Phraates in einem kalten Land

  • Der Sklavenhaendler, Marcus Verrucius Ahenobarbus, sah sueffissant dabei zu, wie seine Assistenten den Parther nach vorne schubsten, sodass dieser fast umgefallen waere. Er hasste Parther. Sein Vater hatte schon die Parther gehasst, und sein Grossvater auch (bevor die Parther ihm den Kopf abschnitten und in einem nett verschnuerten Paket nach Rom schickten). Noch so ein Kriegsgefangener. Er hatte ein unbestimmtes Gefuehl, dass dies ein guter Tag werden wuerde, auch wenn er nie so viel einnehmen wuerde wie sein Konkurrent Titus Tranquillus.


    Phraates fing sich gerade noch ein, sonst waere er zu Boden gefallen. Die Augen vieler Roemer lasteten auf ihn. Ja. Seht den Menschen, der dachte, er haette einen genialen Plan, zu Ruhm, Abenteuer und Geld zu kommen. Seht den Menschen, dessen Plan spektakulaer in die Hose ging.


    Der Sklavenhaendler fing an. "Wir kommen nun zu einem der Hoehepunkte des Tages, meine Damen und Herren." Hoffentlich waren die Geldsaecke noch da und waren nicht schon wegen der gluehenden Hitze gegangen.


    Phraates blickte nach oben. Diese Sonne war nicht so strahlend wie die in seiner Heimat. Es mangelte ihr an Staerke. Diese Sonne, die ueber Rom schien, war nicht von der Macht Ahura Masdas beseelt. Diese Sonne war leblos, kraftlos.


    Der Sklavenhaendler raeuperte sich. "Unsere glorreichen Legionen hatten, als sie den parthischen Grosskoenig schlugen, zahlreiche Kriegsgefangene gemacht. Die besten davon habe ich ausgewaehlt. Dies hier ist einer davon. Es ist Phraates. Hinter diesem fast unausprechbaren Namen verbirgt sich ein perfekter Sklave!"


    Perfekt, pff. Aber er war immer noch perfekter, wie die Legionen glorreich waeren. Er konnte sich noch an das erinnern, was sie in Parthien aufgefuehrt hatten.


    "Er war Ritter des gefuerchteten Kataphraktenkorps!"


    Jaja, die Kataphrakte. Sie nahmen wirklich schon Hinz und Kunz auf, dachte sich Phraates zynisch, obwohl er wusste, dass er die Aufnahme verdient hatte.


    "Er kommt aus einem der noblen Haeuser Parthiens!"


    Parthischer Landadel. Seit 100 Jahren hoffnungslos verarmt. Ein Hof, Vieh, Felder, und die Ruestung seines Grossvaters.


    "Dieser Mann wird die Wunder des Orients in euren Haushalt bringen! Er ist ideal als Page, Butler oder Mundschenk! Oder aber, ihr setzt ihn als Leibwaechter ein! Dieser zaehe Mann gehoerte zur Elite der parthischen Armee!"


    Die Schaetze Roms hatte man ihm versprochen. Die Wiederherstellung der Macht seiner Familie. Wohlstand. Er hatte sich vorgestellt, einmal Diener zu haben, die jene Rolle erfuellten, fuer die er angeblich ideal war.


    "Und nicht nur das, meine Damen und Herren! Dieser erstaunliche Parther redet und versteht latein!"


    Na ja. Ein bisschen. Was man so aufschnappt.


    "Nicht wie Cicero, natuerlich, mein Herr.", beantwortete der Sklavenhaendler die Frage eines Interessenten. "Aber er kann kommunizieren. Ich gebe euch ein Startgebot. 300 Sesterzen fuer diesen Prachtburschen! Wer bietet mehr?"

  • In Begleitung von:


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    CleomedesDiomedes



    Einige Tage nach den Saturnalien war dies mein erster Ausflug in die Öffentlichkeit, den ich seit meiner Rückkehr unternommen hatte. In Begleitung mehrerer Sklaven und beschützt von einem der flavischen Leibwächter, machte ich mich, wenn auch etwas widerstrebend, auf zum Sklavenmarkt. Ich hatte mich zwischen Ajax, dem Thraker oder Diomedes entscheiden können, beides waren langjährige und loyale Sklaven. Da ich allerdings genug von Thrakern hatte, entschied ich mich kurzerhand für Diomedes. Der kahlköpfige, massige Sklave wich nicht von meiner Seite.


