Es war kalt. Eisig kalt. Witjon schüttelte sich, als er die Terrasse hinter der Casa betrat. Er fröstelte und seine Zähne klapperten. Er schlang sich die Arme um die Brust im Wissen, dass das ja doch nichts nützen würde.
Zufrieden sah er sich um. Da Loki immer noch von Fieber geplagt wurde und nicht zu sehr belastet werden durfte, hatte Witjon kurzerhand die Organisation des Festes im Familienkreise in die Hand genommen. Er hatte Leif und Thorgall Holz aufschichten lassen, so dass es aussah wie der Meiler eines Köhlers, nur kleiner und ohne von Erde bedeckt zu sein. Es würde ein großes Feuer geben, um das man prächtig herumtanzen konnte, dachte Witjon grinsend. Im Kaminzimmer hatte er mit Albins Hilfe zwei Töpfe heißen Mets aufgestellt, die Marga bereitet hatte. In einem Topf hing eine große Kelle, mit der er sich einen Becher vollschöpfte und seinen Magen mit Met erwärmte, während er sich die Zunge verbrannte. Die Cena war bereits abgehalten worden und so standen nur zwei kleinere Tablette mit Häppchen bereit, die aber nebensächlich waren. Wichtig waren für Witjon im Grunde genommen nur die Töpfe voller Met und das Fass Dunkelbier, das zur Not noch im Garten an der Hauswand stand...falls der Met nicht reichen würde. Er grinste wieder, während seine Zähne noch hörbar klapperten. Ein weitere Schluck erwärmte seine Innereien und er zog das Schafsfell sowie den Umhang enger um sich. Dann stapfte er langsam durch den Schnee auf den Holzstapel zu, um dort den Schnee von den Sitzbänken zu wischen. Er setzte sich und spürte die Kälte durch seine Lederhose dringen, während er auf die anderen Duccier wartete, die hoffentlich bald auftauchen würden.
Es würde bald dämmern und nur kurze Zeit später würden sie bereits die Sonne zu Boden sinken sehen, wo sie in rotem Schein verschwinden würde.
Jul! Jul! Jul!
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- Garten
- Numerius Duccius Marsus
- Geschlossen
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Ragin kam auch herunter. Heute morgen hatte er Post von Dagmar bekommen. Nun würde das Julfest sowas wie eine Abshiedsfeier werden. Noch hatte er niemandem etwas gesagt, aber er gedachte Übermorgen nach Alexandria aufzubrechen. Mal schauen was seine Verwandten so dazu sagen würden. Vor allem bei Sontje war er gespannt...
Er nahm sich auch einen Becher voll Met und setzte sich zu Witjon.
"Heilsa Witjon, ich wünsch dir ein schönes Julfest! Ich freu mich ja immer darauf, aber muss es da so kalt sein?" Er nahm einen Schluck von dem dampfenden Met und rieb sich dann die Arme.
"Wo die anderen nur bleiben?" -
Loki, der seit Eilas Rückkehr in viel besserer Verfassung war, stapfte an diesem Tag dick eingehüllt in Fell und Wolle in den Garten, auf der Suche nach dem Platz wo Witjon den Stapel für das Julfeuer hatte aufbauen lassen. Als er es schließlich fand, der wilde Garten war ja nun nicht unbedingt klein, sah er, dass Ragin sich ebenfalls eingefunden hatte. In dessen Hand dampfte eine Tasse mit heißem irgendwas, und Lando verspürte auf einmal auch Durst auf dampfendes irgendwas... also machte er auf dem Fleck kehrt, stapfte zurück in die Casa, spähte durch das Fenster zur Küche wann Marga mal eine halbe Sekunde unaufmerksam war und führte dann den Zugriff aus. Die Tür quietschte kaum, als Lando sie öffnete, die Bohlen knirschten auch unhörbar leise, als Lando sich einen Becher mit dampfendem irgendwas sicherte, und es war auch kaum zu sehen, als ein von Marga geworfener Apfel an Lokis Schädel abprallte.
