[Schiff] Nordwind

  • Anders als das Gros der Gaeste war Piso nicht mit einer Saenfte nach Ostia gekommen, sondern zu Fuss. Den Grund dafuer hatte er langschweifig Cassivellaunus und Semiramis erklaert. Es war die natuerliche Aesthetik des Gehens, eine unverfaelschte Rueckkehr zur Natur. Langsamer wie mit der Saenfte waeren sie auch nicht wirklich. Und ausserdem war es weniger abgehoben, viel naeher bei den roemischen Buergern, den Ahnen, die einst die Felder am Tiber bearbeitet haben und das Joch der etruskischen Koenige abgeschuettelt hatten.
    Doch dies war nicht die Wahrheit, wieso Piso zu Fuss ging.
    Viel mehr stimmte es, dass Piso pleite war.
    Den Goettern sei Dank, dass dies weder eine Jahreszeit war, wo die Strassen zu staubig noch zu matschig waren, und somit war Pisos kleiner Zug erstaunlich sauber, als sie in Ostia ankamen. Ein Hoch auf die gut befestigte Strasse zwischen Rom und Ostia.
    Allerdings hatte er seine feinste Toga angezogen sowie eine erlesene Seidentunika, und seine beiden Sklaven hatte er hochgepaeppelt wie zwei Modepueppchen. Vor allem Cassivellaunus war nicht wiederzuerkennen. Er sah aus wie ein... ja, wie ein echter Mensch. Das Schoenheitsmal aus Wachs, welches ihm so sehr am Herzen lag, hatte er Cassivellaunus weggenommen. Stattdessen hatte er die Nase des Iceners einpudern lassen, sodass der Britannier jetzt eine durchaus vornehme Blaesse im Gesicht hatte. Eingekleidet war er in einer der Seidentuniken Pisos (Piso hatte ihm vorher eingeschaerft, was er mit ihm tun wuerde, wenn er nachher auch nur einen Riss darinnen fand) und einem Umhang.
    Diese Prozedur erreichte nun den Hafen Ostias (wobei Piso darauf achtete, dass er sich dem Schiff in einem toten Winkel naeherte, sodass niemand sah, dass er keine Saenfte genommen hatte). Endlich aber kam er beim Schiff an. Staunend blickte er darauf.
    Er hatte schon groessere Schiffe gesehen, aber die Tatsache, dass hier eine Hochzeit stattfinden sollte, gab dem Schiff etwas Erhabenes.
    Piso haette unter anderen Umstaenden jetzt garantiert ein Lied angestimmt, doch seine Kehle fuehlte sich zu trocken an. Er hustete deshalb nur entschieden unmelodioes - wobei es noch immer ein angenehmes Geraesuch war, wenn man es mit Pisos Gesaengen verglich.
    Er winkte seine beiden Sklaven zu sich, trat langsam an die Menge heran, die sich schon vorm Schiff staute, und stellte sich an. Sein Blick schweifte ueber das Meer. Wie schoen und majestaetisch es dalag. Und wie langsam die Warteschlange voranging.

  • Zitat

    Original von Phraates


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    "HAHAHAAAA.. der war gut!" sagte Diomedes, auch wenn er nicht wirklich den Witz des Parthers verstanden hatte. Wenn Tessi, so wurde Phraates mittlerweile innerhalb der flavischen Sklavenschaft genannt, etwas warm geworden war, dann konnte er eine richtige Stimmungskanone sein. Aber auch durch seine unfreiwillige Komik und seine Mißgeschicke, die ihm ständig widerfuhren, machten ihn zu einem abendfüllenden Entertainer.
    Aus unerfindlichen Gründen hielt plötzlich der Tross der Braut an. Charis, die Leibsklavin der Herrin, lief zu ihrer Sänfte. Von Diomedes Standpunkt aus, war nicht zu ersehen, was bei Celerina vor sich ging. Als Charis dann auch noch in einem sehr scharfen Ton mit der Herrin zu sprechen begann und sich daraufhin der Tross wieder in Gang setzte, stutzte der Leibwächter nicht schlecht.
    "Was.. Was machst du denn da, Jungelchen?", rief er dem Parther noch nach, als der zur Sänfte hin trat, neben der Charis her lief.


    "Was meinst du?", fragte sie erstaunt. Die Sklavin errötete vor Scham, als sie verstand, was Phraates meinte. "Oh nein, tu das lieber nicht! Die Herrin hat mir befohlen, so mit ihr zu sprechen. Sie hat nämlich Angst, weißt du. Furchtbare Angst sogar und wenn du ihr jetzt sagt, sie sei eine Kuh, dann hat sie nicht nur Angst, sie wird dann auch furchtbar zornig." Wenn sie allerdings zornig würde, dann könnte sie vielleicht ihre Angst schlicht und ergreifend vergessen. Womöglich war 'Tessis' Idee gar nicht so abwegig.

  • Der strahlende blaue Himmel mit den wenigen Wölkchen am Himmel – die sich eher harmonisch in das Gesamtgefüge einpaßten, so als ob ein Künstler, ein Naturkünstler, sie als letztes Itüpfelchen dort hin gesetzt hätte – dann dazu der Geruch nach Meer und die Aussicht auf die glitzernden Wogen im Sonnenlicht, selbst die schrillen und manchmal doch eher unangenehmen Laute der Möwen, all das erinnerte Marcus doch sehr an sein Kindheit und Jugend, hach, irgendwie vermißte er Baiae schon sehr und wünschte sich, Rom läge nicht so...naja...mittig von Italien, zu weit vom Meer entfernt, als daß man mal morgends dorthin schlendern oder nachmittags eine kleine Schiffspartie unternehmen könnte, und gerade der Erinnerung wegen an die wunderbaren Jahre seiner Kindheit – welche frei von Pflichten waren, mal von den schrecklichen Lernstunden bei diversen griechischen Lehrern abgesehen, und gefüllt von vielen großen und kleinen Abenteuern in der Stadt und auf dem Meer – ließen ihn selig lächeln und überhaupt dadurch war er doch recht entspannt, dementsprechend jovial und herzlich war darum auch sein Auftreten gegenüber dem Mann, der eine Flavia raubte – was Marcus ja sonst eher griesgrämisch werden ließ, schließlich befand er: kein Mann war gut genug für eine Flavia, selbst der Kaiser – oder gerade? - würde sich nicht als würdig für eine flavische Römerin erweisen können – aber trunken von all den maritimen Eindrücken und der Aussicht, bald auf einem wunderbaren Segelschiff über die blauen Wellen zu reiten, lächelte er breit auf die Antwort von Corvinus.
    „Nur Gutes, da bin ich mir ganz sicher, Aurelius!“
    Sicherheitshalber klopfte Marcus jedoch noch auf das Holz neben sich, denn er wollte doch keine bösen Geister wecken und das Unglück beschwören, eben auch deswegen weil er Celerina von Herzem Glück und Freude wünschte – bei dem Aurelier wäre es nicht so schlimm gewesen, erst wenn er zur Familie gehörte, würde sich daran vielleicht was ändern :P ! Auch Marcus vernahm die Worte von Sciurus und es minderte durchaus ein wenig von seinem gutherzigen Lächeln, denn die Absage seines Vetters warf durchaus einen kleinen Schatten auf die ganze Angelegenheit, zumindest auf Marcus' Stimmung, schließlich war er selber nicht darüber erfreut gewesen und hatte auch das eine oder andere offene Wort mit seinem Vetter darüber gesprochen, aber wie Genies nun mal waren, so war Gracchus durchaus auch ein seltsamer Kauz, der mit einer schier unüberwindlichen Furcht vor Reisen und dem Meer beseelt war und etwas zu gluckenhaft über seine Familie wachte – ganz verübeln konnte Marcus es ihm jedoch nicht, zumal nach den Ereignissen letztens in Ostia! Marcus rieb sich verlegen den Nacken und grübelte, ob er nicht es Corvinus erklären sollte, doch da noch mehr Gäste auftauchten und das eher unter vier Augen bleiben sollte, verschob Marcus das auf später und machte etwas Platz für die weiteren Ankommenden.


