Templum Iunonis Sospitae | Opferprüfung

  • Es war ein kühler Novembertag, welcher sich um Rom herum zog, überdeckt von einem lückenlosen, graufarbenen Wolkenschleier, der sich träge aus Richtung Ostia ins Landesinnere schob, und obgleich sich kaum Wind um die sieben Hügel schmiegte, so war es doch kühl. Es war kein Markttag, darum war das Forum Holitorium nicht überfüllt, zügig überquerten die Passanten den schmalen, langgezogenen Platz vor den drei Tempeln, um ihn durch die Porta Carmenta in Richtung des weitaus belebteren Forum Boarium zu verlassen, oder zerstreuten sich von dort kommend um das Theater des Marcellus herum, allfällig um tiefer in den Distrikt des Circus Flaminium vorzudringen oder über die Brücke zur Tiberinsel hin in den weniger angenehmen Regionen Roms zu entschwinden. Gracchus stand zwischen den Freitreppen, welche zum Tempel der Iuno und zum Tempel des Ianus empor führten und zog zum wiederholten Male die Zehen in seinen Stiefeln zusammen, um nicht umher zu gehen. Während er auf Prüfer und Prüfling, Aurelius Orestes und Duccius Verus, wartete, beobachtete er eine junge Frau, welche mit ihrem Säugling eine kleine Opfergabe an der Lactariasäule vor dem Tempel der Iuno Sospitas ablegte, und dachte dabei an seine Gemahlin und seinen Sohn, welcher allmählich der Milch der Amme wurde überdrüssig und nach jenen Mahlzeiten verlangte, die auch alle anderen um ihn herum einnahmen. Er war ein wenig zu früh am Tempel angelangt, doch seit dem Morgen bereits hatte es ihn zu diesem Zwecke aus der Villa gedrängt. Nach seinem Zusammenbruch während des Aedilates hatte er kaum mehr pontificale Aufgaben wahrgenommen, zuletzt nur wieder an einigen Sitzungen teilgenommen, doch gerade jene praktischen Aufgaben der Opfer waren es, welche er viel mehr misste, selbst wenn es nur die Abnahme einer Prüfung war.

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  • Tag und Ort waren vom Pontifex Flavius Gracchus bestimmt worden für die Opferprüfung, das erste öffentliche Opfer seines ersten Schülers. Orestes konnte es sich natürlich nicht nehmen lassen die nicht nur für seinen Schüler Duccius Verus sondern auch für den Lehrer besonderen Moment mitzuerleben - und eine gewisse Aufregung hätte er nicht verleugnen können, auch wenn diese auf dem Weg zu Tempel der Iuno von ihm abgefallen war - durch der kühlen Luft november-dunklen Hauch.


    Er war ein Mann der Sonne und des Lichts, so dass diese trübe Stimmung ihn schnell umfassen und zu seinen eigenen Gedanken bringen konnte, die wiederum von der jungen Frau, die mit ihrem kleinen Säugling ein Opfer an der Lactariasäule brachte, vertrieben wurden. Im gleichen Moment sah er Flavius Gracchus, den er bei der Cena im Hause der Tiberier getroffen und daher schnell auf der Treppe des Tempels ausmachen konnte, wenngleich er damals nicht viel mit gesprochen hatte. "Salve, Pontifex Flavius Gracchus. Ich freue mich, dass Du es so kurzfristig einrichten konntest, die Prüfung abzunehmen."

  • Es war jener Tag, der Phelan für immer verändern sollte und der zum ersten mal Stolz, Erfolg und Kraft in seinem Leben wecken würde.
    Er hatte sein Medallion, dass er auch damals bei der Anmeldung seiner Ausbildung getragen hatte um den Hals hängen. Gehalten von einem dünnen aber starken Lederband zeigte die Runde Platte den duccischen Wolf. Er umschloss es mit seiner rechten Hand sehr fest und stieg die Treppen hinauf.
    Verus musste dabei an seinen Vater denken, der ihn für einen Taugenichts gehalten hatte und seine Mutter, die ihm noch bei seiner Abreise in Richtung Mogontiacum gesagt hatte, dass er eh nie etwas Sinnvolles im Leben schaffen würde.
    Kaum hatte er die Hälfte der Treppenstufen hinter sich, erblickte er seinen Lehrer und einen weiteren Mann, der der Abnehmer der Prüfung sein musste.
    Der junge Germane beschleunigte seinen Schritt und ging auf den Mann zu. "Salve Pontifex Flavius Gracchus, es ist mir eine Ehre und ich freue mich sehr, dass dieser Tag endlich nicht mehr fern ist." Dann wandte er sich dem Aurelier zu "Sei gegrüßt Orestes!"
    Der Duccier schaute kurz an den beiden vorbei in Richtung Tempel. Hier war er die letzten Tage ziemlich oft gewesen, jetzt kannte er jeden Winkel des Tempels. Freude stieg in ihm auf, genau wie Nervosität und Aufregung.

