Akademie des Marcus Achilleos

  • Alsuna wartete. Sie wusste nicht genau, worauf eigentlich, doch entschied sie sich in diesem Zweifelsfall lieber für etwas Negatives. Angesichts ihrer gerade durchgeführten Aktion war wohl auch kaum damit zu rechnen, dass Achilleos freudestrahlend seine Niederlage eingestehen würde und sie beglückwünschte für ihren unvergleichlichen Kampfstil, von welchem selbst er noch eine Menge würde lernen können. Zudem wusste sie gar nicht zu sagen, ob seine Niederlage ihr vordergründiges Ziel darstellte. Wollte sie gewinnen? Die Vorstellung erschien nach wie vor zu weit her geholt, um sie ernsthaft in Betracht zu ziehen und darüber einen Gedanken zu verschwenden. Er würde sie im nächsten Moment von sich werfen, nachdem er ihr zuvor einen kräftigen Schlag gegen die Schläfe verpasst hatte, der ihren Kopf endgültig sprengte. Er war der Unbesiegbare, der Schlächter, der einsame Wolf, der für Gerechtigkeit sorgte. Und in dieser Welt durfte eine Sklavin eben nicht auf solche Art ihren Herrn besiegen. Im Grunde durfte sie es nicht einmal ausprobieren. Sie hatte ihn tätlich angegriffen, mehrmals, beleidigt, ebenfalls mehrmals, ihn völlig respektlos behandelt und ihn verspottet. Selbst der pazifistischste dominus hätte dies alles nicht einfach so hingenommen, erst recht nicht jemand wie Achilleos. Womöglich sah er ihre Auseinandersetzung bis zu einem gewissen Punkt als 'spielerisch' und nicht ernst zunehmen an, bis sie alles dafür getan hatte, dass er sie ernst nahm.


    Bereute sie? Nein. Vieles in ihrem Leben bereute sie, vornehmlich und immer wieder das stille Erdulden. Was sie als gute Sklavin gekennzeichnet hatte, doch der Begriff 'gute Sklavin' stellte wohl die größte Beleidigung dar, welche man sich vorzustellen vermochte. Sie war eine schlechte, eine hundsmiserable, eine unerträgliche und abgrundtief unbrauchbare Sklavin. Es war die reinste Musik, sich diese Begriffe vor Augen zu führen.


    Immer noch schnell atmend und mit bis zum Zerreißen angespannten Muskeln wartete Alsuna auf das Unausweichliche, bereit, auf jede Bewegung von ihm zumindest mit einem schnellen Zucken zu reagieren - viel mehr würde sie wahrscheinlich auch nicht mehr tun können. Zudem machte sich ihr Kopf zunehmend bemerkbar, denn auch ihr Gegner besaß einen nicht zu verachtenden Dickschädel. Auf das, was nun folgte, war sie indes nicht im Geringsten vorbereitet gewesen, abgesehen von einigen Wunschträumen in Seifenblasenform.
    Sie hatte gewonnen? Bedeutete dies...er gab auf? Für einige Augenblicke war die Germanin der festen Überzeugung, dass er nun seinerseits eine Finte anwandte. Alleine diese Worte aus seinem Munde klangen... unpassend. Da sie nach wie vor den Blickkontakt mied, vermochte sie seine gegenwärtige Stimmung daraus nicht abzulesen, doch sein Tonfall klang... anders als sonst. Meinte er das etwa ernst? Irritation machte sich in ihr breit, parallel zu der Erkenntnis, dass ihre kleinen, dreckigen Tricks eigentlich überhaupt nicht zu seinem Charakter passten. Ansonsten wäre er auch wohl kaum derart glatt auf sie hereingefallen. Und es war seltsam, obgleich sie seine Augen nicht sah, spürte sie sie auf seltsame Weise dennoch. Er war wütend. Wirklich wütend.


    "Ach, solange du oben landest, ist es also ein guter, gefälliger Angriff, lande ich aber oben, bist du zu Tode beleidigt?" Sie klang zugegeben ein wenig trotzig, abseits des leisen Keuchens, aber wenn das hier kein Trick war und er sie auch nicht absichtlich hatte gewinnen lassen, musste sie sich auf eine ordentliche Verhärtung der Fronten gefasst machen. Was ihr gerade aber kräftigst wo vorbeiging.
    Mit einem anfänglich energischen, dann jedoch zunehmend etwas müder werdenden Ruck zog sie ihre Hände zurück und verschränkte die Arme ebenfalls vor dem Brustkorb. Falls er schon zu einer so kindischen Schmollgeste tendierte, dann sie aber erst recht! Wenn es ihm irgendwie Befriedigung verschaffte, durfte er sie gerne mit einem Ruck von sich stoßen, wahrscheinlich gierte er bereits mit jeder Faser seiner verwundeten Ehre danach. Sie hingegen veränderte ihre Haltung auf ihm nur insoweit, als dass sie etwas bequemer wurde.
    "Also Ehre und Philosophie und Bildung und das ganze Tamm-Tamm hin oder her, am Ende bist du doch nur ein ganz einfacher Mann, der es nicht ausstehen kann, von einer kleinen, schwachen Frau besiegt zu werden. Vermutlich brennst du gerade förmlich darauf, mir den Kopf abzuschlagen, um deinen gekränkten Stolz mit meinem Blute zu heilen, oder wie auch immer du es ausdrücken willst. Bitte, mach doch. Ich rechne schon die ganzen letzten Stunden ständig damit, von dir umgebracht zu werden. Und das wird ehrlich lästig. Eigentlich wollte ich dir danken, aber ich nehme an, an so etwas 'Tiefgeistigem' bist du gar nicht mehr interessiert. Und du würdest es ohnehin nicht verstehen. Deckt sich eben nicht mit deiner Welt. Zum Glück, möchte man annehmen. Denn ansonsten wärest du jetzt wahrscheinlich tot."
    Ein wenig übertrieben, aber Alsuna fehlte die Geduld für differenzierende Kleinigkeiten wie ihrem Willen zu Mord und Totschlag.

  • Sie blieb also auf mir sitzen. Und ich hatte ihr den Sieg gegeben, also würde ich sie gewähren lassen müssen. Jedenfalls verlangte das meine Weltsicht. Doch was war meine Weltsicht noch wert? In meiner Weltsicht hätte Alsuna, eine Sklavin, mich eigentlich nicht einmal schief ansehen dürfen! Geschweige denn beleidigen und erst recht nicht angreifen! Nicht, ohne damit ihr Todesurteil zu unterschreiben. Und doch hatte sie es getan. Die logische Konsequenz war, sie zu töten. Aber aus einem mir unerfindlichen Grund hatte ich das Gefühl, dass ich das nicht übers Herz bringen würde. Übers Herz? Über welches Herz eigentlich? Hatte ich überhaupt noch ein Herz. Nun gut, ich spürte, wie die Wut meinen Herzschlag durch meine Adern trieb. Aber worauf war ich eigentlich wütend? Über ihren Sieg oder mehr über meine Niederlage? Letztlich hatte ich sie unterschätzt, weil ich sie nicht ernstgenommen hatte. Also hatte ich es verdient, zu verlieren. Aber sie hätte mich nicht angreifen dürfen! Das Gesetz verbot es! Wie konnte sie es wagen? Wie konnte es überhaupt irgend jemand wagen, gegen Gesetze zu verstoßen?


    Natürlich war die Welt so wie sie war und nicht so, wie sie sein sollte. Wäre die Welt ideal, dann würde man keine Gesetze brauchen. Doch momentan hatte ich erstmal andere Probleme. "Ich bin nicht beleidigt, nur wütend! Und ich weiß noch nicht, ob ich auf dich wütend bin oder auf mich selbst!" fauchte ich.


    Ich blinzelte ein paar Mal mit dem linken Auge, nachdem sie ihren Daumen zurück gezogen hatte. Wie sie nun ebenfalls mit verschränkten Armen da saß, das gab der Situation eine fast komische Wendung. Nur konnte ich mich an der Komik nicht erfreuen. Vielleicht später, aber jetzt nicht. "Ich kann es nur nicht ausstehen, mich besiegen zu lassen! Das ist alles! Und ganz so schwach bist du nicht! Und das tut auch nichts zur Sache! Ja, verdammt, am liebsten würde ich dich umbringen!" Sie hatte da noch was gesagt... sie wollte mir danken? Hatte sie das gesagt? Warum in aller Welt denn das? Meine Wut klang ein wenig ab, so dass ich etwas ruhiger fragte "Du wolltest mir danken? warst du heute nicht schon sarkastisch genug?" Das war vielleicht nicht ganz die Frage, die ich stellen wollte, aber dafür war ich einfach zu wütend.

  • Verdammt, ihr Kopf erweckte langsam den Eindruck, als würde er unter einem massiven Felsbrocken zusammengepresst. Unwillkürlich festigte sich ihr Griff um die eigenen Oberarme, damit sie nur nicht in Versuchung geführt wurde, sich über die Stirn oder den Hinterkopf zu streichen oder sonstwie ihre Problematik öffentlich zu machen. Andererseits mussten ihre Haare, ehemals in einer schlichten, aber nett gestalteten Frisur arrangiert, mittlerweile aussehen, als hätte man den Boden mit ihnen ausgekehrt, insofern hätte es ihr als Frau durchaus zugestanden, an ihrem Haupte zu zupfen und zu ordnen. Aber aus würdetechnischen Gründen wollte sie gerade nicht noch explizit auf ihr Geschlecht hinweisen. Abgesehen vielleicht von der Notwendigkeit, ihren Peplos ein wenig mehr in die Ausgangslage zurückzubringen und eine der Fibeln neu zu befestigen. Egal, auch das hatte Zeit. Schließlich war sie noch weit davon entfernt, halb nackt herumzuspringen. Doch jene dämlichen griechischen Gewänder eigneten sich schlicht überhaupt nicht für diese Art der 'Freizeitaktivität'. Wenigstens trug sie derzeit keinen Chiton. Den hätte es inzwischen garantiert in seine zartbesaiteten Einzelteile zerlegt.
    Ihr eigener, immer noch adrenalingetränkter Herzschlag hämmerte ihr widerlich in den Schläfen und so wäre die ruckartige Bewegung eines Stoßes von ihrem gegenwärtigen Sitzmöbel aus mehreren Gründen recht unleidlich geworden. Aber, weswegen auch immer genau, Achilleos machte keine Anstalten, sie von sich zu entfernen. Entspräche das nicht irgendeiner seiner östlichen Philosophien? Erschiene er durch eine solche Tat noch biestiger, als er es ohnehin schon tat? Was auch immer die Ursache sein mochte, Alsunas Kopf war ihm dankbar.
    Zudem gab es da noch die Sache mit seinen übermäßig widerstandsfähigen Bauchmuskeln zu klären und dafür besaß sie augenblicklich die beste Ausgangssituation.