    Sehnsüchtig betrachtete er derweil das Schiff, und wäre am Liebsten gleich über die Planke hinauf aufs Deck gestiegen, um sich die Masten, die Takelage und Segelkapazität genauer anzuschauen und zu sehen, was man wohl aus dem Schiff heraus holen könnte, doch es gebot die Höflichkeit, dem Gastgeber natürlich den Vortritt zu laßen und der war noch dabei die anderen Gäste zu begrüßen, die Marcus darauf hin erst mit einem kurzen Blick bedachte, und dann guckte er noch mal und versuchte einzuordnen, ob er sie kannte; nein, es war nicht so, zwar schien das Ehepaar vage vertraut zu sein, aber es klingelte nicht ein bißchen in Marcus' Kopf, darum sah er sich auch gleich nach der Person um, die ihn heute vor Peinlichkeiten schützen sollte – schließlich war Marcus mit einem hundsmißerablen Gedächtnis ausgestattet, außer es hatte seine Soldaten betroffen, bei denen er sich die Namen irgendwie hatte leichter merken können! - und da erblickte er sie auch schon, Asny, die, seitdem Hannibal ihn so schmächlich enttäuscht hatte und er keinerlei Vertrauen er mehr in seine Dienste setzte – die Position des brillanten Sklaven an seiner Seite hatten einnehmen müßen, die von nun an die gröbsten Fehler – und wohl auch die Subtilen – in Briefen und Rechnungen hat begleichen müßen, die jedoch auch – ihres phänomenalen Gedächtnis wegens – heute sein nomenclator spielen mußte. Zufrieden hoben sich seine Mundwinkel, da sie wirklich sehr adrett heraus geputzt war, aber heute hatten selbst die flavischen Sklaven edel und ausstaffiert zu wirken, da es schließlich nicht alle Tage paßierte, daß eine Flavia heiratete – wenn es nach Marcus ging, sowieso niemals! Von ihrem Kleid war sie auch mit ihrer Herrschaft abgestimmt, das Rosa passte sowohl zu Marcus bunter toga – in Baiae trug man immer bunte togas bei solchen Angelegenheiten und diese Schifffahrt schien ja solche Dekadenzen zu implizieren – als auch zu Epicharis' Gewand, welche Farbe beide nun hatten, das konnte Marcus nicht genau benennen, er hatte einfach das angezogen was ihm gereicht worden war, da er eh keinen Wert auf Kleidung legte und es ihm recht egal war, es war zumindest irgendein seltsamer Rotton, der sich eben mit dem Rosa nicht biß, sondern vortrefflich harmoniert, zumindest hatte ihm der Ankleidesklave das so gesagt. Den Ärger von vor vielen Monaten, den er mit Asny hatte, hatte Marcus schon so gut wie vergeßen, es verblaßte zunehmend, da er auch äußerst zufrieden mit ihrer bisherigen Arbeit in der villa war und noch nichts an ihren Künsten zu mäkeln hatte, selbst wenn ihr naseweißes Haupt manchmal etwas zu hoch trug.


    Während er seinen Sohn betrachtete, der wirklich jeden Tag zu wachsen schien, und auch jetzt schon eine gute Figur machte, bestimmt in ein paar Jahren ein herausragender Priester, vielleicht sogar pontifex sein würde, wandte er seinen Kopf eine Nuance zu Asny, damit sie ihn, trotz des Lärmes am Hafen, des Krakeelens der Meeresvögel, der Geräusche von all den Schiffen und seines Flüsterns doch gut vernahm.
    „Asny? Wer ist das Ehepaar dort drüben, ich meine das mit der blonden Schönheit und ihrem hellblauen Kleid und dem Mann daneben...der...ähm...ja...in der toga?“
    , fragte er, dabei fiel ihm mit einem kurzen Blick in das Gesicht der Sklavin auf, daß ihre Augen heute wie der Himmel wirkten, so ein zartes Blau, daß auch die blonde Römerin -deren Name Marucs hoffentlich bald erfuhr – am Körper trug, aber mit derartigen Farbvergleichen hielt sich Marcus nicht lange auf, und sah wieder zurück zu den anderen Gästen der Hochzeit.

  • Zitat

    Original von Charis


    Die Erkenntnis!
    Sie durchfuhr ihn, als er mit Charis redete. Deshalb hatte ihm Diomedes noch was hinterhergerufen. Das war es gewesen! Er hatte ihn nicht noch um einen Witz gebeten, sondern hatte ihn gefragt, was er da tat.
    Es waere Selbstmord gewesen, ohne Frage.
    "Befohlen?, fragte er nur verduzt. "Wieso sie befiehlt, dass... ahhhh." Wieder eine Erkenntnis. Wenn er so weitermachte, wuerde er diesen erleuchteten Buddha, an den viele von den Indern im Heer des Grosskoenigs glaubten, in den Schatten stellen. "Angst?" Eine Roemerin, die keine Sklavin war, die unter Angst litt? Sie musste schlechte Erfahrungen mit den Maennern gehabt haben.
    Doch er war jetzt sicher nicht der, der Celerina aus ihrer Angst oder was das auch immer war, herausfischen wuerde. Nein, er wuerde, um es ganz direkt auszudruecken, den Teufel geben, um die Angst seiner Herrin zu vertreiben.
    Als er tatsaechlich einen nachdenklichen Ausdruck in den Augen der Makedonierin sah, schuettelte er energisch den Kopf. "Wenn du glaubst, dass ich gehe zu ihr und ihr sage das wirklich, damit geht ihre Angst, du getaeuscht hast dich!" Er verhaspelte sich und seufzte. "Ich jetzt weiss, dass ich nicht darf tun das. Also ich auch nicht mache es.", verkuendete er. Er war nicht feige, aber sicher auch nicht dumm. Fuer ihn wuerde dafuer nichts herausspringen ausser ein paar Peitschenhiebe.
    Er war sicher nicht der gute Samariter!

