"Äh..." Vielleicht hätte ich jemanden fragen sollen, der sich mit Sklaven auskennt. Aber manchmal war ich einfach zu schnell in meinen Entscheidungen. Andererseits... ich konnt tun und lassen, was ich wollte.
"Vielleicht sollte ich das," antwortete ich erstmal mit einem Schulterzucken. Dann ging ich auch schon die Stufen in die große Halle hoch. Die Kinder sahen Alsuna mit großen Augen an.
"Wer ist das?" fragte Nefirtiri. Das Mädchen war nicht nur die neugierigste, sondern auch die beste Schülerin. Es verwunderte mich nicht, dass sie das Wort ergriff.
"Das ist Alsuna," antwortete ich.
Nefirtiri legte ihren Kopf schief. "Deine Verlobte?"
Ich lachte kurz. "Nein. Ich habe keine Verlobte. Und auch..."
"Warum? Mein Vater sagt immer, dass ein Mann nur mit einer Frau glücklich werden kann."
"Äh... da hat er so nichtganz recht. Man kann auch alleine ganz gut glücklich werden."
Nefirtiri dachte kurz nach. "Das glaube ich aber nicht. Ich kenne niemanden, der alleine glücklich ist."
"Ich bin doch aber glücklich!" erwiderte ich mit einem strahlenden Lächeln.
"Warum lächelst du dann so wenig?"
Dieses Kind... manchmal war ich wirklich froh, dass ich keine eigenen Kinder hatte! "Soll ich etwa mit einem Dauerlächeln durch die Gegend rennen?" Ich bemerkte gar nicht, dass mein Tonfall leicht gereizt war.
"Hab ich was Falsches gesagt?"
"Nein... nein," sagte ich deutlich milder. "Und um deine Frage zu beantworten: Alsuna ist eine Sklavin. Memnos hat sie mir geschenkt. Vorher hat sie ihm gehört."
"Der Mann sah nicht nett aus," meinte Nefirtiri entschlossen.
"Ist er auch nicht wirklich." Ich ging zu der Schiefertafel, die im Raum stand und auf der griechische Buchstaben standen. "So, aber jetzt machen wir weiter mit den Lese-Übungen."
Ich schrieb einen Text auf die Tafel, um dann einen Schüler auszuwählen, diesen vorzulesen. Nefirtiri meldete sich zwar eifrig, doch ich konnte sie ja nicht dauernd drannehmen. Also zeigte ich auf einen anderen. "Herethab, du darfst vorlesen!"
Der Junge stand auf und las sich den Text auf der Tafel durch. Einmal, dann noch einmal. Nefirtir wollte schon etwas sagen, wurde aber von mir mit einem strengen Blick zum Schweigen gebracht.
Schließlich las Herethab vor. "Der... Pharos... steht im... im... Hafen von Alexandria und ist ein... Turm. Auf... auf?..." Er zuckte mit den Schultern. "...seiner Spitze leuchtet ein Feuer... weit auf... das Meer hinaus. Er weist den... ah!... Er weist den Schiffen den Weg in den Hafen. So können diese sicher nach Alexandria fahren!" Er sah zufrieden lächelnd zu mir herüber.
Ich nickte anerkennend. Es war für die Kinder nicht ganz einfach, die Texte auf Koiné zu lesen. Schließlich war ihre Muttersprache meist ägyptisch. "So, das war die letzte Lektion für heute. Jetzt kommen wir noch zu den Hausaufgaben von gestern. Ich habe euch einige Rechenaufgaben gestellt. Die wollen wir jetzt besprechen. Jeder von euch trägt eine vor."
Der Reihe nach las jeder eine Aufgabe und die Lösung vor. Ich war zufrieden, niemand hatte einen Fehler gemacht. Damit konnte ich am nächsten Tag ein neues Thema beginnen. Ich sah mir noch die Wachstafeln an, dass auch jeder alle Aufgaben gelöst hatte. Wo noch Fragen kamen, gab ich Erklärungen. Schließlich war alles besprochen.
"So, Kinder, jetzt gibt's noch die Hausaufgabe für morgen. Schreibt mir einen kleinen Aufsatz. Ganz egal worüber. Das wäre alles für heute. Wenn ihr noch Fragen..." Da rannten sie auch schon fröhlich lachend in Richtung Ausgang.
Ich sah Alsuna an. "So läuft das hier fast immer ab. Ich hoffe, dass sie damit später in ihrem Leben bessere Chancen haben. Wenn die Gesellschaft sie lässt. Doch nun möchte ich dir erstmal den Rest der Akademie zeigen."
Ich ging in den inneren Hof. Dort stellte ich wieder die Gebäude vor. "Da links ist die Gästewohnung. Die steht aber leer und ist auch noch nicht wirklich eingerichtet. Und rechts ist die Bibliothek. Das direkt vor uns ist die Meditationshalle. Durch die kommt man links zum Tempel und rechts zu meiner Wohnung. Um meine Wohnung kümmere ich mich selbst, da hast du also nichts verloren. Was den Tempel anbetrifft: Wenn du dort einen Altar für deine Götter oder deine Ahnen einrichten willst, sag mir bescheid, wir finden dann einen Platz. Allerdings werde ich keine blutigen Opfer dulden."