Änderung der §§ 14 bis 16 Codex Iuridicalis zur Advocatio Imperialis

  • “Verehrtes Kollegium, ich möchte heute einige, eher geringfügige Änderungen der Subpars Quarta der Pars Prima des Codex Iuridicalis zur Diskussion stellen.
    Die genannte Subpars Quarta umfasst drei Paragraphen, die ich in ihrem zurzeit gültigen Wortlauf vorab verlesen will:


    § 14 Advocatio Imperialis
    (1) Die Staatsanwaltschaft des Imperium Romanum wird als Advocatio Imperialis bezeichnet, der der Advocatus Imperialis Maior vorsteht. Dieser Oberstaatsanwalt ist immer der Quaestor Sacri Palatii des Imperator Caesar Augustus.
    (2) Sie vertritt bei Strafsachen der Kategorien Schwerverbrechen und Verbrechen als Ankläger das Imperium Romanum.
    (3) Die Advocatio Imperialis wird als Ermittler nur bei Strafsachen der Kategorien Schwerverbrechen und Verbrechen tätig.
    (4) Bei allen Ermittlungen in Strafsachen der Kategorien Schwerverbrechen und Verbrechen wird ein Advocatus Imperialis zum konkreten Fall hinzugezogen.
    (5) Bei Verhandlungen des Iudicium Imperialis ist stets der Advocatus Imperialis Maior Ankläger.


    § 15 Formalien zum Advocatus Imperialis
    (1) Ein Advocatus Imperialis muss mindestens den ritterlichen Rang bekleiden und von hoher Integrität sein.
    (2) Das Amt basiert auf Freiwilligkeit, kann vom Imperator Caesar Augustus aber auch angeordnet werden.
    (3) Der Imperator Caesar Augustus nominiert den Advocatus Imperialis. Er bleibt solange Advocatus Imperialis bis zum freiwilligen Rücktritt oder bis zur Abnominierung durch den Imperator Caesar Augustus.
    (4) Zum Advocatus Imperialis nominiert werden dürfen nur Bürger, die den Cursus Iuris an der Schola Atheniensis Phoebi Apollonis Divinis bestanden haben.
    (5) Der Grundsatz des Mindeststandes und dieser des zu bestehenden Cursus ist nur zu brechen wenn unter diesen Voraussetzungen kein Advocatus Imperialis benennbar ist.


    § 16 Ausschluss als Advocatus Imperialis
    Ein Advocatus Imperialis ist von der Ausübung des Amtes kraft Codex ausgeschlossen, wenn er
    1. selbst durch die Straftat verletzt ist.
    2. Ehegatte oder Lebenspartner des Klägers oder des Angeklagten ist oder gewesen ist.
    3. mit dem Kläger oder dem Angeklagten verwandt oder verschwägert ist oder war.
    4. in der Sache als Advocatus des Angeklagten tätig gewesen ist.“


    Der Consul machte eine kurze Pause, in der er wieder zu Atem kommen musste.


    “Folgende Änderungen möchte ich hiermit anregen und dem Senat zur Diskussion stellen:


    I. zu § 14 (1):
    Nachdem das Amt des Quaestors Sacri Palati seit geraumer Zeit unbesetzt ist und seine Aufgaben vom Imperator Caesar Augustus dem Procurator a cognitionibus übertragen wurden, rege ich an, die Amtsbezeichnung Quaestor Sacri Palati zu streichen und durch Procurator a cognitionibus zu ersetzen.


    II. zu § 14 (5):
    Im Sinne einer stets handlungsfähigen Advocatio Imperialis, deren Arbeit nicht durch zum Beispiel die Unpässlichkeit einer einzelnen Person zum Erliegen kommt, schlage ich die Streichung dieses Absatzes vor. Der Advocatus Imperialis Maior kann selbst entscheiden, bei welchen Verhandlungen seine Anwesenheit als Ankläger geboten erscheint und als Vorsteher der Advocatio Imperialis liegt es meines Erachtens auch innerhalb seiner Befugnisse, ein Verfahren an sich zu ziehen.


