Ein kleiner Spaziergang

  • Axilla war gelaufen? Im Gymnasion? Penelope fiel irgendwie gerade siedend heiß ein, dass Läufer üblicherweise nackt waren, und das passte ihr gerade so gar nicht. Und auch, dass Anthimos wohl nackt trainiert hatte, passte ihr noch viel weniger. Sie musste sich schwer beherrschen, um jetzt nichts zu sagen, daher sagte sie erst einmal eine ganze Weile gar nichts.
    “Und du hast auch trainiert, während sie trainiert hat?“
    Irgendwie brannte diese Frage jetzt doch sehr auf ihrer Seele, und sie konnte einfach nicht umhin, ihn danach zu fragen. Es ging einfach nicht, sie wollte Gewissheit haben.

  • Anthi kapiert nicht worauf Penelope hinauswollte.


    "Nein, das war kein richtiges Training. Ich hab einfach nur den Diskus so fest ich konnte von mir weggeschleudert. Technisch gesehen war das wohl ein Kataklysmus! Wenn das jemand gesehen hätte, der sich damit auskennt, der hätte mich wohl ausgelacht." Anthi lachte. "Ich kann dir sagen, danach hatte ich ganz schön schwere Arme und am nächsten Tag hab ich es dann in der Schreibstube heimgezahlt bekommen."

  • Penelope interessierte sich eigentlich weniger für die Technik beim Diskuswerfen, aber ihr Mann hatte den Wink wohl eher weniger verstanden. Sie wollte jetzt nicht allzu direkt nachfragen, also versuchte sie es noch einmal etwas dezenter.
    “Und Axilla hat richtig trainiert? Also nicht in diesen rhomäischen Tuniken, sondern… richtig?“
    Sie konnte sich gar nicht vorstellen, dass die Frau nackt durchs Gymnasion gerannt sein sollte. Wobei… so gut kannte sie Axilla ja auch nicht, und was sie gehört hatte von Ánthimos… Vorstellen konnte sie es sich schon… und es gefiel ihr nicht.

  • Ach so lief der Hase-oder in diesem Falle eher die Axilla. Sie wollte wissen ob er sie nackt gesehen hatte! Nun das hatte er nicht. Nicht das er nicht hingeschaut hätte. Liebe hin oder her, ein Mann war eben ein Mann, da war auch Anthi nicht anders.


    "Keine Angst, sie war nicht nackt. Sie hatte eine kurze Tunika an. Übrigens hat sie ihre andere Tunika dann im Stadion vergessen. Ich hab sie dann mitgenommen. Falls sie vorbeikommt und fragt: Sie liegt im Schrank in der Küche."

  • Oh, ja, da freute sich Penelope schon darauf, ihr dann die Tunika wiederzugeben. Höchstwahrscheinlich war sie grade sehr ungerecht, aber wenn man gerade eifersüchtig war, dann waren Frauen nicht für ihre Logik unbedingt berühmt. Und auch Penelope bildete da keine Ausnahme.
    “Und du?“
    Wenn Ánthimos schon so direkt war und gleich aufs Nacktsein so zu sprechen kam, dann konnte sie ja auch mal ganz direkt sein und fragen.

  • Jetzt half nur noch die Flucht nach vorne. "Natürlich war ich nackt. Ein Hellene macht doch nicht in Kleidung Sport. Wo kommen wir denn da hin. Was denkst du denn was ich anhatte als ich Modell für eine Statue gestanden habe? Ich hab mir natürlich schnell etwas um die Hüften gewickelt. Aber ich denke das war ihr sicher peinlicher als mir. Die Rhomäer sind bei sowas ja etwas komisch. Und es ist ja nicht so, dass ich unansehnlich bin."


    Jetzt war er gespannt, ob ihm das den Kopf rettete, oder ob er jetzt gleich eine gescheuert bekam...

