triclinium | Eine cena im Vertrauen

  • Es war nun beinahe Zeit für die cena. Sklaven hatten den Raum aufgeräumt und hergerichtet und bereitstehende Kohlebecken wärmten das Zimmer behaglich. Auf eine toga hatte ich verzichtet, immerhin war dies hier ein privates Essen, an dem außer Durus und mir niemand teilnehmen würde. Es gab da einiges, das ich gern im Vertrauen mit ihm besprechen wollte.


    Um die Wartezeit zu überbrücken, hatte ich mir eines dieser neu auf dem Markt erhältlichen Geschicklichkeitsspiele mitgenommen und lag auf einer der Liegen, um es zu lösen. Zwei Schlaufen umschlossen eine dritte, und irgendwie sollte sie lösen, ohne die beiden anderen ebenfalls zu öffnen. Das stellte sich als schwerer heraus, als es sich angehört hatte, und so knobelte ich eine Weile geduldig vor mich hin, während ich auf Durus wartete.



    Sim-Off:

    edit: Dies soll ein persönliches Gespräch zwischen Durus und Corvinus werden. Bitte nicht dazuschreiben, danke. :)

  • Der kühle Luftzug war das erste, das den nahenden Gast ankündigte. Obwohl im Speisezimmer Kohlebecken aufgestellt worden waren, strich der Lufthaus einem dennoch um die Beine. Schließlich gab ich das Knobelspiel auf, seufzte und legte es auf einem Beistelltisch ab. Dann kam auch schon Saba herein, dicht gefolgt von meinem Gast. Ich erhob mich von der cline und nickte Saba zu, die eine Verbeugung andeutete und dann verschwand, wohl, um in der Küche Bescheid zu geben.


    "Durus, mein Freund", grüßte ich ihn und umgriff zum Gruße mit der Rechten seinen Unterarm. "Es freut mich, dass du es so kurzfristig einrichten konntest. Bitte, nimm doch Platz." Hernach deutete ich auf die Gruppe von Liegen, denn Durus würde sich aussuchen können, wo er gern liegen wollte. Im Idelafall suchte er sich einen mittleren Eckplatz aus, so würde es sich über Kreuz sehr gut reden lassen. Ich ließ mich entsprechend nieder. Davon, dass er ursprünglich noch eine Begleitung gehabt hatte, ahnte ich nichts. Ein Sklave bot das obligatorische Wein-Wasser-Gemisch und süßen mulsum zur Auswahl auf einem Tablett dar, und ich wählte selbst den Honigwein, der, ebenso wie Durus' Wahl, in ägyptischen Kelchen aus blauem Glas gereicht wurde.


    "Nun", begann ich und fragte mich, ob es wohl gut wäre, mit dem vermutlich heikelsten Thema gleich einzusteigen. Über einen Umweg würde man sicher noch darauf zu sprechen kommen. "Habt ihr schon einen Nachfolger für Fabius Antistes gewählt?"

  • Durus wurde durch das Haus in ein Triclinium geführt, wo Corvinus ihn allein erwartete, was den Tiberier etwas verwunderte - war dies keine gemeinschaftliche Cena, wie er sie erwartet hatte? Warum wollte Corvinus ihn unter vier Augen sprechen? Oder war er nur etwas zu früh gekommen?


    "Salve, Corvinus! Es ist mir eine Freude, Deiner Einladung nachzukommen!"


    begrüßte er den Aurelier und wählte sich in Ermangelung einer Zuweisung einfach den Locus Consularis, der die beste Position zum Gastgeber hatte. Wenn noch ein amtierender Praetor oder gar Consul kam, konnte er ja noch immer rutschen!


    Und dann stieg Corvinus auch schon direkt in ein Gespräch ein, das erklärte, warum keine seiner zahlreichen Cousinen beim Essen anwesend war: Es würde wohl eher politisch werden. Und das war Durus ganz recht - er liebte Politik und Gespräche darüber!


    "Nein, der Pontifex Maximus hat uns noch nicht geladen."


    antwortete er knapp. Er war sich nicht sicher, wie Corvinus zum Kaiser stand und verkniff sich lieber eine kritische Bemerkung über die Trägheit des Kaisers, die ihm schon an verschiedenen Stellen aufgefallen war.

