• Verwundert blickte ich Ánthimos hinterher, der plötzlich den Raum verließ. Natürlich kannte ich ihn noch nicht wirklich, aber mit solch einer heftigen Reaktion hatte ich nicht gerechnet. Das Thema Nikolaos schien ja äußerste Spannungen aufzurufen. Warum, fragte ich mich, denn bisher war mir mein Lehrer noch nie ungemütlich aufgefallen, doch auch ihn kannte ich bisher eben nur spartanisch und man wusste ja nie so genau, was sich wirklich hinter der Fassade eines Menschen verbarg.


    Der Sache mit der Hochzeit konnte ich allerdings auch nicht so recht zustimmen, denn obgleich Emilía und ich bisher eher weniger Kontakt hatten, so hatte ich doch das Gefühl, als sei sie eine eher lebendige, freie Frau, die solch ein Martyrium nicht würde auf sich nehmen wollen.
    Still schaute ich mich im Raum um, auf die Gesichter der Anwesenden und spürte die Spannung, die hier im tablinum lag.
    Ich sagte nichts und wollte den Wogen erst einmal Gelegenheit geben, sich zu glätten, bevor ich meine Meinung zu dem Thema öffentlich kundgab und außerdem nahm ich ohnehin nicht an, dass das Thema mit Ánthimos Abtritt Geschichte war.

  • Timos wollte es nicht fassen. Konnte es nicht fassen. Ánthimos Wutanfall ließ ihn zusammenfahren. Wein schwappte aus seinem Becher auf den Tisch und machte seine Hand klebrig. Mit vor Schreck aufgerissenen Augen nahm Timos wahr, wie sein Bruder den Raum verließ. Wie in einem Traum hörte er Nikes und Emis Worte, wobei sich jeder Satz in seinem Gedächtnis einprägte. Als Emi in ihrer Rede geendet hatte, schüttelte der Strategos den Kopf und wurde wieder halbwegs klar. Er schaute verdattert von Nike zu Emi zu Penelope und zu Pasiphaë. Plötzlich keimte Zorn in ihm auf. Er fixierte Emi und presste hervor: "Ich danke dir...wir bereden das später..." Dann ballte er die Fäuste, saß einen Moment reglos da und atmete tief durch.
    In einem Augenblick der ungezügelten Wut holte Timos dann ruckartig aus und pfefferte seinen Weinkelch auf den Boden, stand abrupt auf und stampfte ebenfalls aus dem Raum, wobei er etliche Schmähungen auf die Frauen und seinen Bruder und den Gymnasiarchen und besonders auf die Frauen ausstieß, während er dann die Treppe hinaufstürmte und sich in seinen Raum begab.

  • Oh oh, dachte ich und sollte Recht behalten. Noch ehe er es selbst bemerkte, warf Timos seinen Becher auf den Boden und sprang auf, so, wie sein Bruder es eben selbst getan hatte. Hätte ich das nicht schon von früher gekannt, ich wäre schockiert gewesen, aber so dachte ich mir nur meinen Teil, ohne groß überrascht zu sein. Also doch noch ein Heißsporn, dachte ich, als der junge Grieche wütend davonstampfte und sich nicht gerade bemühte, seine Gedanken für sich zu behalten.


    Wäre die Situation nicht bitterernst gewesen, ich hätte lachen müssen, denn noch lange nachdem Timos den Raum verlassen hatte, hörte man ihn schimpfen wie einen kleinen, wütenden Jungen. Aber was er da über die Frauen sagte .... das wollte ich lieber nicht wiederholen, nicht einmal in Gedanken.


    Nun saßen wir da und die Gesellschaft wurde merklich kleiner - und weiblicher. Blieb nur zu hoffen, dass nicht noch jemand die Beherrschung verlor.

  • Als Ánthimos losbrüllte und dann wütend den Raum verließ, zuckte Penelope kurz zusammen, blieb aber ansonsten ruhig. Timos folgte seinem Bruder fast ebenso heftig nur wenige Augenblicke später, ebenfalls wütende Beschimpfungen von sich gebend. Eines war sicher, die bantotakischen Männer würden wohl nicht als besonnene Stoiker eines Tages in die Geschichte eingehen. Anfangs fand Penelope diesen Zug ja sehr charmant und lebendig, aber in Momenten wie diesen wünschte sie sich manchmal etwas mehr Ruhe von diesen Hitzköpfen.
    Doch zum Glück gab es für diesen Fall immer noch die Frauen hier. Und so, wie sie jetzt unter sich waren, konnte man ohnehin viel besser reden und planen. Die Männer würden sich schon wieder abregen und in den passenden Momenten konnte man dann Stück für Stück das an sie herantragen, was man eigentlich wollte.