    III. zu § 15 (2) und (3):
    Die Formulierung erscheint mir ein wenig merkwürdig, insbesondere hinsichtlich des Begriffs 'Freiwilligkeit'. Außerdem macht die Verteilung auf zwei Absätze, die sich zum Teil wiederholen, wenig Sinn, wie ich finde. Ich schlage deshalb vor, den ersten Satz des Absatzes (2) zu streichen und den zweiten im Sinne einer eindeutigen und üblichen Formulierung umzuschreiben. Auch schlage ich vor, hier die Möglichkeit zu verankern, dass der Imperator Caesar Augustus das Berufungsrecht an den Advocatus Imperialis Maior deligiert.
    In Absatz (3) sollte der erste Satz gestrichen und der zweite in seiner Formulierung entsprechend angepasst werden.


    IV. zu § 16:
    Hier schlage ich eine Ergänzung vor. Auch ein Klientelverhältnis sollte ein Ausschlussgrund sein. Überlegenswert wäre, ob man nicht gesetzlich festhält, dass der Imperator Caesar Augustus einen oder mehrere Ausschlussgründe als nicht maßgeblich deklarieren und den Ausschluss eines Advocatus Imperialis für nichtig erklären kann.



    Das sind meine Vorschläge. Ich bitte nun um eure Stellungnahmen dazu.“

  • Dieser Teil des Codex Iuridicialis war auch Durus schon lange ein Dorn im Auge gewesen, daher hatte er sich selbst auch schon einige Gedanken zu der Angelegenheit gemacht. Allerdings war er zu einer wesentlich radikaleren Lösung gekommen.
    So erhob er sich und begann das ganze wie eine Rede (denn es würde wohl ein relativ langer Redebeitrag werden).


    "Consul Aelius, patres conscripti,


    ich muss Dir zustimmen, auch mir ist dieser Subpars schon seit geraumer Zeit ein Dorn im Auge und ich bin glücklich, dass dieser endlich thematisiert wird.


    Bei meiner Beschäftigung mit diesen Paragraphen bin ich jedoch zu dem Schluss gekommen, dass sie in großen Teilen gänzlich überflüssig sind. Bevor jetzt ein Aufschrei durch die Curia geht, lasst mich erklären:


    Bei der Betrachtung dieser Gesetze habe ich mich nach der ursprünglichen Intention gefragt, die hinter der Beauftragung eines kaiserlichen Procurators mit derartigen Aufgaben steht. Meines Erachtens ist diese die überragende Auctoritas des Imperator Caesar Augustus, die ihn befugt, im Namen des Staates Ermittlungen gegen diejenigen aufzunehmen, die die Ordnung unserer geliebten Res Publica gefährden. Als Patronus aller römischen Bürger ist er darüber hinaus auch derjenige, der auf die Bitte seiner Klienten für sie vor den Gerichten Partei ergreift.


    Dass der Imperator Caesar Augustus seine zahlreichen Aufgaben nicht alle persönlich wahrnehmen kann, liegt natürlich auf der Hand. Daher hat er den Procurator a cognitionibus in seinen Diensten, der gelegentlich auch als Advocatus Imperialis bezeichnet wurde.


    Daraus folgere ich, dass es wohl allein im Ermessen des Imperator Caesar Augustus liegt, wen er mit den Ermittlungen und Anklagen beauftragt, die er verfolgen möchte. Dabei sollte er von keinem Gesetz gebunden werden - es gibt schließlich auch kein Gesetz, das den Imperator Caesar Augustus anweist, wem er welches Kommando geben soll oder wen er zur Reinigung seines Palastes einstellt. Ein Procurator ist meiner Meinung nach per definitionem ein persönlicher Angestellter, der meiner Meinung nach nicht durch Gesetze definiert werden muss.


    Ich schlage daher vor, die Advocatio Imperialis aus dem Codex zu streichen und stattdessen einen Hinweis darauf zu geben, dass der Imperator Caesar Augustus eine legitime Appellationsinstanz ist und das Recht besitzt, zum Wohle des Staates Ermittlungen gegen Staatsfeinde aufzunehmen."


    Damit hatte er seine Ansicht hoffentlich einigermaßen erklärt. Erwartungsvoll blickte er in die Augen der anwesenden Senatoren.

