Erste Sitzung des neuen Koinons

  • Offensichtlich waren meine Kollegen anderer Meinung als ich, womit ich jedoch gut leben konnte. Vor allem, da ich davon ausgehen konnte, dass sie lediglich genau diese Meinungen hatten, weil sie als Griechen noch ein ganzes Stück mehr als ich vom Wohlwollen mächter Römer abhängig waren. Im Gegensatz zu mir konnten sie um einiges leichter durch einen kleinen Missbrauch der Amtsgewalten eines Legionskommandanten bestraft werden.
    Ich stille dafür dem Eparchen zu informieren und darüber hinaus auch eine Bittschrift nach Rom zu senden, um uns vom Einfluss des Terentiers zu befreien. Ein Gespräch mit ihm halte ich für wenig erfolgversprechend.
    sagte ich, als Nikolaos zur Abstimmung aufrief.

  • "Ich stimme sowohl gegen den Brief nach Rom als auch gegen das Gespräch! Allerdings für die Aussprache mit dem Epharchos! Wenn wir aufhören ihn auf die Missstände aufmerksam zu machen nehmen wir sie damit hin!"

  • Anthi nickte zustimmend. Wenn zwei erfahrene Pyrtanen den Praefekten kannten und davon abrieten, musste er ihnen einfach vertrauen.


    "Wenn meine beiden Vorredner von einem Gespräch mit dem Soldaten abraten, werde ich ihrer Einschätzung vertrauen. In bin dafür einen Brief an den Statthalter zu schreiben, aber auf gar keinen Fall an den göttlichen Basileus."

  • Der Gymnasiarchos hatte allen Pyrtanen Gelegenheit gegeben, sich zu äußern (wobei davon nicht alle Gebrauch machten) bevor er nun selbst abstimmte.


    "Ich würde davon absehen, einen Brief an den göttlichen Basileus zu schicken, wenn nicht zuvor der Statthalter unterrichtet wird. Ich vertraue der Einschätzung der ehrenwerten Iunia Urgulania, dass mit dem Soldaten nicht zu reden ist.
    Daher stimme ich gegen das Gespräch mit dem Soldaten, gegen den Brief an den göttlichen Basileus und enthalte mich der Stimme in Bezug auf den ehrenwerten Eparchos, da ich einerseits glaube, dass, wenn ein Römer über diese Umstände in Kenntnis gesetzt werden sollte, er der erste ist, der eingeweiht werden sollte, andererseits fürchte, zu häufige Beschwerden und die Missachtung der Forderung seines Kollegen, auch wenn diese unverschämt und widerlich sind, könnten ihn in Mißstimmung bringen und uns gegenüber ungehalten werden lassen."


    Er legte eine Pause ein, um zu verdeutlichen, dass er, nachdem er als Pyrtan mit einer eigenen Meinung gesprochen hatte, nun wieder seine Funktion als möglichst neutraler Hüter der Tagesordnung einnahm.


    "Niemand ist dafür, den Soldaten und Absender diese Briefes selbst anzusprechen, gleich in welcher Form.


    Der Brief an den göttlichen Basileus fand eine Fürstimme bei drei Widerstimmen.


    Dafür, den ehrenwerten Eparchos ins Vertrauen zu ziehen, waren drei Pyrtanen. Einer enthielt sich in dieser Frage der Stimme.


    Damit hat diese Versammlung beschlossen, den Soldaten und den Basileus nicht anzusprechen, den Eparchos durchaus schon.


    Was jeder einzelne von euch tut, auch wenn es entgegen des Beschlusses über das Vorgehen der Pyrtanenschaft als Ganze ist, ist jedem von euch selbst überlassen, solange ihr ausdrücklich nicht als Mitglied der Pyrtanenschaft handelt, sprecht oder schreibt, sondern als Privatmensch.


    Nun ist die Frage zu klären, durch wen und auf welche Weise mit dem Eparchos gesprochen werden soll.


    Ich biete mich für diese Aufgabe an."

  • zustimmendes Nicken ...


    "Ich halte Nikolaos für eine diplomatische Wahl sein Verhandlungsgeschick und seine Freundlichkeit sind uns allen ein Begriff wobei ich auch dafür wäre, sofern sie selbst nicht dagegen ist, die ehrenwerte Iunia Urgulania als Begleitung zu erwählen, damit der Statthalter uns nicht nur als launenhafte Pereginii sieht sondern auch bemerkt das der Missfallen der römischen Bürger erregt wurde, wie wir alle zweifelsohne aus verschiedenen Briefen wissen!"

