villa | adventus auf leisen Sohlen

  • Einfach süß! …, bemerkte Prisca für sich, wie ihr Onkel auf so manches reagierte. Mal schnippisch zu ihrer Bemerkung über die Schuhe, mal ignorierend auf ihre Verführungsversuche hin und dann wieder ganz hilflos nach Worten ringend, wenn sie ihn bewusst mit ihrer Körperfülle in Verlegenheit brachte. Was sie natürlich nicht böswillig tat! Wie auch?! - Schließlich war ihr Onkel viel mehr für sie als nur ein naher Verwandter. Marcus war so etwas wie ein Bruder, ein enger Vertrauter, dem sie niemals in den Rücken fallen würde.


    Prisca schmunzelte deshalb nur während sie Marcus die Gelegenheit gab, sich aus er Bredouille heraus zu reden und er ihrem Vorschlag mit dem Teppich zustimmte. Ebenso unterließ sie jeden weitern Verführungsversuch da sie ja wusste, was damals mit Helena geschehen war. Vielleicht lag es daran, dass Marcus so keinerlei Gedanken daran verschwendete, dass seine Nichte eventuell mehr von ihm wollen könnte. Was natürlich abwegig war und wiederum auch nicht! … Jedenfalls bemerkte Prisca sofort wie Marcus auf die Frage nach Celerina reagierte und sofort unterließ sie jede weitere scherzhafte Bemerkung.


    "Ja natürlich! Lass uns später reden … ", erwiderte Prisca, mit einem eher versonnen wirkendem Lächeln und streichelte dabei sanft mit der Hand über Marcus´ Wange. Wo ich überall war? .. Oh ich war auf einigen unserer Landgüter, wo ich mich einfach nur erholt habe. Hast du eigentlich gewusst, dass der Norden um diese Jahreszeit besonders schön ist? … Was Caius betrifft, du musst mir nichts vor machen. ... Ich habe ihm ebenfalls geschrieben! Doch bis heute habe ich nichts mehr von ihm gehört. Kann es sein, dass er gar nicht mehr in Rom weilt? … Nun verwschwand auch das Lächeln aus Priscas Gesicht und sie sah ihren Onkel einfach nur an, während sie mit dem Daumen gedankenverloren an seinem Kinn herum strich ...

  • Ihr Schmunzeln verdeutlichte mir nur allzu gut, dass sie sich über mich amüsierte. "Du machst dich lustig über mich", entgegnete ich daher leicht schmollend und sah Prisca ein wenig frustriert an. Allerdings verflog mein Gesichtsausdruck schnell wieder, als sie mir kurz über die Wange strich. Ich blinzelte sie an. Sie wirkte ernst, begann dann jedoch, von ihrer Reise zu erzählen. Ein wenig verwirrt hörte ich zu. Unser Verhältnis war immer schon besonders gewesen, aber heute hatte ich den Eindruck, dass Prisca Zärtlichkeit fehlte. Ich hob einen Mundwinkel ob dessen und nahm sie seitlich in den Arm, schließlich saß ich inzwischen neben ihr.


    "Ich hatte eigentlich noch nicht sofort mit dir darüber reden wollen, aber... Ja, du hast recht. Es gibt keine Erklärung dafür, und ich bin wohl nicht der einzige, der maßlos enttäuscht ist. Gerade gestern war ich bei seinem Verwandten, Flavius Gracchus. Es scheint so, als wüsste nicht einmal seine eigene Familie etwas über seine Beweggründe." Ich musste daran denken, wie er mir einmal von seinem Sohn und dieser Fischerin erzählt hatte. Lag die Vermutung nicht nahe, dass er zu ihr zurückgekehrt war? Aber das konnte ich Prisca schwerlich erzählen. Forschend sah ich sie von der Seite her an. Konnte es sein, dass...? "Hast du ihn geliebt?"


    "Uns scheint nicht unbedingt das Glück beschieden zu sein, was geplante und tatsächliche Vermählungen betrifft", fuhr ich dann fort. "Du hast eben nach meiner Verlobten gefragt. Sie ist tot. Verbrannt, in einem Lagerhaus in Ostia. Keiner weiß bisher Genaueres." Ich fühlte mich seltsam unberührt. Vermutlich deswegen fuhr ich zügig fort, nachdem es heraus war. "Und neulich war ein Verwandter von Deandra hier. Du weißt doch noch..." Wie konnte man das vergessen... "Sie ist nach Spanien gereist. Kurz darauf ist auch sie gestorben." Ich schwieg, und das Schweigen sagte mehr darüber aus, was ich dachte, als die Worte. Ich war mir sicher, dass es aus irgendeinem Grund nicht sein sollte, dass ich eine Frau heiratete. "Jetzt sag bitte nicht wieder, dass es nicht meine Schuld sei", griff ich Prisca vorweg, als gerade der Sklave von eben wieder eintrat und diesmal die Obstplatte ordnungsgemäß vor ihr und mir auf dem Tisch platzierte.