  • Die Sänftenträger setzten sich wieder in Bewegung. Ich atmete tief durch und versuchte die unheilvollen Erinnerungen an jenen Ort, dem ich mich im Schritttempo näherte, zu verdrängen.
    Ich hörte noch, wie es neben der Sänfte zwischen Charis und einem der Sklaven zu einem Wortwechsel kam. Das beunruhigte mich, wie so manches mich an diesem Morgen beunruhigte.
    "Was geht dort draußen vor, Charis?" rief ich meiner neuernannten Leibsklavin zu. "Nichts, Herrin. Alles bestens!", bekam ich zur Antwort. Und das sollte ich glauben??? Unter anderem Bedingungen hätte ich erneut die Sänfte anhalten lassen und wäre dem persönlich nachgegangen, doch die Zeit drängte! Ich würde sowieso mit einer beträchtlichen Verspätung in Ostia ankommen.


    Begleitetet von einigen Unterbrechungen, in denen ich beinahe meinen Selbstzweifeln erlegen wäre, war es nur dem guten und forschen zureden meiner Leibsklavin zu verdanken, daß ich doch noch den Hafen von Ostia erreichte. Dieser Ort bereitete mir in der Tat Bauchschmerzen, die sich allmählich zu Magenkrämpfen entwickelten. So schaffte ich die letzten stadien bis zum Schiffsanleger nur, indem Charis mir die Hand hielt.
    Wie ich sah waren schon einige der Gäste eingetroffen. Ich erkannte Marcus, der die Gäste in Empfang nahm. Auch eine flavische Sänfte konnte ich erspähen. Wie war es dieser Sänfte nur möglich gewesen vor mir anzukommen, fragte ich mich.
    Die Träger ließen die Sänfte ab und Charis half mir beim aussteigen. Sorgfältig brachte sie meine Tunika und das orangerote flammeum in Ordnung. Meine Ankunft war nicht lange unbemerkt geblieben. Einige Sklavenkinder, die am Kai Fangen spielten, hielten plötzlich inne und sorgten dafür, daß auch wirklich jeder von meinem Eintreffen erfuhr. Lauthals riefen sie: „Die Braut ist da! Die Braut ist da!“
    Von nun an gab es kein Zurück mehr! Ich hatte mich meiner Vergangenheit und auch meiner Zukunft gleichermaßen zu stellen. Inwieweit es sinnvoll war, sich nur vor der Vergangenheit zu fürchten und dabei die Zukunft ganz außer Acht zu lassen, würde sich noch zeigen.

  • Da die meisten Sklaven der beiden Familien mit vielen anderen wichtigen Dingen beschäftigt waren hatte Orest sich selbst in der Vorbereitung des Opfers betätigen müssen, was natürlich kein Problem war, ihn aber trotzdem bis kurz vor knapp in Atem gehalten hatte. Schließlich war aber alles, was sie im Tempel der kapitolinischen Trias vorbereiten hatten wollen bereit, so dass sich eine kleine Prozession, mit der Statue der Göttin Iuno (am Ende), einigen Opferdienern und Musikern (am Anfang), dem Opfertier und Orestes auf den Weg in den Hafen gemacht hatten.


    Als sie dort ankamen war schon eine große Anzahl von Gästen versammelt, auch die Braut war schon anwesend, so dass sie wenigstens nicht deutlich zu früh erschienen waren. Einer der Ministri (der, der voran ging) wirkte als Herold und Platzmacher, so dass sich die kleine Prozession durch die Menge der Gäste, die auch durch einige Schaulustige aufgefüllt schien, hindurch bewegen konnte, ohne zu sehr drängeln zu müssen. Am vorbereiteten Altarbereich teilten sich die Teilnehmer der Prozession und umrundeten den so als sacer angezeigten Bereich. Die Träger des Kultbildes (es war natürlich nicht die große Statue, sondern nur eine etwas 1 1/2 Schritt große Figur der Mutter Iuno) stellten die Figur auf einen hinter dem Foculus aufgebauten Sockel. Und Orestes gab das Zeichen das Weihrauch in die - glücklicherweise schon vorbereiteten Kohlebecken, die links und rechts vom Foculus standen. Dies war noch nicht Teil des Opfers, sondern nur ein kurzes Ritual zur Heiligung des Ortes.


    Jetzt versuchte Orestes einen Blick von Corvinus zu erheischen, wann die Opferhandlung beginnen sollte.

  • Sim-Off:

    Verzeiht meine Absenz, mitunter kommt das RL in die Quere


    "Das Lob für die Ausgestaltung gebührt meiner Braut", erwiderte ich auf Vespas Kompliment hin und lächelte ihr zu. "Dennoch danke ich dir. Es wird sie sicher freuen, dass es dir gefällt, sie hat sich große Mühe gemacht bei der Auswahl." Was ich genaugenommen gar nicht so genau wusste, aber es gab wohl keine Frau, die dekorative Dinge nur einfach so anordnete, ohne einen Hintergedanken. Die nächste Person, die mich in Anspruch nahm, war eine tabellaria disposita mit einem Brief. Ich nahm ihn, überflog kurz die Zeilen und seufzte leise. "Sage dem Senator, dass ich ihm schreiben werde, sobald ich die Gelegenheit dazu finden werde. Und drücke mein Bedauern ob seiner Abwesenheit aus", trug ich ihr auf und drückte ihr gleichzeitig einen Denar als Lohn für den Botendienst in die Hand. Vielen schien die kurze Reise bis nach Ostia zu weit, selbst Mitgliedern der flavischen Familie, was ich sehr schade fand. Doch es war wohl nichts zu machen. Ich setzte ein Lächeln auf, suchte kurz die sich stetig vergrößernde Menge an Menschen mit den Augen ab, konnte aber keinen Blick auf einen flammend orangenen Schleier erhaschen. Celerina war noch nicht eingetroffen.


    Dafür allerdings ein mir Unbekannter, sicher ein Flavier, und mein Senatskollege Macer. "Purgitius!" grüßte ich jenen. "Es freut mich, dass du kommen konntest. Ich hoffe, der Weg war nicht zu beschwerlich?" Immer weiter keimte das Gefühl, mit dieser außergewöhnlichen Hochzeit nicht nur den Unwillen der Götter provoziert zu haben. Dennoch - alles geschah zu Celerinas Freude. Auch, wenn einige der bedeutenderen Gäste absagten, sollte ich mir dies stets in Erinnerung rufen.


    Erneut ließ ich den Blick schweifen. Eine andere Person war ebensowenig anwesend wie die Braut. Dafür entdeckte ich nun den hernannahenden Orestes. Ein Lächeln huschte über meine Züge. Ich war sehr dankbar, dass er sich bereit erklärt hatte, für die Riten Sorge zu tragen. Noch wäre es allerdings zu früh, mit dem Opfer zu beginnen, überlegte ich. Erst musste die Braut ebenfalls anwesend sein, sowie zumindest die anderen Mitglieder der Familie. Wo steckten Ursus und Prisca nur? Und Laevina und Severa? Moment, Prisca hatte ich vorhin im Getümmel entdeckt... Soeben erklang ein Ruf. Die Braut war da. Der leuchtende, orangerote Schleier war weithin sichtbar. Jetzt gab es kein Zurück mehr.

