Die Folgen einer Nacht

  • Axilla wusste nicht, in welchem Abstand sie zu Thimótheos laufen sollte, dass es richtig wäre. Sich bei ihm einhaken kam schon mal erstmal nicht in Frage. Aber allzu weit durfte sie von ihm auch nicht weg sein, sonst konnten sie sich nicht gut unterhalten.
    Nachdem sie die Wohnung der drei Brüder verlassen hatten, beschäftigte Axilla unter anderem auch diese Frage. Aber viel dringender wollte sie eigentlich wissen, was zwischen ihnen beiden nun genau passiert war. Das konnte sie aber kaum besprechen, wenn man sie auf der Straße hören konnte.
    Sie schritt daher nahe neben Timos her und überlegte, wie sie es am besten anfangen sollte. So wirklich wollte ihr kein Anfang einfallen, zumindest keiner, der irgendwie klug geklungen hätte. Schließlich seufzte sie und wandte sich an Timos.
    Also, gestern, oder heute nacht... was genau…?
    Sie brach wieder ab und schaute kurz zu Boden. So konnte sie es nicht anfangen.
    Ich kann mich an nicht mehr so viel erinnern. Als ich heute morgen aufgewacht bin, hatte ich nur ein leichtes Hämmern im Kopf."

  • Timos musste schmunzeln, als Axilla so vor sich hin stammelte. Er schaute sie einen Moment lang nur an, während er überlegte ob er direkt auf die Nacht im Bett eingehen sollte oder lieber erst die vorhergegangenen Ereignisse abarbeiten sollte.


    "Uhm...also wir haben uns in einem Ramschwarenladen am Xenai Agorai kennen gelernt. Weißt du das noch?"

  • Mit dem getrockneten Frosch, ja. Und dann sind wir in eine… Taberna gegangen, wo Hähne gekämpft haben, und danach etwas Essen. Und wir haben mir ein Kleid gekauft. Für ein Fest, glaube ich.
    Ja, soweit erinnerte sich Axilla noch. Aber danach wurde es sehr schwammig. Und eigentlich interessierte sie sich mehr für das, was später passiert war und wann und in welchem Zusammenhang sie ihm das mit dem Eichhörnchen gesagt hatte. Nichtmal Silanus wusste von ihrem Spitznamen. Sie musste Timos schon wirklich sehr vertraut haben, ihm das zu sagen.

  • Der getrocknete Frosch...Timos musste grinsen.
    "Gut. Selbstverständlich bist du an dem interessiert, was dann geschah." Er machte eine kurze Pause, schaute starr geradeaus - die Straße war bereits relativ voll, so dass man auf seine Schritte achten musste - und ordnete seine Gedanken.


    "Nach unserem gemeinsamen Essen hast du auf ein weiteres Abenteuer bestanden. Naja und da ich einen guten Tag hatte und du ziemlich verwegen zu sein schienst... - er grinste schelmisch - ...habe ich dich in eine etwas andere Taverne geführt. Nunja, das Problem war allerdings, dass du wohl nicht so viel Wein und...andere Dinge vertragen hast wie ich dachte."


    Jap. Er redete um den heißen Brei herum. Und weshalb? Mann, sie waren hier mitten auf der Hauptstraße, wo jeder mithören konnte!
    Also sagte er gedämpft: "Hättest du etwas dagegen, etwas abseits der überfüllten Straßen zu gehen?"

  • Sie hatte darauf bestanden? Axilla konnte es schlecht abstreiten, da ihr die Erinnerung fehlte. War sie gestern wirklich so übermütig gewesen? Sie kannte sich selbst gut genug, um zu wissen, dass sie manchmal mehr als nur ein wenig unkonventionell war. Also nahm sie es mal als wahr hin.
    Die Menschen auf der Straße störten sie auch, vor allem, da sie eigentlich in Ruhe mit Timos reden wollte. Ihretwegen hätte sie sich auch in eine stille Ecke verziehen können und erstmal reden und dann zur Basilea gehen können. Aber so direkt wollte sie das jetzt nicht sagen. Also nickte sie ihm erst einmal zu und verließ mit ihm die Hauptstraßen. Er kannte sich in dieser Gegend von Brucheion wohl besser aus als sie, und sie folgte ihm bereitwillig, bis sie schließlich auf menschenleeren Pfaden unterwegs waren.
    Du sagtest, ich würde andere Dinge nicht so gut vertragen. Was meinst du damit? Wir haben doch nicht schon in der anderen taberna… oder?

  • Hier war es schon viel angenehmer. Sie gingen nun eine ruhige Straße entlang, die über kleinere Umwege zum Paneion führte. Von dort aus war es ein Leichtes, zur Basileia zu finden.