    Also wandte sie sich einfach an Emi, als wäre weiter nichts gewesen. Jetzt gab es schließlich noch einiges zu besprechen, auch wenn die Männer das augenscheinlich nicht wollten.
    “Mach dir keine Sorgen, die beruhigen sich schon wieder. Aber jetzt, wo wir unter uns sind, können wir vielleicht etwas ruhiger miteinander reden.
    Hast du es dir gut überlegt mit Nikolaos? Er ist gewiss eine respektable und ehrenwerte Partie, mit viel Macht. Aber er hat auch mächtige Feinde. Nicht deinen hitzköpfigen Cousin, sondern wirkliche Feinde. Als seine Frau könnte es auch gefährlich sein. Meinst du, du schaffst das?“

    Penelope hatte Emilia bisher hauptsächlich als etwas unbedacht und leichthin erlebt. Bei Nikolaos würde sie aber ein dickes Fell brauchen, um nicht unterzugehen. Und vor allem, wenn sie ihn beeinflussen sollte, wie Timos das wohl gerne wollte. Daher fragte Penelope ein wenig besorgt, denn sie würde eine Verwandte nicht in eine Schlangengrube schicken, wenn diese sich dafür nicht bereit fühlte.
    “Und hast du dir vielleicht schon überlegt, was du machen willst, um eigenes Geld zu haben? Ich finde, eigener Verdienst bringt einer Frau viel Freiheit, also solltest du dir darüber gute Gedanken machen.“

  • Ach du ... Emi blickte von Anthi zu Timos und zurück und wieder her. Die Männer hatten sich anscheinend heute gar nicht gern und Timos ging ebenfalls hinaus, kein gutes Haar an den Frauen lassend. Dabei fand Emi, dass gerade die Frauen ein ausgesprochenes Feingefühl bewiesen hatten, die Männer dagegen waren die Hitzköpfe. Zuviel Wein, zuviel Machtgehabe. Männer eben. Emi konnte, im Gegensatz zu den anderen Bantotakinnen grinsen und tat das ausgiebig. Der Streit zwischen den Männern stimmte sie zwar traurig, aber es bekümmerte sie nicht so arg, wie man das vielleicht denken könnte. Sie war der felsenfesten Überzeugung, dass die zwei sich früher oder später einig werden würden und wieder vertragen - zumal in dieser Angelegenheit eh Timos der Entscheidende war.


    Pelo ergriff als nächste das Wort und Emi wandte sich zu ihr, strich sich einmal durch den wilden Lockenkopf und lächelte immer noch.


    "Ja, das denke ich auch. Im Moment sind sie sauer, aber das verfliegt. Ich schätze mal, dass sie bald darüber reden werden und im Grunde ist es ja eh Timos, der entscheidet. Mein Vater wird ihm so oder so zupflichten, wenn er erstmal weiß, wer Nikolaos ist und welche Position er hier bekleidet." Emi lächelte, blickte zu NIke, die sehr still war und dann wieder zu Pelo. Sie griff sich einige Oliven und sprach weiter, während sie noch kaute. "Mir kam der Gedanke eine Taberna zu eröffnen. Ich weiß, das ist eigentlich kein Beruf und auch gar keine Beschäftigung für eine anständige Frau. Aber ich koche gerne. Und gut. Vielleicht kann man einen Verwalter einsetzen oder Timos oder Anthi führen sie und ich koche nur. Da lässt sich bestimmt eine Möglichkeit finden. Das beste wäre ja, wenn ich den Betrieb dann auch in der Ehe behalten könnte. Aber ob Nikolaos sowas erlaubt?"


    Die jüngste Bantotakin zuckte mit den Schultern und schluckte die letzte Olive hinunter. Dann dachte sie kurz über das, was Pelo zu den Feinden gesagt hatte, die sich Nikolaos erarbeitet hatte. Ihre Augenbraue zogen sich zusammen und sie zuckte nochmal mit den Schultern. Und grinste fröhlich.


    "Sollte ich ihn wirklich heiraten und spätestens wenn sich der erste Erbe ankündigt, wird Nikolaos sicherlich gut auf mich Acht geben. Wahrscheinlich bekomme ich eine Leibwache oder sowas. Da mach ich mir keine Sorgen." Doch dann wurde ihr Gesicht allerdings ernst. "Das einzige, was ich bedauer ist, dass ich dann hier ausziehe. Ich werd euch Mädels alle schrecklich vermissen. Es fühlt sich an, als wäre ich gestern erst hier angekommen. Aber wir sind uns ja wenigstens alle einig, dass ich zuerst die Ephebia bestehen sollte. Das ist mir wichtig."