Sich den Kopf reibend, aber gleichzeitig glücklich über seine Beute, gesellte Lando sich wieder zu den beiden im Garten wartenden, und sah Witjon fragend an: "Moin. Wen hast du eigentlich alles eingeladen?"
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"Heilsa werter Vetter." begrüßte Witjon den Schmalhahn, der sich neben ihn setzte. Er stieß mit Ragin an und nickte.
"Die anderen sind offenbar noch von der Kälte abgeschreckt." Er zwinkerte fröhlich und grinste breit.
"Die Weicheier wollen von uns nicht unter'n Tisch getrunken werden."
Er musste über seine eigene Blödelei lachen und überhörte deshalb die merkwürdigen Geräusche, die von der Casa her kamen. Augenblicke später gesellte sich dann schon ein weiterer Vetter zu ihnen, der ebenfalls herzlich begrüßt wurde.
"Loki..." er nickte und hob kurz seinen Becher zum Gruß.
"Ich dachte es sollte eine gemütliche Familienfeier werden, darum habe ich auch nur Träger unseres Blutes eingeladen."
Witjon hoffte, das ginge in Ordnung, denn er wusste, dass das hier vermutlich im Saufgelage enden würde und hatte sich nicht genau ausmalen können wie so etwas auf römische Gäste wirken könnte.
Und, aufrichtig interessiert, fragte er nun seinerseits:
"Und wie geht es dir? Gewinnst du den Kampf gegen die Krankheit?" -
Auch Sontje hatte sich vorgenommen dabei zu sein... wobei sie sicherlich die einzige Frau innerhalb der Männerrunde sein würde, wenn nicht Eila als letzte dazukam. Mit gefülltem Metbecher und einem Stoffbeutel voller Häppchen ausgerüstet wagte sie sich nach draußen in die Kälte und schlug den Weg zum Treffpunkt ein. Zu verfehlen war das Ziel kaum. Das Feuer brannte bereits. Ragin war schon da, sie stellte sich neben ihm und der Bank auf. "Heilsa.." begrüßte sie die anderen, schob den Schal vom Mund runter, um einen Schluck Met zu nehmen. "Brrr.. muss des immer so kalt sein?!" nörgelte sie mehr spitzbübisch als ernst gemeint in die Runde.
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Und da war auch schon Sontjes Zwillingsbruder knapp hinter ihr eingetroffen.
Es war immer wieder schön zu wissen, dass einer der Familie des öfteren zu festlichen Anlässen einlud, in diesem Falle war es wieder einmal Witjon gewesen, was Phelan wirlich sehr schätzte."Heilsa meine Lieben." bei der Begrüßung legte er seiner Schwester den Arm über den Rücken und hielt sie fest und bleib erstmal so stehen, um sich die Lage anzuschauen.
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Nun fehlten eigentlich nur noch Eila und Albin. Aber bei ersterer wusste er nicht ob sie kommen würde und bei Albin würde er sich so oder so nochmal alleine verabschieden.
So stand er auf, und erhob seinen Becher. "Ich muss euch allen etwas sagen. Wie ihr wisst, ist das Julfest auch ein Fest der Erneuerung. Ab jetzt geht es in Richtung Frühling. Auch für mich gibt es eine Veränderung. Ich habe heute einen Brief von Dagmar erhalten und werde Übermorgen nach Alexandria aufbrechen. Natürlich werde ich dort nicht für immer bleiben, und wieder nach Hause zurückkehren. So ist es nur ein Abschied auf Zeit, aber nichts desto trotz ist es ein Abschied. Ich werde euch alle sehr vermissen, aber ich muss meine näheste Verwante einfach kennenlernen, aber hier wird meine Heimat bleiben und ich freue mich schon jetzt darauf, wenn ich wieder bei euch sein werde."
Er blickte in die Runde.
"Aber jetzt lasst uns das Julfest feiern! Heil dir Oski!", rief er den Wunscherfüller an und nahm einen ordentlichen Schluck Met.