  • Für Tiberius Durus war dieser Tag ein Tag voller Stress geworden: Zwar war er zeitig aufgestanden und hatte die Klienten abgearbeitet, dafür war jedoch seine Sänfte kaputt - der Maiordomus hatte erklärt, der Boden wäre morsch geworden. Daraufhin hatte es eine lange Debatte darüber gegeben, was nun zu tun sei: Ob man die Reisekutsche verwenden solle oder doch besser die offene Sänfte (aber würde das Wetter mitspielen?). Schließlich hatte man sich für die Kutsche entschieden, womit das nächste Problem entstanden war: Der Fuhrknecht war just an diesem Tag nach Lucus Feroniae, um dort seine Mutter zu begraben. Also dauerte es erneut, bis ein Klient gefunden war, der den Wagen lenken konnte und so verzögerte sich die gesamte Abreise ein wenig. Zusätzlich musste der Wagen auch noch um die gesamte Stadt herumgefahren werden, da Wägen bei Tage innerhalb der Stadt verboten waren.


    Als sie dann endlich aufgebrochen waren, war Tiberius Durus bereits stark verspätet. Dann war der Wagen auch noch in einen Stau auf der Via Ostiensis gekommen und so erreichte Durus, umringt von seinen Sklaven, den Kai erst, als bereits Aurelius Orestes die Opferprozession auf den Weg zum Altar machte. Glücklicherweise hatte Durus ein paar Sklaven dabei, die ihm Platz schafften - dennoch war es unmöglich, das Brautpaar vor dem Opfer zu begrüßen. Folglich blieb der Tiberier in der ersten Reihe stehen und wartete darauf, dass das Opfer begann.


    Sim-Off:

    Sorry, Orte außerhalb Roms kommen mir irgendwie immer aus den Augen :D

  • Zitat

    Original von Marcus Aurelius Corvinus
    Dafür allerdings ein mir Unbekannter, sicher ein Flavier, und mein Senatskollege Macer. "Purgitius!" grüßte ich jenen. "Es freut mich, dass du kommen konntest. Ich hoffe, der Weg war nicht zu beschwerlich?" Immer weiter keimte das Gefühl, mit dieser außergewöhnlichen Hochzeit nicht nur den Unwillen der Götter provoziert zu haben. Dennoch - alles geschah zu Celerinas Freude. Auch, wenn einige der bedeutenderen Gäste absagten, sollte ich mir dies stets in Erinnerung rufen.


    "Oh, keineswegs. Wofür hat man denn eine Sänfte?" antwortete Macer ganz weltmännisch auf diese Frage, gerade so als wenn er sich ständig durch die Gegend tragen lassen würde. "Und selbst wenn nicht, hätte ich immer noch zwei Füße", wies er dann noch auf das Fortbewegungsmittel, für welches er seiner Einschätzung nach in Rom noch eher bekannt war. "Eine außergewöhnliche Idee, eine Hochzeitsfeier auf einem Schiff zu beginnen. Hat deine zukünftige Frau eine besondere Nähe zur Seefahrt, dass du sie mit Beginn des Brautzuges quasi aus Neptuns Schoß zu entführen gedenkst?" An der Vortragstechnik dieser theatralischen Frage hätte man sicher noch feilen können, aber Macer war schon stolz darauf, überhaupt auf so einen poetischen Gedanken gekommen zu sein.

  • Verus traf mit seiner Tochter ein wenig verspätet ein, da die Beine der Leihsänften-Träger öfters schlapp gemacht hatten. Man konnte in dieser Zeit nun wirklich nicht mehr viel für sein Geld erwarten. So trafen die beiden also verspätet ein und Verus sprang nervös aus seiner Sänfte. Er richtete seine Toga, die braune eines Bürgers und machte sich munteren Schrittes auf zum Kai. Langsam näherte er sich dem Steg.


    Er ging die Planke langsam herauf. Leicht verlegen blickte er sich um als er auf seine Tochter wartete. Er würde das Schiff nicht ohne sie betreten, einer musste ja schließlich auf die Venus Acht geben.


    Sim-Off:

    Ja, da muss ich Durus zustimmen. :D

  • Ärgerlich war das. Sogar sehr ärgerlich. Ausgerechnet zu solch einem Anlaß so spät zu erscheinen. Fast schon zu spät, denn die Opferprozession hatte bereits begonnen. Als Familienmitglied hätte es ihm angestanden, einer der ersten vor Ort zu sein. Aber es gab eben Tage, an denen einfach nichts so lief, wie es wünschenswert war. Und dies war einer dieser Tage. Ein wenig der verlorenen Zeit hatte er noch aufholen können, doch ganz hatte es eben doch nicht gereicht. Von einem Sklaven ließ er sich aus der Sänfte helfen und Caelyn bedeutete er, seine Toga zu richten, während er seinen Blick über das prächtig geschmückte Schiff gleiten ließ. Ein schönes Schiff, soweit er es beurteilen konnte. Schiffe gehörten ja nicht gerade zu seinen Steckenpferden, doch es war neu und für die Feier wirklich schön hergerichtet.


    Noch immer wunderte es ihn, daß Marcus für seine Eheschließung so stark von den Traditionen abwich. Doch ein unvergeßliches Fest würde es auf diese Weise ganz sicher werden. Und wenn es Celerinas Wünschen entsprach, dann war ja alles in Ordnung. Schnell mischte sich Ursus unter die Gäste, schob sich vorsichtig in Richtung der anderen Aurelier und grüßte leise. Dann blickte er aufmerksam auf die Opferzeremonie, die jeden Augenblick beginnen mußte.

  • Während Charis noch meine Tunika glättete und mit ihrem geübtem Blick noch einmal meine Erscheinung prüfte, sah ich mich erst einmal argwöhnisch um, ob sich nicht doch irgendwo noch ein paar Piraten versteckt hielten. Dann fiel mein Bick auf das wunderschön hergerichtete Schiff. Doch auch da war kein einziger Pirat auszumachen. Dort waren lediglich nur umhereilende Sklaven, die die Gäste bedienten, einige Familienmitglieder sowie Marcus und ich mußte mich einmal mehr fragen, ob ich nicht schon an Verfolgungswahn litt.
    Charis, die gute Seele zwinkerte mir noch einmal aufmunternd zu, als wollte sie wird schon sagen.
    In der Tat, es gab kein Zurück mehr! Umso schwieriger fiel es mir, den ersten Schritt vorwärts zu machen. Charis unterstütze mich darin, in dem sie etwas energischer schaute. Es bedurfte keinerlei Worte. Auch schieben mußte sie mich nicht.
    Wenigstens hatte eine die Zügel in der Hand behalten. Den beiden Leibwächtern, Phraates und Diomedes gab sie zu verstehen, daß ihr Platz nun an der Seite ihre Herrin war.
    Noch einmal holte ich tief Luft. Dann stürzte ich mich hinein ins Getümmel, darauf bedacht, meinen Zukünftigen zu erreichen, der mir hoffentlich entgegen kam und mir die nötige Kraft geben würde, den Tag zu überstehen und damit letztlich meine Ängste zu überwinden.
    Ich konzentrierte meinen Blick auf das Schiff und ließ meine Gedanken abschweifen. Tatsächlich, eine wunderbare Dekoration. Mein Geschmack hatte mich auch diesmal nicht im Stich gelassen. Als besonderer Clou, den ich mir hatte einfallen lassen, waren die Tuniken der Sklaven. Auch sie waren in rot-gold gehalten.