    Gespielt entrüstet schaute Timos Axilla an, als sie so im Trüben stocherte. Ja, es war ein schlimmes Gefühl nicht zu wissen was am letzten Abend geschehen war.
    "Wo denkst du hin?" Er lachte verhalten.
    "Nein, mit 'andere Dinge' meinte ich eigentlich Opium. Ich war wirklich dumm. Ich war so schwachsinnig und habe dich in eine Opiumhöhle geführt...naja und du hast es dir natürlich auch nicht nehmen lassen, das Zeug zu probieren."


    Er war nun stehen geblieben und schaute Axilla direkt an. Seine 'Grauen Sturmwolken' versuchten zu ergründen, was wohl hinter Axillas Schädelwand so vor sich ging.
    "Ich muss dich um Verzeihung bitten. Ich hätte dich niemals an solch einen Ort mitnehmen dürfen."

  • Sein Blick war so eindringlich. Axilla stand einen Moment nur da und schaute in seine Augen zurück, unfähig, etwas zu sagen. Sie stand einfach nur da und schaute zurück. Erst nach einigen Herzschlägen senkte sie den Blick und musste erstmal schlucken, bevor sie sprechen konnte.
    Ich hab wirklich Opium probiert? Das erklärt wohl, warum ich mich nicht mehr erinnern kann.
    Verlegen kratzte sie sich am Arm. „Du hast mich ja nicht gezwungen, dahin mit dir zu gehen. Es war meine eigene Schuld.“ Zumindest glaubte Axilla das. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass er sie dazu bekommen hätte, wenn sie sich gewehrt hätte. Da kannte sie sich zu gut und wusste, wie kratzbürstig sie sein konnte, wenn sie etwas nicht wollte. Dann würde Timos hübsches Gesicht sicher von Kratzern durchzogen sein, wenn sie sich hätte wehren wollen.
    Und dann bin ich danach mit zu dir gegangen? War das wirklich meine Idee?
    Sie konnte sich das gar nicht vorstellen. Wobei, ein Teil von ihr konnte es sich wohl doch sehr gut vorstellen. Aber dass sie wirklich ihre Erziehung so vergessen hatte?

  • Er zog eine schräge Schnute und schaute sie skeptisch an. Na, wenn sie das so sagte...er hatte immerhin alles noch im Gedächtnis. (:D)
    "Ja...du hattest die Idee, zu mir zu gehen."
    Er fuhr sich verlegen mit der Hand durch die Haare und fuhr zögerlich fort.


    "Also, du warst....du warst so dicht, dass du mir nicht einmal mehr sagen konntest, wie dein Nomen Gentile ist und wo du wohnst. Weißt du...du hast behauptet, du wohntest in Tarraco...und dein Name sei Skioura. Das fand ich ziemlich niedlich...äh, ja..."


    Super Timos! Du haust sie noch um vor Selbstvertrauen und Charme! -.^

  • Oh.
    Damit wäre zumindest geklärt, bei welcher Gelegenheit sie ihm das gesagt hatte. Axilla wusste erst nicht, was sie dazu sagen wollte, aber Timos war anscheinend ebenso verwirrt wie sie selbst. Und dann sagte sie es einfach. Sie wollte schon lange mit jemandem darüber sprechen, aber bisher hatte sie immer Hemmungen gehabt. Und jetzt sprudelte es einfach so aus ihr heraus, als hätte es schon seit Ewigkeiten darauf gewartet.
    Mein Lehrer hat mir den Namen verpasst. Ich bin als Kind immer auf Bäume geklettert, wie die Eichhörnchen. In unserem Garten in der Villa in Tarraco stand ein großer Baum auf den ich am liebsten geklettert bin.
    Und es ist wohl irgendwie hängen geblieben. Mein Vater hat mich dann auch immer so genannt. „Nur Mut, kleines Eichhörnchen“ hat er immer gesagt, wenn ich vor etwas Angst hatte oder mich nicht getraut habe. Er … er ist gestorben, vor über zwei Jahren.

    Ihre Stimme wurde brüchig und sie schluckte und räusperte sich dann einmal.
    Tut mir leid, ich… ist ja nicht so wichtig. Wir sind dann zu dir gegangen?

  • Uh. Oh. Whuzz? Das war ganz schön viel auf einmal. Klettern, Bäume, Eichhörnchen, Villa in Tarraco...ja, das erklärte immerhin ihr wirres Gerede auf der Straße.
    "Das tut mir leid. Aber das ist keineswegs unwichtig. Meine Eltern sind auch tot musst du wissen...seit wenigen Monaten."
    Was? Er registrierte erst gar nicht, dass er das eben gesagt hatte. Plötzlich hatte er einen dicken Klos im Hals, als er seinen Vater vor Augen hatte, wie er mit seiner Mutter auf ihrer gemütlichen Gartenbank gesessen hatten und ihnen beim spielen zugesehen hatten.
    Schnell war die Erinnerung weggewischt und Timos ging auf Axillas letzte Frage ein.
    "Äh. Ja. Also, sagen wir mal so: Ich habe dich mehr oder weniger nach Hause getragen. Hatte ich erwähnt, dass du dich mitten auf der Straße ausgezogen hast?" Er grinste über beide Ohren. Ja, das war lustig gewesen!