  • Nike hatte das Geschehen mit Zurückhaltung verfolgt. So wirklich gefallen wollte ihr der Gedanke nicht, dass ihre kleine Schwester schnell mal mit jemand wichtigem verheiratet werden sollte. Nun, nachdem die Männer gegangen waren, blickte sie Emi ernst an und richtete das Wort an sie:


    "Du tust in jedem Falle klug daran Dir ein eigenes Standbein zu schaffen, bevor Du heiratest. In jedem Fall aber solltest Du eine Heirat nicht auf die leichte Schulter nehmen. Dies ist ein Schritt der gut überlegt sein will, denn er wird Dein ganzes Leben von Grund auf verändern. Und auch wenn Du auf Timos vertraust, so sollte Dir bewußt sein, dass es Du es bist und nicht er, der sein Leben dann mit diesem Nikolaos teilen wird. Du solltest Dir sicher sein, dass es das richtige ist und wenn Du der Meinung bist, dass es nicht das richtige ist, so bin ich sicher, dass Timos dies berücksichtigen wird."


    Sie machte eine kurze Pause und nahm einen Schluck Wein zu sich. "Vielleicht kann man sich nie wirklich sicher sein, ob jemand der richtige ist, aber man sollte sein Urteil nicht von Geld oder Status abhängig machen, worauf Väter und Brüder vielleicht zu sehr achten. Zu leicht kann so etwas auch den Weg in einen goldenen Käfig ebnen und ich glaube nicht, dass Du dort glücklich werden könntest. Wahrscheinlich ist dies nur Schwarzmalerei von mir, aber völlig ausschließen kann man dies oder auch andere Dinge nie."

  • Ein ganz klein wenig verständnislos schaute Penelope zwischen Berenike und ihrer Schwester hin und her. Auch wenn sie Ánthimos aus Liebe geheiratet hatte, war sie doch ein Kind ihrer Zeit und ihrer Erziehung und konnte den Einwand nicht wirklich verstehen. Griechische Frauen lebten sogesehen alle in ihren Käfigen, und da war ein goldener auf jeden Fall einem aus brüchigem Mörtel vorzuziehen. Die wenigen Frauen, die nach der Hochzeit noch so frei waren wie davor, waren wirklich glücklich zu schätzen. Vor allem von Athen hörte man schauderliche Geschichten, dass dort verheiratete Frauen noch nicht einmal auf die Straßen mehr gehen durften. Hier in Alexandria hatten die Frauen aufgrund des ägyptischen Einflusses über die Jahrhunderte erstaunlich viele Freiheiten, behielten mit der Ehe ihren persönlichen Besitz und konnten sich sogar scheiden lassen. Auch in Griechenland war es in vielen Poleis schon besser geworden, aber dennoch blieb eine Frau de facto Eigentum ihres Mannes.


    Daher war glücklich werden eher ganz unten angesiedelt auf der Liste der Dinge, die man durch eine Ehe erhalten wollte als Frau. Da ging es um sozialen Status, um persönliche Freiheit, die Möglichkeit, Einfluss zu nehmen und sich einen gewissen, gewohnten Lebensstil zu erhalten. Das Glück war dann, wenn man hinterher noch möglichst viel Freiheit hatte und der Mann auf einen hörte.
    Sogesehen war Penelope grade auch nicht uneingeschränkt glücklich, aber es störte sie nicht. Sie war den Göttern dankbar, dass sie so viel Glück gehabt hatte, sie hätte auch in Rhakotis sterben können. Aber in der schönen Stellung, in die sie jetzt kamen und dem Namen, den sie jetzt hatte, konnte man anders planen als damals, und das sollte Emilia ruhig zugute kommen.


    Allerdings war Penelope ein wenig unsicher. Die Cousine, wenngleich in ihrem Alter, erschien ihr soviel kindischer und unerwachsener, wie sie so unbekümmert daherredete. Sie sollte sich wirklich ein paar mehr Gedanken machen. Auch wenn Berenike wohl zu den Romantikern gehörte, war ihr ihre allgemein vorsichtigere Art da doch fast noch lieber.
    “Er wird auch schon vorher auf dich Acht geben, wenn du seine Frau bist. Egal was Anthi auch sagt, er ist ein ehrenwerter und guter Mann. Nun, er hat auch seine Laster, das will ich nicht verschweigen. Es gibt doch einiges an Gerede über ihn, und dass sein Handelskontor Opium verkauft, finde ich nicht gut.“
    Penelope hasste diese Droge und den Alkohol, die ihren Großvater so sehr zerstört hatten. Sie wusste zu gut, was das mit einem Menschen anrichten konnte, und war deshalb alles andere als erbaut darüber, dass Ánthimos das Zeug zur Behandlung verwendete und auch noch im Haus aufbewahrte. Nur hörte er auch hier nicht auf sie und wann immer sie es versuchte, winkte er ab und meinte nur, er brauche es eben für die Behandlungen.
    “Aber er würde nicht zulassen, dass jemand dir etwas tut, sofern er es verhindern kann. Du solltest daher schon etwas vorsichtig dann sein, denn nicht alle Feinde kommen mit dem Messer in der Hand, einige kommen mit einem Lächeln.“
    Penelope war sich nicht sicher, ob Emilie das verstand. Sie hoffte es, denn diese Hochzeit würde der Familie wirklich viel bringen. Sofern sie es umsetzen würden, hieß das. Aber wenn sie dadurch Einfluss nehmen konnten auf so eine bedeutende Persönlichkeit, dann war das ein großer Gewinn, mal ganz abgesehen vom Prestige und dem Ansehen.