    Vor einer präziseren Analyse dieses Geheimnisses drangen allerdings seine Äußerungen zu ihr, bei denen sie nicht genau wusste, ob sie lachen oder fluchen sollte. Er hatte verloren, das war das Problem. Herrje, eine Tragödie, die Welt brach zusammen und verkroch sich heulend hinter der Sonne! Ein schlechter Verlierer war er also auch noch. Sah lieber Blut und Leichen um sich herum liegen, als eine Fr... einen Sieger auf sich sitzen! Sein kompletter Kampf für 'das Gute und Gerechte' war letztendlich also doch nur Selbstbeweihräucherung. Schließlich hatte er hier gerade nicht gegen seinen mächtigen Erzfeind verloren und ihr fiele spontan auch niemand ein, dem sie brühheiss von ihrem Sieg würde erzählen können. Ebenso wenig sähe er sie gleich durch die Straßen Alexandrias laufen, um seinem Mythos mit einem gezielten Kick den Garaus zu machen. Bei den schwarzen Klauen der Harpyien, dieses Ego!
    Unterstützt von einem genervten Seufzer verdrehte Alsuna die Augen gen inzwischen fast nachtschwarze Decke, obgleich diese Geste ihrem Kopfschmerz überhaupt nicht gefiel.
    "Ha! Glaubst du allen Ernstes, ich würde dir jetzt noch danken, nachdem du mir mal eben geflüstert hast, dass du mich am Liebsten umbringen willst? Hallo?! Mein Dank ist ein äußerst scheues Tierchen, das flieht, wenn es dich mit deinem Schwert ausholen sieht! Zudem war das im Rahmen deiner östlichen Regelwelt garantiert gar keine wirkliche Niederlage, weil meine 'Techniken' nichts als ein paar vulgäre, dreckige Finten und Tricks sind, wie man sie in jeder dunklen Gasse hier findet, jedoch mit Sicherheit nicht auf irgendeinem 'ehrenvollen' Schlachtfeld! Und dass du auf mein Aussehen und meine Berührungen hereingefallen bist ist nur natürlich und vollkommen menschlich!"


    Schließlich und endlich war sie der Sieger, und Sieger durften nach dem Kampf mit ihren Taten und ihrem Können prahlen, bis niemand mehr zuhören wollte. Ihre 'tröstenden' Worte stellten im Übrigen auch nichts als ein paar schlecht verhüllte, verbale Nachschläge dar, denn sollten ehrwürdig überlieferte Stile nicht dem niederen Bauerngekloppe haushoch überlegen sein?
    Während sie sich in einer durchaus das Prädikat 'überheblich' verdienenden Geste mit den Fingern durch ihr kupferfarbenes Haar fuhr, fiel ihr Blick erneut auf seinen halbwegs von den Armen verdeckten Brustbereich, wodurch sie wiederum auf das bislang ungelöste Mysterium zurückfand. Wenig behutsam ließ die Germanin ihre Fingerknöchel auf den Stoff seiner Kleidung klopfen und fand dort einen Widerstand, welcher dem an seinem Bauch überaus ähnlich war. Ihre Augen weiteten sich langsam.
    "Trägst du da etwa... eine Rüstung drunter?" Auch ihre Fingerspitzen drückten nun darauf, erst auf die Brust, dann auch auf die Seiten. Tatsache, es musste sich entweder um eine Rüstung oder eine sehr üble Hautkrankheit handeln.
    "Du hast noch den Vorteil einer Rüstung und ich habe dich trotzdem...?" Alsunas Verblüffung begann sich langsam zu einem erst zögerlichen Lächeln zu wandeln, dann presste sie die Lippen aufeinander. Doch auch die kurz danach noch zu Hilfe genommene Hand vermochte nicht zu verbergen, dass ihre Schultern erbebten, bis sie endlich zu kichern und schließlich kaum noch verborgen zu lachen anfing. Äußerst schadenfroh und nicht weniger schmerzhaft.
    "Scheiße... tut das weh... auauauau..." Nichtsdestotrotz musste sie einfach weiter lachen, mit Tränen in den Augen, auch wenn er ihr nun garantiert das Genick brach.

  • "Ich will dir mal was zu Finten und Tricks sagen: Das ist legitim! Nur ein ausgesprochener Idiot stellt Ehre über Effektivität!" Womit ich dann wohl ein ziemlicher Idiot war. Jeder Weg zur Selbsterkenntnis war prinzipiell gut, auch wenn dieser meine Laune nicht zu heben vermochte. "Bislang ist mir auch kein ehrenvolles Schlachtfeld unter die Augen gekommen. Entweder man siegt durch Tricks, oder man ist so überlegen, dass man gar nicht verlieren kann. Die Schande besteht darin, nicht damit zu rechnen, dass der Gegner einen täuscht!" Ich war wirklich sauer auf mich selbst. Wirklich extrem sauer! Ich war so ein verdammter Idiot!


    Als sie dann auf meine Rüstung klopfte, war ich kurz versucht zu grinsen. Dann wies sie mich aber zu deutlich darauf hin, dass ich trotz Rüstung verloren hatte. Natürlich lag es zum Teil daran, dass ich den Kampf nicht für wert befand, dafür ein Auge zu opfern. Und jetzt fing sie auch noch an zu kichern und schließlich sogar zu lachen. Natürlich war sie schadenfroh, aber irgendwie gönnte ich es ihr. Sie hatte es sich verdient - irgendwie. Bloß nicht unbedingt, während sie auf mir saß! So langsam wurde sie mir zu schwer.


    "Geschieht dir ganz recht, dass es weh tut!" schmollte ich noch, nur um dann deutlich weniger gekränkt hinzuzufügen "Wenn es dir nicht allzu viel ausmacht, könntest du neben mir weiterlachen."

  • Dass er sich mit seinen Lektionen zum Thema 'Ehre auf und dann unter dem Schlachtfeld' gerade selbst sein Grab schaufelte, bekam er hoffentlich selbst in geeignetem Maße mit. Aber gut, sollte er sie und ihre Kampftechnik ruhig mit der seinen auf eine Stufe stellen, wenn er sich dadurch irgendwie besser fühlte. Durch seine fernöstliche Labyrinthlogik vermochte sie ohnehin nicht zu folgen, insofern hätte er ihr allerlei erzählen können, das entweder stimmte, oder seinem eigenen flausigen Kopf entsprungen war. Aber gut, lebte er nun eben in Schande, war er halt ein Idiot. Nicht, dass er ihr damit irgendetwas erzählte, auf das sie nicht zu einem bereits viel früheren Zeitpunkt von alleine gekommen wäre. Dennoch war es überaus erfrischend dies nun, wenn auch indirekt, von ihm selbst zu hören.
    Wenigstens schien die Wut ein wenig abzuklingen, seine Blicke wirkten nicht länger auch ohne direkte Musterung wie glühend heiße Speere. Allerdings musste Alsuna sich eingestehen, dass sie selbst kaum etwas bewusst dazu beigetragen hatte. Bedauerlicherweise hatte sie ihre Reaktion nach der Erkenntnis zuvor vollkommen aus der Kontrolle verloren. Inzwischen meldete sich ihr Zwerchfell und in ihren Kopf war ein quälendes Hämmern eingefallen, dennoch lachte sie weiter, als wäre sie eine kleine, ganz und gar sorgenfreie Nymphe an einem Quellfluss.


    Wahrscheinlich war es die gesammelte Anspannung zweier Tage, welche nun gerade von ihr abfiel und sie zu übermäßigen Albernheiten verleitete. Tatsächlich vermochte sie sich nicht zu erinnern, wann sie zuletzt derart ungezwungen und hemmungslos gelacht hatte. Wahrscheinlich als Hermione aus der Sänfte und in Hundedreck gefallen war. Obgleich Alsuna sich ihre Belustigung bis zu einem Zeitpunkt der Einsamkeit hart hatte aufheben müssen.
    "Auf... Schlachtfeldern... sind ja auch eher selten.. Frauen anzutreffen... brachte sie mühsam hervor und strich sich Tränenflüssigkeit von Wangen und Wimpern, im Sprechen immer wieder von neuerlichen Belustigungsanfällen unterbrochen.
    "Wie viele deiner.... östlichen Lehrmeister... waren denn Frauen? Du... hast da eine ganz... ganz üble Lücke..." In welche sie gnadenlos schlagen würde, doch diese Folgerung ergab sich hoffentlich von selbst, auch ohne, dass sie sie laut aussprach.