    Eigentlich hatte ich kein großes Verlangen, mir einen neuen Sklaven zuzulegen, doch die Vernunft gebot es. In gut einem Monat sollte die Hochzeit stattfinden. Danach würde ich die Villa Flavia verlassen, um den Platz an der Seite meines Gemahls einzunehmen. Bis dahin, so suggerierte man mir, brauchte ich einen neuen Sklaven, der nach und nach Chimerions Aufgaben übernehmen konnte. Wobei ich bei einem neuen Sklaven nicht die gleichen Fehler begehen würde, wie ich sie offensichtlich bei Chimerion getan hatte. Dieser elende Sklave hatte mich mehr als enttäuscht! Hatte ich ihm nicht alle Privilegien geboten, die man einem Sklaven bieten konnte? Dieser Nichtsnutz! Er war geflohen. Wehe ihm, wenn man ihn wieder einfing! Nein, dies war nicht nur der Verlust an Eigentum. Dies war eine grobe Verletzung meiner Empfindungen. Gerade jetzt, wo ich ihn am nötigsten gebraucht hätte, war er einfach geflohen!


    "Herrin, wenn du es wünschst, kann ich mich schon einmal umschauen" flötete mir Cleomedes in mein Ohr. Ich nickte, mehr desinteressiert, und schaute mich gelangweilt um. Der Sklave lief los und sah sich bei den verschiedensten Händlern um.
    Der Sklavenmarkt war heute eher überschaubar. Nur an manchen Standen scharrten sich ein paar mehr Kaufwillige. Ich hatte einen guten Zeitpunkt abgepaßt, um nicht in den größten Trubel zu geraten.
    Nach einiger Zeit kam Cleomedes wieder und berichtete mir, was er an brauchbarer Ware entdeckt hatte. "Herrin, der alte Tranquillus hat noch einen Thraker und einen Germanen. Aber letzterer ist nicht mehr besonders frisch." Bei der Erwähnung des Wortes Thraker, belegte ich den Griechen mit einem vernichtenden Blick. "Was gibt es sonst noch? Ich warne dich, langweilige mich nicht, Cleomedes!" Dass ich ungehalten war, konnte man mir wohl kaum verübeln. Dem Sklaven allerdings, wurde es heiß und kalt zugleich. "Äh, ja. Also da wäre noch ein Parther, den ich weiter vorne entdeckt habe. Ein Kriegsgefangener, Herrin." Cleomedes stockte, als er feststellte, daß es ein Parther war, mit dem Chimerion geflohen war.
    "Ein Parther, sagst du?" Trotz meiner bisher nicht sonderlich guten Erfahrungen mit Angehörigen dieses Volkes, übte der Begriff 'Parther' immer noch eine gewisse Faszination auf mich aus. "Nun gut, dann laß ihn uns einmal anschauen."
    Ich ließ mich von Cleomedes zu dem Stand führen, auf dessen Podest gerade jener Parther gehandelt wurde, von dem der Sklave mir berichtet hatte. Der Sklavenhändler pries gerade den Sklaven in den allerhöchsten Tönen an. Darin unterschied er sich keineswegs von den anderen Vertretern seiner Zunft. Mich jedoch ließ das völlig unbeeindruckt. Ich verließ mich gerne darauf, was ich sehen konnte. In der Tat, der Sklave machte einen guten Eindruck. Aber einen Kriegsgefangenen? Womöglich war er auch so ein Aufrührer, wie dieser Cassim. Natürlich konnte ich mich da auch täuschen. Jedenfalls würde ich diesmal nichts aber auch gar nichts durchgehen lassen! Und mit gewissen Privilegien würde ich auch sehr, sehr sparsam sein. Ich hatte erleben müssen, wohin das führte.
    Ich dachte noch darüber nach, ob ich ein Gebot abgeben sollte, da taten es bereits andere. Offenbar war nicht nur ich davon beseelt, einen Parther zu besitzen. Mittlerweile stand das Gebot bei 800 Sesterzen. Endlich gab ich Cleomedes ein Zeichen, damit er in meinem Namen bieten konnte.
    "Die ehrenwerte Flavia Celerina bietet 15 Aurei!"