  • Zwei Sklaven betraten nun den Raum und trugen silberne Tabletts mit den Happen, auf welchen die Vorspeise angerichtet waren - kleine Happen verschiedenster Art, die den Appetit anregen sollten. Schweigend und perfekt einstudiert, boten die beiden Durus die Auswahl dar, und nachdem er gewählt hatte, ließ auch ich mir einige Köstlichkeiten zusammenstellen. Natürlich schmeckte es mir, doch war am heutigen Abend das Essen eher nebensächlich für mich.


    "Tatsächlich", bemerkte ich erstaunt und hing alsdann kurz meinen Gedanken nach. Er schien sich Zeit zu lassen, was mich verwundern sollte, es allerdings nicht tat. Der Tonfall Durus' zeugte von gelindem Missfallen. Prüfend musterte ich ihn, räusperte mich schließlich. Es war ein schmaler Grat, auf dem ich entlangwandern würde. Selbstverständlich war ich kaisertreu, doch kritisierten nicht selbst die allerbesten Freunde einander, um existierende Schwächen aufzuzeigen, damit sie behoben werden konnten? "Bisweilen scheint er die Dinge eher...weniger zu gewichten als selbst sein Vater es tat", sagte ich vorsichtig und nahm einen Schluck Wein, um Durus' Reaktion über den Rand des Bechers hinweg zu beobachten. Sollte er Valerianus nun über den Klee loben, würde ich wissen, dass ich fortan besser meine Gedanken für mich behielt, dies Thema betreffend.

  • Als die Vorspeisen eintrafen, wählte Durus sich lustlos einige aus - es traf diejenigen, die mit Fisch zubereitet waren, denn der Gedanke an Valerianus hatte ihm irgendwie einen kleinen Dämpfer in der guten Laune versetzt. Wie hatte Iulianus dem Imperium das nur antun können?


    Vermutlich war Durus noch sehr viel kaiserkritischer, als Corvinus es auch nur im entferntesten vermuten konnte, weshalb er auch besonders zurückhaltend war. So stimmte er Corvinus auch nicht sofort zu, sondern blickte sich stattdessen etwas verschwörerisch um: Waren die Sklaven noch im Raum?


    Nicht, dass Durus Corvinus für einen Spion des Kaisers hielt - aber Sklaven traute er in solchen Angelegenheiten niemals und wer wusste schon, ob er wegen allzu kritischer Bemerkungen einen Unfall erlitt? Das wollte er dann doch nicht riskieren!


    "Wahrscheinlich...muss er sich noch eingewöhnen."


    antwortete er schließlich in der Hoffnung, dass Corvinus seinen Wink verstand und die Sklaven hinausschickte, sodass er offen reden konnte. In Wirklichkeit hielt er seine Worte nämlich für blanken Sarkasmus: Valerianus regierte nun schon seit über einem Jahr, in dem er nichts geleistet hatte außer vor sich hinzukränkeln, einen Homo Novus mit zweifelhaftem Ruf zu seinem Stellvertreter zu ernennen und seinem Bruder die Regierung zu überlassen. Von fehlender Erfahrung konnte keine Rede sein - vielmehr von fehlendem Talent!

  • Der Blick, den Durus im Raum schweifen ließ, war nur zu offenkundig. Ich hatte also richtig gelegen mit der Annahme, dass er nicht allzu viel von Valerianus hielt. Unterbewusst folgte ich seinem Blick und gewahrte die drei Sklaven, die sich noch im Raum befanden, zwei von ihnen servierend, der dritte mit Krügen in Habachtstellung. "Danke, ihr könnt gehen", sagte ich und untermauerte die Worte mit einem entsprechenden Wink. Zunächst irritiert, ließen die Sklaven Platten und Krüge zurück und entfernten sich dann.


    Als wir allein waren, musterte ich Durus. Er wirkte sichtlich verstimmt. Nun wurde es brenzlig. Wenn er auch nur ein Wort in der Öffentlichkeit anders darlegen würde als ich es ausgesprochen hatte, konnte mir das als Hochverrat ausgelegt werden. Ein seltsames Gefühl... "Durus, lass uns offen reden. Ich glaube nicht, dass er sonderlich viel Energie daran verschwendet, sich einzugewöhnen", fuhr ich also fort. "Er stützt sich auf Quarto und diesen Vescularius. Die Gründe dafür liegen auf der Hand: Er ist nicht gerade in bester Verfassung. Allein die Götter wissen, ob er nicht bereits jetzt eine Marionette ist. Sein Volk kennt ihn kaum, es bekommt ihn ja nie zu Gesicht. Und wenn er sich zeigt, umgibt er sich mit seinem Stadtpräfekten." Mehr nebensächlich schob ich mir ein gefülltes Ei in den Mund. "Was hältst du von diesem Mann? Sein Auftritt im Senat neulich war eine Beleidigung der Senatorenwürde schlechthin. Ich traue ihm nicht. Und mir gibt zu bedenken, dass der Kaiser einen wie ihn seinen Freund nennt."