    Inzwischen hielt sie sich doch den Kopf und schnappte nach Luft wie ein Fisch auf Landgang. Vermutlich geschah es ihr wirklich irgendwie recht, dennoch hielt der böse pochende Schmerz sie keineswegs von ihrem Amüsement ab. Das plötzlich und sehr unvermutet jedoch abbrach.
    "Doch, das macht mir etwas aus. Diesen Platz hier..." Bei diesen Worten tippte sie mit der ganzen Autorität ihres Zeigefingers auf seine Brust, ".. habe ich mir schwer erkämpft. Und obwohl du ungefähr so bequem bist wie das Kind eines Kaktusfelds mit einem Steinbruch werde ich hier diesen Sieg gnadenlos auskosten, ganz gleich, wie laut und weinerlich du auch jammerst, was übrigens auch nicht sonderlich beeindruckend daherkommt... ach nein... halt..." Ihre Miene hellte sich auf, wenngleich simultan dazu ein eher sadistisch anmutendes Glitzern ihre Augen heimsuchte, welche nach wie vor eher seine Wangenknochen im Blick hatten.
    "Stimmt, ich habe dich ja auch im Bauch getroffen! War es hier?" Beide Hände legten sich in etwa in Höhe der Bauchregion auf den Stoff seiner Gewänder, ehe sie mit durchgedrückten Armen kurz ihr Gewicht verlagerte und grinsend daraufpresste. Sie gestaltete diese Aktion zwar kurz, aber bar jeden offensichtlichen Mitgefühls.
    "Und da war doch noch etwas, das ich überprüfen wollte.... Vertrau mir, ich bin Heilerin. Wenig vertrauenserweckend umfassten ihre Hände nun seinen linken Arm so gut es in dessen Position eben möglich war, die Finger flochten sich fest ineinander und der Unterarm wurde von beiden Handballen nun wie bei einer Zange beidseitigem Druck ausgesetzt, ähnlich wenig zimperlich wie zuvor die Gesundheitsprobe in der Bauchregion durchgeführt worden war. Kurz, aber unnachgiebig.
    "Na, tut es hier weh?"

  • Was meinte sie denn damit? Wie viele meiner Lehrmeister Frauen waren? Null natürlich! ... Moooment mal... warum eigentlich natürlich? Und warum Lücke? Und überhaupt, was wurde denn das? Warum machte sie keine Anstalten, aufzustehen? Warum war sie so albern? Wir hatten gekämpft! Das war eine ernste Sache! Die Wut wich zunehmend der Verwirrung.


    Mit ihrem Zeigefinger konnte sie ruhig auf meine Rüstung tippen. Wen interessierte es? "Äh?" Ungefähr so bequem wie das Kind eines Kaktusfelds mit einem Steinbruch? Wie jetzt? Und was meinte sie mit gnadenlos auskosten?
    Als sie dann aber ihr Gewicht so plötzlich auf ihre Hände verlagerte und mir dadurch die Hände in den Bauch drückte, brachte meine Rüstung auch nicht wirklich viel. Die Rüstung war ja gerade auf eine gewisse Flexibilität ausgelegt. Das war nun von Nachteil. Mir blieb kurz die Luft weg, doch ein anderer Effekt war ebenfalls zu spüren, dem ich nun auch Ausdruck verlieh. "Wenn du nicht willst, dass ich dich mit vollkotze, dann solltest du das nicht wiederholen!"
    Als sie meinen linken Unterarm zwischen ihre Hände nahm, schwante mir schon nichts Gutes. Und ihr vertrauen? In dieser Situation? Ganz sicher nicht! Als sie dann zudrückte, tat es weh. Aber ich riss mich zusammen. "Ja, tat es, danke!" Eine Serie derber Flüche behielt ich für mich.

  • Das klare Denken fiel ihr zunehmend schwerer, was man vermutlich auch an ihren Worten bemerkt hatte. Womöglich war dies auch auf einen rapiden Sauerstoffabfall in ihrem Gehirn zurückzuführen, zunächst aufgrund der Anstrengung des Kampfes und dann wegen des doch eher ungesunden Lachanfalls, welchen sie inzwischen wenigstens wieder unter Kontrolle und zu einem plötzlichen Ende geführt hatte. Dennoch zeichnete sie nach wie vor eine gewisse Kurzatmigkeit aus sowie eine allgemeine Blässe, was gemeinsam mit den rotgeränderten Augen eine etwas morbide Mischung ergab. Zudem begannen sich die finsteren Winkel dieses Raumes ganz grässlich zu verziehen. Ihren einzigen Trost stellte die Gewissheit dar, dass er nach ihrer gespielten Bewusstlosigkeit eine echte gewiss nicht mehr ernst nehmen würde.
    Zumindest vermochte sie ihn innerlich bezüglich ihres für ihn nicht sehr angenehmen Sitzplatzes zu beruhigen, denn allzu lange würde sie diese aufrechte Position wahrscheinlich nicht mehr halten können. Überfiele jetzt jemand die Akademie würde dies ganz, ganz übel enden. Zumindest sie fühlte sich für diesen Tag, diese Nacht und auch den folgenden Sonnenaufgang erst einmal was das Kämpferische anbelangte bedient. Allenfalls ihr Stolz würde diesbezüglich vielleicht noch etwas reißen können, doch zunehmend verspürte sie zusätzlich die Schlaflosigkeit der vorangegangenen Nacht. Vielleicht machte auch dies sie so aufgekratzt und albern. Wie ein Stein würde sie schlafen, wenn... ja, wenn sie diese Begegnung mit Würde und Anstand hinter sich gebracht hatte.
    Oder mit etwas Ähnlichem.


    "Hm..." Ihr Gesicht wurde ernster und ihre Augen verengten sich leicht, weniger aufgrund des angedrohten umgekehrten Essens, als des schneidend scharfen Kommentars zu ihrer 'Armuntersuchung'. Ein wenig umständlich löste sie seine Arme voneinander, indem sie zunächst an den Fingern zog und sich dann an die Entknotungsarbeit gab, bis sie den richtigen Patienten schließlich ausreichend betrachten konnte. Sie hatte schließlich darauf geschlagen, und selbst wenn es sich bei ihr um ein zartes Fräulein handelte, so reagierten Körperteile auf wüste Schläge in der Regel nicht mit Beifallsbekundungen.
    In einer ungeduldigen Geste strich sie sich einige zwischendurch von ihren Klammern befreite Haarsträhnen hinter ein Ohr zurück, den geschmälerten Blick immer noch auf den Arm gerichtet.
    "Was hat da eigentlich so geknallt, als du gefallen bist?" Ihr eigener Kontakt mit dem Hartholzboden tat momentan überhaupt nichts zur Sache und wurde deswegen gar nicht erst erwähnt.
    Nun gut, vieles an einem Körper ließ ein solches Krachen verlauten, wenn es auf den Boden aufschlug. Köpfe zum Beispiel, oder auch Knie. Alsuna blinzelte leicht, als sich ein trüber Film über ihre Augen zu legen begann, gegen welchen sie jedoch ankämpfte. Das wäre ja auch noch schöner, wenn sie sich doch noch in der Verlängerung geschlagen geben müsste!
    Federleicht glitten ihre Fingerspitzen die Innenseite seines Unterarms entlang, mehrmals, um gegebenenfalls eine Schwellung zu erfühlen. Dass ihre Hand leicht zitterte, machte diese Angelegenheit nicht unbedingt leichter.

  • Was machte sie denn jetzt schon wieder mit meinem Arm? Hatte sie ihn nicht schon genug traktiert? Und was war das für ein Gesichtsausdruck? Besorgnis? Warum? Wozu? Ich war prinzipiell kampftauglich, also gab es keinen Grund zur Sorge!


    "Was da so geknallt hat? Keine Ahnung, vielleicht mein Rücken. Oder mein linker Ellenbogen. Mein Kopf war es, denke ich, nicht. Wird wohl der Ellenbogen gewesen sein." Toll, jetzt bemerkte ich auch wieder den Schmerz in meinem linken Arm. und dabei hatte ich ihn so gut verdrängt. Gebrochen schien aber nichts zu sein, dafür war die Beweglichkeit zu gut.
    Ich betrachtete aufmerksam, wie sie den Unterarm abtastete. Dabei fiel mir auch das leichte Zittern ihrer Hand auf. Entweder waren das Auswirkungen der Aufregung des Kampfes, die nun langsam wich, oder sie hatte sich verletzt. "Ich bin in Ordnung. Was ist mit dir? Hast du dich verletzt?" fragte ich ehrlich besorgt. Ich war schließlich auch nicht allzu sanft mit ihr umgegangen.

  • Er wusste nicht mehr zu sagen, welches seiner Körperteile vorhin ein temporäres Erdbeben verursacht hatte? Alsunas Augenbrauen schoben sich als Abbild größten Zweifels nach oben, doch sie vermied es rechtzeitig, noch zusätzlich ungläubig den Kopf zu schütteln. Bewegung war derzeit etwas fürchterlich Schlechtes und gehörte bis auf Weiteres verboten. Selbst ihre Pupillen bemühte sie um eine starre, auf seinen Arm gerichtete Haltung, was sie dennoch nicht davor schützte, immer wieder das eingefangene Bild korrigieren zu müssen. Mal tanzte es, mal teilte es sich in drei bis fünf identische Kopien, dann wieder wirkte es so verschwommen, als betrachte sie etwas, das sich unter der Wasseroberfläche befand. Alles keine guten Omen, dies hätte sie sogar ohne die entsprechenden Vorkenntnisse vorhersagen können. Hinlegen, Beine erhöhen, trinken, Augen schließen, gleichmäßig atmen. Und nicht auf jemandes Bauch hocken, Beine angewinkelt, mit angestrengt bohrendem Blick bewaffnet und einer hechelnden Atmung. Bedauerlicherweise schlossen sämtliche vorbeugenden Maßnahmen eine Untersuchung seiner etwaigen Verletzungen aus, und da sie nun einmal damit angefangen hatte, würde es äußerst ungünstig erscheinen, jetzt mit den Schultern zu zucken und sich auf den Weg zum eigenen Bett zu begeben.


