Causa Cooptationis Collegii

  • Der Pontifex Maximus hatte zur Sitzung der Pontifices gerufen, denn es standen wichtige Dinge an: Nachdem Fabius Antistes, der vorherige Rex Sacrorum, durch eine aufgedeckte Affäre zu Fall gekommen war, in dessen Sog auch zwei Pontifices geraten waren, gab es mehrere Ämter neu zu besetzen. Dabei war man aber auch vor allem gespannt, wen der Kaiser begünstigen würde und wie er nach diesem Eklat den Cultus Deorum zu führen gedachte.


    So erschien auch Tiberius Durus zur Contio, wie üblich in die Toga Praetexta der Priester Roms gehüllt und mit dem Kopf voller Gedanken. Wen sollte er vorschlagen? Wen wählen? Und wie würde der Kaiser auf ihn reagieren, nachdem er beim letzten Male doch als Einziger Einspruch erhoben hatte?

  • Kühler Wind hatte sich um Rom gelegt, eine undurchdringliche, graufarbene Schicht aus Wolken darüber, die nur äußerst selten wurde durch ein paar schwache Sonnenstrahlen durchbrochen. Mochten die in Germania oder Britannia stationierten Legionen auch lachen über die römischen Winter-Temperaturen, welche lange nicht an den eisigen Frost der nördlichen Provinzen konnte heran reichen, doch für einen Stadtrömer, der weit über den Sommer hinaus in wohliger Wärme schwelgte, waren sie dennoch unangenehm. Die Regia des Cultus Deorum war mit Kohlebecken beheizt, zudem hielten die dicken, steinernen Mauern den Wind aus den Gängen, Räumen und Hallen, so dass dort alles in allem ein angenehmes Arbeitsklima vorherrschte. Im Versammlungssaal des Collegium Pontificium schien die Temperatur dennoch um einige Grad kälter als im übrigen Gebäude, die bereits anwesenden Pontifices schwiegen vornehmlich oder flüsterten nur leise miteinander, allesamt äußerst gespannt ob und in wie weit der Pontifex Maximus würde das Collegium in seine Entscheidung mit einbeziehen. Gracchus nickte bei seinem Eintreten dem ein oder anderen zu und suchte seinen Platz auf, nicht minder gespannt.

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    PONTIFEX PRO MAGISTRO - COLLEGIUM PONTIFICUM

  • Als die Mitglieder des Collegium Pontificium versammelt waren, betrat auch Valerianus in seiner Eigenschaft als Pontifex Maximus den Raum. Hätte man an seiner Miene überlicherweise seine Stimmungslage ablesen können, hätte man sehen können, dass er nicht allzu viel davon hielt, wenige Tage nach der letzten Sitzung schon wieder eine Sitzung leiten zu müssen und das auch noch in einer Form, in der derjenige, der die Szenerie beschrieb, endlose Sätze bastelte, in die er zahlreiche verschachtelte Relativsätze einbaute, damit die Leser, die sich für diese Sitzung interessierten, wenigstens mal eine andere Einleitung zu lesen bekamen als jene, die üblich war und in der sich in einem einzigen Satz nicht weniger als elf Kommas und siebenunneunzig Worte befanden. Stattdessen zeigte er den üblichen kränklichen Gesichtsausdruck, der von den kühlen Temperaturen nicht eben verbessert wurde. Immerhin zeigten seine Handbewegungen keine Nachlässigkeit, als er das kurze Opfer zelebrierte, mit denen eine Sitzung offiziell begonnen wurde. Da heute wichtige Entscheidungen anstanden, war der Beistand der Götter zweifellos besonders wichtig. Dann kam er ansatzlos zum Thema.


    "Ich höre eure Vorschläge."

  • Für Durus erschien die Eröffnungszeremonie nicht unbedingt dem Anlass angemessen: Der Kaiser schien zwar bei der Sache zu sein, doch eine eigentliche Sitzung, die von dermaßen großer Tragweite war, mit den Worten 'Ich höre eure Vorschläge' zu beginnen, war doch etwas...ungewöhnlich. Wie der Senat, so war auch das Collegium Pontificium ein Ort für große Worte und schöne Reden!