    /edit: Link kenntlich gemacht. Schriftfarbe und URL passen einfach zu gut zueinander...

  • Offensichtlich erkannte Corvinus Durus' stille Bitte, denn die Sklaven wurden weggeschickt. Jetzt konnte er freier reden - oder doch nicht? Eigentlich hielt er Corvinus für vertrauenswürdig, doch war er das wirklich? War es für einen jungen, aufstrebenden Senator nicht eine gute Gelegenheit, sich beim Kaiser einen Namen zu machen, indem man einen alten Widersacher aufdeckte?


    Nachdenklich strich sich der Tiberier durch den nichtvorhandenen Bart und überlegte, ob die Worte des Aureliers ehrlich waren oder doch nur eine Fassade, um Durus zu verhängnisvollen Bemerkungen zu reizen. Doch dann vertraute er auf seinen Instinkt, wie er es früher als Anwalt auch schon getan hatte: Es klang aufrichtig und irgendwie hätte es auch nicht zu Corvinus gepasst, jemanden heimtückisch ans Messer zu liefern! Also ging Durus darauf ein.


    "In der Tat betrachte ich Vescularius ebenso kritisch. Er ist ein Homo Novus ohne Tradition und für meinen Geschmack viel zu schnell aufgestiegen! Solche Leute sollten keine Macht bekommen und schon gar nicht zu Einflüsterern eines schwachen Kaisers werden! Ich hoffe, Aelius Quarto hat noch einen größeren Einfluss auf Valerianus als er!"

  • Offensichtlich gedachte Corvinus nicht, diese Angelegenheit zu vertiefen. Daher beschloss auch Durus, dass es wohl nicht unbedingt notwendig war, weiter darüber zu reden und seinen Kopf und Kragen zu riskieren. Andererseits ärgerte ihn dieser Kerl schon ziemlich...vielleicht war es interessant, mehr über ihn herauszufinden...


    "Aurelius, Du bist doch der Auctor der Acta Diurna. Weißt du möglicherweise mehr über diesen Mann? Er war bisher immer eher zurückhaltend, wie mir schien."

  • Durus ließ sich für meinen Geschmack ein wenig zu lange Zeit mit seiner Antwort. Argwöhnte er etwa, ich würde ihn ans Messer liefern? Noch einen Moment länger, und ich hätte sein Schweigen, gepaart mit seinem Gebaren, als Beleidigung aufgefasst. Doch dann sprach er, und seine Worte machten mich den aufkeimenden Unmut vergessen. "Ich weiß vermutlich nicht mehr als du. Er war Legat der Siebten und Statthalter im Illyricum. Bei der Siebten muss er Valerianus kennengelernt haben, anders kann ich mir das dicke Freundschaftsband zwischen den beiden nicht erklären", erwiderte ich auf die Frage hin und hob die Schultern. Allerdings wäre es wirklich interessant, mehr über diesen Potitus herauszufinden. Vielleicht würde er einem Interview zustimmen... Caius Columnus wäre genau der Richtige dafür, überlegte ich. "Eventuell weiß ich bald mehr", sagte ich zu Durus und nahm einen Schluck Wein.


    "Hmm. Wer größeren Einfluss auf den Kaiser hat, wage ich nicht zu bennen. Blut ist zwar dicker als Wasser, allerdings ist dieser Vescularius der Aufsteiger schlechthin. Ich frage mich ehrlich gesagt, wie viel der Kaiser selbst entscheidet, Durus. Nimm beispielsweise einmal die Sitzung der pontifices, zu der ich geladen war. Hattest du nicht auch den Eindruck, Valerian sei vollkommen desinteressiert? Das kann doch nicht nur an seiner Krankheit liegen. Und überhaupt - was geschieht, wenn sie ihn dahinrafft? Wer wird dann das Steuer übernehmen?" gab ich zu bedenken. Sollte es Quarto sein, wäre dem Reich damit geholfen. Bei diesem Vescularius allerdings hatte ich mehr als nur geringe Bedenken.