    "Pfft, verletzt? Ich? Wegen dieser kleinen, unbedeutenden Kabbelei? Wovon träumst du eigentlich nachts?" Ein zynisches Grinsen huschte über ihre recht blassen Lippen während sie versuchte, das Zittern ihrer Hände, welches ihr ebenfalls irgendwann aufgefallen war, zu unterdrücken. Da Alsuna, nachdem sie den Ärmel noch etwas weiter hinaufgeschoben hatte, nun den Ellbogenknochen abtastete, würde diese dumme Auffälligkeit hoffentlich nicht länger allzu offensichtlich sein. Im Gegensatz zu ihren vorangegangenen 'Behandlungsmethoden' waren ihre Berührungen nun geradezu verblüffend sensibel. Sehr behutsam übte sie Druck mit den Fingerspitzen aus und achtete dabei vornehmlich auf leichte Zuckungen oder ein stärkeres Hervortreten seiner Schlagadern.
    "Hattest du eigentlich noch Beschwerden aufgrund der alten Verletzung am Unterarm?" Schließlich hatte sie genau darauf abgezielt, was trotz seiner belehrenden Worte zum Thema Ehre auf dem Schlachtfeld ein wenig unfein gewesen war. Trotzdem bekäme sie nun kein schlechtes Gewissen. Sicherlich nicht wegen ihm.

  • Alsunas Blicke schienen ab und an unfokussiert. Ich war mir ziemlich sicher, dass sie etwas abbekommen hatte, kannte mich aber zu schlecht in medizinischen Belangen aus, um das genau sagen zu können. Vielleicht lag es auch daran, dass ich meine Gegner für gewöhnlich ins Reich der Träume oder darüber hinaus schickte. Gerade die Tatsache, dass dem nicht so war, sorgte dafür, dass ich mir Sorgen um ihren Zustand machte. Da sie aber darauf bestand, in Ordnung zu sein, fragte ich nicht weiter nach. Sie war alt genug, diese Entscheidung zu treffen.


    Während sie so den Arm abtastete, war es manchmal etwas unangenehm, wenn sie die Narbe berührte, doch das ging. Der Ellenbogen war da etwas stärker in Mitleidenschaft gezogen worden. Vermutlich geprellt.
    "Die Verletzung ist ziemlich neu. Da war ich schon in Alexandria. Beschwerden hatte ich damit nicht. Jedenfalls keine außergewöhnlichen. Es ziept ab und an, so wie das vermutlich bei jeder tieferen Narbe der Fall ist. Insgesamt ist sie aber recht gut verheilt, würde ich sagen. Jedenfalls ist die Narbe recht schmal. Das ist doch gut, oder?" Die Tatsache, dass ich die Wunde höchstpersönlich zugenäht hatte, verschwieg ich vorerst. Die Möglichkeit, dass die Narbe vielleicht nur oberflächlich so schmal war, kam mir überhaupt nicht in den Sinn.

  • Ihr Kopf schien derzeit eine wesentlich größere Anziehungskraft zum Boden zu besitzen denn der Rest ihres Körpers. Am Liebsten hätte sie sich einfach zur Seite kippen lassen, die Augen geschlossen und ihre komplette Umgebung ausgeblendet, doch natürlich würde sie dies nicht tun. Ihr Körper sollte es mittlerweile mehr als nur gewohnt sein, dass seinen unmittelbaren Bedürfnisse niemals sofort nachgegeben und ihm ebenso wenig das zugeführt wurde, was er augenblicklich am Dringlichsten brauchte. Dadurch war er zäh geworden und hatte Reserven eingerichtet, auf welche Alsuna im Notfall immer noch zurückgreifen konnte. Sie war noch nicht am Ende, sie würde dies hier zu Ende führen. Sie verabscheute Tätigkeiten, welche sie nicht ordentlich abgeschlossen hatte, doch oft genug hielten sie gerade ihre Herrschaften von diesem Bemühen ab und gaben ihr andere Befehle, welche sie den Rest des Tages beschäftigten. Wie oft war sie nachts zurück zu ihrer unerledigten Aufgabe geschlichen und hatte sie müde beendet, um dann endlich auf ihr Lager zu sinken? Trotz aller Erschöpfung hätte sie ansonsten keine Ruhe gefunden.
    Und so war dies gegenwärtig nichts als eine gewohnte, normale Situation für sie, bei der sie keinerlei Anlass sah, diese nicht auch in üblichem Maße abzuschließen. Sie hatte damit angefangen und wenn nötig würde sie einem sich sträubenden Achilleos den Arm auch abhacken, um ihn anschließend ordentlich zu untersuchen. Oder ihn nachts in seinen Räumlichkeiten aufsuchen, was wahrscheinlicher war. Unbeantwortet blieb die Frage, welche Option für beide wohl unangenehmer wäre.


    Die Germanin versuchte zumindest ihre Atmung tief, ruhig und gleichmäßig zu halten und ließ sich nun auch unter eher bedachten Bewegungen von seinem Bauch und an seine linke Seite gleiten. Sowohl weil er nun ein Patient war und sie ihn in diesem Rahmen nicht noch zusätzlich so unprofessionell belasten sollte, als auch für ihre eigene, etwas weniger erhöht kniende Position, von der aus sie den Arm besser würde untersuchen können.
    Wie viel durfte sie wohl auf seine Worte geben? Zumal sie ihn umgekehrt was ihren eigenen gesundheitlichen Zustand anbelangte noch gerade heraus angelogen hatte? Nun, ein verantwortungsvoller Krieger sollte seinen Körper eigentlich immer ernst nehmen und um dessen adäquate Behandlung bemüht sein. Dummerweise war Achilleos ein Fanatiker und womöglich gaben seine starren Regeln etwas anderes vor. Beispielsweise ihr in der Rolle des 'Feindes' nicht in einem solchen Maße zu vertrauen. Denn sie hatte seine Schwäche ja tatsächlich vorhin erst ausgenutzt. Weil es ihre gewohnte Art war, Schwächen und Fehler bei anderen Menschen zu suchen und kaltblütig auszunutzen. Eben schmutzige Tricks und Finten, die ihr einen Vorteil verschafften. Im Dreck wühlen und Gold finden.


    "Grundsätzlich ist eine schmale Narbe natürlich sehr... hübsch..." Dass er diese Näharbeit in Eigeninitiative durchgeführt hatte, war ihr schließlich direkt mit der Präsentation des Endergebnisses mitgeteilt worden. Nach wie vor versuchte sie dieses Bild aus ihrer Vorstellung zu verbannen, besonders jetzt, wenn ihr derartige Beweise von Kaltblütigkeit unangenehm am Magen zupften.
    "Wirklich, du hast das ungeheuer gekonnt vernäht. Ich bin ehrlich beeindruckt!" Da er nun ihr Patient war, fiel es Alsuna auch wesentlich leichter, ihm das ein oder andere Kompliment zuzugestehen.
    Der Druck ihrer Finger an der Narbe verstärkte sich etwas und schien sich auf die darunter liegenden Knochen zu konzentrieren, auf der Suche nach einer Verhärtung oder Schwellung. Wahrscheinlich hatte er den Arm nicht sonderlich geschont, weil er die Sache mit Beendigung der Blutung und dem Heilungsprozess als erledigt ansah. Zudem schien das Wort 'Schonung' für ihn in keiner Sprache verständlich zu sein.
    "Du bist Linkshänder, nicht wahr?" Vermutlich war er sogar beidhändig, sie wäre die Letzte, welche Verwunderung verspürt hätte angesichts der Erkenntnis, dass er selbst mit den Füßen noch Seidentücher besticken konnte.


    "Ich werde dir erst einmal kühle Umschläge machen und anschließend Arnikatinktur besorgen. Rosmarin und Thymian sollten bereits hier sein. Du wirst die Rüstung ablegen und dich auf dein Lager begeben, damit dein Arm einmal etwas Ruhe unter den Umschlägen erfährt. Genau wie dieses Prachtstück hier."
    Unter einem mäßig verborgenen Grinsen schnippte Alsuna ihren Zeigefinger gegen den roten Fleck an seiner Stirn, wo er mit ihrem Schädel Bekanntschaft geschlossen hatte, ehe sie theatralisch überzogen seufzte.
    "Herrjemine, Leo! Was soll aus dir nur werden, wenn du dich schon derart von Mädchen verprügeln lässt?"
    Relativ vorsichtig richtete sich die Sklavin anschließend wieder auf und umfasste seinen rechten Arm, um Achilleos ebenfalls aufzuhelfen. Das kurze Bücken war nicht wirklich angenehm, doch sie riss sich zusammen und schloss lediglich kurz die Augen, um ihren Gleichgewichtssinn zu beruhigen. Sprechen konnte sie dennoch auch weiterhin.
    "Die nächste Woche bis auf Weiteres kein Kampf, keine Belastung, nicht einmal ein Nasekratzen mit diesem Arm. Du kannst froh sein, wenn ich dich auch nur einen schwermütigen Blick darauf werfen lasse!"

  • Einen Moment lang wollte ich ihr sagen, dass sie sich schonen soll, obwohl sie gesagt hatte, dass es ihr gut ginge. Aber wie konnte ich von ihr verlangen was ich auch nie tat? Das wäre doch sehr zweierlei Maß gewesen. Immerhin setzte sie sich jetzt neben mich.
    Sie untersuchte den Arm weiter. Konnte ich ihr trauen? Ohne genau zu wissen, warum, vertraute ich ihr. Vielleicht lag es an der Art, wie sie den Arm untersuchte. Vielleicht lag es auch daran, dass ich im Moment einfach nicht wachsam sein wollte.