    Doch zunächst gab es auch etwas anderes zu besprechen, und Penelope ließ das Thema Nikolaos erst einmal gut sein. Eine Taverne? Anständige Frauen führten keine Taverne. Eine Frau in der Taverne, von der Schankmaid bis zur Wirtin, waren üblicherweise käuflich. Und Penelope wollte nicht, dass jemand so von ihrer neugewonnen Cousine dachte. Sie war sicher vieles, aber keine Hure. Wollte sie zumindest sehr stark hoffen!
    “Eine Taverne? Nun, ich weiß nicht. Nikolaos hat auch eine, direkt an der Agora. Wären zwei nicht ein wenig viel?“
    Dass Nikolaos seine Taverne an Cleonymus überschrieben hatte, konnte Pelo ja schließlich nicht wissen. Und es war eine gute Ausrede, warum Emilia sich das noch mal überlegen sollte.

  • Emi schüttelte den Kopf und blickte zu ihrer Schwester. Ging es nur ihr so oder hörte sie sehr wohl die schlimmen Erfahrungen heruas, die ihre Schwester gemacht hatte. Sie klang ernst, sehr ernst und warnte sie ganz klar vor den Dingen, nach deren Gesichtspunkt der eigene Vater ausgewählt hatte. Der Lockenkopf lächelte ihr aufmunternd zu und versuchte ihr und auch sich selbst die Situation besser zu ergründen.


    "Wer könnte denn richtiger sein? Heiraten muß ich so oder so und unser Vater hat deutlich gemacht, dass Timos da das Entscheidungsrecht bekommt. Ich durfte nur hier hin reisen mit der Prämisse, dass ich eine gewisse Bildung erkenne. Ich bin schon so alt und es wird Zeit. Auch wenn es nicht das Erste war, dass ich mir gewünscht hab als ich hergekommen bin. Das geb ich ja zu." Sie grinste. Es hätte ihr ehrlich gesagt besser gefallen, wäre ihr noch mehr Zeit gegönnt gewesen. Aber eine solche Chance bekam man nicht zweimal im Leben. "Ja, es wäre ein goldener Käfig. Ein Käfig mit massenhaft Gold außen rum und innen drin. Nikolaos ist reich und mächtig, sein Ansehen würde auf die Familie abfärben und Timos und Anthi sicherlich weiterhelfen, darum geht es doch bei der Sache. Er ist gelehrt und soweit ich ihn bisher kennengelernt hab ganz nett. Was kann man denn mehr verlangen?" Sie blickte die drei Frauen an, wovon zwei von ihnen verheiratet waren und ihr wahrscheinlich auch zwei sehr unterschiedliche Ansichten von der Ehe als solcher darboten. Pasiphaë war unverheiratet und beteiligte sich kaum an der Diskussion, was Emi schade fand. Sie kannte die Frau zwar noch nicht so gut, aber dennoch hätte ihre Meinung sie interessiert. Daher blickte sie sie unumwunden mit einem fragenden Blick an.


    Dann allerdings richtete sich ihre Aufmerksamkeit doch wieder zu Pelo, die gerade keine unwichtigen Details erzählte. Sie war die einzige von ihnen, die aus Alexandria stammte und somit mehr wußte über Nikolaos. "Opium?" Emi zog eine Schnute. "Verkauft er es oder konsumiert er es? Und was für Gerede gibt es noch? Vielleicht sollte man sich mal ganz genau über ihn umhören, hat er Sklaven oder Sklavinnen? Dann könnte sich vielleicht Kiya bei ihnen umhören es dürfte nicht schaden, sich einen umfassenden Eindruck von ihm zu machen."