  • Der Sklavenhaendler grinste, als die ersten Angebote kamen. Ein duerrer junger Kerl machte den Anfang, mit 400 Sesterzen. Dann kam ein fetter, etwas schmueselig aussehender Mann mit 800, und dann kam eine Frau mit 1500 Sesterzen! Ja holla, das ging aber gut heute.


    Phraates blickte wieder in die Runde. 1500 Sesterzen schon, so viel Wert schien er zu sein, vielleicht noch mehr. Nun ja. Je mehr Geld er einem Roemer aus der Tasche ziehen wuerde, desto besser. Er blickte auf sie herab. Welch dekadentes Volk. Und bei denen war er gelandet. Gratulation, Phraates. Besser wuerde es kaum gehen. Er blickte auf die Frau, die zuletzt fuer ihn geboten hatte. Huebsch war sie durchaus, aber grantig schaute sie drein. Nun ja, besser wie der Dicke oder der Duerre, die beide keine Augenweiden waren und trotzdem nicht sehr gut gelaunt ausschauten.


    Der Fette kratzte sich unappetitlicherweise am Kopf und zeigte wieder auf. "18 Aurei!", bruellte er mit einer etwas unangenehmen, kratzenden Stimme. Ein anderer, ein alter, faltiger Roemer mit einer jungen, schicksalsergeben ausschauenden sardinischen Sklavin im Schlepptau, hob die Hand. "Er soll mal latein reden! Er soll zeigen, was er kann!", rief er, so laut er konnte, mit seiner alten Stimme.


    Phraates fuehlte sich vom Sklavenhaendler am Kragen gepackt. "Sag was!", wurde er angezischt. Als der Sklavenhaendler ihn wieder losliess, raeusperte er sich. Was sollte er sagen? "Aeh...", fing er unsicher an. Man hoerte den rauhen Akzent der Ostvoelker gut heraus, wenn er redete. Er muesste wohl irgendeinen Schwachsinn daherfaseln, um dem Roemer zu zeigen, dass er - einmal ein grundlegendes - latein konnte. "Es ist... ganz nett zu sein in Rom. Ihr habt schoenes Stadt hier. Ich mag... hm... Capitol. Ich schon habe gesehen das Capitol.", brachte er heraus. "Rom ist eine grosses Stadt. Mehr gross als Ktesiphon, die Hauptstadt von meine Land. Aber ich bin nicht von Ktesiphon. Ich bin von Aspadana."


    Der Sklavenhaendler hoerte mit Befriedigung, dass der Parther seinem Wunsch nachkam. Die Grammatik und Wortwahl waren nicht perfekt, aber bei weitem besser als bei den meisten parthischen Sklaven. "Seht ihr? ich habe nicht gelogen! Und er wird noch lernen! In kurzer Zeit wird er latein reden, als er er nie was anderes getan haette!"


    Aspadana. Seit langem hatte seine Heimat nicht mehr gesehen. Die schoene Stadt. Die Weiden rundherum. Das Gebirge. Wenigstens wusste er, dass die Roemer nicht bis dorthin gedrungen waren. Seine Familie war sicher.


    Der Alte ueberlegte, dann meinte er "20 Aurei!" Er wusste, mehr konnte er kaum noch bieten. Er hoffte zutiefst, anderen ging es gleich. Der Sklavenhaendler hingegen hoffte das nicht. Er wusste, dass Parther in Mode waren. ;) Und er wusste, dass es einige gewaltige Geldausgeber dort unten gab. "Freunde, Roemer, Landsleute, bitte schenkt mir mein Gehoer!" (Diese Aussage wurde uebrigens spaeter von einem unverfrorenen Britannier kopiert. :D) "Dieser Mann ist mehr wert als 2000 Sesterzen! Also, wer bietet mehr?"