    "Ich habe hin und wieder die Wunden meines Schwiegervaters vernäht. Er hat den Iatroi nie so richtig getraut. Da lernt man, sowas ordentlich zu machen. Obwohl es schon etwas anderes ist, wenn man sich selbst vernäht." Das hatte damals wirklich weh getan. Als sie dann auf die Narbe drückte, zuckte ich kurz zusammen. Es tat immer noch weh. Ich funkelte sie kurz böse an, doch das war nur eine Reaktion auf den Schmerz.


    "Nein, ich bin kein Linkshänder. Ich nutze die linke Hand nur recht oft. Aber schreiben kann ich nur mit rechts." Was sollte eigentlich diese Frage? Und jetzt gab sie mir auch noch Anordnungen. Umschläge? Tinktur? Meine Rüstung ablegen? Das kam ja gar nicht in Frage! Die Rüstung war meine Lebensversicherung! Außerdem hatte ich lange genug dafür gebraucht, mich an das permanente Tragen der Rüstung zu gewöhnen. "Die Rüstung bleibt. Ich brauche sie."


    Als sie mir so auf die Stirn tippte, fasste ich mir dahin. Auf ihren theatralischen Kommentar brachte ich erstmal nur ein "Was?" hervor. Was meinte sie damit. Als sie mir dann aufhalf, wollte ich erst meinen Arm zurückziehen, um ohne Hilfe aufzustehen, ließ mir dann aber doch aufhelfen. "Danke." Es war ein ehrliches 'Danke', verknüpft mit einem respektvollen Nicken. Als sie mir dann vorschrieb, was ich zu lassen hatte, kam aber schon wieder das dringende Bedürfnis in mir auf, sie zu belehren, dass sie mir keinerlei Befehle zu geben hatte. Aber vermutlich hatte sie recht. Vielleicht sollte ich meinen Körper auch mal ein wenig Ruhe gönnen. "Ich versuch's."


    Jetzt, da wir so nebeneinander standen, musste ich dann doch noch etwas loswerden. "Ähm, Alsuna... ich denke, wir hatten einen ziemlich schlechten Start. Aber wir kennen uns, denke ich, inzwischen deutlich besser. Ich meine, wenn man jemanden kennen will, dann sollte man mit ihm kämpfen. Der Kampfstil sagt viel über die Persönlichkeit aus. Was ich sagen will... vielleicht sollten wir einfach einen Neuanfang versuchen. Was denkst du? Ich meine, wir können uns ja nicht die ganze Zeit anfeinden, oder?"

  • Dass es Widerworte gäbe stellte eine so unumgängliche Gewissheit dar wie der Sonnenlauf. Vermutlich wäre Alsuna vor Verwunderung wirklich umgefallen, hätte er zu all ihren Anweisungen einfach nur genickt und sich schicksalsergeben in seine Rolle als leidender Patient gefügt. Jemand wie er würde noch angeben, sich eigentlich ganz brauchbar zu fühlen, während sein Kopf gerade allein eine Böschung hinabrollte. Wenn ein Medicus starb, fand er im Tartarus garantiert nur Patienten wie Achilleos vor. Bockig, uneinsichtig, unvernünftig, stolz. Dieser Kampf zwischen ihnen war noch nicht beendet, obgleich am nächtlichen Himmel inzwischen bereits die Sterne glitzerten. Schön, sie würde durch das nächtliche Rhakotis laufen müssen, auf der Suche nach Arnikatinktur. Hei, welch ein Spaß würde das werden, erst recht mit ihrem Brummschädel. Andererseits hatte sie sich diesen Schaden ja auch höchstselbst eingebrockt, insofern traf es zumindest den wirklich Verantwortlichen.
    Gut, er war also quasi beidhändig. Immerhin würde ihm das vorwiegende Benutzen der anderen Hand in den nächsten Tagen dadurch erheblich leichter fallen. Am Liebsten hätte sie ihm eine Schiene verpasst. Doch wahrscheinlich fände die Prellung diese Maßnahme nicht ganz so optimal. Eins nach dem anderen, erst der Ellbogen und der Rest... nun, man würde sehen.


    "Du sollst die Rüstung doch keine ganze Woche ablegen, aber wenigstens eine Nacht. Gönn' dem Ding doch auch einmal eine Verschnaufpause!" Er 'brauchte' sie. Weswegen, fiele er ansonsten auseinander? Kamen seine inneren Dämonen frei und stürzten Alexandria ins Chaos? War er die personifizierte Büchse der Pandora? Diesmal unterließ Alsuna wohlweislich den Blick gen Decke, sondern presste stattdessen lediglich flüchtig ihre Lippen fester aufeinander, Zeichen ihres Unmuts. Hätte er sich nicht inmitten eines brodelnden Vulkans seine kleine Insel gebaut, müsste er nicht permanent Rüstung tragen, was doch eigentlich kaum angenehm sein konnte. Die Heilerin in ihr schrie zumindest gerade empört auf. Seiner Haltung, seiner Wirbelsäule würde dies sicherlich nicht allzu gut behagen. Von seiner Haut ganz zu schweigen, doch ein derartiges Argument würde bei ihm ganz gewiss nicht ziehen.
    "Du brauchst die Rüstung nicht." Sie führte diese kühne Behauptung gar nicht erst mit einem schwerer wiegenden 'weil' fort. Nein, diese Aussage stand alleine schon recht gut da, nachdrücklich, fest, und wahrscheinlich erfolglos.


    Zumindest ließ er sich helfen und zeigte sich auch im Folgenden durchaus einsichtig, wesentlich mehr, als die Germanin erwartet hatte. Wenngleich sie sich des Gefühls nicht erwehren konnte, dass er nicht all ihre Bemerkungen sogleich verstand. Sein 'Was?' an dieser Stelle wirkte doch verwirrter, als jemand mit Sinn für Humor es verwendet hätte. Dabei war dies wirklich nur ein Scherz gewesen, ein gutmütiges, wenngleich etwas scharfes Necken und Provozieren, wie es Alsunas Naturell entsprach und was sie selbst im Angesicht des Todes nicht würde unterdrücken können. Aber anscheinend war ihrem Herrn diese Art unbekannt. Nunja, er würde sich schon daran gewöhnen müssen.
    "Das nennt man 'einen Scherz machen'. Oder präziser 'auf deine Kosten einen Scherz machen'. Es dient einer Auflockerung der Gesamtsituation. Zumeist. Du hättest jetzt durchaus auch beleidigt reagieren können, weil ich irgendwie... ach, nicht so wichtig." Unter Umständen hatte sich ihm nicht einmal erschlossen, dass 'Leo' eine Abkürzung seines Namens darstellen sollte und suchte nun in jenem Zusammenhang wahrhaftig nach einem Löwen.


    Auf seinen Dank hin nickte sie nur knapp und überging jene Bekundung ansonsten unkommentiert. Eigentlich wollte sie sich auch schon aufmachen, um Tücher und kaltes Wasser zu holen - und zu prüfen, ob er sich tatsächlich zu seinem Lager bewegte -, als Achilleos' abschließend einlenkende Worte ihr zuvor kamen.
    "Stimmt, der Kampfstil sagt einiges über die Persönlichkeit aus. Und ich benutze Finten und schmutzige Tricks. Sollte dir das nicht zu denken geben? Du kennst mich überhaupt nicht. Aber du solltest dir im Klaren sein, dass Sklaven aus zweiter Hand immer irgendwelche Macken haben. Wie ein Hund, den du von der Straße aufsammelst, du weißt nie, wie er in bestimmten Situationen reagieren wird. In einem Moment schaut er dich treudoof an und im nächsten hat er dir drei Finger abgebissen. Aber diese Macken und deren Ursache oder ich überhaupt sind dir allesamt vollkommen gleich. Das sagt nämlich dein Kampfstil über dich aus. Du stehst im Mittelpunkt, du lässt nichts an dich heran und du fertigst Menschen innerhalb von zwei Herzschlägen ab, nachdem du sie innerhalb eines einzigen eingeschätzt hast. Du unterscheidest gerade mal zwischen 'tot' und 'lebend' und das auch nur, wenn du dir richtig viel Zeit nimmst. Wenn wir uns anfeinden sind wir immerhin ehrlich zueinander. Vielleicht ist dies das einzige, was wir voneinander erwarten können."

  • Gerade nachts machte es doch gar keinen Sinn, die Rüstung abzulegen! Ich war hier doch umgeben von Feinden! Oder war ich einfach nur paranoid? Kam ich so langsam in den Geisteszustand eines Qin Shi Huangdi? Der hatte sich ja aus lauter Angst vor Attentätern auch nur noch in seiner Rüstung sicher gefühlt. "Also gut, diese Nacht bleibt die Rüstung aus." Das Zugeständnis war mir wirklich schwer gefallen.


    Als sie mir dann den Scherz erklärte, antwortete ich mit einem kleinlauten "Oh..." War ich wirklich so humorlos? Seit wann eigentlich? Und warum? Vielleicht war es gar nicht so schlecht, dass Alsuna hier war. Ein wenig Auflockerung konnte möglicherweise gar nicht schaden.


    Und dann erzählte mir von Sklaven aus zweiter Hand und Straßenkötern. Und analysierte mich recht gut aus meinem Kampfstil. Ich musste zugeben, dass sie damit nicht allzu falsch lag. Vor allem, was die Ehrlichkeit beim anfeinden betraf. "Vielleicht sollten wir wenigstens versuchen, ehrlich zu sein, ohne uns gleich anzufeinden. Das wird zwar nicht ganz einfach sein, immerhin sagte..." Jetzt war ich kurz davor, wieder jemanden zu zitieren. Ich unterbrach also meinen Satz und holte tief Luft. "Es wird mir schwer fallen, aber ich kann es zumindest versuchen. Und es wäre nett, wenn du es auch versuchen würdest. Wenn es nicht klappt, können wir uns ja wieder anfeinden."