    Andere schienen von der Eröffnung nicht ganz so überrascht, denn sofort meldete sich einer der Pontifices zu Wort.


    "Pontifices!


    Diese Sitzung ist von großer Bedeutung für unser Collegium, wie auch die gesamte Res Publica! Wie jeder von Euch weiß, müssen heute vermutlich gleich drei Männer oder Frauen kooptiert werden - denn ich gehe davon aus, dass wir den Rex Sacrificulus aus unseren Reihen wählen und nicht einen völlig Fremden bestimmen!


    Ich schlage daher vor, zuerst den neuen Rex Sacrorum zu bestimmen. Dieses Amt gehört zu den Ältesten unserer geliebten Res Publica! Seit der Vertreibung der Könige muss er die Kulthandlungen vollziehen, die zuvor dem Haupt des Staates vorbehalten waren, das sollten wir bei seiner Wahl bedenken! Wir müssen also jemanden bestimmen, der von großer Ansehen ist - auch vor den Göttern! Und wer könnte diese Stelle besser ausfüllen als unser guter Marcus Curiatius Fistus?


    Er sitzt seit langer Zeit in unserem Collegium, dient den Göttern aber noch länger. Aus edlem, patrizischen Geschlecht stammend hat er die Quaestur bekleidet, mit Erfolg wie man weiß. Er stieg auf zum Aedilis Curulis und ist seit langem Senator! Und neben seinem Pontifikat engagiert er sich auch im Collegium der Arvales Fratres und der Sodales Augustales! Ich denke, dass er als Vorbild der Tugend gelten kann und hervorragend dafür geeignet ist, das Amt des Rex Sacrorum zu bekleiden!"


    Er blickte zustimmungsheischend in die Runde, woraufhin Curiatius ein wenig schüchtern und bescheiden tat. Jeder wusste, dass der Redner ein guter Freund des Fistus und die Sache sorgsam einstudiert worden war. Curiatius entstammte zwar patrizischem Geschlecht, doch seine Stirps verfügte längst nicht mehr über größeren Einfluss oder Macht. Das zeigte sich schon darin, dass Fistus es nur bis zum Aedilat geschafft hatte, obwohl er bereits ein betagter Mann war. Vermutlich hatte er die Gelegenheit genutzt, um als Rex Sacrorum doch noch ein wenig Ansehen für seine Familie zu retten - Durus hatte fast Mitleid! Aber immerhin stellte sich jemand freiwillig zur Verfügung - die meisten Senatoren machten einen großen Bogen um diese speziellen Ämter, da sie jede politische Karriere weitestgehend beendeten. So hatte auch Durus kein Interesse.


    Aber natürlich wäre dies nicht das Collegium Pontificium gewesen, wenn sich nicht sofort jemand anderes zu Wort gemeldet hätte.


    "Curiatius Fistus? Mit Verlaub, aber ich bin mir nicht sicher, ob er der geeignete Mann dafür ist! Caius Sestius Gallius hat ebenfalls viel geleistet und wäre geeignet, das Amt zu bekleiden!"


    Sestius Gallius war uralt und manch einer behauptete, dass er auch ein wenig senil war. Vor vielen Jahren hatte er eine politische Karriere hingelegt, war bis zum Praetor aufgestiegen und hatte verschiedene Curatoren-Posten bekleidet. Irgendwann war er dafür zu alt geworden und Kaiser Nerva hatte ihn ins Collegium Pontificium erhoben, wo er seitdem saß, meist anwesend war aber selten etwas sagte.


    "Er gehört wohl zu den verdientesten Männern unter uns, überragt auch Curiatius an Alter und Lebenserfahrung, hat darüber hinaus sogar die Praetur bekleidet und gehörte zu den Vertrauten des göttlichen Nerva!"