  • Mehr gelangweilt, als der Szenerie tatsächlich etwas Interesse abzugewinnen, stand ich, gut abgeschottet von meinen Sklaven inmitten der gaffenden Menge, die für den Parther bieten wollten. Schnell hatten mich einige aus dem Publikum überboten, doch das tangierte mich nur peripher.Fand ich eine Sklavenaution immer recht unterhaltend, so konnte ich heute so gar nichts dabei fiden.
    Hätte mich Cleomedes nicht so fragend angeschaut, wäre ich wohl weitergegangen. Nun gut, noch ein Gebot. Doch bevor ich mich äußerte, wollte ich noch die Antwort des Parthers abwarten. Der etwas ältlich ausschauende, nicht mehr so ganz rüstige Mann, der etwas von mir entfernt stand, verlangte von dem Sklaven, er möge dem Publikum seine Lateinkenntnisse demonstrieren. Was dabei herauskam, war alles andere als annehmbar. "Oh ihr Götter! Auch noch eine Plaudertasche!" murmelte ich, während bereits 20 Aurei geboten wurden. Ja, Parther waren schwer im kommen. Nun denn! Ich nickte Cleomedes erneut zu und sogleich erhob der Sklave seine Stimme.
    "2500!"
    Im Grunde hatte ich keine Probleme, mit dem Ausgeben von Geld, doch wenn man sparen konnte, so war dies auch nicht zu verachten. Mehr als 3000 Sesterzen gedachte ich aber nicht auszugeben. Zumal diesem Burschen erst noch richtiges Latein beigebracht werden mußte. Ganz zu schweigen von den Mühen die es kosten mußte, ihn erst auszubilden. Aber glücklicherweise hatte ich da ja einen Experten mit dabei. "Diomedes, was hältst du von dem Burschen?" Der kahlköpfige custos sah mich überrascht an. Er hatte wohl am wenigsten damit gerechnet, zu Rate gezogen zu werden. "Äh, ja Herrin, durchaus ausbaufähig, von hier aus gesehen!" Er sicherte sich gleich ab, damit man ihm später nicht vorwerfen konnte, er hätte mir den Parther aufgeschwätzt. "Nun gut! Falls er mir zufällt, dann werde ich ihn zuerst in deine Obhut begeben. Du wirst ihn mir formen und die eventuell vorhandene Impertinenz austreiben." Diomedes sah mich ganz perplex an. "Äh..., ja natürlich, Herrin."

  • Der Sklavenhaendler blickte enttaeuscht auf den Dicken und den Duerren, die sich beide trotz seiner schwungvollen Rede abwandten und nach einem anderen Sklavenstand Ausschau hielten. Doch dies wurde dadurch kompensiert, dass die Frau 2500 Sesterzen bot. Dies konnte vielleicht doch noch gut enden. Einzig der Alte und die Frau waren noch interessiert und bereit, Geld auszugeben, obwohl die Frau eindeutig unwilliger ausschaute. Er musste irgendwie ihr Interesse aufrecht erhalten!


    Phraates hatte auch gesehen, dass sich einige Leute nach dem Angebot von 2500 Sesterzen nicht mehr bieten wollten. Ja, er wusste, sein Latein war noch nicht so gut. Aber verglichen mit dem Muell, den er noch ganz am Anfang seiner Kriegsgefangenschaft gebrabbelt hatte, war es durchaus annehmbar. Doch er wollte sein Latein verbessern, der Wille dazu war in ihm vorhanden. Er wuerde zuerst die Sprache lernen... und vielleicht oeffnete ihm dies einen Weg, wieder nach Hause zu gehen.


    Der Greis sah zu seiner Sklavin hin. Der Sklavenhaendler wollte fast glauben, dass Phraates ihr gefiel, denn sie nickte ihm zu und versuchte ihren Herrn zu ueberreden, den Sklaven zu kaufen. Am Ende zuckte der Alte die Schultern. Diesemal aber liess er die Sklavin das neue Gebot ausrufen. "2550 Sesterzen!", rief sie. Man wusste von dieser Summe, dass der Alte am Ende seiner finanziellen Moeglichkeiten angekommen war.