    Ich ging erstmal aus der Bibliothek heraus in den inneren Hof. Als ich dort stand, sah ich hinauf zu den Sternen. Dann wanderte mein Blick zu Alsuna, die wohl etwas holen wollte. "Ich habe übrigens kein Arnika hier. Und um diese Zeit in Rhakotis unterwegs sein ist... bedenklich." Ehrliche Besorgnis schwebte in meiner Stimme mit.

  • Wundervoll, sie hatte schon wieder viel zu viel Energie auf einen kleinen Fleck verschwendet, welchem jene gesammelte Aufmerksamkeit ohnehin rein gar nichts einbrachte. Als könnte sie damit noch dergestalt verschwenderisch umgehen! Sie hätte seinen selten dämlichen Vorschlag mit einem knappen 'Nein' abwiegeln sollen, anstatt noch groß und breit Erklärungen dorthingehend vorzubringen, welche ohnehin wertlos und ineffektiv wären. Was für eine 'effektive' Wirkung hatte sie sich denn vorgestellt? Eine Erhebung in den Olymp des unnützen Wissens? Sie vermochte Kampfstile zu analysieren anhand von Merkmalen, die bereits schmerzhaft ins Auge stachen. Uuh, beeindruckend. Sicherlich war er jetzt geblendet von ihrer Weisheit, dem Vergleich mit Straßenhunden und Sklaven. Warum hatte sie nicht einfach die Klappe gehalten?
    Langsam fuhr Alsuna sich mit beiden Händen über das Gesicht und verspürte wiederum diese bleierne Erschöpfung, welche ihr mitteilte, dass sie wohl eine weitere Notreserve an Kraft würde anbrechen müssen. Keine eindrucksvollen Monologe mehr in dieser Nacht, die weisen Philosophien würden bis zum morgigen Tage warten müssen. Sie würden schon nicht fliehen, fanden sie doch inmitten dieser Mauern ein heimeliges Plätzchen.


    Es wäre reinste Ironie, wenn ausgerechnet in dieser Nacht, in welcher er ausnahmsweise nicht die Rüstung trug, ein großangelegter Angriff auf die Akademie stattfände. Nicht bloß Ironie, sondern Hohn. Würde Alsuna zu den Göttern beten, hätte sie sie wahrscheinlich in genau diesem Moment angefleht, dem armen Mann zumindest eine erholsame Nacht zu gönnen. Doch so wusste sie sich nur ins Gedächtnis zu rufen, dass Götter einen äußerst kranken Sinn für Humor besaßen.
    Ein leises Schnauben war zu vernehmen als Achilleos verkündete, es einmal ohne Anfeindungen mit ihr 'versuchen' zu wollen. Von ihm war dieser strahlende Vorschlag doch gekommen! Reichte sein Vertrauen nicht einmal mehr zehn Herzschläge lang? Dieser verfluchte Heuchler! Hatte seine Vorstellung einer idealen Welt und bekam sie ums Verrecken nicht umgesetzt.


    "Ich hasse Freundlichkeiten, weil sie immer und stets nichts als leere Heucheleien sind. Ist dir das etwa nicht aufgefallen? Herrje, ich schau dich nicht mal an, und trotzdem siehst du immer nur dich selbst und dein Spiegelbild!"
    Ihre Stimme wurde zunehmend ungeduldiger, während sie ihm auf den Hof hinaus folgte. Die frische Luft und der sanfte Nachtwind taten ihrem Kreislauf zwar gut, doch ihr Ungemach vermochten sie in keiner Weise zu lindern.
    "Du warst mir tausendmal lieber, als du mich geschlagen hast, denn am Anfang mit deiner widerlichen Freundlichkeit, die einfach nicht echt sein konnte. Wenn Menschen nett zu mir sind, bekomme ich den Drang, sie auf der Stelle gegen mich aufzubringen. Ich hab das lange genug durchgemacht, und ich will nicht mehr dorthin zurückkehren. Dich kann ich wenigstens angemessen schlagen, ohne das großartig was passiert. Dafür wollte ich dir eigentlich vorhin danken. Du hältst sowas aus, bei dir hinterlässt man ohnehin keinen bleibenden Schaden. Ich weiß nicht, ob das nun ein Kompliment ist, aber... es tat gut, das vorhin. Ich hätte nicht mal gewinnen müssen, selbst wenn ich halbtot in der Ecke gelandet wäre, hätte ich noch gegrinst. Deswegen werde ich auch nicht versuchen, nett zu sein. Ich war mein ganzes Leben lang nett und ich habe mich jeden Augenblick dafür gehasst. Insofern brauchst du dich auch nicht zu bemühen. Wir können uns nicht ausstehen und würden einander am Liebsten umbringen. Dabei kann es doch bleiben, oder?"


    Erneut zuckte Alsuna müde mit den Schultern, ehe sie ihren Weg zum Tor fortsetzte und Achilleos dabei gemächlichen Schrittes passierte.
    "Rhakotis ist besonders dann bedenklich, wenn du in der Nähe bist. Ich komme schon zurecht." Vor ihm angekommen hielt sie inne, wandte sich schließlich nach kurzem Zögern ihm zu und legte die Hand auf seinen Hinterkopf, um ihn ein wenig zu sich hinab zu ziehen, während sie sich gleichzeitig auf die Zehenspitzen stellte und ihm einen flüchtigen Kuss auf die Stirn hauchte.
    "Du musst nicht wachbleiben und mit dem Essen auf mich warten, Schatz, es könnte später werden." Mit einem spitzbübischen Grinsen auf den Lippen entließ sie ihn wieder und setzte ihren Weg gen Ausgang fort. Sie würde den ein oder anderen Plan benötigen.

  • "Freundlichkeit ist es, was Harmonie in die Welt bringt. Natürlich um den Preis der Unehrlichkeit, der Lüge, des Verrats und was es sonst noch alles gibt, was man hinter einem Lächeln verstecken kann." Ich sah nachdenklich zu den Sternen. "Vielleicht ist 'Freundlichkeit' auchd er falsche Begriff. was ich wohl am ehesten meine, ist ein halbwegs respektvoller Umgang miteinander. Ich respektiere dich. Als Heilerin, weil ich deine Fähigkeiten nicht beurteilen kann. Als Kämpferin, weil du ganz offensichtlich kämpfen kannst. Und eigentlich auch als Mensch. Auch, oder gerade obwohl, du ganz anders kämpfst als ich. Und wegen deinem Mut. Denn den must du haben, wenn du als Sklavin gegen deinen Herrn kämpfst." Ich sah sie an. "Du brauchst mir auch nicht für den Kampf danken. Ich habe so das Gefühl, dass es nicht unser letzter Kampf wird." Ein leichtes Grinsen legte sich auf mein Gesicht. "Ich muss zugeben, es war eine interessante Erfahrung. Nie zuvor wurde ich besiegt. Wenn es dir noch ein paar mal gelingt, dann werde ich dich wohl als Meisterin bezeichnen müssen."


    Als sie mir nun überraschend die Stirn küsste, kombiniert mit diesem frechen Spruch, war ich zunächst viel zu perplex, um irgend etwas zu antworten. Erst, als sie durch die große Halle gegangen war und somit aus meiner Sichtweite, schmunzelte ich ein wenig. Früher, als ich noch in Athen lebte, da hätte ich wohl darüber gelacht. Dass ich zumindest schmunzeln konnte, zeigte, dass wohl ein wenig von meinem einstigen Humor übrig geblieben war.


    Langsam ging ich dann in den Ahnentempel. Obwohl Alsuna es mir untersagt hatte, nutzte ich meinen linken Arm, um Weihrauch in das dafür vorgesehene Becken zu befördern. Ich sah ein wenig dem Rauch zu, wie er aufstieg in das Halbdunkel des Raumes. Ich war unschlüssig, zu welchem Schrein ich gehen sollte. Wen sollte ich um Beistand bitten? Ich stand eine Weile nachdenklich im Raum, bevor ich mich entschied, zu gehen. Ich konnte nicht irgendeine übersinnliche Entität darum bitten, mir zu helfen, meinen Weg zu finden. Nur ich selbst konnte das.


    Durch die Meditationshalle ging ich in mein Zimmer. Dort entledigte ich mich meines Übergewandes und der Rüstung. Da fiel mir auf, dass mein Schwert noch in der Bibliothek stand. Also holte ich es schnell und legte es dann neben meine Schlafmatte. Ein Bett hatte ich nicht, sondern nur eine einfache Bastmatte, auf der eine Wolldecke lag. Dazu ein Kissen aus grobem Stoff und eine weitere Wolldecke zum Zudecken. Ich legte mich allerdings nicht hin, sondern stzte mich auf die Matte, um nachzudenken.

  • Respekt... wollte sie von ihm tatsächlich respektiert werden? Es war ein seltsames Wort, welches sich im Zusammenhang mit ihrem Namen unpassend anfühlte, gleich einem viel zu groß geschmiedeten Ring. Das, was ihr bekannt war und Respekt am nächsten zu stehen schien, war Furcht. Und ja, sie mochte die Vorstellung, von anderen gefürchtet zu werden. Ein solches Bild schien um einiges besser in ihr Universum zu passen denn große Worte von Harmonie. Was brächte ihr Harmonie persönlich? Rein gar nichts. Und eigentlich plante sie, ihre Selbstlosigkeit in Zukunft drastisch zu verringern.
    Zu dem angeblichen Respekt, welchen Achilleos ihr wie er bemerkte entgegenbrachte, schien der Begriff 'Furcht' allerdings nicht zu passen. Für ihn stellte dies offenbar etwas Positives dar und eine solche Vorstellung gefiel Alsuna nicht im Geringsten. Er sollte ihr keine positiven Empfindungen entgegenbringen, denn dies würde bedeuten, dass sie doch irgendetwas richtig gemacht hatte in seinen Diensten. Eine solche Vorstellung bereitete ihr förmlich Magenkrämpfe, was gewiss auch auf ihren derzeitigen Gesundheitszustand zurückzuführen war. War sie also doch wieder zu weich und gutherzig geworden! Unter solch miserablen Voraussetzungen wäre es sinnlos, tatsächlich weitere Kämpfe zu bestreiten, bei denen von vornherein sicher war, dass beide sie relativ ungeschoren überleben würden. Wozu sollte man dann noch kämpfen? Zu Übungszwecken? Übungen besäßen nicht dieselben wohltuenden Auswirkungen wie richtige Auseinandersetzungen! Ein netter kleiner spaßiger Kampf unter Freunden? So ein Schwachsinn!