  • Corvinus sprach das aus, was Durus ebenfalls im Kopf herumgeisterte: Vescularius schadete Valerianus und es blieb nur zu hoffen, dass Quartos Einfluss stärker war. Die Informationen waren spärlich und Durus beschloss, ebenfalls Klienten dazu einzusetzen, mehr über diesen Salinator herauszufinden.


    "Einerseits halte ich Quarto für einflussreichen, andererseits haben sich die beiden Brüder sehr lange nicht gesehen, bevor Valerianus Kaiser geworden ist. Ich finde es erstaunlich, dass er diesen Salinator und nicht seinen Bruder zum Praefectus Urbi und damit Stellvertreter im Falle seiner Abwesenheit gemacht hat. Ich denke, im Falle einer Regierungsunfähigkeit des Kaisers würde es zu einem offenen Machtkampf zwischen den beiden kommen.


    Quarto mag ein Consulat an das andere reihen, doch ich befürchte, dass die Cohortes Urbanae in einem solchen Kampf mehr Wert besitzen als Ansehen und Freundschaften zur Elite."

  • "Wir sollten hoffen, dass das nicht so schnell eintritt", erwiderte ich. "Wie verhält sich das egentlich mit diesem Artorier, der neuer praefectus der Prätorianer ist? Meiner Kenntnis nach hat er weder viel mit Valerianus noch mit Vescularius zu schaffen. Ob es klug war, ihn zu ernennen?" Immerhin war Crassus deutlich kaisertreu gewesen, schon damals bei Iulianus war das so gewesen. Allein deswegen hatte er sich Valerianus schon verbunden gefühlt. Wie das mit dem homo novus war, diesem Artorius, konnte ich nicht sagen. "In diesem Fall kann man dann nur hoffen, dass der Artorier sich diesbezüglich an Crassus orientieren wird und Valerianus seine Wahl nicht zum Verhängnis wird..."


    Die Tür öffnete sich einen Spalt und ein Sklave linste herein. Ich warf Durus einen kurzen Blick zu, winkte dann den Sklaven herein und ließ ihn den nächsten Gang auftragen. Eine garnierte Platte mit Fisch und Geflügel wurde hereingebracht, uns beiden nachgeschenkt, dann verscheuchte ich den Sklaven mit einem Wink wieder. Als die Tür erneut geschlossen war, ließ ich noch einen Moment verstreichen. "Es ist erfreulich, nicht der einzige zu sein, der differenzierter über das Wirken unseres Kaisers nachdenkt", sagte ich.

  • Sim-Off:

    Sorry, war im unfreiwillig verlängerten Urlaub ;)


    Nachdenklich hörte sich Durus die weiteren Worte des Aureliers an. Ganz offensichtlich waren sie weitestgehend auf gleicher Wellenlänge: Auch Corvinus schien sich nicht wenige Gedanken zu machen und schien genau auf Durus' Kritikpunkte gekommen zu sein.


    "Ich bin mir nicht sicher - ich habe gehört, dieser Artorius hat sich ex caligae hochgearbeitet und ist in Parthia ausgezeichnet worden. Vielleicht versucht Valerianus damit jemanden in sein Umfeld zu bringen, der wie er Soldat ist. Die Frage ist, ob er damit dieser durchaus auch politischen Aufgabe gewachsen ist und ob er weiß, wo seine Grenzen sind - als Primus Pilus benötigt man sicherlich wesentlich weniger Fingerspitzengefühl. Vielleicht war die Wahl also vorschnell - vielleicht überrascht uns der Mann aber auch."


    Der Gedanke, dass Avitus der Rat von Salinator war, kam Durus zwar ebenfalls, doch konnte er nicht sagen, ob die beiden irgendeine Verbindung zueinander hatten und die unterschiedliche Herkunft deutete auch nicht gerade darauf hin.


    "Zweifelsohne wird er es aber als Neuling schwer haben, sich gegen den zweiten Kommandeur innerhalb der Stadtmauern durchzusetzen."


    Während Corvinus ihm geradezu ein Kompliment machte, machte der Tiberier sich über den nächsten Gang her: Er entschied sich für den Fisch, der ihn von der Platte anlachte und ließ ihn sich munden, während er auf die Reaktion des Aureliers wartete.