    Phraates suchte den Blickkontakt mit seiner sardischen Leidensgenossin, die den Alten begleitete. Sie sah ganz nett aus. Eine Meinung, die er offenbar mit dem alten Bock teilte, welcher sie staendig auf irgendeine Weise zu beruehren suchte. Anschliessend blickte er zu den Sklaven, die die Frau begleiteten. Der eine sah recht normal aus, er musste in Phraates' Alter sein. Der andere glich einem armenischen Fleischklops mit Augen und spaerlichem Bartbewuchs. Aber von beiden konnte sich Phraates vorstellen, dass er mit ihnen zurechtkommen sollte.


    Der Sklavenhaendler blickte in die Runde. "Aha!", rief er. "2550 Sesterzen vom ehrenwerten Herrn mit der entzueckenden Begleitung dort drueben? Meine Damen und Herren, dies ist die letzte Chance zu bieten. Zum ersten...", rief er mit einer donnernden Stimme ueber den Sklavenmarkt.


    Phraates schluckte. Ob die Roemerin noch einmal fuer ihn bieten wuerde? Oder ob er in den Besitz des Alten geriet? Sein Hin- und Herschauen zwischen den beiden Bietern wurde immer frenetischer. Wuerde sie ihn doch noch kaufen?


    Der Sklavenhaendler wusste, wenn die Frau noch ein Gebot aussprechen liess, waere der alte Mann wohl nicht mehr bereit, zu bieten. Seine letzte Chance, noch mehr Geld zu machen! Deshalb lasteten seine Augen auf ihr, als er rief: "Zum Zweiten..." Bitte, Goetter, macht, dass sie bietet! Man muss ja seinen Unterhalt verdienen!

  • Dieser alte Tattergreis schon wieder! Er hatte mich überboten. Was wollte er denn mit dem Parther anstellen? Spätestens in einigen Monaten würde er das zeitliche segnen. Offenkundig hatte er den Parther als Spielgefährten für seine kleine Sklavin auserkoren. Wie freundlich von ihm!
    Das allgemeine Interesse an dem Sklaven stieg weiter im Publikum, je höher der Preis ging. Nun ja, mehr als 2500 Sesterzen war eine Summe, die ich nur ungern für einen Sklaven investieren wollte, von dem ich nur vage Vorstellungen hatte, was er alles konnte und wie zuverlässig er war. Aber dennoch wollte ich auf Diomedes Zusicherung und Fähigkeiten vertrauen, aus dem Parther noch einen guten Sklaven zu machen.
    So besah ich mir noch einmal den Sklaven, der dort oben stand. Ob er es wirklich wert war? Das konnte man erst danach sagen. Mich konnte allerdings wirklich nichts mehr überraschen! Er sah ja ganz nett aus und kräftig schien er auch zu sein. Aber einen Fehler wollte ich auf gar keinen Fall mehr begehen! Mich nur vom bloßen Aussehen des Sklaven leiten zu lassen, diesen Fehler hatte ich bei Chimerion gemacht. Das Resultat daraus hatte ich schmerzlich erfahren müssen.


    Unter den Mitbietern wurde es still und mir schwante, als lasteten alle Blicke auf mir. Auch Cleomedes wartete auf ein Zeichen. Die Auktion neigte sich seinem Ende, wenn… ja wenn ich nicht ein Gebot abgab.
    "2800!" rief ich in letzter Minute. Damit durfte wohl die Sache erledigt sein, wollte ich wohl meinen. Das war auch gut so, denn nichts wollte mich hier länger halten. Ich wollte wieder nach Hause. An meinem ersten Ausflug wollte ich mich nicht gleich überanstrengen. Doch vorher wollte ich noch abwarten, ob es nicht doch noch einen Mutigen gab, der noch mehr bot.

  • Der Sklavenhaendler glotzte einen Moment unglauebig zur Bieterin hin, dann erschien ein feines, triumphierendes Laecheln an seinen Lippen. "2800... eine angemessene Summe. Doch bietet wer mehr? Zum ersten!"