  • Sim-Off:

    Eigentlich ist Pelo zu dem Zeitpunkt hier noch schwanger und Kiya noch gar nicht gekauft. (Eigentlich ist da ja noch März) Aber nachdem Timos schon mehrere Zeitebenen verwurstet hat, mach ich das jetzt frech einfach auch, dann passt auch mit den Spielen (die ja auch eigentlich einige Wochen nach der Geburt sein sollten, damit Pelo teilnehmen kann), die ja bei euren Posts auch am nächsten Tag sind. Wollen wir mal nicht so streng mit dem Raum-Zeit-Kontinuum sein.


    “Nun, das ist nichts, worüber man am Museion unbedingt miteinander redet“, meinte Penelope leicht schmunzelnd. Auch wenn es in den vornehmeren Kreisen Gang und Gebe war, dass man auch Rauschmittel konsumierte, es ja fast schon zum guten Ton einer Feier gehörte, prahlte man damit nicht. Erst recht nicht im Tempel des Apollon.
    “Aber es gibt ein paar Gerüchte, dass er es nimmt. Doch habe ich nie dergleichen bei ihm gesehen oder bemerkt, dass er im Rausch gewesen wäre. Wenn er es nimmt – was ich nicht weiß – dann wohl nur zuhause und in einem Maße, dass die Öffentlichkeit es nicht mitbekommt.“
    So, was gab es noch an schmutzigen, kleinen Geschichten über Nikolaos zu berichten? Penelope gab ja nicht allzu viel auf Klatsch, aber gehört hatte sie ihn. Vor allem in Rhakotis verbreiteten sich trotz aller Verschwiegenheit des Viertels an und für sich Gerüchte wie ein Lauffeuer.
    “Nun, angeblich darf er nichtmehr nach Athen zurück, weil er seine Cousine verführt habe und fliehen musste. Aber das ist wahrscheinlich bloß Gewäsch, weil er kein gebürtiger Alexandriner ist, und die Leute ihm seinen Aufstieg neiden.
    Es heißt, er sei bestechlich, auch wenn ich das noch nicht bestätigen würde. Er ist auf jeden Fall intrigant und liebt seine Spielchen. Da solltest du ihm gewachsen sein und gesunde Skepsis bewahren.
    Angeblich soll er auch bei den Römern im Lohn stehen, wobei ich das gar nicht glauben möchte. Doch diese stimmen werden zur Zeit auch immer lauter, vor allem, seit er in der Basileia wohnt.“

    Penelope überlegte, ob ihr noch etwas einfiel an Gerede, aber das meiste war nichtmal halb ausgegoren und wirklich nur Gewäsch. Und sie selbst wusste ja auch nichts darüber zu sagen.
    “Anthimos glaubt, dass er in mich verliebt ist oder es war, allerdings halte ich das für Unfug. Er hat mir keine Avancen gemacht und war auch sonst sehr höflich und zuvorkommend immer. Da geht meiner Meinung nach seine Eifersucht mit ihm durch.“
    Penelope winkte von selber das Thema müde mit der Hand ab. Sie hatte es aufgegeben, da vernünftig mit ihm reden zu wollen, das hatte keinen Sinn. Da brauchte man auch nicht hier drüber zu diskutieren, denn sie war überzeugt, dass Nikolaos nur aufrechte und platonische Bewunderung für sie fühlte, nicht mehr.
    “Natürlich hat er Sklaven. Eine ganze Menge. Nun, die im Gymnasion gehören ihm glaube ich nicht selbst, aber in seinem Haus in Basileia hat er einige Leibsklaven. Immerhin ist er ein wohlhabender Mann.“ Da wäre es ja geradezu unanständig in ihren Augen gewesen, wenn er keine Sklaven gehabt hätte und selbst mit den Händen arbeitete. Sowas machte ein Mann von Stand nicht.
    “Vielleicht kann sich Kiya mal unterhalten, ist eine gute Idee. Wobei es schwierig werden könnte, sie nach Basileia hineinzubekommen…“
    Penelope überlegte ein wenig, was man machen könnte, um das zu arrangieren.
    “Vielleicht könnten wir Timos dazu bringen, dass ihm einfällt, welch wunderbare Idee es wäre, Nikolaos würde uns zum Essen einladen. Dann könnte er das bei seinem nächsten Besuch dort forcieren…“
    Man konnte sich schlecht selbst einladen, und wenn mussten sie Timos involvieren. Als Frau konnte man sich noch viel weniger selbst einladen. Aber wenn Timos auf die Idee kam – oder besser gesagt, gekommen wurde – könnten sie dorthin und Kiya könnte sich vielleicht in der Küche mit den Sklaven vertraulicher unterhalten, als das bei Tisch ging. Außerdem könnte Emilia so das Haus sich schonmal anschauen und einen Einblick gewinnen, wie Nikolaos wohnte. Ja, Penelope fand die Idee gar nicht schlecht.