  • Sim-Off:

    Macht nichts


    Daran erinnerte ich mich auch, wenn mich nicht alles täuschte, hatten wir sogar in der Acta darüber berichtet. Angesichts der fehlenden Sklaven im Raum war es an Durus und mir, uns selbst zu bedienen, was zumindest mein Gast gerade auch tat. Ich nahm mir ein Beispiel und genehmigte mir einige geräucherte Sprotten. "Das wird wohl die Zeit zeigen müssen. Valerian scheint dieser Tage nicht gerade viele Feinde zu haben, und er tut wohl sein Übriges, um alte Fehden nicht wieder aufkeimen zu lassen", erwiderte ich und meinte damit natürlich die Flavier, die seit der Ausrufung Valerians darum bangten, nicht wieder ins Exil geschickt zu werden. Erstaunt stellte ich fest, dass die kleinen Sprotten schmackhafter waren als erwartet, weswegen ich mir gleich noch einmal nach nahm.


    "Ich habe gehört, dass es demnächst einige Neubesetzungen, beziehungsweise Versetzungen geben soll im Militär. Ich bin gespannt, wen es treffen wird." Die Acta hatte ihre Ohren eben überall. "Nunja", sagte ich schlussendlich. "Man kann inzwischen schwerlich noch von einer Eingewöhnungszeit sprechen. Ich persönlich gebe Valerian noch ein, vielleicht zwei Jahre, bis auch der Plebs aufmerksam wird auf das, was er tut - oder eben nicht tut - sofern sich nicht in absehbarer Zeit etwas zum Positiven ändert. Und dann wird das Gerangel losgehen, natürlich begünstigt dadurch, dass Valerian keinen Erben vorweisen kann." Ich biss in ein knackiges Stück Brot. "Sofern die Krankheit nicht schneller ist", fügte ich an.

  • Nachdenklich kaute Durus auf dem Fisch herum, während Corvinus eine gewagte These in den Raum stellte: Valerianus hatte keine Feinde? Im Vergleich zu Iulianus hielt Durus den neuen Kaiser für geradezu unbeliebt! Aber vielleicht war dies auch nur der Eindruck des Tiberiers? Im Grunde hatte er seine Meinung bisher nur vor Corvinus vertreten und sie waren ja nur zwei Männer unter einem ganzen Volk! Vielleicht war es sinnvoll, sich weiter umzuhören...


    Dann wurde es wesentlich konkreter: Corvinus stellte den Abgang von Valerianus als zwangsläufig dar, ja geradezu als Licht am Ende des Tunnels! Das konnte durchaus als Hochverrat ausgelegt werden, wie es Durus durchzuckte. Andererseits hatte er nicht vor, den jungen Aurelier ans Messer zu liefern, vielmehr sollte der Kaiser auch für ihn lieber früher als später abtreten - wobei er nicht den Plebs in der Pflicht sah...


    "Nunja, er hat einen Sohn...auch wenn dieser nicht in Rom weilt. Andererseits ist er noch ein Knabe, der kaum das Heft in die Hand nehmen können wird."


    Wahrscheinlich hatte Corvinus Recht: Wenn Valerianus starb, würde es zum Bürgerkrieg kommen - vielleicht würde sein Patron sich diesmal aufschwingen, in jedem Fall würde es aber wohl der ein oder andere Statthalter tun - oder ein anderer zu Macht und Geld gekommener Senator...


    "Aber ein solcher Bürgerkrieg wäre schlechter für das Imperium als ein kranker Kaiser...im Bürgerkrieg wird letztendlich doch der Plebs entscheiden und wir wissen beide, dass der nicht immer den Besten wählt."

  • Immer schon war meine Familie eine der kaisertreuen gewesen - sah man von meinem Onkel Cicero, diesem Verräter, einmal ab. Doch Treue bedeutete nicht, alles und jedes zu akzeptieren und blind zu folgen, ohne je etwas in Frage zu stellen. Zumindest nicht für mich. Es mochte daher durchaus als Hochverrat erscheinen, was ich sagte. Dem Kaiser selbst hätte ich nahe gelegt, sich mehr in der Öffentlichkeit zu zeigen, doch war dies die Aufgabe seiner Berater und vielleicht auch die seines Bruders. Mich anzubiedern, kam nicht infrage.