    Fistus wirkte etwas beschämt - auf seine gescheiterte politische Karriere reagierte er stets etwas empfindlich und dieser indirekte Hohn traf ihn wohl ziemlich.


    Durus war sich nicht sicher - einerseits hatte Sestius den Vortritt, da das Senioritätsprinzip noch immer von Bedeutung war. Andererseits hatte er keine Lust auf einen senilen Greis, der wahrscheinlich die Hälfte seiner Kulthandlungen vergaß und ebenso vor sich hinvegetierte, wie es der Flamen Dialis war (der heute übrigens tatsächlich anwesend war, obwohl er einen dicken Mantel über seiner doppelt gefalteten Toga trug und immer wieder hustete).

  • Je weniger der Pontifex Maximus sprach, desto mehr fühlten sich die übrigen Pontifices berufen dies auszugleichen, so schien es, doch im Grunde war die lange Rede nur ein Teil des Collegiums und die Kargheit des Imperators die Ausnahmen. Der erste Vorschlag betraf den Pontifex Curiatius, einen Mann, welcher Gracchus nicht unbedingt sympathisch war, obgleich er durchaus zugeben musste, dass der Patrizier die notwendigen Voraussetzungen und Würde für ein solch gewichtiges Amt würde vorweisen können. Der zweite Vorschlag indes überraschte Gracchus ein wenig, zugleich hegte er - obgleich er sich dessen nicht war bewusst - die gleichen Befürchtungen hinsichtlich Sestius wie Durus ties tat.
    "Sestius Gallius ist allerdings ni'ht mehr verheiratet"
    , meldete er sich ob dessen zu Wort.
    "Ein Rex sacrorum kann unmögli'h ohne die zugehörige Regina sacrorum walten."
    Dass eine angedachte Regina sacrorum bereits am Tage da Fabius Antistes aus seinem Amte entlassen worden war, mit einer Verlobung bedacht worden war, dessen war Gracchus sich sicher. Doch die derzeitige Ehelosigkeit des Sestius war nicht der einzige Makel diesbezüglich.
    "Zudem mö'hte i'h anmerken, dass Sestius bereits zwei Male geschieden ist. Selbst da dies in unseren Zeiten augenscheinli'h die Normalität darstellen mag, so sollten wir do'h gerade beim Rex sacrorum Wert auf die alten Traditionen und Werte legen, eben da dies das älteste kultische Amt unseres Rei'hes darstellt."
    Seit jeher gehörte Gracchus zu jener Fraktion, welche die Ehe als feste Voraussetzung eines kultischen Amtes betrachteten, so dass es ihm bereits ein Graus war, wie viele Mitglieder der Collegien in diesen Tagen unverheiratet waren. Diese Unsitte nun auch noch an die Spitze des Reiches tragen zu wollen, war in seinen Augen geradezu frevelhaft.

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  • Durus war es wieder einmal fast etwas peinlich, dass das alte Heirats-Thema angesprochen wurde, da er selbst bis zum heutigen Tage unverheiratet war - ein Problem, das Sestius bekanntermaßen nicht mit ihm teilte. Dieser hatte vielmehr eher zu viele Frauen gehabt, was ihm nun vorgeworfen wurde. Er selbst setzte jedoch gar nicht zu seiner Verteidigung an (vermutlich bekam er es wieder einmal nicht richtig mit), dafür jedoch umso heftiger sein 'Sprecher' im Collegium.


    "Es ist kein Verbrechen, zweimal geschieden zu sein - und sind wir doch einmal ehrlich: Was nützt eine Frau, die keine Kinder schenkt?"


    Zwar hatte der Tiberier keine Ahnung, ob es an Sestius Gallius oder seinen Frauen gelegen hatte, dass der Alte bis heute keinen Nachwuchs aufweisen konnte, doch plötzlich bemerkte er eine Mos, die die Pontifices fast vergessen hätten:


    "Pontifices, es ist einen geschiedenen Mann ohnehin nicht gestattet, das Amt des Rex Sacrorum zu bekleiden!"