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"Seeehr witzig.", murmelte Lando, als Witjon die Blutsträger betonte, wohl wissend, dass er selbst ja keiner war (zumindest seines Wissens nach), "Ja, es geht langsam aufwärts. Was man von Dagny nicht erwarten kann... Hel scheint sich Zeit mit ihr zu lassen, oder treibt ein übles Spiel mit ihr."
Er nahm einen Schluck Honigwein, und wartete darauf, dass die restlichen Mitglieder des Haushalts eintrafen, immerhin fast zwanzig Leute. Als genug zusammen gekommen waren, platzte Ragin auch noch VOR der Entzündung des Feuers mit seinem geplanten Abenteuer heraus, und es griff betretenes Schweigen um sich. Lando, der vorher ja schon von Ragins Plänen wusste, war dementsprechend nicht halb so überrascht wie die anderen, griff sich eine Fackel und warf sie in eine mit Pech vorbereitete Stelle, um im letzten Sonnenlicht des Jahreskreises das Julfeuer zu entzünden, den Becher zu heben und "Heil dir, Oski!" zu rufen...
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Da kam Phelan auch schon und wie immer lehnte sie sich gemütlich in seine Umarmung hinein, blickte schüchtern lächelnd in die Runde als immer mehr Leute dazukamen. Sontje nippte von ihrem Met und hätte ihr heisses Getränk beinahe fallen lassen, als sie von Ragins Plänen erfuhr. Überrascht und betroffen blickte sie ihn an... übermorgen schon würde er weg sein? Sontje schluckte den plötzlichen Kloß im Hals weg und versuchte ihm und seiner kommenden Reise zuliebe zu lächeln. Das war eine echte Überraschung, diese Einladung nach Alexandria! Loki rettete den Überraschungsmoment mit dem Entzünden des Feuers. "Heil dir, Oski!" Mit belegter Stimme stimmte sie den Jubelruf mit an und stiess mit ihrem Becher nach der üblichen Opfergabe auf den Boden an den von Phelan an. Dann löste sie sich aus Phelans Umarmung und trat zu Ragin. "Weisst du eigentlich, dass du manchmal wie ein Schelm bist und uns alle mit deinem kommenden Aufbruch überraschst??!" schimpfte sie ihn liebevoll aus. "Ich wünsche dir... " Ja, was wünschte sie ihm? "..gute Reise und Heimkehr!! Meine Gedanken werden bei dir sein." Sontje hob ihren Becher, um auch mit Ragin anzustoßen.
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Eine Überraschung war das nicht, dass Ragin nach Alexandria gehen würde, immerhin hatte er damals auf dem Zimmer seines Vetters ausführlich mit ihm darüber gesprochen.
"Heil dir, Oski!" stieß es auch aus Phelan heraus, er stieß mit seiner Schwester an und schüttete den ersten Schluck seines Mets auf den Boden und nahm dann einen kräftigen Schluck. Da Sontje sich schon zu Ragin gesellt hatte, wollte Phelan ihm erst später nochmal alles gute wünschen und stellte sich fortan zu Loki und Witjon.
"Ich hoffe, ihm passiert nichts. Aus eigener Erfahrung weiss ich, dass jedes Wort was man spricht zur Gefahr werden kann, aber ich denke nicht das er so dumm ist und sich verplappert." so stieß er auch mit den beiden an. -
"Öh..." und Witjon fiel ein, dass Loki ja adoptiert war. Mit einem Achselzucken hörte er weiter zu und ließ dann ein resigniertes Brummen hören, als von Dagny die Rede war. "Mögen die Nornen ihren Lebensfaden noch lange weiterspinnen..."
Die anderen trafen ein und dann platzte Ragin mit seinen Reiseplänen heraus. Witjon schaute den Jungen erst ungläubig, dann mit einer Spur Bewunderung an. Dass er so eine Reise allein unternehmen wollte, beeindruckte ihn. Er sagte nichts dazu, denn Loki entzündete bereits das Julfeier und nun gebührte ihre Aufmerksamkeit den Göttern.