  • Die junge Frau beendete ihr Opfer, verließ beschwingten Schrittes den freien Platz, während der Aurelius sich näherte.
    "Salve, Aurelius Orestes"
    grüßte Gracchus den Sacerdos, welcher ihm ob des Convivium des Tiberius bekannt war.
    "Derlei gehört zu den angenehmen Pfli'hten des Pontificates, so dass es mir eine Freude ist. I'h nehme an, du hast deinen Schüler gut vorbereitet."
    Es war eine rein rhetorische Frage, nicht einmal mehr als Frage camoufliert, denn üblicherweise war dies abschließende Opfer nur eine Formalität, welche gleichsam dem Prüfling approbierte, dass er bereit war, seine Aufgaben eigenständig zu vollführen. In diesem Falle war es zudem auch Verifikation Aurelius' Geschickes als Lehrer, denn obgleich allen Sacerdotes die Unterrichtung als Pflicht war gegeben, so waren nicht alle gleichermaßen für solcherlei geeignet. Kurz nach dem Sacerdos gelangte auch dessen Schüler bereits am Tempel an.
    "Salve, Duccius Verus."
    Selbstredend hatte Gracchus zuvor den Namen ein wenig näher betrachtet, doch es waren ihm keine Duccier geläufig, obgleich jene in der Provinz Germania mitnichten unbekannt waren.

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  • Der Sprachfehler des Flaviers, von dem er nur hatte munkeln hören, dass es noch vor kurzem viel schlimmer gewesen war, erschreckte ihn nicht mehr. Im Gegenteil, er war verwundert, dass die verschluckten Buchstaben nurmehr einen geringen Anteil ausmachten. "Ich habe mein Bestes gegeben, das - wie ich bekennen muss - nicht besonders viel war aber vielleicht, so die Götter es wollen, ausreichend, da SIE ja auch in der Lage sind den Rest zu ergänzen."


    Dann erschien auch sein Schüler, "Salve, discipule! Nun gilt es!", sagte er zu ihm, "Sollen wir noch auf jemanden warten, oder können wir beginnen?"

  • Phelan schenkte seinem Lehrer ein erneutes Nicken "Du hast Recht Orestes, sehnsüchtig habe ich auf diesen Tag gewartet."
    Aufgeregt war der junge Duccer nicht übermäßig viel, eher die fehlende Geduld, die er sonst doch hegte, war sein Unterfangen. Er freute sich wahnsinnig und wartete gespannt darauf, dass der Pontifex das Zeichen geben würde, dass sie beginnen könnten.

  • Gracchus nickte sowohl Orestes zu - Selbstreflektion war stets eine adäquate Eigenschaft eines Lehrenden -, als auch schlussendlich Duccius, welcher voller Tatendrang schien.
    "So die Opfergaben bereit sind, und du es ebenfalls bist, kannst du beginnen. Wir werden dir folgen und nur zusehen, so dass du in deinem Handeln uns getrost ignorieren kannst."

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  • Ja! Da war das Startzeichen des Pontifex.
    "Es ist alles fertig, zumindest habe ich alles in die Wege geleitet und alle Beteiligten außer unser einer müssten sich auch schon im Tempel aufhalten und bereitstehen."
    Er nickte den beiden Römern zu und schritt voran.