  • Wenngleich auch das komplette Naturpanorama Asnys Aufmerksamkeit nur schwerlich von ihrem Herrn, den man sicherheitshalber eigentlich kontinuierlich im Blick behalten sollte, zu verscheuchen vermochte, so gelang Asa diese Herausforderung bedeutend einfacher. Deren inkorporaler Körper flatterte ungeduldig von einer mit Schmuck reichbehangenen Patrizierin zur nächsten, um bei jeder zunehmend frustriert den Versuch zu beginnen, ihr die Juwelen von Hals und Kopf zu stehlen. Natürlich fuhren ihre blassen, doch deswegen mitnichten weniger gierigen Hände durch alles hindurch, was sie zu greifen versuchte, dementsprechend hoch war ihr Frust inzwischen gestiegen. Dermaßen viele wunderbare Möglichkeiten und sie musste gerade jetzt so fürchterlich tot sein! Welch ein grausames Schicksal für eine so begabte junge Diebin! Ihre Schwester fiel als Notlösung schon allein wegen dem nervtötenden Geklimpere an ihren Armen aus. Man hätte ihre Bemühungen bereits fünf Meter vom eigentlichen Ziel entfernt bemerkt. Asa verzog die silbernen Lippen zu einer trotzigen Schnute und schwebte schließlich mit vor der Brust verschränkten Armen zu ihrer Schwester zurück, die immer noch diesen verdammten Flavier bewachte gleich einem hungrigen Kerberus. Die Laune des toten Zwillings gefror um weitere Grade. Als ob man diesen fetten Kerl in seiner knalligen Warnfarbe jemals übersehen könnte! Eher übersah man das gesamte Schiff!


    Asny bedachte ihre Schwester, gerade der Inbegriff des Schmollens, mit einem kurzen Blick, ehe sie sich wieder ihrem Herrn zuwandte und instinktiv einigen eilig vorbeidrängelnden Menschen auswich, bevor sie noch einen spitzen Ellbogen abbekam. Als sie bemerkte, wie Aristides suchend den Kopf wandte, näherte sie sich ihm zur Sicherheit noch zwei Schritte, wodurch sie nun unmittelbar hinter ihm aufragte und in seinem Schatten darauf wartete, womöglich entdeckt und angesprochen zu werden. Ihre größte heute zufallende Aufgabe, die des nomenclators, hatte zumindest ihr Gedächtnis ein wenig trainiert. Sollten sich jedoch die Hälfte der Namen auf der Gästeliste heute entschuldigen, würde sie ihr sorgsam gestapeltes Wissen nicht einmal anwenden können. Nicht, dass sie die Bestätigung ihres Herrn bezüglich ihrer Fähigkeiten benötigte, doch sie verschwendete ihre kostbare Zeit nur äußerst ungern mit nutzlosen Tätigkeiten. Ihr persönlich brachte es schließlich rein gar nichts, wenn sie die Namen einiger Mitglieder der Oberschicht Roms im Schlaf herunterbeten konnte.
    Tatsächlich schien Aristides' Blick nach ihr gesucht zu haben und an dem lächerlich gutmütigen Grinsen in seinen Mundwinkeln war deutlich abzulesen, dass ihm ihr heutiger Aufzug zusagte.
    Natürlich gefällt ihm das, dein Anblick erinnert ihn an deftigen Schinken und würzige Würstchen. warf Asa hämisch ein und streckte dem Flavier mit einem feucht-prustenden Geräusch die Zunge heraus. Asny verneigte sich entsprechend der wohlwollenden Aufmerksamkeit ihres Herrn und behielt ihr sanftmütiges Lächeln ansonsten bei. Inzwischen war das Verhältnis zu ihrem dominus viel zu harmonisch. Wahrscheinlich begann er die Demütigungen ihres ersten Aufeinandertreffens bereits zu vergessen. Daran musste sie schleunigst etwas ändern. Natürlich nicht in aller Öffentlichkeit, wenn sie ihn hier auf die Knochen blamierte, fiele das am Ende nur auf sie selbst zurück. Aber da die Berührungspunkte zwischen ihnen in sehr kleinen Zeitfenstern lagen und ihr das Lernen dann immer wichtiger gewesen war, blieb die passende Gelegenheit bislang aus. Doch die ließe sich herbeiführen. Er sollte bloß nicht glauben, das zwischen ihnen plötzlich der ultimative Frieden ausgebrochen wäre.


    Sie beugte sich leicht zu ihm und ließ ihre Augen seinem Blick folgen, wodurch sie trotz ihrer weniger überragenden Größe recht schnell das bewusste Paar ausfindig machte. Notgedrungen musste sie sich zwei Herzschläge lang so unsichtbar wie möglich auf die Zehenspitzen stellen, um zwischen den Köpfen und Schultern hindurch das Gesicht des Mannes einwandfrei erkennen zu können. Ihre unmittelbare Nähe brachte den flüchtigen Duft nach sommerlichen Rosen mit sich, wodurch sich ihre Unzufriedenheit mit dieser Aufmachung womöglich auch noch erklärte, ehe sie sich nach der Benennung der Namen wieder etwas von ihrem Herrn zurückzog.
    "Dabei handelt es sich um Tiberius Prudentius Balbus und seine Gemahlin Aelia Vespa." Natürlich hatte sie noch weitere Informationen über dieses Paar memoriert, die sie falls benötigt offerieren konnte, doch meistens genügte bereits die Äußerung eines Namens, um den Verstand ihres Herrn in Bewegung zu setzen. Damit sie die gewohnte Trägheit dieses 'Wagens' nicht noch unterstützte, sollte Aristides sein Kopfgefährt so oft wie möglich immer noch selbst benutzen, anstatt durch ihre Hilfe bereits an den Endpunkt der Reise gesetzt zu werden.
    Da sich kurz danach bereits durch Kindergeschrei die Ankunft der Braut abzeichnete, konnte Asny nur hoffen, dass er über Zusammenhänge des Paares mit seiner Person zumindest noch kurz hatte nachsinnen können. Abgelenkt wäre er nun auf jeden Fall, ebenso wie der Rest der Menge, und so wurde die Gelegenheit unauffällig genutzt und der Faltenwurf seiner toga mit einigen raschen, aber präzisen Handgriffen korrigiert.