    Erfüllt von neuer, hell lodernder Wut auf sich selbst betrat die Germanin ihr kleines Zimmer, um die entsprechenden Vorbereitungen für ihren nächtlichen Ausflug zu treffen, denn unbewaffnet und ohne angemessene, praktischere Kleidung würde sie sich den Wölfen Rhakotis' ganz gewiss nicht anbieten. Ein bohrender Schmerz verteilte sich nach wie vor von einer ihrer Schläfen zur anderen, doch ihr Frust und ihr Unmut über die eigene Unvernunft obsiegten zumindest in diesen Augenblicken noch.
    Nie wieder ein gutes Verhältnis zu einem Herrn, hatte sie sich das nicht auf dem Weg an diesen Ort am Höllenschlund fest geschworen? Lieber würde sie sich jeden Tag beinahe tot prügeln lassen als sich freiwillig in die Rolle der braven, gehorsamen Sklavin zu pressen. Unter normalen Umständen hätten ihre Taktiken auch aufgehen sollen, nur dummerweise war sie an Achilleos geraten und damit an eine Ausnahme, so weit fort von der Norm, dass sie einfach niemals recht zu sagen vermochte, was ihm nun gefiele und was nicht. Sie hätte Stein und Bein darauf geschworen, dass er die permanenten Kränkungen seiner Ehre und seiner Prinzipien nicht so ohne weiteres begrüßt hätte. Und nun respektierte er sie genau deswegen?! Was stellte dies bitte für einen Umschwung dar? Wie sollte sie ihn denn noch behandeln, was würde sie tun können, um ihn wirklich und wahrhaftig davon zu überzeugen, dass sie bereits zu verdorben und abstoßend wäre, um sie auch nur anzuschauen? Einem Kind vor seinen Augen die Zunge abschneiden? Seine Meditationskammer verwüsten? Ihn an seine Feinde verraten? All dies war eigentlich zu grobschlächtig und brachial für ihren Geschmack.
    Wahrscheinlich ging es ihm einfach nur besser mit einer Niederlage durch jemanden, welchen er respektieren konnte, als gegen einen wirklichen Feind und er hatte sich dies alles zu seiner eigenen Entlastung hübsch drapiert. Damit die Schande für ihn nicht zu groß würde.


    Doch egal wie sie es auch drehte und wendete, die Entwicklungen verliefen gänzlich gegen ihre Absichten und augenblicklich schmerzte ihr Kopf zu stark, um großartig andere Pläne zu schmieden, welche dem entgegenwirkten. Sie würde nun erst einmal Rhakotis verlassen müssen und gewiss benötigte sie allein für den Hin- und Rückweg ihre gesamte Kraft. Und wofür? Damit dieser Bastard sie am Ende noch mehr respektierte, weil sie den weiten, beschwerlichen Weg in ihrem Zustand und ganz allein für seine Gesundheit auf sich genommen hatte! Er wäre ihr ewig zu Dank verpflichtet für die paar Tropfen verdammte Arnikatinktur!
    Alsuna stöhnte leise und presste ihre kühlende Hand gegen die Stirn, um sich im verwobenen Straßennetz des Viertels halbwegs orientieren zu können. Einige Male wanderte ihr Blick zum Himmel und immer wieder musste sie angestrengt blinzeln, um die winzigen leuchtenden Sternenpünktchen überhaupt korrekt erkennen zu können.
    Endlich entschied sich die Germanin für eine Richtung, zog ihren Umhang enger um den Körper und tauchte in den Schatten der dichtstehenden Gebäude ein.

  • Mit einem nachlässigen Krachen knallte der Torriegel in seine schützende Position, dergestalt, dass sogar kleine Splitter davon abgebrochen wurden. Es war mehr ein grobes Schubsen denn ein ordnungsgemäßes Verschließen gewesen, doch da im Folgenden weder Fäuste gegen das Akademietor hämmerten noch jemand brennende Fackeln zum Einsatz brachte lag diese unprofessionelle Vorgehensweise zumindest nicht an einer Flucht vor wütenden Rhakotisbewohnern.
    Wenngleich sich Alsuna trotz dessen ebenso fühlte, als wäre sie stundenlang von einem aufgebrachten Mob durch die nachtschwarzen Straßen getrieben worden. 'Stundenlang' entsprach sogar der Wahrheit, obgleich sie nicht zu sagen vermochte, wie weit die Nacht inzwischen tatsächlich fortgeschritten war. Schon seit einiger Zeit hatte sie die richtungweisenden Blicke gen Himmel einstellen müssen, da ihr das bloße Anheben des Kopfes bereits nieder drückende Schwindelgefühle bescherte. Zudem hatte sich ihr Blick inzwischen derart verschleiert, dass sich alles, was sich weiter als zehn Schritte von ihr entfernt befand, in dunklen, verwischten Schleiern verlor.
    Wie sie den Rückweg letztendlich gefunden hatte - ihr Verstand konnte diesbezüglich keine große Rolle übernommen haben. Vielleicht war sie von irgendeinem gnädigen Instinkt geführt worden, ähnlich demjenigen, der fortlaufend dem Drang widerstanden hatte, sich in irgendeine dreckige Ecke zu werfen und das Bewusstsein zu verlieren. Sie war einfach nur gegangen, immer weiter, einen Schritt vor den nächsten, eine Art Fluch und Segen gleichzeitig.


    Der Weg zur Händlerin war noch einigermaßen erträglich verlaufen, anfangs hatten sich die Kopfschmerzen sogar gebessert aufgrund der erfrischenden, kühlen Luft. Die ältere Frau war zwar nicht begeistert gewesen über die mitternächtliche Störung, doch sie wusste um die Egozentrik Hermiones und so war lediglich die Andeutung eines kleinen Stolperers nötig gewesen, um die Alte knurrend in Bewegung zu setzen. Zudem würde sich die Tageszeit deutlich auf die folgende Zahlung niederschlagen, was Alsuna nur recht war, schließlich hatte sie alles ohne mit der Wimper zu zucken auf Memnos schreiben lassen, wie stets, wenn sie nach Besorgungen geschickt wurde. Zwar hatte man sich gewundert, dass die Sklavin gänzlich ohne Begleitung aufgetaucht war, doch erledigte sich diese Ungereimheit rasch mit einer ordentlichen Schimpftirade auf 'das kleine griechische Gör und seine idiotischen Ideen'. Jeder, welcher Hermione auch nur wenige Augenblicke hatte kennenlernen dürfen, hielt es sofort für wahrscheinlich, dass sie ihre Sklavin aus Jux und Dollerei mal eben in der Nacht auf einen Botengang durch das nicht ganz ungefährliche Alexandria geschickt hatte.
    Das einzige Problem ergab sich durch die Freundlichkeit der Händlerin, Alsuna ihren Sklaven als Begleitschutz mitzugeben. So fürchterlich gerne sie ein solch verlockendes Angebot auch angenommen hätte, doch wäre es diesem Mann gewiss nicht entgangen, wenn Memnos plötzlich in eine sehr seltsam anmutende Villa mitten in Rhakotis umgezogen wäre. Die ältere Frau war daraufhin ein wenig verstimmt gewesen, und auch die Germanin hätte bei dem Gedanken an den beschwerlichen Rückweg für den Moment vielleicht doch eine Rückkehr in alte Verhältnisse bevorzugt.


    Doch alles Jammern würde letztendlich nicht helfen. Sie hatte tüchtig und vorsorgend eingekauft, nicht ausschließlich, um die Kosten in die Höhe zu treiben. Bei der nächsten Verletzung würde sie nicht wieder hierher kommen können, denn bis zu jenem Zeitpunkt hätte sich zweifelsfrei herumgesprochen, dass Alsuna inzwischen den Besitzer gewechselt hatte. Sie würde eine andere Quelle, näher an der Akademie gelegen, auftun müssen. Ohnehin wollte sie sich in diesem immer noch recht unbekannten Bereich ein wenig besser orientieren lernen, sobald sich ihr Kopf nicht länger wie von einer Elefantenherde zerstampft anfühlte.
    Der Rückweg hatte sie dann einmal quer durch den Tartaros geführt. Nicht nur kehrten die Kopfschmerzen zurück, sie schienen auch noch gleich einige Freunde mitgebracht zu haben, welche ihr fröhlich an den Nervenenden nagten und ihr nach und nach den ungehinderten Zugriff auf die Umwelt verwehrten. Ihre Sehkraft war die eine Sache, doch auch ihr Gehörsinn schien sie manches Mal entweder gänzlich im Stich zu lassen, nur um sie anschließend mit einer verzerrten Kakophonie zu quälen, die sich letztendlich als ein paar kläffende Hunde entpuppte. Zum Glück musste sie nicht sprechen, ihr Geist war indes auch derart leergefegt, dass sie vermutlich kein einziges Wort zu fassen bekäme und dieses noch in verständliche Laute umformen könnte. Außerdem hatten sich diverse Extremitäten abwechselnd recht taub angefühlt, was sie, so sie noch die Kraft dazu verspüren würde, sicherlich irritiert hätte.
    Irgendwann schien der schmerzhafte Druck auf ihre Augen derart groß zu werden, dass sie stumm angefangen hatte zu tränen. Das war ihr bereits seit einigen Jahren nicht mehr passiert und sie hoffte, dass sich dieses unerwünschte Phänomen so bald nicht wiederholte. Wahrscheinlich war sie nur müde, erschöpft und hatte das Gefühl bereits eine Ewigkeit durch diese schmalen, dunklen Straßen zu stolpern.