    "Ja, da siehst du es. Er ist nicht in Rom. Seine Frau ist nicht in Rom. Der Kaiser ist krank. Sein Bruder steuert das Staatsschiff. Ein zwielichtiger Stadtpräfekt achtet darauf, dass der Kurs eingehalten wird. Und für die Sicherheit sorgt ein eher unbekannter Kriegsveteran", resümierte ich. "Wenn das nicht die besten Voraussetzungen für einen Putsch seitens des Plebs sind, weiß ich es nicht. Und wenn der Plebs sich entscheidet, es zu versuchen, dann steht weit mehr auf dem Spiel als nur die Ordnung im Reich." Ich aß eine weitere Sprotte und schenkte zunächst Durus, dann mir selbst Wein nach. Es war ausgesprochen interessant, seine Meinung mit der meinen zu vergleichen. Auch ich dachte an meinen Patron. Vinicius Lucianus und Decimus Meridius traute ich es nicht zu, eine sich bietende Möglichkeit zu ergreifen, ohne zu zögern. Hungaricus würde tun, was ihm richtig erschien, und das konnte nur die Wiederherstellung der Ordnung sein - sollte es je dazu kommen, hieß das.


    "Nun ja. Vielleicht fehlt es ihm auch nur an den richtigen Beratern. Er sollte sich mehr engagieren. Ich weiß nicht, wie eure Sitzungen üblicherweise ablaufen, aber Valerians Verhalten bei der Anhörung fand ich doch recht schwach für einen pontifex maximus. Er wirkte stellenweise nicht nur desinteressiert, sondern regelrecht unaufmerksam." Ein prüfender Blick fiel auf Durus. "Vielleicht könnte auch seine Frau etwas Positives bewegen?" stellte ich die Frage in den Raum. Immerhin haftete manchen Damen etwas an, das durchaus hilfreich für jemanden war, der selbst nicht in die Gänge kam. Epicharis und Aristides fielen mir spontan ein. Ich fragte mich, ob der Flavier sich zur nächsten Wahl aufstellen ließ oder ob Epicharis noch eine Weile brauchte.


    "Wie ist es eigentlich mit dir, Durus, du bist ja immer noch Junggeselle", lenkte ich dann das Gespräch in andere Bahnen und schmunzelte verhalten. In seinem Alter noch nicht einmal verheiratet gewesen zu sein, war doch recht kurios, besonders, da es sich um einen gestanden Mann, Senator und pontifex handelte. "Ich hätte da ein paar reizende Verwandte."

  • Die Perspektive, die Corvinus zeichnete, war finster wie die ewige Nacht des Orcus. Ganz so finster sah es Durus nicht, denn in dieser Position lag die Gefahr wohl eher, dass sich ein Schattenregime von Quarto oder diesem Salinator in den Sattel hob, das Valerianus zwar hielt, ihm aber alle Entscheidungen abnahm. Wenn Quarto die Oberhand hatte, war dies ja nicht so schlimm - ihn hielt der Tiberier für einigermaßen fähig - aber wenn der Praefectus Urbi das Heft in die Hand nahm...wer wusste schon, was dieser Fremdling und Homo Novus wollte?


    Dann plötzlich machte das Gespräch eine Wende, die Durus nicht erwartet hatte und die ihn so überraschte, dass er das alte Thema gar nicht mehr aufgriff. Eigentlich bewunderte er Corvinus, wie rasch er die Kurve dahin bekommen hatte (wäre er ein Auriga, hätte er damit das Rennen sicher gewonnen ;)). Aus seiner gewissen Verlegenheit heraus (in seinem Alter war es tatsächlich langsam peinlich, nicht verheiratet zu sein und die geplatzte Verlobung mit der Fabierin war ebenfalls schon eine Weile her) lächelte er erst einmal. Dann nahm er sich einen Schluck Wein und erst dann hatte er sich eine Antwort überlegt.


    "Das ist richtig, Corvinus! Immer wieder muss ich geradezu staunen, welch schöne Früchte am Baum der Aurelia wachsen!"


    Gedanklich beglückwünschte Durus sich zu diesen poetischen Worten. Und schon lief sein Gehirn auf Hochtouren: War es sinnvoll, sich mit der Aurelia zu verbinden? Sicherlich waren deren Töchter äußerlich ansprechend, ihre Abstammung akzeptabel. Aber war die Aurelia auch mächtig genug, um einem Pontifex und Praetorier eine Frau in die Ehe zu geben? Corvinus hatte erst seine Quaestur hinter sich, doch schon strömten neue Männer nach....heute kaum mehr als Pediarii im Senat, doch andererseits...zweifelsohne würden sie den Cursus Honorum weiter beschreiten und vielleicht waren sie tatsächlich der neue Stern am Himmel des römischen Staates. Und eigentlich war es doch gar nicht dumm, in die Zukunft zu investieren...