  • Penelope versuchte wirklich, nicht eifersüchtig zu sein. Sie bemühte sich wirklich sehr redlich darum. Natürlich war ihr Mann beim Training nackt und da konnten ihn viele Frauen bestimmt sehen. Und wenn er bei den olympischen Spielen antrat, würden ihn bestimmt noch viel mehr Frauen begehrlich anschauen. Bestimmt auch viele, die um einiges hübscher waren als Penelope, da machte sie sich gar nichts vor. Und sie war ja auch nicht dumm und wusste, dass Ánthimos auch schon vor ihr Frauen hatte. Und sie wusste, dass die Vorstellung fast schon illusorisch war, von einem Mann zu verlangen, seiner Frau ebenso treu zu sein, wie sie ihm zu sein hatte. Zumindest war sie es so gelehrt worden, auch wenn Inhapy beispielsweise etwas ganz anderes sagte.
    Aber es jetzt doch so wieder vor Augen geführt zu bekommen war halt etwas anderes als dieses ominöse Wissen im Hinterkopf, wenn sie sich selbst damit beruhigte, dass er ja ohnehin nur sie liebte. Sie glaubte ihm nach wie vor, dass er sie liebte und sich auch schon auf das gemeinsame Kind freute. Und doch waren seine Worte wie ein kleiner Stich in ihre Seele. Sie musste daran denken, wie sie aussehen würde, wenn das Kind in ihr wuchs. Und wenn es frisch auf der Welt war, war sie wohl körperlich auch nicht imstande, ihm all das zu geben, was er brauchte. Bislang hatte sie sich geweigert, darüber nachzudenken, aber so wie er das jetzt gesagt hatte… Angebote hatte er dann sicher genug.
    Penelope sagte nichts, sondern verfiel in betrübtes Schweigen. Sie wollte so etwas gar nicht denken, aber im Moment drängten sich diese Gedanken ihr einfach auf. Und die ließen sie verstummen, denn sie wollte ihrem Mann da keine Vorwürfe machen. Und es war ja nicht sein Fehler, dass sie ihre Eifersucht so schlecht im Griff hatte.

  • So liefen sie eine Weile nebeneinader her. Sie wollte wohl nichts sagen, und Anthi wusste nicht, was er sagen sollte. "Ach Schatz, was ist denn? Es ist doch nicht schlimm, dass sie mich kurz nackt gesehen hat. Ich empfinde ja nichts für sie. Sie ist ja noch ein Kind, also von ihrem Verhalten. Und außerdem liebe ich ja dich und zwar nur dich. Es ist doch egal ob ihr gefallen hat, was sie gesehen hat. Für mich würde sie eh nie in Frage kommen." Das stimmte alles: Axilla war sicher nichts für Anthi. Er konnte ja nichts für die Situation, und das musste sie doch einsehen. Er wusste schon ganz gut, warum er nichts davon erzählen wollte. In diesem Moment hoffte er, die nächste Betriebsprüfung im Porneion würde noch ewig auf sich warten lassen...

  • “Ach, es ist nichts. Du kannst ja nichts dafür, wenn ich… eifersüchtig bin. Ich will es ja auch gar nicht sein, ich meine, du siehst nun mal gut aus. Da ist es natürlich, wenn andere Frauen auch schauen, nicht?“
    Und noch war sie rank und schlank und konnte ihm alles geben, was er brauchte, und das gerne. Sie sollte sich für den Moment nicht so viele Gedanken machen. Es sollte sie nicht stören, solange er mit einer anderen Frau kein Kind zeugte, und das würde er ihr nicht antun. Er liebte sie, so wie sie ihn liebte. Nein, das würde er ihr nicht antun.
    “Ich muss mich wohl nur erst noch daran gewöhnen.“

  • "Ich finds gut wenn du eifersüchtig bist. Das zeigt mir, dass du mich liebst. Aber du drafst dich da nicht im Stillen grämen. Sonst hab ich ja gar keine Chance mich mit dir zu versöhnen." Er zwinkerte ihr zu und lies seine Hand von ihrem Rücken ein wenig tiefer sinken. "Hab keine Angst. Du bist meine Frau und nur du kannst mir geben was ich will und was ich brauche. Du trägst unser Kind in dir und seitdem strahlst du noch schöner als vorher schon."

  • Womit hatte sie nur so einen lieben Mann verdient? Penelope blieb stehen und zog sein Gesicht ein wenig zu sich runter und küsste ihn ganz sanft und glücklich. “Ich liebe dich.“ Und dann küsste sie ihn noch einmal, ein bisschen leidenschaftlicher. Bevor dieser Spaziergang aber noch endete wie so manch anderer ihrer Spaziergänge löste sie sich wieder von ihm und kuschelte sich im Gehen ganz leicht an ihn.
    Jetzt konnte sie auch normal das Gespräch weiterführen, denn ihr Mitleid überwog nun wieder ihre Eifersucht. Ihr Mann wusste einfach, was er tun musste, damit sie sich rundum wohl und glücklich fühlte.
    “Du meinst, Axilla hat Probleme mit der Familie? Aber nicht wegen Timos? Ja, das Mädchen hat auch bei uns ein paar seltsame Andeutungen gemacht, dass sie niemand vermissen würde oder so. Genau erinnere ich mich nicht mehr, was sie gesagt hat, es klang nur… traurig.“

  • "Sie scheint wirklich sehr traurig zu sein. Es sind ihr ein paar Mal Andeutungen herausgerutscht und dann hat sie aber immer das Thema gewechselt. Ich denke sie hatte es sogar in Erwägung gezogen ihrem Leben ein Ende zu bereiten. Aber natürlich kann ich da auch was falsch interpretieren. Ich hab ihr gesagt, dass es nichts bringt alles in sich hineinzufressen oder zu verdrängen. Da hatte sie es auf so eilig wegzukommen, dass sie ihre Tunika vergessen hat."