    Endlich, allen Prophezeiungen zum Trotz, erreichte sie die Akademie doch. Es existierte kein Muskel in ihrem Körper, welcher nicht gnadenlos schmerzte oder sich einfach nur noch taub und kalt anfühlte. Am Liebsten wäre sie sofort weitergegangen, um Wasser für die Umschläge zu holen, doch sie würde sich umziehen müssen und auch wenn es sie bereits störte, ihr Gesicht nur zu berühren, so mussten auch die Tränenspuren verschwinden. Dennoch sah sie vermutlich erbärmlich aus, wie eine zum Leben erweckte Leiche, die selbst Anubis zu verkommen aussah. Der einzige Trost, welcher sie vorwärtstrieb, war jener, dass sie das Schlimmste hinter sich gebracht hatte. Was könnte ihr Achilleos nun schon noch entgegenwerfen, das es mit dieser nächtlichen Tortur aufnähme?
    Schön, es wäre nicht angenehm ihm zu gestatten, dass er sie so zu Gesicht bekäme, doch selbst ihr Stolz war inzwischen zu erschöpft, um mehr als ein leises, unbedeutendes Grummeln von sich zu geben. Sollte er sie doch sehen, sollte er dämliche Bemerkungen von sich geben oder, noch weitaus schlimmer, Mitleid bekommen. Beim nächsten Sieg gegen ihn würde sie dann einfach ihre Drohung wahrnehmen und ihm gleich beide Augen nehmen. Das hätte er dann davon. Selbst schuld. Nachdem sie seinen Arm behandelt hätte, gehörte dieser nach der Heilerlogik ebenfalls ihr. Dann besäße sie seine Augen und einen seiner Arme. Mochte sie sich noch so dreckig fühlen, sie war hier letztendlich die Überlegene, sie übte Macht aus, indem sie seine Verletzungen behandelte. Und sie würde dafür sorgen, dass er dies nicht vergäße.


    Mit mühsamen, langsamen Schritten trug sie schließlich eine breite, tönerne Schüssel mit zumindest ausreichend kaltem Wasser in seine privaten Räumlichkeiten, welche er ihr doch am gestrigen Tage noch verboten hatte zu betreten, so sie sich recht erinnerte. Alleine der sichere Transport des Wassers, in welchem sich bereits die Essenzen verschiedener Pflanzen zu einem hoffentlich heilenden Ganzen vereinigt hatte, brachte sie beinahe endgültig an ihre Grenze. Kurz bevor sie sein Zimmer erreichte hielt sie noch einmal an die Wand gelehnt inne und schöpfte Atem. Das Wasser war unruhig, rasch hintereinander bildeten sich Ringe auf der wenigstens angenehm duftenden Oberfläche, streiften sich gegenseitig und zeugten vom Zittern nicht bloß ihrer Hände, sondern teilweise ihres gesamten Körpers. Noch einmal riss sie sich zusammen und setzte ihren Weg fort. Sie musste das Ding abstellen, wenn sie es fallen ließe und es auf dem Boden zerschellte, wäre alles umsonst gewesen. Trotzig blinzelte sie gegen den Schleier vor ihren Augen an und begann erneut einen Fuß vor den anderen zu stellen. Am Ende würden noch die sauberen Leinentücher von ihren Armen rutschen, was bedeutete, dass sie sich würde bücken müssen. Eine schreckliche Vorstellung.


    Alsuna nahm lediglich grob Achilleos' Umriss wahr, mehr wollte sie ihren langsam aufgebenden Sinnen nicht zutrauen. Sie wusste wo er saß, wo sein verletzter Arm sich befand, mehr mochte sie augenblicklich nicht in sich aufnehmen. Ihre Kiefer waren fest aufeinandergepresst, doch nahm sie die Verkrampfung ihrer gesamten Gestalt kaum wahr. Würde sie diese lösen, fiele sie wahrscheinlich ohnehin um wie ein Getreidesack. Langsam kniete sie sich neben ihren Herrn und stellte ebenso behutsam die Schüssel ab, obgleich sie ein tiefes Durchatmen nicht unterdrücken konnte, als sie endlich nicht mehr zu stehen brauchte, auch wenn sie selbst auf den Knien noch beherrscht und kaum entspannt wirkte. Sie war hier noch nicht fertig und wenn sie dem schier übermächtigen Drang nach Ruhe auch nur einen Herzschlag lang nachgäbe, wäre es erst einmal mit aller Disziplin vorbei.
    Ähnlich ruhig, beinahe andächtig nahm sie die Tücher von ihren Armen und breitete jene sorgsam darüber streichend neben dem Wasser aus. Kurz nur bewegte sich ihre Hand zu den Augen und strich darüber, allerdings in dem Moment, als ihr Kopf gesenkt war und einige ihrer offen fallenden Haare ihr Gesicht teilweise verbargen. Auch verließ kein Laut ihre Lippen, weder ein Wort, noch ein anderer Ausdruck ihres Zustandes.

  • Ich war im Sitzen eingeschlafen. Das wir mir noch nie zuvor passiert, doch anscheinend war der ganze Stress der letzten Wochen zu viel gewesen. Immer wachsam zu bleiben, forderte irgendwann seinen Tribut. Mein Schlaf war allerdings nicht besonders tief, so dass ich aufwachte, als Alsuna sich neben mich setzte. Doch wusste ich in diesem Moment nicht, dass es Alsuna war. Ich öffnete die Augen und sah die Silhouette eines Menschen. Sofort rechnete ich mit einem Angriff, griff nach meinem Schwert und zog es, während ich aufsprang. Dabei hätte ich beinahe eine Schüssel umgeworfen. Erst, als ich da stand, mit dem Schwert in der rechten Hand und der hölzernen Scheide in der linken, fiel mir auf, wer da saß. Meine angespannten Muskeln beruhigten sich wieder und ich ließ das Schwert sinken und steckte es schließlich wieder zurück in die Scheide. "Du bist, Alsuna... tut mir leid, ich wollte nicht... habe ich dich verletzt?" Meinen Herz schlug wild in meiner Brust und die Aufregung war in meiner Stimme deutlich zu hören.


    Langsam setzte ich mich wieder. Alsuna sah ziemlich mitgenommen aus. In der Tat war ich überzeugt davon, dass sie eigentlich viel dringender einen Heiler benötigte als ich. Ich sagte aber nichts dazu, schließlich musste sie selbst wissen, was sie sich zumuten konnte und was nicht. Also streckte ich ihr wortlos den linken Arm entgegen, während ich das Schwert mit der rechten Hand neben mich legte. Es machte nur ein kaum hörbares Geräusch, als es den Boden berührte. Dann schob ich noch den Ärmel vom linken Arm, damit sie mich behandeln konnte.

  • Achilleos hätte ihr in diesem Moment wohl keinen größeren Gefallen tun können, als ihr mit einem schnellen Hieb den schmerzenden Kopf abzuschlagen. Doch seine Bewegungen waren viel zu übereilt, als dass Alsunas vernebelte Sinne derart rasch darauf reagieren konnten. Nicht einmal ihr gesenkter Blick folgte den Bewegungen seines Körpers. Einzig nur erfüllt von der noch zu erledigenden Aufgabe starrte sie auf die Schüssel und legte nur kurz die Hände auf den Rand, als sein hastiges Aufschrecken ihn gefährlich nahe an das Behältnis heranbrachte. Allerdings wären ihre Bemühungen im Notfall wohl viel zu spät gekommen und das Malheur schon längst passiert.
    Seine Stimme drang nur von fern zu ihr und der Sinn der Worte entzog sich ihr gänzlich. Was sie sehr wohl auf verschlungenen Pfaden bemerkte war der verbotene Gebrauch seines linken Armes, was ihre Augen dazu brachte, sich zu verengen, doch auch diese Offenbarung eines Gefühls war minimal. Sie erwiderte nichts, unter Umständen hatte sie die Frage überhaupt nicht als solche wahrgenommen. Etwas angestrengter blinzelnd registrierte die Germanin erst wieder die unmittelbare Anwesenheit ihres Herrn, als dieser sich stumm hinsetzte und ihr den linken Arm hinhielt.


    Langsam hoben sich ihre Hände vom Rand der Schüssel und ergriffen eines der Tücher, um es mit ruhigen, nur gelegentlich zitternden Bewegungen in der Schüssel zu bewegen, wie sie es im Folgenden einige Male mehr tun sollten. Die Kühle des Wassers wirkte noch recht angenehm, obgleich es die ohnehin kraftlosen Finger noch klammer zu machen begann. Allerdings registrierte Alsuna auch diese Entwicklung nurmehr am Rande. Das langsame Ausdrücken der Tücher und vor allem das Einwickeln seines Armes, möglichst ohne auch nur die Haut desselben zu streifen, deren Wärme sie augenblicklich überhaupt nicht ertragen konnte, forderte ihre völlige Hingabe. Auf diese Weise besaßen ihre Bewegungen beinahe etwas Ehrfurchtsvolles oder gar Zeremonielles, als wäre dies ein sehr feierlicher Moment, welche ihre vollkommene Aufmerksamkeit einforderte. Stetig strich sie die Umschläge glatt und ließ nicht die kleinste Falte bestehen, so dass die kühlen Umschläge sich schließlich wie eine zweite Haut um den Arm schmiegten.

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