  • Sim-Off:

    oh mist, das mit kiya ist mir gar nicht aufgefallen. mhh, aber du hast recht, es stört ja eigentlich auch nicht weiter. dann lass ich nike und pasi mal und schreib dann... will ja nicht drängeln ;)

  • "Ich kann dir keinen sicheren, guten Rat geben, Emilía. Ich kann dir nur sagen, was ich denke." Eigentlich wollte ich gar nichts dazu sagen, aber Emis intensiver Blick zwang mich förmlich dazu und so entgegenkommend, ihr meine Gedanken mitzuteilen, wollte ich dann auch sein. Zumal die junge Griechin mir ohnehin sympathisch war. "Ich denke, dass du die Freiheit liebst und dass du etwas wilder - Ich sagte es in vorsichtigem und durchaus wohlwollendem Ton - bist, als die meisten Frauen, deshalb, um ehrlich zu sein, hat es mich sehr verwundert, dass du der Hochzeit so schnell zugestimmt hast. Ich kenne dich zwar noch nicht so gut, aber ich hätte vermutet, dass du du dich sträubst und erst einmal alle Hebel in Bewegung setzt, um das zu verhindern." Ich wartete kurz, bevor ich fortfuhr. "Andererseits scheint Nikolaos eine sehr gute Partie zu sein, er hat Macht, Geld und einen hohen Status und in unserer Welt sollte man sich schon fast fragen, ob es nicht das ist, was eine Frau bei einer Hochzeit am Meisten begehren sollte. Sicherheit." .... "Auch wenn deine Sicherheit wohl nicht ganz ungefährlich ist." Wie paradox, dachte ich, aber letztendlich war es genau so. Nikolaos wäre im Stande, seiner Frau ein gutes Heim zu geben, doch hörte man auf die Worte Penelopes, so kam es nicht ohne dunklen Schatten - und wie weit der sein Unheil auch über Emilía zu schütten drohte, das konnte wohl keiner vorher wissen.


    In diesem Moment schaute ich aber erst einmal zu Berenike. "Ich kann auch den Standpunkt deiner Schwester verstehen." sagte ich, an Emilía gewandt. "Eine Hochzeit aus Liebe ist für eine Frau selbst natürlich das Schönste und wenn du denkst wie deine Schwester, dann solltest du weitersuchen, auf dass du den Mann findest, der dein Herz wirklich berühren kann." Für ein, zwei Sekunden hob ich meine Schultern in die Höhe und ließ sie dann wieder sinken.
    "Die Frage ist natürlich, ob das gelingt und ob du dich nicht irgendwann ärgerst, dass du solch eine angesehene Partie wie den gymnasiarchen verspielt hast."


    Ich trank einen Schluck und während ich das tat, dachte ich über die Dinge nach, die Penelope uns allen soeben erzählt hatte. Die angeblichen Laster und Gerüchte, die über den Griechen in Umlauf waren. "Ich denke, wir müssen auch die Dinge einbeziehen, die Penelope uns eben berichtet hat." Ich war keine Freundin von vorschnellen Urteilen, deshalb versuchte ich, meine Besorgnis so neutral wie möglich herüberzubringen. "Es wäre wohl keine schlechte Sache, tatsächlich herauszufinden, was von den Dingen, die über ihn gesagt werden, wahr ist und was nur üble Nachrede." Ich trank noch einen Schluck. "Vielleicht stellt sich alles als unwahr heraus. Letztendlich ist es immer das gleiche. Wenn einer zuviel Macht hat, versuchen die anderen, sie ihm streitig zu machen und setzen Gerüchte in die Welt. Das war zu Hause in Memphis so und in Alexandria ist es auch nicht anders. Deshalb halte ich die Idee, Timos davon zu überzeugen, uns alle bei Nikolaos einzuladen, für eine gute. Wenn wir Kiya wirklich bei ihm "einschleußen" - ich sagte es so wenig konspirativ wie möglich - können, dann können wir Dinge herausfinden, die uns in unserer Entscheidung wohlmöglich mehr weiterhelfen, als eine endlose Diskussion, bei der uns die Leute davonstürmen."


    "Letztendlich aber liegt die Entscheidung bei dir." Zumindest sollte sie das und ich war auch sicher, dass Emi ihren Kopf würde durchsetzen können, sobald sei eine feste Meinung gefasst hatte. Einer Frau, die eine Taverne eröffnen wollte, der war so einiges zuzutrauen und so glaubte ich auch nicht, dass sie irgendwann jemals damit Probleme haben würde, zu sagen, was sie denkt. Zumindest hoffte ich das, denn es wäre schade und würde meiner jetzigen Meinung nach so gar nicht passen, sollte es sich als anders herausstellen.