  • Meine Mutter ist auch vor wenigen Monaten gestorben…
    Das sagte Axilla gerade noch, ehe Timos ihr erzählte, sie habe sich auf offener Straße ausgezogen.
    WAS? Nein, nicht wirklich, oder? Ich habe mich einfach so ausgezogen, mitten auf der Straße und am helllichten Tag?
    Bona dea, wie viel hatte sie getrunken? Und was hatte sie getrunken? Sie konnte sich doch nicht einfach so mitten auf der Straße ausgezogen haben! Wer sie da alles gesehen hatte? Oh nein, wie peinlich. Dass Timos sie wohl nackt gesehen hatte, damit hatte sie sich ja abgefunden und das war irgendwie auch nicht mehr so schlimm wie noch heute morgen, aber… mitten auf der Straße?

  • Muahaha! Hätte Axilla jetzt ihren Gesichtsausdruck sehen können, sie hätte sich vor Lachen auf dem Boden gerollt. Timos konnte mit Mühe ein übertrieben lautes Gelächter verkneifen und beschränkte sich auf eine Mischung aus grinsen und kichern.


    "Jaa! Du hattest Glück, es war bereits dunkel und so gut wie niemand mehr auf der Straße. Ich wollte dich gerade über deinen Namen ausfragen, als du meintest es sei so heiß. Von einer Sekunde auf die andere warst du splitternackt und bist so durch die Straße getaumelt. Bei Tyche, es war ein Kraftakt, dir diese Blöde Tunika wieder überzuziehen!"


    Er kam aus dem Lachen nicht mehr heraus. Da kam ihm eine weitere lustige Erinnerung in den Sinn...
    "Viel besser war es aber, als du dich übergeben hattest und wasser trinken wolltest. Ich führe dich also zu diesem Brunnen, du trinkst und setzt dich dann auf die Brunnenkante. Ja...rate was passiert: Iunia Skioura Axilla landet rücklings im Brunnen und wird klatschnass! Tja...ich habe dir dann meinen Chiton übergezogen..."
    Oh nein! Timos schämte sich nicht im geringsten für diese wunderbare Aktion!

  • Die Wangen von Axilla nahmen eine tiefrote Färbung an, ähnlich eines reifen Apfels. Sie konnte sich gar nicht vorstellen, dass sie das getan hatte. Und Timos hatte sie wieder angezogen?
    Und du bist nicht in Versuchung gekommen? Also, als ich nackt war… zwei Mal…
    Fand er sie hässlich? Ein bisschen verunsicherte das Axilla ja schon. Aber er hatte ja dann schließlich doch mit ihr geschlafen, also ganz abstoßend konnte er sie nicht finden.
    Und was dachte sie da eigentlich? Sie sollte sofort aufhören, in diese Richtung auch nur einen weiteren Gedanken zu denken und sich stattdessen offen und aufrichtig schämen! Ja, genau das sollte sie!


    Tat sie aber nicht.

  • "Ooouh, es war schwer, das sag ich dir!" Da wurde ihm bewusst, was für eine...anzügliche...Richtung seine Worte gerade nahmen. Er konnte es jedoch nicht lassen, stattdessen schaute er einmal demonstrativ an ihr hinab und sagte grinsend:
    "Bei dem Körper konnte ich der Versuchung eigentlich nur schwer widerstehen, nicht schon im kapeleion unsittliche Dinge zu tun. Das wurde außerdem dadurch erschwert, dass du ständig versucht hast, mich zu küssen. Du warst praktisch besessen von meinen Lippen!"
    Naja gut, das war womöglich ein ganz klein wenig übertrieben...aber irgendwo ja doch wahr.

  • Bei seinem Blick lief Axilla ein warmer Schauer über den Rücken. Es war verrucht, es war unanständig, es war anzüglich! Es war Verführung pur. Beschämt durch ihre Gedanken ließ sie den Blick sinken und überlegte schon eine angemessene, sittliche Antwort, als er behauptete, sie habe ihn dauernd küssen wollen.
    Sie sah zu ihm auf – und blieb dabei einen nicht unwesentlichen Sekundenbruchteil mit ihren Augen bei seinen Lippen hängen – und sah ihm in die Augen.
    Ich habe dich geküsst? Wirklich? Und wie war es so?
    Was? Das wollte sie doch gar nicht sagen. Schüchtern ließ sie die Augen wieder sinken und schaute ganz interessiert auf ihre Füße.
    Ähm, ich meine, das kann ich mir gar nicht vorstellen. Also, dass ich dich geküsst haben soll.

