Davon, daß Piso solch eine bewegte Vergangenheit hinter sich hatte, ahnte Ursus natürlich nichts. Er hatte immer schon einen anspruchsvollen Geschmack gehabt, was Wein anging. Und er war entsprechend verwöhnt aufgewachsen, daß er nie auf etwas anderes angewiesen gewesen war. "Ja, er hat enorm viel erreicht, da hast Du Recht. Aber er hat es sich auch hart erarbeitet. Am Anfang hat er es nicht leicht gehabt. Doch mit Beharrlichkeit und starkem Willen hat er es weit gebracht. Und wird es sicher auch noch weiter bringen." Daß der Wille des lieben Onkels manchmal allzu stark war in seinen Augen, ließ er lieber unerwähnt.
"Dein Vetter? So merkwürdig es ist, daß mein Onkel und ich nur so wenige Jahre auseinander sind, so erstaunt es, wieviele Jahre Du und Dein Vetter auseinander seid", lachte Ursus. Es war schon erstaunlich, was für Verwandtschaftsverhältnisse es gab. "Das ist er in der Tat. Ich finde ihn großartig, auch wenn er sich manchmal etwas kompliziert ausdrückt. Und ja, es schadet sicher nicht, wenn Du mit meinem Onkel sprichst. Er ist ohne Zweifel ein Mann, dessen Gesellschaft und Bekannschaft wünschenswert ist. Unsere Familien sind doch eng miteinander befreundet. Er empfängt Dich gewiß."
Als Piso darum bat, noch etwas fragen zu dürfen, nickte Ursus. "Sicher darfst Du." Und grinste, als er hörte, was das für eine Frage war. "Du kannst ganz sicher sein, daß das nicht das Ende meiner Aspirationen ist. Allerdings wird es noch ein bißchen dauern, bis ich als Aedil kandidiere. Ich möchte vorher noch einige Erfahrungen sammeln. Wer weiß, vielleicht für ein paar Jahre ein Kommando übernehmen, falls der Kaiser mir sein Vertrauen schenkt. Ich hätte Spaß daran. Was ich mir für meine Zukunft vorstelle? Ich möchte eines Tages Consul sein. Aber das ist noch in sehr weiter Ferne und noch ein sehr weiter Weg dorthin. - Du siehst, Bescheidenheit ist nicht meine stärkste Tugend. Ich strebe nach den höchsten Zielen." Er lachte und nahm dann noch einen Schluck Wein.