Ailean ahnte das der Schlag kommen würde, noch bevor sie ihn spürte. Dumpf fühlte sich Schmerz an, den der Stock auf ihrem Rücken verursachte. Sie zuckte zusammen und schloss kurz die Augen, bis das nachbeben vorüber war. Kein Schrei war ihren Lippen entwichen, als der Schlag erfolgt hatte. Nie würde sie ihm diese Genugtuung geben und wenn er ihr tausend Hiebe verpassen würde. Die junge Frau würde eher sterben, als das sie ihr Schicksal so einfach hinnehmen würde.
„Steh nicht so rum, Weib!“, brummte der Fleischklops von Sklavenhändler. Seine kleinen dunklen Augen starrten sie unnachgiebig an und Ailean musste sich auf die Lippen beißen, um keinen bissigen Kommentar zurück zu geben. Stattdessen betrachtete sie ihn durch schmale Augen, die durchaus Bände sprachen. Doch ihr Sklavenhändler war gewiss keiner von der intelligenten Sorte. Angewidert von seiner gesamten Erscheinung, sah sie dabei zu wie er sich das Stück Brot zwischen die fetten Lippen schob. „Stell dich aufrecht hin und zieh dein Kleid tiefer. Ich kann deine Brüste nicht sehen!“
„Bevor du meine Brüste zu sehen bekommst, schlitze ich dir die Kehle auf, du Bastard,“ murmelte sie vor sich hin und stellte sich aufrecht hin.
„Hast du was gesagt, du Dirne?“, wollte er wissen und kam ihr näher. Der Blick und der Tonfall waren drohend und Ailean war wenig erpicht auf weitere Hiebe. Wobei das vielleicht gar nicht so schlecht wäre. Wenn sie Grün und Blau geschlagen wäre, würde das sicher abschreckend auf potenzielle Käufer wirken, dachte sie sich im stillen. In ihr regte sich Widerstand und Trotz. Sie hasste all das hier und noch mehr verachtete sie den Händler, der sie wie ein Gut zur Schau stellte. Doch sie war kein einfach es gut. Sie lebte, hatte Gefühle und einen eigenen Willen verdammt. Sie verachtete das Sklavendasein mit jeder Faser ihres Körpers und wäre da nicht die Fußfessel, hätte sie schon längst wieder einen Ausbruchversuch gewagt.
Doch mit der Zeit hatte sie auch gelernt das Trotz nur schmerzvolle Erinnerungen brachte.
So setzte sie ihr falschestes, ironisches Lächeln auf, das sie aufbringen konnte und wandte sich ihrem Peiniger zu. „Nein, nichts“, antwortete sie und rückte das Kleid so zu recht wie er es haben wollte.
Er starrte sie noch lange misstrauisch an, bevor er sich das letzte Stück Brot in den Rachen schob und zufrieden nickte. „Denk daran, Ailean. Wenn du heute keinen Käufer findest, gehörst du mir. In meinem Haus wirst du dich sicher schick machen, als persönliche Sklaven“, sagte er und packte sie am Arm. „Dann wirst du mir die Füße massieren, mir den Rücken waschen und meine Nächte versüßen.“
Bei den Worten kam ihr die Galle hoch, doch sie lächelte noch immer aufgesetzt.
Bevor das geschehen würde, würde sie selbst vor einem Mord nicht zurück schrecken. Ihre einzige Hoffnung bestand darin das man sie heute kaufen würde. Dann könnte sie noch immer zusehen wie sie zur ihrer Freiheit kommen würde. Und wenn nicht, würde sie alles dran setzten und auf jede Möglichkeit lauern ausbrechen zu können. Hass ballte sich zu einem riesigen Klumpen in ihrer Brust zusammen, während sie ihm mit einem Lächeln in die Augen blickte. Endlich löste er sich von ihr und Ailean wandte den Blick ab und schauderte. Sie musste weg von ihm und wenn es bedeuten würde den ganzen Tag dümmlich vor sich hin zu lächeln. Sie hasste dieses aufgesetzte Spiel. Es kam ihr vor wie eine Lüge. Lügen verachtete sie ebenso, den für jede Lüge bezahlte man einen Preis. Die blonde Sklavin aus Germanien schluckte ihren Stolz herunter und hob leicht das Kinn, während sie den Blick wieder auf den Markt richtete.