  • “Bitte versteh' mich nicht falsch, Senator Tiberius Durus. Deine Überlegungen haben in meinen Augen durchaus etwas für sich. Je einfacher ein Gesetz ist, desto leichter ist es auch zu verstehen und wo wir auf gesetzliche Regelungen verzichten können, da sollten wir es tun.
    Dennoch kann ich mich deinen Betrachtungen nicht vollständig anschließen.


    Du sprichst von der überragenden auctoritas des Imperators Caesar Augustus und bezeichnest damit sein herausgehobenes Ansehen und seinen weitreichenden Einfluss. Ich widerspreche dem nicht und ich bin wohl der letzte, der die Befugnisse des Kaisers und die Geltung seiner Worte und Taten schmälern will.
    Die Einflussmöglichkeiten und Entscheidungsbefugnisse des Kaisers sind sehr weitreichend. Ich halte das für richtig und ich würde sie verteidigen, wenn ich sie bedroht sähe. Aber sie leiten sich nicht aus einem so wagen Begriff wie auctoritas ab. Wir Römer sind freie Menschen und wir sind stolz auf unser Rechtssystem. Aber das hat für jeden Römer Gültigkeit, auch für den Kaiser und seine Befugnisse sind in unseren Gesetzen niedergeschrieben. Das ist es doch auch, was uns von Völkern wie den Parthern unterscheidet, die Untertanen eines Despoten sind und seiner Willkür ausgeliefert.


    Auch kann ich dir nicht zustimmen, wenn du sagst, der Procurator a cognitionibus wäre praktisch ein persönlicher Angestellter des Imperators Caesar Augustus, womit du ihn in meinen Augen mit einem Scriba personalis, also einem privat angestellten Sekretär gleichsetzt. Der Kaiser hat keine privaten Bediensteten oder Mitarbeiter, denn er ist keine private Person! Der Mensch muss hinter diesem Amt zurücktreten, er verschwindet dahinter. Das ist auch eine schwere Bürde, aber ist es nicht so? Alles was den Kaiser betrifft ist für den römischen Staat und damit für uns alle von Bedeutung. Darum – um bei deinem Beispiel zu bleiben – obliegt es auch nicht privaten Dienern des Kaisers, den Palast zu reinigen. Auch sie werden vom römischen Staat bestellt und bezahlt und haben als Cubicularii ein öffentliches Amt inne. Womit du natürlich rechts hast: Das wird von keinem Gesetz geregelt.


    Wegen deinem eigentlichen Vorschlag möchte ich zu bedenken geben, dass die Advocatio Imperialis als ermittelnde Behörde und von Amts wegen als Ankläger bei allen Verbrechen und Schwerverbrechen agiert. Sie ist es auch, wo die Bürger solche Straftaten zur Anzeige bringen können.
    Streichen wir die Advocatio Imperialis ersatzlos und überlassen wir es dem Procurator a cognitionibus, in welchen Fällen er von sich aus aktiv wird, dann fällt diese Gewähr weg. Dann kann es sein, dass die Rolle der Anklage auch in Fällen wie Mord von privaten Personen ohne Amt vertreten werden muss.
    Das wäre nicht vollkommen neu, ich weiß, es käme unseren Traditionen nahe. Ich gebe das aber zu bedenken.


    Außerdem, auch dass sollten wir nicht übersehen, wird der Begriff der Advocatio Imperialis in unseren Gesetzen noch häufiger verwendet und einige Gesetze beziehen sich darauf. Einer Streichung der §§ 14 bis 16 müssten weitere Gesetzesänderungen folgen.“

  • "Es ist natürlich klar, dass der Kaiser sehr viel weitreichendere Einflussmöglichkeiten und Befugnisse hat. Selbstverständlich ist er niemals eine wirklich private Person. Dennoch bin ich der Meinung, dass man die Konsequenzen tragen muss, die eine solche Abtretung staatlicher Aufgaben in die Hand des Imperator Caesar Augustus mit sich bringt.


    Natürlich ist ein Procurator nicht mit einem einfachen Scriba vergleichbar, dennoch darf man nicht vergessen, dass er einzig und allein von seinem Dienstherrn abhängig ist - das ist ja auch der Grund, warum Adlige diese Posten nicht gern bekleiden - sie wären abhängig!


