Manche Abende waren schlicht und ergreifend Anlässe, auf die man sich freuen konnte. Hatte mich mein letztes Amt oft genug daran gehindert, abends überhaupt in der villa Flavia zugegen zu sein, so hatte ich doch jetzt deutlich mehr Zeit und auch Freude daran, ein wenig auszuspannen. Da lag es doch nahe, das Angenehme - mit meinem patronus einmal wieder über die Götter und die Welt zu diskutieren - mit dem Nützlichen - wir hatten ohnehin schon vor einer Weile wieder aufeinander treffen wollen - zu verbinden und sich ein gutes Mahl gemeinsam zu gönnen. Die letzten Abende waren einigermaßen lau gewesen, sodass ich mich entschlossen hatte, dieses Gastmahl in den Garten zu verlegen, dessen Blütenpracht auch im Herbst noch einiges an Bewunderung hervorzurufen vermochte, und sicherlich auch einmal etwas anderes war als das ewige Herumhocken im triclinium, tablinium oder sonstwo. Es sollte ein gemütlicher Abend werden, und wenn meine Familie die Gelegenheit erhielt, jederzeit herein zu platzen, würde es ganz sicher kein gemütlicher Abend werden - ein weiterer Grund, in den Garten auszuweichen. Zudem, seit der kleine Manius auf der Welt war, gab es noch jemanden, der nachts einen leichten Schlaf hatte und dem Musik und Tänzerinnen sicherlich nicht zuträglich waren - und mit dem 'großen' Manius über Schlafenszeiten seines Sohnes zu diskutieren wollte ich mir auch nicht unbedingt antun. Also, es blieb beim hortus.
Die Gartenlaube, die ich vor einiger Zeit halb demoliert hatte, um meinem Zorn Luft zu machen, war inzwischen wieder in bestem Zustand, und mit Blütengirlanden samt Weinblättern geschmückt worden, ebenso befanden sich zwei Einmann-clinen dort aufgebaut, ein Tisch zwischen jene clinen gerückt, damit wir beide bequem an die Köstlichkeiten kommen würden, die darauf aufgebaut werden sollten, und damit waren die wichtigsten Vorbereitungen abgeschlossen. Schließlich kam nicht der Kaiser zu Besuch, sondern mein patronus, der sich sicherlich mit förmlichen Einladungen oft genug herumschlagen musste und es sich ebenso verdient hatte, an einem Abend einfach auszuspannen. Die Überraschungen, die an diesem Abend noch warten sollten, würde ich ihm jedenfalls nicht vorher verraten - sonst wären es auch keine Überraschungen mehr. Ganz im Grundgedanken eines legeren Zusammentreffens hatte ich auf die toga verzichtet - damit konnte man einfach nicht auf Dauer bequem auf einer cline liegen - und eine dunkelrote tunica angelegt, die zwar edel wirkte, aber nicht protzig aufgemacht war - und dann hieß es warten, auch wenn mir die Zeit im schönen flavischen Garten, in dem es immernoch vage nach Rosen duftete, nicht lang wurde.