  • "Ganz meine Meinung, ehrenwerter Strategos.", sagte Nikolaos. "Jedoch muss es einen oder zwei geben, die das Wort in dieser Angelegenheit führen. Wir sollten nicht nur dieses Anliegen vortragen, sondern es in ein Lob auf den Anstand des Eparchos und in eine Beschwörung der Freundschaft zwischen Alexandria und Rom kleiden. Die Angelegenheit mit dem Brief des Soldatens würde ich in der Weise vortragen, dass wir uns weniger gekränkt fühlen als vielmehr Angst darum haben, bei dem besagten Manöver könnte sich die Volksmenge derart angestachelt fühlen, dass sie Aufruhr verursacht. So sehr uns der Frieden am Herzen liege, so fürchteten wir, dass uns vom einfachen Volk, wenn es erst einmal aufgehetzt ist, kein Gehör mehr geschenkt würde. Wir könnten den Eparchos anflehen, darauf achtzugeben, dass der Soldat nicht Dinge veranlaßt, die die Volksmenge derart aufbrächten, ihm gleichzeitig versichern, dass das Pyrtaneion geschlossen für den Erhalt des Verhältnisses zwischen Rom und Alexandria spricht."


    Er sah sich in den Reihen des Kollegiums um.


    "Bevor wir aber aufbrechen, schlage ich vor, dass wir uns noch zwei Dingen widmen:
    Erstens Auszeichnungen für die Pyrtanen der letzten Amtszeit und zweitens der Wahl des Archipyrtanes.


    Für den ersten Punkt schlage ich vor, dass wir es halten, wie es Sitte ist: Alle Pyrtanen erhalten eine Auszeichnung, es sei denn, es gab grobe Pflichtverstöße. Da jedoch in der Ekklesia darüber keine Beschwerden aufgetreten sind, denke ich, können wir davon ausgehen, dass keiner der Pyrtanen der letzten Amtszeit seine Pflichten verletzt hat.


    Nun ist es fast schon ein Brauch, dass ehemalige Agoranomen, Eutheniarchen und Strategen mit einer kleinen Inschrift geehrt werden, ehemalige Kosmeten und Exegeten mit einer großen, ehemalige Gymnasiarchen und Eponminatographen mit einer Statue.


    Sollte niemand etwas gegen dieses Vorgehen haben, so möchte ich die beiden jüngsten Pyrtanen, den ehrenwerten Agoranomos und den ehrenwerten Strategos, darum bitten, Texte für die Inschriften zu entwerfen. Nur ihr beide wart keine Pyrtanen in der letzten Amtszeit. Daher denke ich, werdet ihr einen Blick auf die Dinge haben, die mehr dem Blick des alexandrinischen Volkes als den - vielleicht in dieser Hinsicht verfälschten- Blick von uns gewesenen und nun wiedergewählten Pyrtanen."

  • Was war los am diesen Tag? Warum war es so still im Koinon? War es Niedergeschlagenheit ob jener schmutzigen Schandschrift?


    "Fällt euch beiden schon etwas ein?", fragte er vorsichtig und sah Ánthimos und Thimótheos an.


    "Bevor wir uns über Details der Auszeichnungen einigen: Ich schlage vor, dass wir auch den Eparchos mit einer Statue beehren. Dies können wir ihm mitteilen, bevor wir ihn mit den weniger erfreulichen Angelegenheiten belästigen. Wir könnten ihn fragen, ob ihm das genehm ist, ihn fragen, ob er den Bildhauer, den wir noch auswählen müssen, empfangen wird, um ihm seine Wünsche mitzuteilen bezüglich der Darstellung, wir könnten ihm bei dieser Gelegenheit einmal mehr danken. Somit beugen wir dem vor, dass es den Anschein haben könnte, als seien der Brief des Soldatens und unsere Sorge die einzigen Gründe, weshalb wir zum Eparchos gehen. Wer ist für diese Auszeichnung, wer ist dagegen?"

  • Cleonymus widmete dem ganzen ein entschlossenes Nicken ...


    "Ich denke wir sollten dem Statthalter eine Statue zukommen lassen, das würde unserem Anliegen auf jeden Fall nicht schaden aber durchaus unsere Verbundenheit symbolisieren!"

  • Anthi hatte eben erschrocken realisiert, dass sie jetzt auf der Stelle eine Inschrift von ihm haben wollten. Eigentlich hatte er gedacht er hätte ein bisschen Zeit sich etwas passendes zu überlegen.

    "Entschuldige bitte, ich dachte wir hätten ein wenig Zeit uns eine geeignete Inschrift zu überlegen. Ich muss gestehen, dass ich bei solcherlei Sachen wenig spontan bin, und ich möchte meinen Vorgänger doch nicht mit einer unüberlegten Inschrift grämen. Kann ich dir meinen Vorschlag auch noch in den nächsten Tagen zukommen lassen? Die Idee mit der Statue für den Statthalter finde ich ebenfalls sehr gut. Ich bin ganz klar dafür."