    Nachdem Verus den Tempel betreten hatte, warf er den Opferdienern einen Blick zu, der sie wissen ließ, dass es in Kürze losgehen würde. Zunächst war erstmal ein wichtiger Teil an der Reihe, die Reinigung. Orestes hatte Phelan schon bei seinem ersten Opfer diesen wichtigen Schritt sehr deutlich eingeprägt, so wusch er sich beide Hände und Arme äußerst gründlich.
    Seine Sandalen hatte er ausgezogen und nur noch seine weißen Kleider bedeckten seine Haut.
    Danach ging er zu den Helfern und wies die tibicines und fidicines an die Flöten und Lauten erklingen zu lassen. Phelan schritt in Richtung Kultbild und fing auf dem Weg mit den Handflächen nach oben gerichtet das Gebet an. Er stand vor der Cella der Iuno und sprach:


    “Oh Iuno, oh du Schützerin der Mütter, Ehe und Familia, sei mir gändig wenn ich dir dieses Opfer darbringe am heutigen Tage.“


    Ab hier war seine Nervosität komplett verflogen, der junge Duccier wurde eins mit der Atmosphäre und konzentriete sich nun voll und ganz auf die Rituale. So verhüllte er nun auch seinen Kopf, um die Rituale der toga velata zu befolgen.
    Er gab den jüngeren Opferdienern, nachdem sie die Kohlepfannen links und rechts des foculus angeheizt hatten, das Zeichen, das der Weihrauch an der Reihe war.


    “Oh du beste Iuno, ich bitte dich, behüte die Familien und wache über die Geburt, wie in den letzten Jahren du dies getan hast, damit auch heute und in ferner Zukunft die Nachkommen Roms gesichert sind.


    Verus legte den Weihrauch auf und schon fing es an zu brutzeln und ein wenig an zu zischen. Er erhob wieder seine Hände und sprach:


    “Oh Iuno, du höchste Göttin, ich bitte dich, nehme diesen Weihrauch an, denn er gebührt nur dir.“


    Der Weihrauch breitete sich langsam aus, sodass bald wohlbekömmliche Düfte zu vernehmen waren. Phelan hielt einen Moment inne und wandte sich dann dem foculus zu.
    Als Opferagben hatte der Duccier bedacht Trauben und den besten römischen Wein, der aus dem ertrag der besten römischen Landgüter gemacht wurde. Bedacht, da er wusste, dass Iuno auch vor der Ernte von Bauern verehrt wird, da sie eben auch die Schutzgöttin der Nutzbäume und des Kleinviehs war. Zwei Ministri hielten den Wein in der patera und die Trauben in einer prunkvollen Schale dem angehenden Priester hin. Zuerst hob er die die Weintrauben in die Höhe und sprach:


    “Oh größte Iuno, nimm diese Weintrauben an, du Schützerin über Nutzbäume und das Kleinvieh, dir sei diese Gabe und nur dir.“


    Er legte die Weintrauben wieder zurück in die Schale, die in der Zeit von dem einem Helfer auf den foculus gestellt worden war. Dann nahm er den Wein, hielt ihn in die Höhe und sprach:


    “Oh Iuno, nimm diesen köstlichen Wein an, Ehre sei dir, wie vor jeder Ernte wodurch die Bäume die schönsten und besten Früchte tragen denen diese Gabe entspringt, sie sei dir und nur dir.“


    Den Wein schüttete er in die bereitgestellten Schalen auf dem foculus, nachdem er den ersten Schluck auf den Boden schüttete. Dieses Trankopfer hatte er zum ersten Mal in der Taverne mit Aurelius Orestes und Aurelius Corvinus miterlebt und seitdem immer und eifrig praktiziert. Folglich trat er ein paar Schritte zurück, erhob die Hände und sprach:


    “Oh Iuno, oh du Schützerinnen aller Mütter, die deiner Hilfe dank die Söhne Roms gebähren, wie einst unseren Imperator Caesar Augustus Gaius Ulpius Aelianus, nimm diese Gaben und somit mein Opfer, das ich dir als ergebenster Diener darbringe, an.“


    „Oh Iuno, du Gemahlin des Iuppiter, nimm dieses kleine Opfer an, segne die Familien, denn sie sind ebenfalls die Stützen unseres prachtvollen und mächtigen Roms. Segne sie und wache über sie.“


    „Oh Iuno maxima, schenke allen Müttern Roms Kraft für die Geburten der Söhne Roms. Schenke Rom Frieden und bewahre uns vor schlechtem. Lege deine schützende Hand über den Kaiser, damit er uns und unser Rom noch weiter führen kann.“