    Anthi zuckte mit seinen breiten Schultern und wirkte irgendiwe hilflos und wurde ungewohnt ernst.


    "Wir haben ja eigentlich über Marcus Achilleos und seine Lehre geredet und dann meinte ich, wenn dir und unserem Kind etwas passieren würde, würde ich meinem Leben ein Ende setzen und nicht wie er lehren man solle keine Gefühle haben. Du musst wissen, dass er seine Frau und sein Kind verloren hat. Und dann fragte sie, was denn wäre, wenn man nicht genug Mut hätte seinem Leben ein Ende zu setzen. Das hat mich berührt, denn auch ich wollte einmal sterben. Ich habe ihr geraten den Göttern für die zweite Chance zu danken und das Beste daraus zu machen. Bei mir hat es geklappt und ich bin jetzt so glücklich wie noch nie..."

  • Ein klein bisschen überrascht war Penelope schon, dass Ánthimos ihr gegenüber so unverblümt sagte, dass er den Tod wählen würde, wenn ihr und dem Kind etwas geschehen würde. Er war ihr starker Fels, ihr Beschützer, und in diesem Moment wirkte er so verletzbar. Es war sehr merkwürdig, und Pelo wusste einen Moment nicht, wie sie damit umgehen sollte. Sie sah ihn nur nachdenklich an und versuchte, sich darüber klar zu werden, ob sie sich davon geschmeichelt oder doch eher schockiert fühlen sollte. Ihre Hand wanderte dabei unbewusst zu ihrem Bauch und fuhr sanft darüber.
    “Und auf diesen Hinweis hin ist sie dann weggerannt und hat sogar ihre Tunika vergessen?“
    So, wie Anthi erzählte, war das ganze doch recht sachlich. Zwar sehr traurig, aber doch recht sachlich. Da konnte sie die Reaktion der Rhomäerin nicht wirklich verstehen. Aber andererseits, wer verstand schon die Rhomäer?

  • "Ich sagte zu ihr, dass sie mal darüber nachdenken solle, ob es etwas bringe seine Probleme nicht richtig anzusprechen, und dass sie jederzeit zu uns kommen kann, wenn sie jemanden zum Reden braucht." Er hob sofort abwehrend die Hände hoch. "Die Kleine tut mir einfach Leid, und ich habe ein schlechtes Gewissen. Du weist ja was Timos und Ilias sich geleistet haben. Und sowas fällt nunmal auf die gesamte Familie zurück. Außerdem kommt mir Axilla vor wie ein Kind, dem jemand fehlt der sie richtig leitet. Ich würd ja gerne mal mit Iunia Urgulania darüber reden, aber durch die Sache mit Timos ist mir das zu heiß. Und jetzt kann sie zu uns kommen, wenn sie möchte, oder es eben bleiben lassen. Es ist ja nicht so, dass ich darauf brennen würde die Familienprobleme einer römischen Gens zu beheben."

  • Einen Moment schaute Penelope skeptisch zu ihrem Mann hoch, dann grinste sie ihn frech an.
    “Ich seh schon, kleine Mädchen erwecken in dir jetzt Vatergefühle.“
    Schelmisch strahlte sie ihn an und musste dann lachen. Ein wenig necken musste da sein, denn es war ja wirklich fast so. Seit Anthi wusste, dass sie schwanger war, bekam er immer so einen weichen Gesichtsausdruck, wenn er spielende Kinder sah. Vor allem, wenn es Mädchen waren, seitdem Inhapy ihnen gesagt hatte, dass sie wohl auch ein Mädchen erwarteten.
    Doch dann wurde Penelope auch wieder ernster und dachte noch einen Moment an Axilla. Das Mädchen war vielleicht ein oder zwei Jahre jünger als Penelope, und trotzdem war das eine ganze Welt zwischen ihnen. Auch ihr kam Axilla eher wie ein Kind vor denn wie eine Frau. Woran genau das lag, wusste sie nicht, vielleicht an ihrer Art, die ein wenig unaufmerksam manchmal schien.
    “Nun, wenn sie vor unserer Tür dann eines Tages steht, weiß ich bescheid. Aber ich glaube auch, du solltest besser nicht mit Urgulania reden und dich raushalten. Das könnte seltsam aussehen, und du müsstest erklären, wieso die die Rhomäerin überhaupt kennst. Vielleicht wirklich einfach mal abwarten. Ich meine, sie ist ja nicht mit uns verwandt.“
    Auch wenn Timos in der einen Nacht wohl den Geräuschen nach einiges unternommen hatte, das zu ändern. Aber das war ja nun auch vorbei.