  • Wie jez? Der Keryke wollte Vorschläge jetzt sofort haben? Also war improvisieren angesagt.
    "Ähm. Nun wie wäre es mit:


    Dem hochgelobten Nikolaos Kerykes für seine unbeschreiblichen Verdienste an der Polis Alexandria während seiner Amtszeit als Gymnasiarchos.


    Dem tapferen Cleonymus für seinen Einsatz im Namen des Gesetzes in seiner Amtszeit als Strategos der Polis.


    Der ehrenwerten Iunia Urgulania für ihre Gewährleistung der Stadtversorgung und derer Roms als Eutheniarche Alexandrias.


    Dem verdienten Mithridates Castor für seine tadellosen Leistungen als Agoranomos die Stadtkasse Alexandrias betreffend."


    Er machte sich bereits stichwortartige Notizen auf einer Tabula. Sollte das Konion seine Worte für gut gewählt befinden, wollte er sie lieber nicht sofort vergessen haben.


    Der Statue erteilte Timos nickend seine Zustimmung.
    "Eine Statue ist eine hervorragende Idee. Wählen wir den besten und begabtesten Bildhauer der Stadt, dann können wir uns seines Wohlwollens sicher sein. Kein Mann kann einem halbgottgleichen Bildnis seiner selbst widerstehen."

  • "Ich danke dir, werter Strategos.", sagte Nikolaos. "Ohne allzu ehrgeizig erscheinen zu wollen, möchte ich anmerken, dass ich in der letzten Amtszeit auch Archipyrtanes war." Er lächelte bescheiden. "Wo wir bei der nächsten Sache wären: Wir sollten, bevor wir uns auf den Weg zum Eparchos machen, einen aus unseren Reihen bestimmen, der den Vorsitz über unsere Versammlungen führen wird."


    Er legte eine Pause ein.


    "Ich möchte dafür die ehrenwerte Iunia Urgulania, die als Eutheniarchos vorbildlich die Getreideversorgung unserer Polis sicherstellte und als Verbindung zu den Römern diente und dient, die - soweit ich mich entsinne- als erste Frau im Amt des Exegetes in die Geschichte der Polis eingehen wird, vorschlagen und empfehlen. Nicht nur, dass häufig der Exegetes gleichzeitig Archipyrtanes ist, sondern auch, dass diese Exegetin eine besonders vortreffliche Bürgerin der Polis ist, spricht dafür."


    Die Tatsache, dass der Benennung einer Römerin zudem in der angespannten Situation eine Taktik zugrunde lag, die darauf hinauslief, gewissen feindseligen Römern die Angriffsfläche gegen die Polis und ihre führenden Bürger zu entziehen, erwähnte Nikolaos nicht. Aber keinem aufmerksamen Pyrtan dürfte dieser weitere Vorzug der Iunierin entgangen sein... .

  • Ànthimos hatte an Nokolaos Vorschlag nichts einzuwenden, denn er hielt Urgulania für eine sehr gute Wahl. Gerade auch, wenn man die Spannungen zwischen den Griechen und den Rhomäern bedachte. Dass die Griechen das ihren Vertretern übelnehmen konnten, glaubte er nicht, schließlich war das eher ein repräsentatives Amt.



    "Ich halte den Vorschlag für sehr gut und würde ihm auch voll zustimmen. Urgulania erscheint mir eine ausgezeichnete Wahl für den Posten des Archipyrtanes und deshalb hätte sie meine Stimme ebenfalls."

  • Natürlich ahnte ich, dass Nikolaos mich nicht einfach zur Archiprytanin machen wollte, weil ich eine so tolle Frau und Bürgerin war, aber wer war ich denn ihm zu widersprechen? Vor allem in einer solchen Situation, wo es eine grosse Symbolkraft hätte, wenn eine Römerin das Koinon führte.
    Sofern mir das Koinon in dieser Sache das Vertrauen ausspricht, wäre ich bereit diese Aufgabe zu übernehmen.
    sagte ich, mehr der Form halber, denn selbst wenn ich es nicht gewollt hätte, hätte ich mich nicht so ohne weiteres dagegen wehren können.

  • Ai, da hatte Nikolaos wohl recht, er war ja auch Archipyrtanes gewesen. Wie hatte er das übersehen können?
    "Verzeih meine Schludrigkeit, natürlich muss dieses Amt der Inschrift noch hinzugefügt werden."
    Ein etwas unsicheres Lächeln versuchte seinen Fehler zu überspielen und Timos war froh, dass der Keryke dann schon einen neuen Tagesordnungspunkt vorbrachte.
    "Ich für meinen Teil stehe voll und ganz hinter dir, werte Urgulania!" erwiderte Timos auf die Aussage der Iunierin. Mehr gab es dazu nicht zu sagen, seine Meinung war klar.

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