  • Nike fühlte sich mißverstanden. Sicher war es etwas erstrebenswertes und wunderbares wenn zwei Menschen heirateten, die sich auch gegenseitig liebten, doch war ihr durchaus bewußt, dass dies nicht die Regel war und die Gründe für eine Heirat in erster Linie woanders zu suchen waren. Und auch wenn Status und Geld, zumindest aus Sicht der Väter, die wichtigsten Gründe waren, so sollte man diesen nicht alles opfern. Vielleicht hatte sie selbst einfach zu schlechte Erfahrungen in ihrer Ehe gesammelt, aber ihr war der Charakter des Ehemannes nun einmal wichtiger als alles Geld.


    Nike seufzte leise. "Eine Heirat aus Liebe ist natürlich etwas wunderbares, aber darum ging es mir eigentlich gar nicht. Es ist mir nur wichtig, dass Du jemanden findest, der einen festen Charakter hat und vor allem der auch zu Dir paßt. Manchen Frauen macht es sicherlich nichts aus in einem goldenen Käfig eingesperrt zu sein, aber so wie ich Dich kenne, gehörst Du sicherlich nicht dazu. Du brauchst einfach den Umgang mit anderen Menschen, sonst wirst Du auf Dauer nicht glücklich sein. Und ich kann nicht beurteilen, wie gut Nikolaos zu Dir paßt und ob er Dir die nötigen Freiheiten gibt, die Du brauchst."

  • Oooh, Frauen. Kaum waren die männlichen Bantotaken aus dem Zimmer sprachen die Frauen viel, viel mehr als vorher. Und ausgiebig wurde über die von Timos vorgeschlagene Hochzeit diskutiert und ganz besonders, nein, eigentlich nur über den Kandidaten. Emi schaute von einer dunkelhaarigen zur nächsten und lächelte, nickte und dachte nach. Emilía Kerykes. Klang seltsam. Richtig seltsam, irgendwie. Sehr ungewohnt.


    Sie hörte aufmerksam zu was die anderen drei zu sagen hatten und da waren einige sehr gute Argumente darunter. Jede von ihnen hatte andere Erfahrungen gesammelt die mal mehr oder weniger ihre Meinung beeinflussten. Interessant war vor allem, dass alle drei Emi ganz anders einschätzten als sie sich selber. Sie sah in Nikolaos eine gute Partie und ganz wie Pasiphaë es gesagt hatte, vielleicht würde sie sich irgendwann einmal ärgern, wenn sie sich die Chance entgehen ließ. Natürlich würde es ihr nicht gefallen ihre Familie und dieses Heim zu verlassen, in dem sie sich so wohl fühlte. Wahrscheinlich wäre sie in Basileia auch ziemlich schnell ziemlich einsam, der goldene Käfig war nun mal ein Käfig. Ihre eigene Sicherheit und die späterer Kinder war sehr, sehr wichtig und darunter würden sie leiden. Dann könnte sie nicht mehr spontan über den Markt schlendern und sich neue Kleider kaufen. Wenn sie allerdings einen weniger reichen und weniger mächtigen Mann heiraten würde, gäbe es diese Freiheiten noch. Und sie würde sich nicht mit der Politik, den Intrigen und den Machenschaften hinter anderer Leute Rücken kümmern müssen, denn damit verbrachte Nikolaos anscheinend viel Zeit. Seine Spielchen, so hatte es Pelo ausgedrückt, denen müsse sie gewachsen sein. Und auch Pasiphaë und Nike sagten viele wichtige Dinge, auf die sie selber wahrscheinlich so gar nicht gekommen wäre.


    "Also, ob er mir diese Freiheiten gibt, kann keiner von uns sagen. Das wird sich herausstellen und selbst wenn er das vor der Hochzeit zusichert, heißt es noch lange nicht, dass es auch so stattfinden wird. Seinen eigentlichen Charakter finde ich wohl erst nach der Hochzeit raus, egal wie gut wir uns im Vorfeld informieren. Allerdings bin ich absolut dafür, dass wir Timos dazu bringen uns dorthin einzuladen." Emi nickte freudig. "Dann schauen wir gleich mal wie golden der Käfig wirklich ist." Sie grinste schelmisch.


    Ja, wenn die drei dachten sie würde die Situation nicht wirklich ernst nehmen, dann hatten sie diesen Eindruck wohl zu Recht. Emilía war nun mal ein Hitzkopf mit felsenfester Meinung und sie dachte meistens erst, nachdem sie gesprochen hatte. Obwohl ihr weder die Fähigkeit zu politischem Kalkül fehlte war es einfach mehr in ihrer Natur eine unbekümmerte und fröhliche Frau zu sein. Und so konnte man durchaus Bedenken haben, ob sie die Richtige für einen Gymnasiarchen war.