"Heil dir, Oski!" rief auch er und erhob seinen Becher. Phelan trat zu Loki und ihm und Witjon lächelte aufmunternd.
"Keine Sorge, der Junge hat es aus Magna bis hierher geschafft, die Reise wird er mit Hilfe der Götter auch überstehen."
Er war zuversichtlich, dass das eine Probe war für Ragin und dass dieser sie bestehen würde. -
Gerade noch rechtzeitig kam auch Eila in den Garten geschossen. Sie hatte sich schlichtweg nicht entscheiden können, welches ihrer Kleider den Temperaturen entsprechen und gleichzeitig noch am besten an ihr aussehen würde. Letztlich hatte sie sich für ein blaues Kleid aus dicker Wolle entschieden, das nicht zu auffälig war und dennoch ihre Augen gut unterstrich. So oder so wie immer blendend aussehend, kam sie gerade genau im richtigen Moment nach draußen, schnappte sich einen Becher Met und hob ihn sogleich hoch. "Heilsa alle zusammen. Und Heil dir, Oski!" sagte sie dann laut und bestens gelaunt. Sie liebte das Julfest und ihr machte im Gegensatz zu den anderen auch die Kälte wenig aus. Sie hatte viel mehr das Gefühl, dass die Kälte ihre Lebensgeister neu entfachte, was die leichte Röte ihrer Wangen dann auch noch unterstrich. Zwischen Witjon und Loki stehend, blickte sie erst zu dem einen, dann zu dem anderen und schließlich zu Ragin, der etwas abseits stand, hinüber.
"Ich bin sicher, er kriegt das hin. Ich hoffe nur, er bringt mir ein paar Bücher aus Alexandria mit." -
"Das mach ich bestimmt. Ich werde dort ein Diplom machen, das habe ich Loki versprochen. Also werde ich sicher viel lesen müssen. Aber das mache ich ja gerne. Nur schade, dass ich meine Bücher nicht mitnehmen kann. Aber mein Buch über die Sprache der Griechen und die Ilias werde ich auf jeden Fall mitnehmen. Was interessiert dich denn alles? Sicher hat es dort sehr viele Bücher, da musst du mir schon eine Richtlinie geben."
Danach nahm er einen ordentlichen Schluck Met und stellte sich auf eine der Bänke und begann mit lauter Stimme zu sprechen:
"Früher hat meine Mutter uns am Julfest immer ein Gedicht vorgetragen. Heute ist mein erstes Julfest ohne sie und Ratbald und so ist es an mir das Gedicht zu rezitieren. Ich hoffe ihr erfreut euch daran ebenso wie ich es immer getan habe."
Er nahm nochmal einen großen Schluck und begann dann mit seinem Vortrag:
"Heil dir Oski, Wunscherfüller,
segensreicher Freudenbringer,
lässt die Herzen sich erwärmen,
Kinder fangen an zu schwärmen,
mögen sich nun alle laben
an Deinen guten Liebesgaben.Später lasst uns lärmend toben,
zu bannen Geister und Dämonen,
das nun auch im neuen Jahr
Verderben bei uns macht sich rar.
Bringst Glück hinein in unser Haus
und trägst das Unglück rasch hinaus.
Heil Dir, Oski!"Es war das Gedicht von dem er geträumt hatte und beim Vortragen bekam er am ganzen Körper eine Gänsehaut. Aber nicht würde ihn davon abhalten seine Mutter so zu ehren.
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"Heil Dir, Oski!" wiederholte Witjon die letzten Worte noch einmal feierlich und leerte seinen Becher in einem Zug, nur um Augenblicke später mit einem neu gefüllten am selben Platz zu stehen und weiter zu trinken. ER würde heute keineswegs nur angetrunken sein.
"Du wirst mir fehlen Ragin, deshalb lasst uns heute seinen Abschied feiern, doch nicht in Trauer, sondern in freudiger Erwartung seiner Rückkehr! Auf Ragin!" rief er und erhob erneut seinen Becher.