    Der Pontifex, der Sestius verteidigte, verstummte und blickte Durus etwas verwirrt an. Offensichtlich hatte er dies aus irgendeinem Grund vergessen und musste sich nun rasch etwas einfallen lassen.


    "Der Pontifex Maximus könnte einen solch ehrenwerten Mann doch zweifelsohne von dieser Voraussetzung dispensieren, nicht wahr?"


    Etwas verunsichert schielte er zu Valerianus, doch schon sprang wieder ein Pontifex ein:


    "Ich halte es für nicht glückverheißend, wenn der Rex Sacrorum gegen die Mores Maiorum erwählt wird. Unter diesen Umständen würde ich dann doch Curiatius Fistus präferieren..."


    Einer der anderen Pontifices schien plötzlich ebenfalls eine Idee zu haben und verkündete


    "Warum nicht der Flamen Quirinalis? Er dient den Göttern seit langer Zeit, ist von absoluter Integrität und abgesehen davon, entspricht es der Tradition, einen Flamen zum Rex Sacrorum zu machen!"


    Der Flamen Quirinalis war tatsächlich eine Idee, wie Durus zustimmen musste. Andererseits würde das zweifelsohne zu einem Kampf um das Amt des Flamen Quirinalis führen, der wahrscheinlich ebenso moderationslos vonstatten gehen würde, wie es soeben geschah. Und dann würde die Sitzung sich wohl ins Endlose ziehen.


    Der Flamen selbst schien ebenfalls von der Idee, auf der Karriereleiter weiterzukommen, nicht unabgeneigt. Daher erhob er sich und meinte


    "Ich würde mich für das Amt zur Verfügung stellen - wenn der Pontifex Maximus der Meinung ist, ich wäre fähig, es auszufüllen."


    Das hatte Durus nicht erwartet: Niemand riss sich um das Amt des Rex Sacrorum, mit dem man gewissermaßen politischen Selbstmord beging. Er ging nicht davon aus, dass der Kaiser nun noch große Diskussionen dulden würde - eine solche Kandidatur konnte man ja praktisch nicht abschlagen!

  • Auch Gracchus' Blick wandte dem Flamen Quirinalis sich zu, zweifelsohne ein Mann von unbezweifelter Integrität, und als jener sich erhob, der apex auf seiner Filzmütze wippte ein wenig, und seine Bereitschaft verkündete, das Amt des Rex Sacrorum zu übernehmen, stieg aufrichtige Bewunderung in Gracchus empor. Gegensätzlich zu einigen seiner Collegae hielt Gracchus selbst es für die höchste aller Auszeichnungen, das Amt des Rex sacrorum inne zu halten, wie auch er die streng reglementierten Flaminate als große Auszeichnung empfand, denn jene konnten seiner Ansicht nach nur Männer tadelloser Couleur erlangen, wahre Römer, welche stets den Tugenden folgten - bisherig hatte er noch nicht als Mitglied des Collegium Pontificium erlebt, dass ein neuer Flamen war inauguriert worden, so dass ihm etwaige und überaus wahrscheinliche Enttäuschungen bezüglich der politisch motivierten Vergabe jener Ämter noch nicht hatte ereilen könnten.

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  • Eine ganze Weile hatte Valerianus die Diskussion schweigend verfolgt und seiner Gewohnheit folgend dabei mehr als einmal phasenweise seine Augen geschlossen gehalten. Nun schien es jedoch an der Zeit zu sein, dass er eine Äußerung tat. Dass sich ein Mann so aufrichtig und freiwillig für das Amt meldete, beeindruckte ihn. Er hatte sich vorab darüber informieren lassen, wie die Benennung eines neuen Rex Sacrorum genau vor sich zu gehen hatte und sich schon darauf eingestellt, einen Freiwilligen bestimmen zu müssen. Immerhin kannte er sowas auch aus seiner Militärzeit, aber hier war es nicht nötig.