  • Ich schaute ein wenig lustig drein und wusste nicht so recht, ob ich grinsen oder schockiert sein sollte. Dementsprechend verzog sich mein Mund auch nur zu einem Halblachen und es drang kein Ton daraus hervor.
    Wie golden der Käfig wirklich ist, hatte sie gesagt und dabei gegrinst. Irgendwie klang das seltsam und ich wusste nicht, was ich davon halten sollte. Eine Hochzeit wäre ein großer Schritt und sollte nicht so leichtfertig genommen werden - und trotzdem fand ich das alles schon ein wenig komisch. Emilía ist eben Emilía, dachte ich und überlegte, ob ich sie in der kurzen Zeit unserer Bekanntschaft überhaupt schon einmal anders, als locker erlebt hatte.
    Dennoch, zu locker sollte sie die Sache auch nicht nehmen, nicht dass eines Tages das böse Erwachen kam.


    Und wieso sagst du ihr das nicht? sagte eine Stimme, die urplötzlich durch meinen Kopf schoss. ..
    Ja, warum sage ich ihr das nicht, dachte ich und meldete ich mich noch einmal zu Wort. "Emilía." sagte ich. "Ich will ja nicht den Moralapostel spielen, aber ich würde das alles ein wenig ernster nehmen." Sie schaute noch immer so fröhlich, dass ich nicht umhin kam, ebenfalls zu lächeln. "Versteh mich nicht falsch." sagte ich freundlich. "Aber nicht, dass dir das Lachen eines Tages vergeht."


    Herrje, klang das depressiv, doch ich baute darauf, dass sie verstand, was ich meinte.

  • Autsch! Da sagte sie erst tagelang nichts (jedenfalls kam es Emi so vor) und dann direkt sowas. Ihr Kof schnellte zu Pasiphaë, so dass ihre Locken lustig hin und her wogten. Einen Moment musterte sie die neue Freundin der Familie, die ihr in der kurzen Zeit schon so vertraut geworden war. Ja ja, das hatte man davon, wenn man die Meinung von anderen hören wollte. Sie lächelte sanft und nickte.


    "Du hast Recht, eine Heirat ist wichtig und ernst und entscheidet über das restliche Leben." Ein kurzer Blick zu ihrer Schwester, die wahrscheinlich am besten verstand was Emi meinte. "Nikolaos ist aufgrund seiner Stellung in der Polis wohl das, was ein Fischer einen guten Fang nennt. Er ist reich und mächtig, er hat reiche und mächtige Feinde. Ich versteh das und bin mir der Gefahren bewußt. Auch, wenn ich nicht den Eindruck mache." Sie grinste wieder und blickte alle drei Frauen an, während sie noch etwas trank und dann wieder das Wort erhob. "Es gibt vieles, dass dagegen spricht, nicht zuletzt, dass Anthi ihn anscheinend wirklich nicht leiden kann. Es gibt aber auch vieles, dass dafür spricht. Außerdem kann Timos darüber sowieso frei verfügen, wenn er es für das richtige hält, wird es wohl geschehen. Auch wenn man immer noch versuchen könnte ihn davon abzubringen, die Frage ist nur, ob ich das sollte. Mit Nikolaos als Ehemann haben meine Kinder alles was sie jemals brauchen könnten, sie kriegen eine hervorragende Bildung, wachsen sicher und behütet auf und werden es sicherlich weit bringen. Und ich werde ihnen schon einbläuen, wem sie das zu verdanken haben. Wo doch allgemein bekannt ist, dass die bantotakischen Frauen hervorragende Männer zur Welt bringen." Auch hier nochmal ein schelmisches Grinsen.

  • Ich war eine Weile in meine Gedanken versunken gewesen, hatte anschließend einige Weintrauben gegessen und die Unterhaltung erst dann wieder aufgenommen. Erst, als ich mir überlegt hatte, was ich auf Emilías Ausführungen antworten konnte.
    Sie hatte nun meine Meinung gehört und ich die ihre und wie sie darüber dachte. Sie hatte in vielem Recht und doch interessierte mich eines ganz besonders. So wandte ich meinen Blick wieder dem ihren zu.
    "Emilía, du bist doch auch noch nicht so lang in Alexandria und ich hatte bisher nicht den Eindruck, dass du hierher gekommen bist, um schnellstmöglich einen Mann zu finden." Ich wusste so wenig über sie und auch über ihre Schwester. "Was hat dich bewegt, als du deinen Fuß in diese Stadt gesetzt hast? Hattest du irgendwelche besonderen Pläne?"

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