    Nachdem seine Worte verklungen und nur noch die Musik zu hören war, machte er eine Körperwendung nach rechts und signalisierte so das Ende des Voropfers seinen Ministri.
    Diese Drehung hatte ihm sein Lehrer ebenfalls sehr verinnigt, damit er sie ja nicht vergessen würde. Jetzt war es an der Zeit für das blute Opfer. Phelan schritt ein wenig zurück und bildete mit seinen Helfern eine Prozession in Richtung Tempelvorplatz, bei der die Musikanten natürlich folgten.
    Sein Blick war starr, nicht vor Angst oder abwegigen Gedanken, sondern vor Konzentration und tiefer Demut, er hatte wieder dieses Gefühl nach seinen Worten gespürrt. Dieses warme aber dennoch übermenschlich mächtige Gefühl.
    Draußen angekommen, wartete schon der Victimarius, der das Opfertier auf dem Altar festgekettet hatte. Der junge Duccier wählte als Opfertier einen Eber. Dieser Eber diente ihm als Symbol für seine Heimat Germania, welches Iuno seine Frömmigkeit zeigten sollte, die er trotz seiner Herkunft hegte. Der Eber war wundervoll und vor allem aufwendig geschmückt, eine Wolldecke lag über seinem Rücken.
    Die Gruppe stellte sich auf und wartete darauf, von einem der Ministri mit Wasser gesprengt zu werden, damit sie als gereinigt galten. Auch hier wählte Phelan bedachten den jüngsten Jungen den er kriegen konnte, er diente als Symbol für eine gute Geburt eines guten römischen Knabens, über die Iuno gewacht hatte.
    Da waren sie, die Worte, das Zeichen, “Favete Linguis“, er schritt nach vorn zum Altar, berührte das Tier und sprach:


    “Dir, oh Göttin Iuno, sei dieses Tier als geweiht, als rechtes Opfer, damit du unsere Familien stärkst, deine schützende Hand über der Ehe weilt und unser Reich auf ewig andauern möge.“


    Zwei der Ministri kamen nun mit einer Schale voll Wasser und dem malluium latum auf ihn zu, damit er sich die Hände waschen konnte und sich somit erneut reinigte. Danach brachten die Ministri die mola salsa, den Wein und das culter, gingen mit Verus zum Altar und warteten. Der angehende Priester strich zuerst den Ebers mit der mola salsa ein und ließ danach den Wein über die Schnauze des Tieres laufen. Als er danach das Opfermesser nahm wurde der Eber plötzlich wild, eine Kette, die nicht richtig befestigt war löste sich.
    Die Ministri erschraken und blickten in Richtung Pontifex Gracchus und Aurelius Orestes, der Victimarius griff schon zum malleus, der für alle Fälle bereit lag, um das Opfertier zu betäuben, als Verus seine Hand hob, um ihn davon abzuhalten. Langsam bewegte er seine Linke Hand mit gespreizten Fingern in Richtung Tier und berühte es sanft. Leise flüsterte der blonde Mann etwas auf seiner Muttersprache, was die übrigen um ihn herum nur hätten von seinen Lippen ablesen können, wenn sie der germanischen Sprache mächtig gewesen wären.
    Der Eber beruhigte sich von dem einen auf den anderen Moment. Phelan strahlte eine Ruhe und eine Kraft zu gleich aus, dass man es nur schwer hätte erklären können was dort tatsächlich vor sich ging. Alle um ihn herum wussten nicht, dass er die meiste Zeit seiner Kindheit in den germanischen Wäldern verbrachte und in enger Verbundenheit zu der Natur und ihren Bewohnern stand. Anzunehmen war aber auch, dass Iuno selbst dem jungen Duccier die Kraft gab, den Eber zu beruhigen. Als alle wieder ihren Platz eingenommen hatten strich der Germane mit der linken Hand immer noch auf dem Tier die Messerspitze über den Rücken des Ebers. Er reichte dem Victimarius das Opfermesser.
    Dieser ließ “Agone?“ verlauten und der discipulus sprach laut und deutlich “Age!“ aus. Stich! Der Victimarius forderte das Blut des Ebers auf zu fließen und es kam unaufhörlich. Einer der Ministri fing etwas davon mit einer Schale auf.
    Nachdem kein Blut mehr zu fließen vermochte ging es weiter. Die Eingeweideschau folgte, der Eber wurde aufgeschnitten und die vitalia entnommen. Der Haruspex näherte sich Phelan als die Schale mit eben jenen vitalia zu ihm gebracht worden war. Zuerst nahm der Duccier die Organe genauer unter Augenschein und achtete dabei auf den Hinweis, den ihm sein Lehrer wieder einmal gegeben hatte. ‚Bedenke die Unterseite’ so tat er es und reichte sie danach, als er die Organe als gut glaubte, dem Haruspex. Wenn alles richtig verlaufen war, würde bald das Litatio verkündet werden. Voll konzentriet blieb der discipulus und etwas Nervosität zierte seinen Geist.