  • Es war noch vergleichsweise früh, und doch hatte Siv das Gefühl, als hätte sie einen langen Tag hinter sich. Einen langen, anstrengenden Tag. Vielleicht war auch entmutigend das richtige Wort. Sie konnte es nicht genau sagen, aber sie fühlte sich… müde, und das nicht nur auf einer körperlichen Ebene.


    Sie hatte es sich nicht nehmen lassen, Corvinus bereits am Vortag zu begleiten nach Ostia, auch wenn es für sie nicht wirklich viel zu tun gegeben hatte. Sie hatte geholfen, ihm, am Morgen, beim Baden, beim Einkleiden. Sie hatte sich nicht anmerken lassen, wie es ihr ging, oder besser: sie hatte versucht, sich nichts anmerken zu lassen, aber wie erfolgreich sie dabei gewesen war, wusste sie nicht so genau. Er kannte sie zu gut, inzwischen, argwöhnte sie. Und davon abgesehen war es vermutlich nicht schwer zu erraten für ihn, wie es ihr heute gehen mochte. Heute, wo er die Flavia heiratete. Unwillkürlich strich ihre Hand über ihren immer noch flachen Bauch. So viel war geschehen, und das innerhalb so kurzer Zeit. Der Gedanke, dass Corvinus ab heute verheiratet sein würde, tat ihr weh – sicherlich, sie hatte ihm mehr als einmal versichert, dass es ihr nichts ausmachte, nicht an seiner Seite sein zu können. Nicht seine Frau zu sein. Und das stimmte auch – aber gleichzeitig stimmte es nicht. Sie hatte nicht das geringste Bedürfnis danach, die Dinge zu tun, die von einer Römerin offenbar erwartet wurden. Aber sie wünschte sich, sie könnte die sein, mit der er Zeit verbringen konnte, und das, ohne es irgendwie vertuschen oder schön reden zu müssen, ohne Verpflichtungen oder Bedingungen. Siv machte sich nichts vor. In dem Moment, indem die Flavia zu ihnen zog, würde das nur schlimmer werden, schon allein weil Corvinus ihr gegenüber ein schlechtes Gewissen haben würde. Ihnen beiden gegenüber. Mehrmals hatte sie sich schon bei dem Gedanken ertappt sich zu wünschen, er wäre nicht ganz so aufrichtig, nicht ganz so… bemüht darum, stets das Richtige zu tun, aber dann musste sie wieder daran denken, dass sie ihn kaum so sehr lieben würde, wenn er nicht wäre, wie er nun einmal war. Er würde ein schlechtes Gewissen haben. Er würde versuchen, es recht zu machen, irgendwie, und Siv wusste, dass das letztlich auch auf ihre Kosten gehen würde. Weniger Zeit, die sie miteinander verbringen konnten. Melancholische Gedanken, die die Stimmung trüben würden, wenn sie zusammen waren. Siv seufzte lautlos und strich ein letztes Mal über die Tunika, die sie trug, ebenso in rot-gold gehalten wie die der anderen Sklaven, die auf dem Schiff bedienten, aber um ihren Status als Leibsklavin hervorzuheben, war ihre festlicher, aus feinerem, roten Stoff, mit grazilen goldenen Verzierungen. Ihre Haare waren in einem für ihre Verhältnisse komplizierten Muster am Hinterkopf zusammengesteckt, nur wenige Strähnen wanden sich daraus hervor und fielen über ihren Rücken hinab, während sich andere, kürzere um die Ohrhänger kringelten, die von ihren Ohrläppchen baumelten. Das Kettchen mit dem Anhänger, den sie von ihm bekommen hatte, vollendete ihr Aussehen. Es war immer noch deutlich, dass sie Sklavin war, aber ebenso deutlich wurde auch, dass sie nicht zu den Sklaven gehörte, die heute arbeiten mussten. Sie würde das tun, was sie sonst auch tat, wenn sie Corvinus irgendwohin begleitete – in seiner Nähe sein, darauf achten, was er wollte. Wobei sie bezweifelte, dass er heute sie in Anspruch nehmen würde, wenn er etwas brauchte. Trotzdem würde es das sein, was sie tun würde. Nach feiern war ihr sicherlich nicht zumute. Aber ebenso wenig würde sie etwas tun, was ihm den Tag verderben würde. Es war ihre Entscheidung gewesen, und sie konnte sich noch zu gut daran erinnern, wie sie darüber gesprochen hatten. Wie er beinahe darum gebeten hatte, sie möge sich anders entscheiden. Sie hatte nicht auf ihn gehört. Sie war überzeugt davon gewesen, dass es richtig war, was sie tat, und das war sie noch. Es war an diesem Tag nur schwerer war als sonst, damit zu leben. Das war alles.


    Als sie schließlich am Hafen eintraf, war Corvinus schon längst dort. Zusammen mit ein paar anderen hatte sie ihm beim Herrichten geholfen, und dann war er schon losgezogen, während die Sklaven sich noch selbst hergerichtet hatten. Absichtlich hatte sie lange genug gebraucht, dass die anderen schon vorgegangen waren. Sie würde an diesem Tag noch lange genug in Gesellschaft verbringen müssen, obwohl sie sich eigentlich am liebsten in der Villa in Rom verkriechen wollte, im Stall bei Idolum, und jeden Gedanken daran, was heute passierte, ausblenden. Sie wollte jeden Moment nutzen, den sie herausschlagen konnte, um allein zu sein. Aber auch dann, als die anderen schon gegangen waren, hatte sie noch getrödelt, nicht unbedingt absichtlich, jedenfalls nicht bewusst, aber unbewusst hatte sie sicherlich den Moment hinauszögern wollen, in dem sie selbst losgehen musste, zu dem Schiff, auf dem die Hochzeit stattfinden würde. Siv seufzte lautlos. Ausgerechnet auf einem Schiff. Es würde keine Möglichkeit für sie geben zu fliehen, wenn es zu viel werden würde. Auf dem Schiff hatte sie keine andere Wahl, als sich so lange unter Kontrolle zu behalten, wie es dauern würde. Einen kurzen Moment hielt sie inne, dann straffte sie die Schultern und bemühte sich um einen einigermaßen festen Schritt, ebenso wie einen sorgfältig kontrollierten Gesichtsausdruck, der so neutral wie möglich war, damit er nichts verriet von dem, was in ihr vorging. Sie schaffte es gerade mal ein paar Schritte weit, bevor sie erneut, diesmal abrupt, stehen blieb, während ihr ihr Gesichtsausdruck entglitt. Ihre Augen weiteten sich, während ihre Lippen sich um eine Winzigkeit öffneten, als sie das Schiff sah. Genauer gesagt, den Namen, der es zierte. Nordwind. Siv atmete ein. Die Luft strich durch ihre leicht geöffneten Lippen hindurch, über die Zunge, die das Salz in der Seeluft schmecken konnte, hinab in ihre Lungen, die sich weiteten und die Brust hoben. Nordwind hatte er sein Schiff getauft. Nicht den Bruchteil eines Augenblicks zweifelte Siv daran, dass er an sie gedacht hatte, als er sich für diesen Namen entschieden hatte. Etwas in ihrer Brust zog sich schmerzhaft zusammen, als die Sehnsucht überhand nahm, die sie ebenso sorgfältig zu kontrollieren versuchte wie ihre Miene. Sie schloss die Augen, und ihre bis gerade noch leicht bebenden Finger krümmten sich und schlossen sich zu Fäusten. Mehr denn je wünschte sie sich, sie könnte einfach gehen, nicht alleine, sondern mit ihm. Mehr denn je war ihr bewusst, dass sie das nicht konnte. Sie war sich sicher, dass sie davon kommen würde, wenn sie die ganzen Hochzeitsfeierlichkeiten einfach sein ließ und verschwand. Nach Rom zurückkehrte und sich verkroch, bis alles vorüber war. Corvinus würde sie nicht bestrafen, nicht dafür, dass sie nicht zusehen wollte, wie er heiratete. Er hatte sie nicht gezwungen, heute anwesend zu sein, und auch wenn sie sich jetzt noch umentschied, würde das keine Konsequenzen für sie haben, davon war sie überzeugt. Aber sie konnte nicht. Jetzt noch weniger als zuvor. Auch wenn es schwierig war, letztlich zählte doch, dass er sie liebte, und das zeigte er ihr immer wieder, in Blicken, Berührungen, kleinen Gesten – und gelegentlich großen. Nordwind. Die Fäuste öffneten sich langsam, und eine Hand hob sich. Fingerspitzen legten sich sacht auf den Anhänger an ihrem Hals, während ihre Brust sich erneut unter einem tiefen Atemzug hob. Es war an diesem Tag nur schwieriger als sonst. Das war alles.