    Nach meinem Verständnis ist und bleibt ein Procurator der verlängerte Arm seines Herrn. Auch viele von uns haben eigene Procuratores, die etwa ihre Vermögen verwalten. Und so ist es auch beim a cognitionibus. Er wird vom Kaiser eingestellt und ist dem Kaiser Rechenschaft schuldig. Natürlich kann man sein Wirken durch Gesetze einschränken, aber das letzte Wort hat doch stets der Kaiser selbst. Und da dies so ist, ist es nicht notwendig, Gesetze darüber zu verfassen.


    Und um auf deine Konsequenz zu kommen: Zwar kann ich mir nicht vorstellen, dass der Kaiser sich weigert, einen Mörder zu verfolgen, doch in gewisser Weise entmündigen wir den Bürger auch, wenn wir ihm nicht gestatten, seine Anklage selbst vor Gericht zu vertreten. Und wer dies nicht kann, der kann sich ja immer noch an seinen Patron wenden."


    Durus war kein Freund von einem zu einflussreichen Staat. Zwar war er auch kein Freund eines allmächtigen Kaisers, doch in diesem Fall war das Gesetz wohl weniger wert, als das Papyrus, auf dem es festgehalten wurde. Der Einwand, dass bei mangelnden Kandidaten auch die Voraussetzungen verändert werden durften, machte im Grunde alles von der Willkür des Kaisers abhängig. Und die brauchte nicht in Gesetze gegossen zu werden!

  • “Mir persönlich sind deine Vorstellungen durchaus sympathisch.


    Sollte sich der Senat aber für eine Streichung der Subpars Quarta aussprechen, dann müssten meines Erachtens aber ein paar Dinge an anderer Stelle gesetzlich festgehalten werden.


    I. Die Zuständig, wer den Anklagevertreter in einem Verfahren benennt. Meiner Meinung nach könnte sie auch dem jeweils zuständigen Iudex Prior zufallen.
    II. Die allgemeine Zuständigkeit bei Ermittlungen. Sie könnte ebenfalls an den zuständigen Iudex Prior fallen.
    III. Das Vorrecht des Kaisers, nach eigenem Ermessen Ermittlungen zu führen und jegliche Anklage an sich zu ziehen, oder an eine Person seiner Wahl zu übertragen, auch wenn bereits von anderer Stelle ein Anklagevertreter benannt wurde.


    Außerdem halte ich die in § 16 aufgeführten Ausschlussklauseln durchaus für sinnvoll, zuzüglich des von mir eingangs gemachten Ergänzungsvorschlags.“

  • "Im Allgemeinen kann doch der Kläger und der Beklagte selbst seinen Vertreter bestimmen, wie es bei Vergehen auch praktiziert wird. Wenn es mehrere Kläger gibt, wäre es allerdings wohl tatsächlich die Aufgabe des Iudex Prior. Dass der Kaiser dabei Vorrecht hat, versteht sich wegen seiner Auctoritas wohl von selbst und kaum ein Iudex wird ihm dieses absprechen.


    Die Ermittlungen wiederum könnten auch an die beteiligten Prozess-Parteien abgegeben werden. Natürlich könnte man allerdings fakultativ dem Iudex erlauben, eigene Nachforschungen anzustellen.


    Im Grunde würde ich alles ähnlich regeln, wie es in Verhandlungen der Kategorie Vergehen gehandhabt wird."

  • “Insbesondere bei Verhandlungen wegen Verbrechen oder gar Schwerverbrechen ist es meiner Meinung nach notwendig, dass der Ankläger über iuristische Kenntnisse verfügt. Außerdem ist nicht gesagt, dass ein Kläger auch immer die Anklage übernehmen will, einen Vertreter vorweisen kann, oder das es in allen Fällen immer einen Kläger gibt. Darum halte ich es für ratsam, wenn der jeweils zuständige Iudex Prior über die Bestellung des Anklägers entscheidet. Das schließt keinesfalls aus, dass er sie auch einem Kläger oder seinem Beauftragten überträgt und wenn keine Hinderungsgründe vorliegen, dann sollte er das auch tun. Das vorzuschreiben halte ich aber für falsch.“

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