  • "Nein mach ich nicht … ", entgegnete Prisca schelmisch grinsend nur, um damit das letzte Wort zu haben. Daran hatte sich ihr Onkel sicher schon gewöhnt - etwas anderes blieb ihm auch nicht übrig, denn so war sie eben. Wobei es Prisca durchaus auffiel, wie sie sich selbst verändert hatte seit dem ersten Treffen, damals in Germanien. Voller Gram und Hass auf ihre Mutter, die ganze Familie und nicht zuletzt auf sich selbst war sie gewesen und nun? - War die Familie - allen voran ihr Onkel - ihr so sehr ans Herz gewachsen.


    Zusammen hatten sie schon so manche schwere Stunde überstanden, zuletzt, als sich Cousine Helena das Leben nehmen wollte. Das war eine schlimme Zeit gewesen, vor allem da Marcus alle Schuld auf sich genommen hatte, doch welch schwere Stunden standen ihnen wohl diesmal bevor?


    Priscas Körper spannte sich ungewollt, trotz der liebevollen Umarmung ihres Onkels, da seine Worten gerade die unliebsame Gewissheit brachten. Ihre erste (vielleicht sogar große) Liebe würde keine Zukunft haben. Ich hab es geahnt, es lag gewiss an mir. Was soll nun werden, … ob ich ihn geliebt habe? ... Ja da war so etwas gewesen was Prisca gefühlt haben wollte, doch "Spielt das denn jetzt noch eine Rolle? … , hörte sich Prisca mechanisch antworten. Sie spürte, wie sie langsam die Kontrolle über das Gefühlschaos in ihr zu verlieren drohte und als Marcus dann auch noch die Nachricht von Celerinas und Deandras Tod folgen ließ, gab es für ihre Tränen kein Halten mehr. " … Was? …", hauchte Prisca nur und starrte ihren Onkel entsetzt und ungläubig zugleich in die Augen. Schreckliche Neuigkeiten! und er sagte es so beiläufig, fast gleichgültig klingend, dass es unerträglich war. Ebenso wie das Schweigen, welches folgte. Grausame Wahrheit!


    An den Teppich, das Missgeschick des Sklaven und das Essen verschwendete Prisca schon längst keinen Gedanken mehr. Albtraumhafte Bilder verbrannter Leichen, Leid und Trauer, angesichts des unausweichlichen Todes malten sich vor Priscas Augen aus und ihr Magen begann langsam dagegen zu rebellieren. Aber dass Marcus sich dafür auch noch selbst die Schuld gab, das ist zu viel!"Deine Schuld? Deine Schuld, hah!" , wiederholte Prisca und ihr ungläubiger Gesichtsausdruck wechselte urplötzlich in Zorn. "Das klingt ja fast so als hättest DU sie umgebracht. Oder Hast du? Du weißt doch sicher noch, woran meine Mutter damals gestorben ist. Willst du daran vielleicht auch schuld sein. Glaubst du gar, ein Fluch lastet auf dir? Vielleich lastet er ja eher auf mir. Genau, ich bin der Fluch! und ... und ... oh nein genug, genug jetzt! So einen Unsinn will ich mir nicht länger anhören. , fauchte Prisca ihren Onkeln regelrecht an und löste sich gleichzeitig, mit einer abwehrenden Handbewegung aus seiner Umarmung. Die Verzweiflung in Priscas Stimme war jedoch nicht zu überhören …


    Mehr denn je sehnte sie sich nach der Nähe zu Marcus. Sie wollte ihn trösten und selbst Trost finden. Aber wie soll ich es ihm erklären? Es war wie das Erwachen aus einem bösenTraum, denn das eben erst Verdrängte kam unvermittelt zurück. Gerade jetzt nach dieser Reise, die sie nur angetreten hatte weil sie vor ein paar Wochen etwas an sich bemerkt hatte. Etwas, das ihr furchtbare Angst gemacht hatte in Erinnerung daran, wie ihre Mutter damals gestorben war. Nun waren diese Zeichen wieder völlig verschwunden. "völlig harmlos" hatten die medici zu ihr gesagt nur - die Angst blieb und mit niemandem könnte sie je darüber sprechen. Warum musste er ausgerechnet jetzt sagen, dass es seine Schuld sei?!" Entschuldige bitte. Ich bin sehr müde, Marcus. Ich möchte bitte auf mein Zimmer. … Und wie heißt es doch so schön, die Zeit heilt alle Wunden", meinte Prisca schließlich lapidar und wieder etwas gefasster wirkend. Innerlich kämpfte sie jedoch weiter mit den Tränen.

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