  • Das hatte sie gerade nicht wirklich gesagt! In Timos Kopf spielte sich plötzlich ein kleiner Krieg ab. Gewissen gegen Begierde. Gut gegen Böse. Kopf gegen...auf jeden Fall war es ein harter Kampf!


    Er räusperte sich kurz, war er doch einen Moment lang sowohl peinlich berührt, als auch im höchsten Grade amüsiert.
    "Ähm, ja. Du hast mich geküsst. Öfters."
    Und nach einer kurzen peinlichen Stille fügte er unverhohlen hinzu:
    "Ich fand es gut. Schade nur, dass du dich nicht mehr daran erinnern kannst..."
    Das mussten Qualen sein, die sie da gerade litt...

  • Ja, schade.
    Axilla betrachtete immernoch ausgiebig ihre Füße. Zögerlich hob sie den Blick, blieb aber bei seinen Lippen wieder hängen. Bevor er es noch bemerkte, senkte sie ihn lieber rasch. Es war ein peinlicher Moment, und Axilla hasste sich dafür, sich nicht mehr erinnern zu können. Sie konnte ihn ja wohl kaum bitten, ihr Gedächtnis aufzufrischen. Nicht nach dem, was sie vorhin in der Wohnung beschlossen hatten. Sie steckten beide doch schon tief genug in Schwierigkeiten, da mussten sie nicht noch neue heraufbeschwören. Und vor allem wollte sie ihm doch noch ein klein wenig böse sein!
    Sie schaute wieder hoch, in seine schönen, grauen Augen. Ihr Blick glitt aber immer wieder tiefer, zu seinen Lippen. Sie versuchte, ihm nur in die Augen zu schauen, aber es gelang einfach nicht. Als sie das merkte, räusperte sie sich kurz.
    Tut mir leid.
    Was genau sie damit meinte, ließ sie offen.

  • Einige endlose Augenblicke standen sie da, stocksteif und irgendwie bewegungsunfähig. Timos folgte Axillas Blick und stellte eine merkwürdige Fixierung fest, als sein Gegenüber sich dann erstmal meinte entschuldigen zu müssen. Ja ne is' klar...


    Er trat einen Schritt auf sie zu und legte seine Hände auf ihre Oberarme.
    "Es gibt nichts zu entschuldigen. Wenn ich ehrlich bin, bereue die letzte Nacht nicht im geringsten."
    Noch ein Schritt näher.
    "Wenn du...wenn du nichts dagegen hast, kann ich dir natürlich nochmal vor Augen führen..."
    Herzklopfen bis zum Hals.

  • Als er sie berührte, fing Axillas Herz an wie wild zu pochen. Ihr Mund fühlte sich mit einem Mal so trocken an. Und dann kam er noch einen Schritt näher und sie sah in seine Augen…
    Ihr Kopf bewegte sich langsam und zögerlich. Sie legte ihn ganz leicht schief, damit sie nicht mit den Nasen zusammenstoßen würden. Irgendwie hatten ihre Hände zu seinen Seiten gefunden, so dass sie sanft links und rechts auf seinem Brustkorb lagen. Sie ertrank fast in seinen Augen, ehe sie sich ganz leicht auf die Fußballen erhob, um ihm näher zu kommen.
    Ich darf das nicht…“ Der Einwand war kaum mehr als ein Flüstern, kaum einen digitus von seinen Lippen entfernt. Aber sie zog sich nicht zurück, sondern schloss nur die Augen und öffnete ganz leicht ihre Lippen.

  • "Shhh...
    Kein Zögern, kein Gewissensbiss, kein Nichts. Timos fühlte sich wohl, als ihre Lippen sich trafen. Gestern Nacht, als er auf Axilla hatte aufpassen müssen, hatte er ihre ersten Küsse gar nicht richtig genießen können. Aber das hier...das war herrlich.
    Seine Hand fuhr in ihr Haar, während die andere sich um ihre Hüfte legte. Die Lippen brannten und Schauer überfluteten Timos' Rücken. Ein Prickeln war überall dort zu spüren, wo Axillas Hände seinen Körper berührten und alle Bedenken waren vergessen. Er schloss einfach seine Augen und vergaß einen Moment lang alles um sich herum.


    Gefühlte Stunden später ließ Timos von ihren Lippen ab, bewegte sich jedoch kein Stück. Sein Blick blieb fest auf Axillas wunderschöne grüne Augen gerichtet. Ganz behutsam kamen die nächsten Worte über seine Lippen.
    "Und...wie war das so?"

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