    "Wie ich sehe, haben wir den Flamen Quirianlis sowie den Pontifex Curiatius Fistus als Bewerber um das Amt des Rex Sacrorum. Schon aufgrund der Tradition des Amtes ist hier wohl der Flamen zu bevorzugen, so dass auch ich dies tun werde. Es sei denn, ein weiterer Kandidat tritt in die Runde."

  • Dies war nun endlich einmal ein Einwand des Kaisers, den auch Durus gutheißen konnte. Und er ging nicht davon aus, dass sich noch jemand meldete, denn der Flamen Dialis war viel zu krank, als dass er sich noch größere Aufgaben aufbürden konnte, der Flamen Martialis war für Durus einfach zu jung, um an die Spitze des Cultus Deorum zu gelangen - vielmehr war der Flamen Quirinalis ein sehr geeigneter Kandidat.


    Tatsächlich wagte es auch keiner, etwas gegen die Unterstützung des Kaisers einzuwenden, obwohl Curiatius Fistus so aussah, als wolle er sich sofort zum Flamen Quirinalis bewerben (doch das würde zweifelsohne erst danach entschieden werden). Noch einmal blickte Durus in die Runde, ob doch noch jemand aufstehen wollte, um seinen Hut in den Ring zu werfen.

  • Die Berufung auf die Traditionen ließ vermuten, dass der Imperator keinerlei Präferenz hegte, vermutlich nur allzu bereitwillig sich auf die Gepflogenheiten der Vorväter berief, um keine eigene Entscheidung treffen zu müssen, vor welchen er sonstig in diesem Gremium sich ein wenig zierte. Niemand indes erhob sein Wort auf seine Frage hin.

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  • Tatsächlich hätte sich Valerianus sehr gewundert, wenn nun noch ein weiterer Name genannt worden wäre. Dies war nicht der Fall und somit war seine Wahl endgültig getroffen. Was zu seinem Leidwesen gleich die nächste Frage nach sich zog.


    "Nun, dann sei es so und der Flamen Quirinalis soll in dieses ehrwürdige Amt erhoben werden. Möchtest du uns einen Nachfolger für dein bisheriges Amt empfehlen?"


    Und selbst mit einer schnellen Entscheidung hier stand noch die Kooption weiterer Mitglieder für die anderen ausgeschiedenen Pontifices bevor.

  • Der Flamen deutete eine Verneigung an (was bei einem römischen Bürger schon viel war!) und setzte dann eine nachdenkliche Miene auf. Langsam ging sein Blick über die Runde, jeden schien er eindringlich zu mustern, dann blieb er bei Curiatius Fistus stehen.


    "Warum nicht Curiatius Fistus?"


    Natürlich dauerte es nicht sehr lange, ehe wieder einer der Pontifices sich einmischte und seinen alten Kandidaten, wenn er schon nicht Rex Sacrorum werden konnte, doch zumindest ein Flaminat bekommen konnte, vorzuschlagen.


    "Caius Sestius Gallius wäre ebenfalls ein geeigneter Kandidat, Pontifex Maximus! Hier wäre es auch nicht problematisch, dass er bereits geschieden ist!"


    Durus blickte zu Boden und stützte seinen Kopf auf den erhobenen Arm - diese Debatte konnte wirklich heiter werden, wenn bereits die eher unbeliebten Ämter wie Flaminate und der Posten des Opferkönigs so heiß umkämpft waren! Nunja, zumindest würde er so etwas wohl kein zweites Mal erleben, denn der Flamen Quirinalis war noch relativ jung, Curiatius Fistus würde es wohl ebenfalls noch eine ganze Zeit lang machen - wenn es nur nicht Sestius Gallius wurde!