    Sim-Off:

    Edit: jaja, die farbcodes -.^

  • Konnte Orestes hier und da vielleicht eine kleine Unsicherheit erkennen und auch die Weintrauben hätte er vielleicht nicht gewählt, aber im großen und ganze konnte er zufrieden sein - mit dem Voropfer.
    Als er dann das Opfertier sah, wurde er bleich - ein Eber. Ein männliches Tier für eine weibliche Gottheit. Es konnte nicht gutgehen. Auch wenn er die Handlungsweise seines Schülers - als der Eber auszubrechen drohte für gelungen erachtete, war er mit den Gedanken beim falschen Geschlecht des Opfertiers. Er schaute zum Pontifex, der die Prüfung leitete.

  • Unscheinbaren Schatten gleich folgten der Sacerdos und der Pontifex dem Discipulus, stets nahe genug um zu blicken, doch außerhalb des Aufmerksamkeitskreises, partizipierend und dennoch unbeteiligt. Achtsam besah Gracchus nicht nur die Opfergaben, gleichsam lauschte er dem Klang der Worte, den Nuancen der Stimme, beachtete die Sprache Duccius' Körpers, die Festigkeit seines Willens, kleine Unachtsamkeiten und Fauxpas - ihn nach dieser Opferung in den Dienst des Cultus Deorum zu entlassen würde nicht bedeuten, dass ein perfekter Sacerdos erschaffen war, nur, dass er sein Handwerkszeug beherrschte, denn das Ende seines Wissens und seiner Erfahrung würde auch Duccius Verus nur dann erreichen, wenn er der Welt entsagte und sein Leben beendet war. Fasziniert beäugte Gracchus den Eber, war gleichsam ein wenig erleichtert, dass der Discipulus sich für einen Haruspex hatte entschieden, und gespannt, ob die Göttin dies Opfer würde annehmen.

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  • Iuno musste lange überlegen, ob sie dieses Opfer annehmen sollte oder nicht. In Germanien war sie solche Opfer gewöhnt, doch in Rom hatte ein römischer Sacerdos ein Opfer an eine römische Göttin auch gefälligst auf römische Art zu zelebrieren. Es musste alles seine Ordnung haben. Wo kämen wir denn sonst dahin, wenn jeder auf jede erdenkliche Art ohne Regeln herumopfern würde.


    Andererseits hatte er sich Mühe gegeben. Und sie wusste, dass die Menschen oft das Einfühlungsvermögen halbtoter Ameisen hatten. Und den gleichen Verstand. Es hätte also vermutlich keinen Sinn, wenn sie das Opfer einfach nur ablehnen würde. Und genauso hätte es keinen Sinn, wenn sie es einfach annehmen würde. Wenn sie es aber annehmen würde gepaart mit einem elementarem Gefühl, etwas was jede Mutter mindestens einmal im Leben ihrem Kinde schenkt... dann wäre Iuno vollauf zufrieden.


    Also nahm sie das Opfer an und sandte dem Jüngling besagtes Gefühl gleich dazu. Schuldgefühle. Wunderbare, reine Schuldgefühle verkleidet im Wunsch, ihr bald, sehr bald wieder opfern zu wollen, auf römische Art.