    Mit dieser lautlosen Versicherung öffnete Siv wieder die Augen und betrat schließlich das Schiff, wo sie sich unter die bereits anwesenden Gäste mischte und hindurch schlängelte, die Rufe ignorierend, die verkündeten, dass auch die Braut gerade eben erst eingetroffen war, bis sie schließlich Corvinus erreichte, in dessen Nähe sie stehen blieb, ihre Haltung gerade, ihr Gesicht eine ruhige Maske, die jedoch von Zeit zu Zeit Risse aufzuweisen schien. Er sah sich gerade suchend in der Menge um, und Siv überlegte, ihn auf sich aufmerksam zu machen – eine vorbildliche Leibsklavin, nicht mehr und nicht weniger wollte sie heute sein, das hatte sie sich vorgenommen, aber Corvinus befand sich in keinem Gespräch, das sie hätte unterbrechen können. In diesem Moment schien sein Blick sie jedoch zu streifen, und so nickte sie ihm leicht zu. Unwillkürlich zuckten ihre Mundwinkel etwas nach oben, formten ein vages Lächeln, als im nächsten Augenblick seine Aufmerksamkeit schon wieder abgelenkt wurde, diesmal ganz offensichtlich durch Celerinas Ankunft. Für einen Moment schien es ihr, als ob ihre Gesichtszüge ebenso wie ihre Lunge einfroren, dann holte sie tief Luft und bemühte sich wieder um eine neutrale Miene, während sie nun ihrerseits ihren Blick schweifen ließ. Sie sah einige bekannte Gesichter, aber sie suchte nach Brix, und sie hoffte, dass auch er heute nicht wirklich arbeiten musste, sondern Zeit hatte.

  • Meine Fresse! Die hatten sich ja voll in Unkosten gestürzt! Nicht nur, dass die auf´ nem Schiff in Ostia heirateten. Nö, das Schiff war auch mit allem möglichen Komfort ausgestattet. Alles war in Rot und Gold geschmückt und wenn ich alles sage, dann meine ich auch alles. Auch das lebende Inventar musste in rot-goldenen Klamotten durch die Gegend hüpfen. So war ganz ersichtlich, wer zu den aurelischen Sklaven gehörte und wer nicht. Auch ich hatte ´ne rot-goldene Kutte bekommen, die ich natürlich auch trug. Ich kam mir darin ein bisschen blöd vor, weil ich aussah, wie ´n Opferkälbchen, dem man gleich die Kehle aufschlitzte für irgend so´ ne Zeremonie.


    Ja, ich wusste auch nicht, warum Ursus so spät dran war. Schließlich hatte ja jeder schon seit Wochen gewusst, welche Party heute steigen sollte. Besonders die Sklaven hatten ja von nix anderem mehr gesprochen.
    Echt das war heute total doof gewesen! So früh hatte ich aufstehen müssen. Und dann hatte sich Ursus auch noch für ´ne Sänfte entschieden. Als ob man nicht schon vor ewigen Zeiten das Rad erfunden hatte!
    Wie ´ne Blöde war ich die ganze Zeit neben der dämlichen Sänfte her gelatscht. Mann, ich war jetzt echt alle! Stundenlanges laufen, schlauchte ganz schön.
    Nachdem Ursus seine Sänfte verließ, richtete ich ihm seine Toga. Danach dackelte ich schön brav hinter ihm her, als er sich unter die Menge mischte.
    Mal sehen, wer war denn alles da? Ja, lauter Leute, die ich nicht kannte. Machte aber nix! Was nicht war konnte ja noch werden! Aha, da war schon mal Siv und wo Siv war, da war auch Corvinus. Orestes war auch schon da und bereitete das Opfer vor. Wo war eigentlich die Braut? Ach da kam sie! Ihr orangefarbener Schleier war ja nicht zu übersehen! Ob Chimerion auch da war? Von dem hatte ich seit den Saturnalien nix mehr gehört.

  • Sichtlich erschöpfte Träger brachten eine schwarz lackierte Sänfte zu der Stelle wo das 'Hochzeitsschiff' lag. Der nicht mehr ganz junge und ein wenig beleibte Consul Aelius Quarto entstieg ihr mit einem leisen Ächzen. Dann begab er sich auf das Schiff, um Braut und Bräutigam zu begrüßen, sich für die Einladung zu bedanken und sich anschließend unter die Hochzeitsgäste zu mischen.

  • Bei Macers Worten musste ich unwillkürlich grinsen, denn er lag mit der unausgesprochenen Vermutung richtig, dass er für seine Lauffreudigkeit bekannt war. Eben aus diesem Grunde verwunderte es mich beinahe ein wenig, dass er tatsächlich mit einer Sänfte hergekommen war - vermutlich mit seiner eigenen, denn die hatte er damals bei dem Preisrätsel der Acta schließlich gewonnen, wie ich mich erinnerte. "Obwohl der Weg doch recht weit ist. Knapp acht Doppelmeilen in einer toga am Morgen wären nichts für mich", bemerkte ich gut gelaunt, ehe er wieder auf die Schiffsfeier zu sprechen kam. "Da hast du recht, es ist ungewöhnlich. Das mag darin begründet liegen, dass meine Braut keine gewöhnliche Frau ist", erwiderte ich durchaus ein klein wenig zweideutig, wenn man denn darauf achtete. Daran, dass Celerina eine besondere Beziehung zum Meer hatte, zweifelte ich nicht - nicht nach den kürzlich stattgefundenen Ereignissen, von denen sicherlich in Rom geredet wurde - auch wenn Macer seine Worte gewiss in anderem Zusammenhang gemeint hatte. So hob ich einen Mundwinkel und deutete ein Kopfschütteln an. "Sie wollte ein rauschendes Fest, das jedem in Erinnerung bleibt. Wir wollen sehen, inwiefern ich ihr diesen Wunsch erfüllen kann", erklärte ich dann mit Blick auf den orangeroten, sich nähernden Schleier. Flüchtig bemerkte ich auch einige weitere bekannte Gesichter in der Menge, Ursus und einige Sklaven. "Entschuldige mich bitte, Purgitius", sagte ich dann. "Meine Braut wartet - und das Opfer ebenso. Ich wünsche dir viel Spaß auf der Feier. Wir haben sicher später noch Gelegenheit zum Reden." Ich nickte ihm noch einmal zu, dann bahnte ich mir einen Weg zu Celerina.