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Albin hatte sich, wie die anderen, die nicht vom Blute Wolfriks waren, hinter den aufgestellten Bänken in der zweiten Reihe niedergelassen, und drückte die neben ihm sitzende Marga an sich, während er mit verträumten Blick auf das immer größer würdende Feuer starrte. Die Sonne würde in wenigen Stunden neu geboren werden, er hatte vergessen zum wievielten Male dies jetzt in seinem Leben geschehen würde.
"Ich erinnere mich an mein erstes Julfest...", murmelte er halb zu sich selbst, halb zu Marga, "Es war der kälteste Winter seit langem, und Tjaards Frau Wiebke trug auch ein Gedicht vor.. es war ein anderes, natürlich, uns es handelte von der Reise eines Mannes durch die Midlanden, auf der Suche nach seinem Glück. Er fand es schließlich, als er zurückkehrte zu denen, die ihn liebten. Vielleicht wird Ragin diesselbe Reise beschert sein, was denkst du, Marga?"
Die alte Frau brummelte nur schläfrig, und so hob auch Albin den Becher und murmelte ein "Heil dir, Oski." und teilte danach den Trinkspruch auf Ragins Wohl.
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Lando klopfte auf die Bank, als Ragin mit dem Gedicht endete, und stimmte in den Trinkspruch ein, den Witjon auf Ragin ausrief: "Auf Ragin."
Dann wandte er sich seiner Schwester zu, die er an sich drückte: "Natürlich wird er das."
Ein Murmeln hinter ihm ließ ihn sich umdrehen, und er erblickte das alte Pärchen Marga und Albin, Marga fast schlafend, Albin vor sich hinredend. Der alte Zausel hatte wohl wieder irgendwas auszusetzen... oder doch nicht?
"Albin, warum teilst du deine Geschichte nicht mit uns, die wir zu jung sind um die selbst erlebt zu haben? Ja,... erzähl uns eine Geschichte aus den alten Tagen!"
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Auch Eila hob erneut ihren Becher und lächelte Ragin zu. "Auf Ragin!", stimmte auch sie auf den Trinkspruch ein.
Eila wehrte sich ein wenig gegen Lokis Umarmung, wie kleinere Schwestern das ab und an einfach mal taten, wenn sie sich zu sehr beschützt fühlten. "Das wäre wirklich schon." meinte sie dann zu ihm, bevor auch sie sich zu Albin und Marga umwandte. Sie liebte alte Geschichten, vor allem wenn es mit heimischen Bräuchen zu tun hatte und hoffte der alte Mann würde sie alle an seiner Geschichte teilhaben lassen.
"Ja, erzähl uns von der schönen alten Zeit, Albin." stimmte Eila dann ihrem Bruder zu.
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Ragin reckte seinen Krug mit Met in die Höhe. "Danke für eure guten Wünsche! Ich trinke auf eine baldige Rückkehr und freue mich schon jetzt darauf. Das ja alle noch da sind, wenn ich wiederkomme! Besonders meine ich da Albin. Wage es nicht dich zu verdrücken bevor ich wieder da bin!"
Er nickte dem Alten zu und hob den Krug in seine Richtung. Er mochte Albin besonders und hatte ihn sehr lieb gewonnen. "Und jetzt erzähl uns eine Geschichte. Bitteeeeee."
Dann stieg er wieder hinunter, setzte sich auf seine vier Buchstaben und schaute gespannt zu Albin.
Sim-Off: Falls da noch was kommt, wird Ragin der/den Geschichte/n andächtig lauschen und dann zeitig zu Bett gehen. Bin dann mal weg;)
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Sie sties mit den anderen an, beobachte alle Familienmitglieder und kehrte zu ihrem Bruder zurück, in dessen Nähe sie auch stehenblieb und mit ihm mitging, wenn er sich wiederum weiter bewegte. Still lauschte Sontje der Stimme von Ragin, die sie recht bald für lange Zeit nicht mehr hören würde und sah ihn anerkennend an. Ein schönes Gedicht. Den Met langsam trinkend schob sie sich etwas abseits als klar wurde, dass Albin etwas aus der alten Zeit erzählen würde. Na, sie hatte schon viel gehört was sie wissen wollte oder nicht gewusst hatte. Sontje setzte sich von den anderen ab, machte einen Rundgang durch den Garten und schlich sich ins Haus zurück ins warme Bett. Der Met begann zu wirken und da wollte sie lieber nicht auf zwei Beinen stehen.