  • Minimal hob sich Gracchus' Augenbraue bei der neuerlichen Erwähnung des Sestius und der damit wiederum einhergehenden Herabwürdigung des Flaminates, denn seiner Ansicht nach sollten trotz allem zumindest die höheren Pontificats-Ämter mit Männer besetzt werden, welche sich nicht den gesellschaftlichen Unsitten hingaben und dies als modernen Zeitgeiste legitimierten, aus eigener Machtgier heraus, um über ihre Verfehlungen hinwegzutäuschen und jegliche Tat damit zu diskulpieren.
    "Es mag Sestius' Scheidung augenscheinli'h in diesem Collegium kein gravierendes Gegenargument sein, das Faktum, dass er unverheiratet ist, bleibt dessen ungea'htet bestehen, und dies ist für einen Flamen ebenfalls keine gute Referenz."
    Obgleich sich Gracchus dessen war gewahr, dass die Traditionen auch im Collegium Pontificium bereits sehr hatten gelitten - bald die Hälfte der Pontifices war über einen längeren Zeitraum hin unverheiratet, nicht einmal verlobt - so sah er dennoch keinen Grund, diese Unsitte weiter zu begünstigen.

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  • Hätte Valerianus noch einen Nachweis der Eignung des kommenden Rex Sacrorum erwartet, so hatte er ihn gerade bekommen. Nicht zu hastig, aber am Ende dennoch bestimmt beantwortete dieser ihm seine Frage und sprach einen Empfehlung aus. Für Valerianus gab es keinen Grund, über diese Empfehlung noch weiter zu debattieren.


    "Danke. Dann soll Curiatius Fistus der neue Flamen Quirinalis sein."


    Dass dieser sich selber noch gar nicht geäußert hatte, überging er einfach. Immerhin wäre dazu Zeit gewesen, während andere Kandidaten genannt wurden.


    "Welche Männer stehen als Anwärter bereit um die Lücken in der Reihe der Pontifices zu schließen?"

  • Die nachfolgende Frage des Imperators kam nicht unerwartet, galt es doch nicht nur die Spitze des Collegiums zu erhalten, sondern gleichsam auch dessen Rumpf, so dass auch Gracchus diesbezüglich nicht unvorbereitet war. Lange hatte er gehadert mit der Entscheidung, seinen Vetter für einen Platz in diesem Collegium vorzuschlagen, doch Aquilius hatte vor einiger Zeit bereits Rom in Richtung eines der Landgüter verlassen, und Gracchus wusste weder aus welchem Grunde, noch wann er gedachte in die Hauptstadt zurück zu kehren. Galt es die flatterhaften Angewohnheiten seines Vetters auszublenden, legte Gracchus zwar stets meisterliches Geschick zu Tage, doch es war eine Sache, Aquilius' Eigenarten persönlich nachzusehen, eine andere jedoch, ihm ein verantwortungsvolles Amt anzutragen, ohne sich dessen gewiss zu sein, dass er dieser Verantwortung würde nachkommen, gleichsam mit einem gewissen Maß an Freude. Allfällig hätte er ihn dennoch vorgeschlagen - auch Aquilius hatte sich familiären Pflichten zu stellen - doch ohne zu wissen, wann jener nach Rom würde zurück kehren, war auch dies gleichsam unmöglich, denn welch Licht würde dies werfen, so ein Pontifex nicht erst zu seiner inauguratio würde erscheinen. Dennoch gab es für Gracchus einen Vorschlag anzubringen, so nicht aus direkter Familie, zumindest aus zukünftiger.
    "I'h mö'hte Senator Marcus Aurelius Corvinus vorschlagen, er gehört derzeitig dem Collegium der Septemviri epulonum an und leistet exzellente Arbeit für den Cultus Deorum."
    Zudem würde er in nicht allzu ferner Zukunft Gracchus' Nichte Celerina ehelichen, doch dies gehörte zu persönlichen Beweggründen und brauchte daher nicht zur Sprache gebracht zu werden.

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  • Diesen Namen hatte auch Durus im Sinn gehabt, hatte er doch mit Corvinus über diesen Schritt gesprochen. Der junge Aurelier war sehr gut geeignet, hatte er doch bereits auf dem politischen Parkett brilliert und sogar ein unglaubliches Verbrechen aufgedeckt. Allerdings hatte Durus eigentlich warten wollen, bis andere Vorschläge gemacht und diskutiert worden waren, um Corvinus dann als strahlenden dritten Weg zu präsentieren. Nun war der Namen aber genannt und man musste reagieren:


    "Ich kann diesen Vorschlag nur unterstützen - Aurelius Corvinus verfügt über einen tadellosen Ruf und hat sein Engagement bereits in diesem Collegium bei der Aufdeckung der Veruntreuungen bewiesen."