  • "Litatio!" Phelan war sehr erfreut, dass alles so verlaufen war wie er es sich vorgestellt hatte. Er hatte sich die Hinweise und Ratschläge seines magisters Orestes sehr zu Herzen genommen und das war nun der Dank dafür.
    Doch irgendetwas durchdringte den jungen Duccier just in diesem Moment. Was war es? Es war ein Gefühl, durch.. etwas .. übersinnliches. Er spürte die Präsenz Iunos, ja sie musste es sein! Es war allerdings nicht nur positiv.
    Etwas ermahndes lag in der Luft. Die Zeit schien für ihn stehen zu bleiben. Wieso spürte er es, war es vielleicht die Bestrafung für seinen Übereifer? Die ermahnde göttliche Finger der Iuno der ihn wissen ließ, dass seine Idee mit dem Opfertier vielleicht doch nicht so eine gute war? Vermutlich war dem so.
    Es war ein Spiel mit dem Feuer und er war das Risiko eingegangen.
    "Oh ich danke dir .. edelste höchste Iuno .. ich danke dir.." flüsterte er vor sich hin.
    Dann nahm alles weitere seinen Lauf. Die letzten Schritte wurden getätigt, gekocht und mit der mola salsa bestrichen, legte Phelan es auf den Altar und verbrannte es. Er gab das Zeichen, dass das Opfer nun beendet war. Die Musiker verstummten und die Ministri fingen an die Reste des Fleisches unter sich zu verteilen.
    Mit zwei Resten Fleisch, machte sich der junge Germane auf in Richtung Pontifex Gracchus und Sacerdos Orestes.


    "Dies ist für euch." Er zwinkerte Orestes heimlich zu. Auch hier waren wieder Belehrungen von dem Aurelier versteckt.
    In freudiger Erwartung schaute er den Pontifex an.

  • Während der Haruspex die vitalia untersuchte, beäugte auch Gracchus aus der Distanz die Eingeweide in dessen Händen, suchte nach deutlich sichtbaren Makeln, denn obgleich er dies dem Duccier nicht wollte unterstellen, so war es stets möglich, dass die Discipuli die Haruspices bestachen, da die Anwesenheit eines offiziellen Eingeweidelesers sonstig dazu gereichte, dass die Prüfer nicht mehr allzu genau auf die vitalia achteten. In diesem Falle jedoch gab es augenscheinlich tatsächlich keine Beanstandung, was in Hinblick auf den römischen Götterpantheon natürlich verwunderlich, in Anbetracht der Tatsachen jedoch nicht unbedingt abwegig war - insbesondere bezüglich der Iuno selbst, da es kaum eine Göttin gab, welche sich kapriziöser zeigte. Das Opfer fand sein Ende und der Prüfling suchte das Ergebnis der Prüfung zu erfahren, welches für Gracchus jedoch längstens nicht eindeutig fest stand, denn schlussendlich entschied die Annahme des Opfers nur über die Annahme des Opfers, der Prüfer jedoch musste über die Eignung des jungen Mannes als Sacerdos im Dienste des Imperium Romanum urteilen.
    "Danke."
    Er nahm das Körbchen mit dem Teil des Opferfleisches entgegen und hatte bereits im Sinn, seinen Vetter Aristides ob dieses in Aussicht stehenden Abendessens zu informieren, da jener ein überaus genießerischer Feinschmecker war, welcher sich zweifelsohne über das Fleisch des Ebers würde freuen. Zuvor jedoch galt es, ein Urteil zu fällen.
    "Unbezweifelt ist dir die Exzeptionalität deiner Opfergabe bewusst, darum erkläre di'h bitte, was zu einer dergestaltigen Gabe di'h bewog."

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  • Das Ergebnis erfuhr er nicht sofort, zumindest sprach Gracchus nicht davon.
    Er stellte ihm die selbe Frage, die sich wohl auch Iuno gestellt haben musste, als sie den Eber sah, wobei sie natürlich wusste, was Phelan darüber dachte.
    Somit erklärte er dem Pontifex die Frage gern und bleib dabei ganz ruhig, um nicht unsicher zu wirken, was er ohne hin nicht hätte sein müssen, allerdings hätte ihm ein Angstgefühl, ob der Flavier sich erkenntlich zeigte oder nich, nicht vergolten werden können.


    "Wie du richtig sagst, bin ich mir der Wahl des Ebers bewusst. Ich weiss, dass man einer Göttin nur weibliche Tiere opfern sollte, allerdings hatte mein Opfertier eine Botschaft zu tragen."
    Er versuchte es eindringlich zu erklären und fing an mit seinen Händen dazu beizutragen. "Der Eber steht als Symbol für meine Herkunft und soll quasi auch für mich stehen und ausdrücken, dass ich mir Iuno voll und ganz hingebe und ihr ein sehr treuer Diener sein werde. Ich bin mir des Risikos bewusst gewesen, ob Iuno es annimmt oder nicht und auch euch beiden dabei nicht schlecht wird, somit hoffe ich, es geht euch gut und versteht was meien Intention war."