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Der alte Mann schaute die jungen Leute entgeistert an. Hatte er wirklich vorgeschlagen eine Geschichte zu erzählen? Er grummelte irgendeinen undeutlichen Fluch in seinen Bart, drückte Marga näher an sich, und überlegte einen Moment, den er mit einem Schluck Bier überspielte.. dann räusperte er sich, und begann zu erzählen: "Es war ein Julfest, vor etlichen Wintern, viele...", er blickte sich um, und korrigierte sich dann selbst, "ALLE von euch waren noch garnicht geboren, selbst eure Eltern steckten noch in den Windeln, oder im großen Teich. (:D). Marga war noch ein junger Hüpfer... und ich, ja, auch ich war noch ein Mann der mehr konnte als dem Jungvolk den Arsch zu versohlen. Naja.. wo war ich? Achja."
Die trockene Kehle wurde mit einem Schluck Bier befeuchtet, dann ging es weiter.
"Wolfrik war vor wenigen Wintern gegen diese chaukischen Hunde gefallen, und Tjaard tat sich, jung wie er war, noch etwas schwer damit einen ganzen Stamm zu führen. Immer wieder machten andere Sippen ihren Anspruch auf die Führerschaft, etwas das unsere Ältesten garnicht kannten, waren die Sippen im Stamm doch relativ gleichrangig, und nur im Kriege gab es einen Kunningaz, aber... ich schweife ab.. nun. Tjaard musste sich und seine Sippe mit Hilfe seines Bruders Audaod immer wieder im Stamm beweisen, und es war ein Julfest das relativ bedrückt gewesen war, denn einen Tag zuvor wurde einer der getreuen des Tjaard, ein Leibeigener mit dem Namen Ortwald wurde ein Tag zuvor bei der Jagd von einer marodierenden Gruppe von Chauken erschlagen. Soll ich erwähnen, dass sie den armen Kerl beim Kacken erwischt haben?", die letzten Worte flüsterte er zu Marga, die ihm reflexartig mit dem Ellenbogen in die Seite stieß, "Ein Nein hätte gereicht. Nun, auf jedenfall war die Stimmung gereizt, weil die Sippe des Rambod, ein grobschlächtiger Kerl, der schneller zuschlagen als denken konnte, Rache für diesen Akt erwartete. Die Sippe Tjaards, und auch Audaod war mit den seinen zugegen, hockte an diesem eiskalten Abend zusammen um das Julfeuer herum, und niemandem war so recht zu feiern zumute. Wir waren damals schon wenige, die Sippschaft Audaods und Tjaards umfasste nach den schweren Jahren nurnoch etwa achtzig Leute, der ganze Stamm war auf einige hundert zusammengeschmolzen. Und niemand sagte etwas... alle standen um das Feuer herum, und niemand sagte etwas, denn die Last der Sorgen wog schwer diese Tage. Und als wir da so zusammen hockten, hörten wir schließlich einen Schrei aus dem Wald... einen markerschütternden Schrei, und nicht wenigen von uns lief es eiskalt den Rücken herunter. Natürlich waren sofort einige der Männer an den Speeren, und doch rührte sich keiner. Und der Schrei wiederholte sich... und letztendlich war es Tjaard, der sich seinen Bruder packte, und mit ihm zusammen in den Wald eilte, um herauszufinden welcher böse Geist dort das Julfest störte. Ganze Minuten dauerte es, bis sich einige seiner Gefolgsleute, alles stämmige Krieger, aufmachten um ihrem Herrn zu folgen. Ich muss zugeben, ich gehörte auch zu jenen die zögerten...", ein verschmitztes Lächeln bat förmlich um Entschuldigung, bevor er wieder den Krug mit Bier an die Lippen setzte, "Und als wir mit Fackel und Speer bewaffnet