  • "Du hast recht, ich halte mich da besser raus. Wird sicherer sein." Dann fiel ihm ein, dass er ihm noch gar nichts von seinen anderen Plänen wegen des Studiums am Museion erzählt hatte.


    "Ich wollte dir noch etwas erzählen, aber du wirst mich sicher für verrückt halten...ich möchte am Museion ein Studium der Medizin beginnen. Und damit ich da nicht ganz ohne Wissen hingehe wird mir Inhapy einiges beibringen."

  • Jetzt war Penelope doch überrascht. Nicht nur vom plötzlichen Themenwechsel, sondern dass ihr Mann grade allen ernstes gesagt hatte, Inhapy würde ihm etwas beibringen.
    “Inhapy? Reden wir von derselben Inhapy?“
    Penelope schaute ein klein wenig ungläubig zu Ánthimos hinauf. Womit hatte er die Ägypterin wohl bezirzt, dass diese ihm etwas beibringen wollte? Und sie war doch Hebamme! Das konnten Männer doch gar nicht werden!
    “Aber was bringt sie dir denn bei? Ich meine, Hebamme wirst du glaube ich nicht werden.“
    Das sagte sie keineswegs böse. Aber die Vorstellung eines Mannes als Hebamme war einfach zu seltsam, um sie nicht zu kommentieren.

  • Pelo war verdutzt aber nicht schockiert-das war doch schonmal was.
    "Nein, ich möchte keine Hebamme werden. Aber Inhapy weis viel über den Körper, über Pflanzen und Heilmittel. Ich meine bei platzwunden und sowas kenne ich mich ja aus, die sind bei der Schwerathletik an der Tagesordnung. Zum Glück aber meist nur bei meinen Gegnern." Er lächelte ihr aufmunternd zu. "Und den Körper und die Muskeln kenne ich ja auch sehr gut. Wenn du magst kann ich dir nachher mal alle Muskeln genau zeigen die ich so habe." Er drückte sie an sich und gluckste dabei vergnüngt.

  • Penelope war gerade sehr froh, dass Ánthimos noch keinen wirklichen Trainingspartner für Pankration und Boxen gefunden hatte. Sie war zwar nicht zimperlich, aber dennoch wollte sie lieber weniger über Platzwunden wissen als mehr. Daher beruhigten sie seine Worte nicht so wirklich, aber als er sie so an sich drückte und vor sich hingluckste, musste sie doch lächeln.
    “Nun, wir können nachher ja deine Bauchmuskeln ein wenig trainieren“, meinte sie neckisch und kniff ihm dabei auch leicht in den Bauch, weil sie wusste, dass ihn das kitzelte. Inzwischen kannte sie ihren Mann da doch recht gut.
    “Aber erst erzähl mal, wie du Inhapy überredet hast, dir da etwas beizubringen. Sie ist ja doch etwas eigen in ihrer Meinung zu Männern.“

  • "Ja das war gar nicht so einfach. Aber als ich sie überzeugt habe, dass ich keine Hebamme werden will, ging es ganz schnell. Außerdem habe ich mit ihr ausgemacht, dass ich ihr 10 Drachmen die Woche bezahle. Einmal natürlich für deine Behandlung und damit sie mich etwas lehrt. Sie hat mir auch schon beigebracht wie man Schürfwunden richtig säubert. Außerdem hab ich Inhapy überredet, dass ihre Jungs zweimal pro Woche zu uns kommen und bei uns lesen und schreiben lernen. Ich weis aber auch gar nicht mehr so genau wie wir darauf gekommen sind." Jetzt war er auf Pelos Reaktion gespannt. Schließlich mochte sie Inhapys Kinder und deshalb würde sie sich darüber sicher sehr freuen. Das war auch einer der Hauptgründe für sein Angebot an die Ägypterin gewesen.

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!