    Er beschloss kurzerhand, dass die Aurelia seiner würdig war und fragte etwas direkter


    "Bist du denn auf der Suche nach einem Ehemann für sie?"

  • Was Durus als eine Möglichkeit der Zukunft ansah, war für mich selbst bereits der Fall. Valerianus hatte ich noch nie im Senat gesehen, seitdem ich selbst zu den ehrwürdigen Vätern Roms zählte, und wenn er sich bei den contiones des collegium pontifiium so gab, wie ich es während der letzten Sitzung erlebt hatte, dann würde es mich nicht sonderlich wundern, wenn der Kaiser bereits jetzt nur das ausführende Organ Quartos und dieses Vescularius war. Es blieb abzuwarten, ob, beziehungsweise inwiefern sich diese Situation - oder eher mein daraus gewonnener Eindruck - noch einmal ändern würde. Vorerst blieben daher ohnehin nur Spekulationen und Mutmaßungen, und die waren weder spruchreif, noch hätte einer von uns beiden wohl gewagt, öffentlich etwas von dem bisher geführten Gespräch kunzutun.


    Es klopfte erneut, und wieder traten zwei Sklaven ein, die jeder eine Platte trugen. Statt Fisch und Meeresfrüchten ruhten Geflügel und Fleisch in angenehmer Größe darauf, garniert mit Obst und Gemüse, eingelegt in verschiedenen Marinaden. Auf der anderen Platte befanden sich kleine Schüsselchen mit verschiedenen Soßen und auch Brot, in das Oliven- und Walnussstückchen eingebacken waren. Durus schien nichts weiter zu den Vorgängen um den Kaiser sagen zu wollen, und so deutete ich den Sklaven, dass sie diesmal den Raum nicht wieder verlassen, sondenr sich zur Verfügung halten sollten. Ich selbst fand, dass ich mir den Ball recht gut vorgegeben hatte, um nun auf dieses Anliegen zu sprechen zu kommen. Und Durus schien nicht abgeneigt, wie ich vernahm. Einer der Sklaven bot Durus eine Schale mit Rosenwasser dar, damit er sich die Finger säubern konnte, der andere wartete mit einem frischen Teller in der Hand, um ebendiesen nach seinen Wünschen zu befüllen. Ich nahm gleichfalls einen Schluck Wein. "Genaugenommen suche ich sogar vier", gab ich trocken und ein wenig schmunzelnd zurück und stellte den Becher wieder ab. "Hättest du Interesse?" Im Geiste überlegte ich schon, wen der Damen ich ihm anvertrauen würde. Im Grunde war Durus ein Mann, dem ich alle drei anvertrauen würde. Drei, weil Prisca eigentlich für jeden zu schade war. Genaugenommen wollte ich sieam liebsten gar nicht verheiraten...denn das würde bedeuten, dass sie die villa verließ. "Erinnerst du dich an meine reizende Begleitung auf der aelisch-prudentischen Hochzeit, meine Nichte Laevina?"

  • In diesem Moment wurde der nächste Gang aufgetragen und damit das Gespräch unterbrochen. Die Speisen waren keine Schaugerichte, dennoch von edler Qualität, wie Durus' geschulter Blick erkannte. Natürlich kam auch ein Sklave dazu, der ihm die Hände wusch, sowie ein weiterer, der ihm den Teller füllen würde. Er ließ sich eine Anstandsportion Geflügel, sowie hauptsächlich vom Fleisch geben, dazu das raffinierte Brot, sowie verschiedene Soßen. Doch ehe er zu Schmausen beginnen konnte, wartete er auf eine Antwort von Corvinus, die prompt kam.


    Er war erfreulich direkt, denn anstatt zuerst große Anpreisungen zu machen, fragte er direkt nach Durus' Interesse. Dies hatte fast etwas von einem Verkaufsgespräch, doch beide wussten, dass dies die harte Realität innerhalb des römischen Adels war: Der Vater verheiratete die Töchter und diese hatten dabei nichts mitzubestimmen!


    "Oh, selbstverständlich!"


    bestägte Durus und sofort wurde ihm ein Angebot unterbreitet: Aurelia Laevina, ein Mädchen das er angeblich bereits kennen sollte. Das Problem war, dass sich der Tiberier überhaupt nicht erinnern konnte - die Hochzeit war so voll gewesen, so viele Hände hatten geschüttelt werden müssen! Wie sehr wünschte er sich nun seinen Nomenclator herbei. Daher log er


    "Flüchtig, ja. Ich wäre froh, wenn du mich ihr noch einmal persönlich vorstellen könntest."