in den Wald zogen, kaum zwanzig Mann, da hörten wir plötzlich ein Lachen... ein lautes, gellendes Lachen. Wir blieben stehen, schließlich versanken wir alle in Angst, dass Tjaard, unser Kunningaz in diesen harten Tagen, von einem Troll geschlachtet sein möge, der sich nun über seine Beute freute... und da tauchte in der Düsternis des Waldes dann auch ein Hüne aus dem Buschwerk auf, der Schnee unter seinen Füßen stark eingedrückt, eine unmenschliche Kreatur mit Schultern so breit wie die von Phelan und Witjon zusammen (:D), wir umzingelten diese Figur, starr vor Angst, doch fest entschlossen unseren Herrn zu rächen, und als ihn schließlich Thilo, Sohn des Dankmar, anbrüllte um sich Mut zu machen, lachte er erneut... und seine Stimme schalt uns alle Idioten. Ja, ein Troll schalt uns Idioten. Ihr könnt euch vorstellen wie wir uns angeschaut haben. Als Thilo dann auf ihn losgehen wollte, tauchte hinter diesem Troll plötzlich Audaod auf, und befahl dem Mann, der schließlich in seiner Munt stand, sich augenblicklich zu beruhigen. Der Troll... so griesgrämig und groß er uns erschien, entpuppte sich schließlich als Tjaard, der einen leblosen Mann über der Schulter trug, und uns im Dunkel so seltsam vorkam... dieser Mann war Rambod. Wir alle wunderten uns, was dieser Kerl alleine im Wald zu suchen hatte, und vor allem: welchem Geist er begegnet war, um so zu schreien... und Audaod lachte uns aus, und schalt uns Narren... denn er selbst trug ein totes Wildschwein über der Schulter."
Albin kicherte fast, als ihn die Erinnerung an die merkwürdige Geschichte fasste, und er klopfte sich schließlich vor Lachen auf die Schenkel, während Marga nur die Augen verdrehte..
"Nun, wie uns Tjaard erzählte, war es wohl so gewesen: Rambod, dessen Hufa sich keine Stunde durch den Wald entfernt befand, hatte sich wohl bei der Feier des Julfestes abgesetzt, um in den Wald kacken zu gehen. Dabei wurde er wohl von einer Wildsau überrascht, die ihn gleich unterpflügen wollte. Doch dieser Depp hatte sich in der Dunkelheit auf der Flucht total verlaufen, und hatte sich schließlich auf einen Baum gerettet. Mit zerrissener Hose, und unbewaffnet. Wäre Tjaard nicht mit seinem Bruder gekommen, so hätte Rambod auf jeden Fall den Tod gefunden: entweder, er wäre dort auf dem Baum erfroren, oder er wäre unten von dem Wildschwein auseinander genommen worden. Tjaard hat ihm schließlich das Leben gerettet, allerdings fiel Rambod dabei vom Baum und brach sich den Arm. Diese Memme ist vor Schmerz in Ohnmacht gefallen... nun, danach war auf jeden Fall nie wieder von Rambod als Kunningaz des Stammes die Rede, weil niemand einem Mann folgen wollte, der mit blankem Arsch vor einem Wildschwein davon lief... und sich vorher noch über Ortwald mockierte, der von einem Feind dabei erschlagen worden war."Der alte Mann packte in seinen Fellumschlagenen Kragen, und zog ein Lederband mit einem gewundenen Stück Knochen hervor: "Dies ist einer der Zähne, die dem Wildschwein entrissen worden waren, bevor wir es als Opfer an die Götter darbrachten, und das, obwohl nicht wenige von uns Hunger litten in diesen Tagen. Die beiden Hauer gehörten den Brüdern, und wenn sie nicht verloren gegangen sind, müssten sie noch unter euch sein."
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