  • Die Erklärung mochte durchaus als Erklärung passabel sein, doch obgleich die Befürchtung des Discipulus ob ihres Wohlbefindens im Anblick der Opferung ihm ein Schmunzeln aufzudrängen suchte - in einigen Jahren, nach dem Anblick zahlreicher Ströme aus dem rotfarbenem Blute etlicher Kühe, Rinder und Stiere würde der Duccier allfällig selbst darüber lächeln -, sah Gracchus sich gezwungen, einige ernsthafte Worte zu verlieren.
    "Nun, i'h hoffe, du bist dir dessen gewahr, dass als Sacerdos publicus es ni'ht deine Aufgabe ist, aus deiner eigenen Überzeugung heraus, aus eigenem Antrieb oder zu eigenem Vorteile Opfer zu bringen, sondern du im Dienste des Staates stellvertretend für das Imperium Romanum, das römische Volk und den Imperator Caesar Augustus wirst agieren, glei'hsam du für eben deren Wohle und die pax deorum zwischen den Göttern und dem Staate wirst die Verantwortung tragen. In offizieller Zeremonie ist ni'ht deine Herkunft entscheidend, ni'ht dein Charakter und ni'ht dein Name, in diesem Falle bist du ni'ht mehr als Werkzeug des Cultus Deorum. Verstehe mi'h ni'ht falsch, es ist in keinster Weise verkehrt, si'h mit Hingabe den Göttern zu verschreiben, mit Überzeugung hinter dem zu stehen, was man tut, do'h in erster Linie bist du als Sacerdos publicus dem Imperium Romanum verpfli'htet, in aller Konsequenz. Vergiss das ni'ht, Sacerdos Decimus Duccius Verus."
    Gänzlich sicher war Gracchus sich nicht, ob dies wahrlich die richtige Entscheidung war, doch er wollte gerne glauben, dass dem Duccier dies alles mehr als bewusst war, und dass ihn noch Tage hernach ein schlechtes Gewissen ob dessen würde plagen und ihm schlaflose Nächte bereiten, dies konnte Gracchus in diesem Augenblicke nicht wissen, zudem sekkierte ihn augenblicklich mehr die Tatsache, dass seine Worte zu viele verlustige Buchstaben enthielten und dass die Sprache an sich zu unzureichend war, dies in adäquater Weise zu umgehen.

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  • Mit großer Ehrfurcht lauschte er den hohen Worten des Pontifex Gracchus.
    Keinesfalls würde er sich erträumen lassen, diese nicht zu beherzigen. Seine Aktion war mehr als riskant, dennoch schien sie gelungen, aber richtig war es vielleicht, nein nicht vielleicht, es war wirklich nicht die richtige Weise gewesen. Seine Ehrfurcht spiegelte sich ganz klar in seinen Augen und schien immer tiefer zu werden, bei jedem Wort, dass der Flavier sprach.


    "Entschuldige Flavius Gracchus, ich werde mich voll und ganz fügen." Vor allem, dass er rein das Werkzeug des Cultus Deorum ist bei einem Opfer und somit im Dienst des Staates und stellvertretend sogar für den Imperator Caesar Augustus selbst brachte ihm zum schlucken. Einsicht. Ja, Einsicht war das, was der junge Duccier gerade spürrte, da Gracchus Worte nicht ungerecht waren, verfielfältigte sich die Aussagekraft der Wörter imens.
    Als der Flavier ihn sacerdos nannte, schaute Phelan mit freudigem Blick in seine Augen. "Oh das werde ich Pontifex! Habt Dank!" mit einer reichlich genügenden Verbeugung bestärkte er seinen Dank. Es war geschafft, der Traum war nicht länger ein Traum, er war jetzt ganz real. Jetzt würde er wieder nach Germania, zu seiner geliebten Familie können. Allerdings stimme es ihn auch etwas traurig, Flava... er würde sie zurücklassen müssen .. am liebsten würde er sie direkt mitnehmen, aber diese Vorstellung war mehr als nur Utopie. Es würde eine schwere Zeit des Wartens werden, aber die, war Phelan bereit aufzubringen.

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