    Natürlich gab es auch andere Stimmen, die verschiedene Personen vorschlugen - verdiente alte Männer, die jedoch jeweils auf den Widerstand anderer stießen, so verwickelt waren sie in politische Machtspiele. Letztendlich schien es für Corvinus gar nicht so schlecht zu stehen.


    Sim-Off:

    Um die Sitzung mal ein bisschen abzukürzen ;)

  • Nach einigen weiteren Vorschlägen äußerte sich schlussendlich ein Pontifex, welche sodalis dersalii palatini war.
    "Sacerdos Caius Flavius Aquilius wäre ebenfalls ein geeigneter Kandidat. Er dient seit langem im Cultus Deorum und hat bei zahllosen Einsätzen an Feiertagen und Zeremonien seinen Elan unter Beweis gestellt."
    Da der Namen letztlich in den Raum war geworfen, sah auch Gracchus keinen Grund mehr, ihm nicht seine Stimme zu gewähren. Allfällig würde eine kaiserliche Erhebung Aquilius weitaus schneller nach Rom und zu seinen Pflichten zurück bringen können, denn jedes Wort seiner Familie.
    "I'h unterstütze diesen Vorschlag."
    Einer weiteren Begründung indes bedurfte es nicht, jeder in diesem Raume wusste, dass Aquilius sein Vetter war, und jede positiven Worte - so wahr sie auch mochten sein - würden ohnehin nur als Vetternwirtschaft angesehen werden.

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  • Die Namen mit der meisten Zustimmung ließ Valerianus ohne weiteren Kommentar seinerseits notieren. Er hatte nicht erwartet, auch nur einen der Kandidaten persönlich zu kennen. Den Namen nach waren viele Patrizier dabei, was ihn nicht wunderte. Immerhin war das religiöse Wohl des Reiches eine ihrer wichtigsten Pflichten. Als die Liste genug Namen für alle offenen Plätze enthielt und noch einige in Reserve, war er zufrieden.


    "Ich habe genug gehört. Stellt sicher, dass alle genannten Kandidaten mit ihrer Berufung einverstanden sind. Dann legt einen Termin für die Feierlichkeiten der Amtseinführungen fest. Meine Kanzlei kann euch dabei weiterhelfen."

  • Also doch Flavius Aquilius. Natürlich unterstützte auch Durus den Mann, der tatsächlich durch großes Engagement aufgefallen war, auch wenn er in letzter Zeit stark durch seine politische Karriere in Anspruch genommen worden war.


    Wie der Kaiser vorging, war allerdings wieder einmal ein Zeichen dafür, dass ihm die Religion etwa so wichtig war wie die Farbe des Tibers. Es klang geradezu nach: 'Macht ruhig, was ihr wollt. Mir ist es egal!' - eine unglaubliche Unverfroren- und Pflichtvergessenheit bei einem Pontifex Maximus, der in Personalunion als Imperator Caesar Augustus persönlich für die Pax Deorum zuständig war! Aber so leicht konnte er sich da nicht herausreden:


    "Ich denke, dass der Pontifex Maximus die neuen Pontifices schon persönlich anschreiben sollte."


    Abgesehen davon würden sonst Streitigkeiten auftauchen, wer die Designierten nun anschrieb.

  • Dieses Getue, wer nun die zukünftigen Mitglieder anschreiben sollte, war Valerianus deutlich zuwider. Auch wenn ihm klar war, auf welche Symbolwirkung hier abgezielt wurde, konnte er damit nichts anfangen.


    "Wenn es dem Collegium Freude macht, wird eben meine Kanzlei diese Briefe schreiben."


    Damit war die Sitzung für ihn endgültig beendet.

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