    Im Vorübergehen streifte mein Blick Siv, und die Mundwinkel sanken für einen Moment in ernstem Ausdruck herab. Dass sie an der Feier teilnahm, war ihre Entscheidung gewesen, ich hatte es ihr freigestellt. Sie sah hübsch aus in der neuen Tunika, unter der man den leichten Bauchansatz nicht recht bemerkte. Ihre Wangen waren voller, zumindest schien es mir so. Die Schwangerschaft bekam ihr gut. Sie lächelte, aber in den Augen stand ein deutlich betrübter Ausdruck, wenn man genau hinsah. "Siv", sagte ich schlicht und nickte ihr zu. Sie würde wissen, was ich sagen wollte. Doch für mehr war dies weder der rechte Ort noch die rechte Zeit. Ich war auf dem Weg zu meiner Verlobten, und dort war ich wenig später auch fast angekommen, noch ehe sie mehr erwidern konnte als ihr aufgesetztes Lächeln.


    Zuvor aber lief ich Quarto über den Weg. Ich machte natürlich Halt und begrüßte ihn. "Salve, consul Aelius! Es freut mich sehr, dass du kommen konntest." Ein suchender Blick bestätigte, was ich angenommen hatte, seine Gattin war nicht anwesend. Für manch einen musste sich der Verdacht regen, dass etwas mit ihr nicht stimmte, so selten, wie man sie zu Gesicht bekam. Vielleicht war sie krank? "Verzeih mir meine Kurzbündigkeit - meine Verlobte ist eben eingetroffen, ich bin gerade auf dem Weg zu ihr. Wir haben später noch die Möglichkeit für ein ausgiebiges Gespräch." Ich konnte nicht vermeiden, dass in meiner Stimme ein wenig Aufregung mitschwang, was nicht an Celerinas Erscheinen an sich, sondern vielmehr an der Tatsache lag, dass ich ab dem heutigen Abend als verheiratet gelten würde - und damit hatte die villa Aurelia endlich eine Hausherrin. Noch dazu eine, die mein Leben vermutlich mehr auf den Kopf stellen würde, als es mir lieb war, doch das würde die Zeit zeigen. Ich versuchte, so viel als möglich von der Aufregung zu verbergen, nickte dem consul noch einmal höflich zu und drängte mich dann durch Klienten, Freunde, Verwandte und Bekannte hindurch zu Celerina vor.


    Celerina war umringt von Sklaven, darunter auch Charis. Ich warf dieser nur einen kurzen Blick zu, dann lächelte ich meine Braut an. "Celerina", begrüßte ich sie und nahm ihre Hand, um sie zu drücken. Unter dem Schleier konnte man kaum etwas erkennen, lediglich die Konturen ihres Gesichts waren zu erahnen, Mund, Nase und Augen waren für mich lediglich schemenhaft zu erkennen. "Du siehst wunderschön aus", schob ich nach und gab mir Mühe, nicht hölzern zu klingen. Ich fand, es gelang mir gut. Wenn man eines lernte in der Politik, dann war es, auf Kommando glaubhaft zu lächeln. Mit Celerina an der Hand suchte ich mit dem Blick jenen von Orestes. Die wichtigsten Gäste waren inzwischen Anwesend, ebenso die Braut und deren pronuba - die am Abend zuvor in meiner Abwesenheit bereits die villa aufgesucht und das Ehegemach hergerichtet hatte - , also konnte das Opfer beginnen.

  • Macer entschuldigte den Gastgeber und Bräutigam gerne, denn dieser war auf der Feier wohl der gefragteste Mann von allen, den er nicht über Gebühr in Gespräche verwickeln wollte. Stattdessen schaute er sich um, wen er noch alles erblicken konnte. Flavius Aristides erkannte er, der spätestens seit dem Wahlkampf ziemlich bekannt war, sowie einige Aurelier, was auf der Hochzeit eines Aureliers mit einer Flavierin nun wirklich beides nicht überraschte. Seinen Klienten Aurelius Avianus konnte Macer nicht erblicken, aber das störte ihn auch nicht weiter.


    Stattdessen erblickte er gerade noch Tiberius Durus und bewegte sich langsam in dessen Richtung, als auch schon das Opfer beginnen sollte. "Salve, Tiberius Durus", grüßte er daher nur noch knapp mit einem Nicken, um den Anfang der Zeremonie nicht zu stören, falls es gleich richtig los gehen sollte. Ansonsten konnte man die Wartezeit sicher noch mit ein wenig Plauderei füllen.

  • Es waren viele eingeladen worden und obwohl offensichtlich nicht alle kamen, wurde es dennoch immer voller am Rande des Beckens. Danns ah Vespa ihren Onkel, den sie ja seit den Feierlichkeiten ihrer Hochzeit nicht mehr zu Gesicht bekommen hatte. Sie signalisierte Balbus, dass sie zu Quarto gehen wollte und tat es dann auch. Da musste also wirklich jemand anderes eine Hochzeit feiern auf dass sich die Familie einmal sah. Aber so war es wohl, wenn man ein Consul war. Man hatte kaum Zeit für andere Dinge. Nichts destotrotz stand sie nun bei ihrem Onkel als dieser allein war und begrüßte ihn sehr herzlich in dem sie ihn auch gleich umarmte.


    "Onkel Quarto, es freut mich sehr dich wieder zu sehen und dass du es geschafft hast, dich für heute von deinen Aufgaben frei zu machen. Dann sind wir ja nicht mehr ganz so verloren auf diesem Schiff,"


    scherzte sie ein wenig und sah dann zu ihrem Mann, der sich ja um diesen Tag hier eigentlich drücken wollte.

  • “Vespa! Meine liebe Nichte!“, rief Quarto aus, denn er mochte seine Nichte wirklich gerne.
    “Wie schön! Wirklich, es stimmt, es ist nicht ganz leicht Rom zu verlassen, wenn man Consul ist. Aber Senator Aurelius Corvinus ist ein bedeutender Mann und ich bin seiner Familie in Freundschaft verbunden, da wollte ich seiner Hochzeit nicht fern bleiben. Zumal so eine kleine Schifffahrt doch einmal etwas anderes ist.“

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