  • Dass ich keine der Damen anpries, lag vermutlich daran, dass ich sie selbst in ihrer Abwesenheit nicht wie eine Herde Vieh verschachern wollte. Andererseits brachte es in meinen Augen doch nur wenig, wenn man lange um den heißen Brei herumredete und Vorzüge herausstellte, wenn doch eigentlich kein Interesse bestand oder sogar eine anderweitige Verlobung geplant war. Ich hatte von den Fabiern gehört, war mir allerdings sicher, dass Durus sich nach dem Vergehen des Fabius Antistes nicht dazu herablassen würde, dieser Familie auch noch einen politischen Gefallen mit einer Heirat zu erweisen, sollte die Fabia überhaupt noch im Gespräch gewesen sein zum Zeitpunkt der fabischen Geldervgeruntreuung.


    Ich ließ mir selbst mehr Geflügel denn Fleisch reichen, besonders den gedünsteten Flamingo im krossen Honigmantel zog ich vor, denn in Verbindung mit der Dattelsoße war er schlichtweg ein Gedicht. Erfreut nahm ich also Durus' Antwort zur Kenntnis. "Das werde ich im Anschluss an die cena gern tun,", erwiderte ich, ohne zu wissen, dass Durus eine Verwandte mitgebracht hatte, mit der Severa und Laevina vor kurzem in die Stadt aufgebrochen waren. So musste dieses nähere Kennenlernen wohl erst einmal warten. "Ich würde es sehr begrüßen, wenn du dich ihrer annehmen tätest", fuhr ich fort. "Wie du sicher weißt, schätze ich dich, auch wenn mich mit deinem Verwandten Vitamalacus nicht viel verbindet. Was hieltest du davon, zu paktieren, Durus? Natürlich nur, wenn dir Laevina geeignet erscheint. Ich spiele damit auf deine Verwandte Arvinia an." Ich brach ein wenig aus dem Stück der Flamingobrust auf meinem Teller, stippte es in die Soße und schob es in den Mund. "Du kennst Manius Orestes? Er ist an ihr interessiert. Eigentlich wäre eine entsprechende Verabredung unserer beider gentes ideal. Wir könnten alle Vorteile daraus ziehen", schlug ich recht unverblümt vor. Eine augenblickliche Entscheidung wäre auch gar nicht notwendig. Ich selbst hätte mir ebenfalls Bedenkzeit erbeten, also wäre ich nicht überrascht, wenn Durus genau das tun würde.

  • Wenn Durus sich erinnerte, glaubte er sich wirklich zu erinnern, welche der beiden Damen es gewesen war, die Arvinia entführt hatten. Sie war wirklich sehr hübsch gewesen, wenn sie auch etwas jung gewirkt hatte. Aber das war ja an sich kein Nachteil - vielmehr bedeutete es, dass die Wahrscheinlichkeit höher war, dass sie gesunde Kinder gebar!


    Umso erfreulicher war es, dass Corvinus gleich ein konkretes Angebot machte - als er mit einer zweiten Sache überrascht wurde. Natürlich hatte er nicht die Blicke bemerkt, die Orestes und Arvinia sich auf seiner Cena zugeworfen hatten, wusste nicht, dass sie sich bereits begegnet waren. Und nun wollte der Aurelier also gern im Gegenzug für Laevina ihre Hand? Einen Augenblick dachte Durus nach: Orestes war ein Sacerdos, hatte bisher keine Ambitionen gezeigt, eine politische Karriere einzuschlagen - ob das eine richtige Auswahl war?


    "Grundsätzlich würde nichts dagegen sprechen, jedoch bin ich leider nicht in der Lage, dir sofort zuzusagen, wenn du erlaubst."


    erwiderte er vorsichtig. Es musste in jedem Fall noch einmal die Liste der römischen Senatoren-Junggesellen konsultiert werden, außerdem musste er auch Arvinias Vater dazu hören. Wobei der sich sicher nicht gegen das Urteil von Durus auflehnen würde...dennoch.


    Um nicht ganz so reserviert gegen die Verwandtschaft in spe zu wirken, fügte er noch rasch


    "Dennoch kann ich dir versichern, dass Arvinia noch nicht versprochen ist. Genaugenommen muss ich noch mit ihrem Vater sprechen."


    an. Eigentlich war das mit dem Vater eine sehr gute Ausrede...

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