtest, lockt mich allerdings nicht sonderlich. Heiß und trocken, ich weiß nicht. Klingt wie Aegyptus, nur ohne Pyramiden. Und dahin zieht es mich auch schon nicht. Warst Du da mal? Die meisten sind ja restlos begeistert von den Bauwerken und Kunstwerken." Konnten die wirklich so viel prächtiger sein als die römischen? Ursus wagte es, dies zu bezweifeln.


    "Also die Ruinen von Knossos und Phaistos. Und die Höhlen und die Landschaft. Eines Tages werde ich gewiß einmal dorthin kommen. Dann werde ich Deinem Rat folgen und diesen Dingen oberste Priorität einräumen." Als er über Kreta sprach, hatte Piso so geklungen, als würden diese Orte ihm sehr am Herzen liegen.


    "Hoffentlich haben die Senatoren Deine Sünden dann schon vergessen, so sie denn davon gehört haben." Die meisten hatten ja ein eher kurzes Gedächtnis. Andere hingegen wärmten uralte Geschichten gerne immer wieder auf. Von daher waren diese Worte nur ein halber Scherz.


    "Senator Purgitius? Ja, den kenne ich. Wir haben ab und an miteinander zu tun, da er der Princeps der Russata ist. Mein Patron ist Vinicius Lucianus. Kennst Du ihn?" Er sah keinen Grund, damit hinter dem Berg zu halten.

  • „Unbedingt, ja.“, bestätigte Piso. „Vor allem die Mittelmeerküste. Massilia ist eine wundervolle Stadt, sehr unterschätzt, wenn man auf kontemporäre Reisebeschreibungen blickt.“ Er meinte dies sehr ernst und nickte bedächtig. Er blickte auf, als Ursus über seine Sklavin berichtete. „Hmm, interessant.“ Er verkniff sich die Frage, ob er mit ihr schon einmal das Bett unsicher gemacht hatte, mit Müh und Not, so dick befreundet waren Piso und Ursus ja wohl (noch) nicht. Hätte Piso gewusst, dass Ursus ihm Feinschmeckertum, was Frauen anging, unterstellte, wäre er erstaunt gewesen, wurde seine Heterosexualität doch regelmäßig in Frage gestellt. Aber Ursus hatte da recht, Piso war kein Kostverächter. „Loses Mundwerk?“ Piso lächelte, mit genug schmutziger Phantasie konnte man diese Worte zweifach deuten. „Durchaus.“, antwortete er trocken und grinste.
    „Froschschenkel sind überraschend gut, einmal jene, die ich probiert hatte.“ Wer Piso kannte, wusste, er ging keinem potentiellen Leckerbissen aus dem Weg. „Man muss sie kochen, aber geröstet, denke ich, wären sie auch gut. Und, du hast recht, merkwürdigeres Essen gibt es auf jeden Fall. Schon einmal sarmatische Fischeier probiert? Nun, wie dem auch sei, ich habe Hispania wohl ein wenig harsch beschrieben. Es ist sehr nett dort. Ein wenig schläfrig, will man fast meinen. Und ja, ich war in Aegyptus. Ich mochte es. Du nicht?“, fragte er nach. „Alexandria fand ich nett. Nun, sehr heiß allerdings.“, gab er zu.
    Er nickte, als Ursus für sich selber wiederholte, was Piso ihm gesagt hatte. „Oh ja, es ist wunderschön dort. Geh unbedingt dort einmal hin.“ In Kreta hatte er eine wunderschöne Zeit gehabt... und Unfug getrieben, die Kreter hatten nur noch mehr den Kopf geschüttelt.
    Piso lachte, als Ursus ihm seine Hoffnung aussprach. „Dies hoffe ich auch...“ Die eine Geschichte stand ja noch in der Acta... bona dea. Piso war damals unendlich stolz darauf gewesen, etwas Furore erzeugen zu können aber mittlerweile dachte er doch, er hätte es vielleicht lieber sein lassen.
    „Ah, Vinicius Lucianus.“ Einer der beiden Vinicius-Brüder. Obwohl vielleicht etwas farbloser als sein brillierender Bruder (was nicht viel heissen mochte), noch immer eine wichtige Persönlichkeit. Ein Consular auf jeden Fall. Piso hatte ihn ebenfalls als Patron erwogen, sich aber doch gegen ihn entschieden. „Keine unwichtige Figur in der Politik... denkst du, er würde es mir übel nehmen, wenn ich ihn die Tage einmal aufsuche? Wegen der Wahl?“, fragte er.

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