    Phraates hatte sich schon abgefunden mit seinem neuen Herrn, und er hatte durchaus Gefallen gefunden an der netten Sklavin, die er dabei hatte. Er sah, wie sich zwischen ihr und dem alten eine Diskussion entbrannte, die der Alte abrupt beendete. Er war nicht bereit, mehr auszugeben. Er wandte sich vom Stand ab, noch bevor der Sklavenhaendler noch etwas sagen konnte. Der Alte zog die Sklavin mit sich mit. Phraates versuchte noch ein letztes Mal einen Blickkontakt zu erhaschen, aber da war sie schon verschwunden. Schade.


    Der Sklavenhaendler machte ein gewaltiges Theater aus dem Geschaeft. "Zum Zweiten!", droehnte er und blickte sich um. Tja, es schaute nicht sehr gut aus, es wuerde sicher kein Gebot mehr kommen. "Und... zum... Drrrrrrrrrr...", er rollte das R schoen lange, damit auch jeder die Moeglichkeit bekam, nochmals zu bieten. Doch ploetzlich, da! Da zeigte jemand auf! Ein Mann hinten, mit unnachahmlich aristokratischen Zuegen und feinem Profil, hob die Hand! Doch nein. Dieser ungepflegte, haessliche Sandler zeigte nur in die Luft, um seiner Tochter was zu zeigen. Pah. Der Sklavenhaendler begann von Neuem. "Und zum Dritt..." Er blickte nochmals umher, aber es kam nichts mehr. "...eeeeen! Der Sklave Phraates, verkauft um 2800 Sesterzen an die Dame aus dem ruhmreichen Geschlecht der Flavier."


    Verkauft. Es war gekauft worden. Wie ein Haustier, oder ein Stueck Holz. Verkauft an die Frau mit den schwarzen Haaren. Phraates blickte sie an. Das war jetzt seine neue Herrin. Er redete sich selbst ein, es wuerde nichts ausmachen. Vorher war er der Untergebene des Grosskoenigs, jetzt war er der Untergebene jener Frau, die fuer ihn jetzt so sein wuerde wie eine Grosskoenigin. Doch er wusste, es bestand ein Unterschied. Der Grosskoenig war aus goettlichem Beschluss sein Herr, und die Frau wegen ihrer finanziellen Kraft. Es wuerde nicht das selbe sein. Aber es half nichts, darueber zu gruebeln, es war so, wie es war.


    Der Sklavenhaendler schickte zwei seiner Helfer zum Parther, um ihn zu packen und nach unten zu verschleppen. Dann wandte er sich wieder an das Publikum. "Und nun, meine Damen und Herren, stelle ich euch ein neues Prachtexemplar vor! Es ist wieder ein parthischer Kriegsgefangener, von Namen Ardashir..."


    Die weiteren Vorzuege des armen Mannes bekam Phraates nicht mehr mit, denn er wurde von den zwei Helfern brutal zur Roemerin hingeschoben. Dort kamen die beiden zu stehen. Einer, mit schlechtem Mundgeruch und noch schlechterem Latein, trat vor. "Herrin Geld, bitte.", verlangte er, waehrend der andere Phraates an den Armen hielt.

  • Oh, welch schreckliches Odeur mir da entgegen schlug! Ein Königreich für ein parfümiertes Tuch! Unglücklicherweise hatte ich keine Sklavin mit dabei, die mit ein solches hätte reichen können. Wie sehr mir doch Ylva fehlte! So blieb mir nichts anderes übrig, als standhaft zu bleiben, die Luft anzuhalten oder mich weg zu beugen, um dem schlechten Atmen des Gehilfen zu entgehen. Ich entschied mich für eine Lösung, die alle drei Optionen beinhaltete.
    Ich verwies auf Cleomedes, der meinen Geldbeutel bei sich trug. "Gib ihm das Geld, schnell!" Der Sklave folgte meinen Anweisungen und so ging der Parther nun endgültig in meinen Besitz über.


    Nun hatte ich auch Gelegenheit, den Sklaven erstmals direkt aus der Nähe betrachten zu können. Zugegebenermaßen, sein Aussehen war nicht ganz so spektakulär, wie das, des flüchtigen Thrakers. Aber dennoch war da etwas an ihm, was meinen Blick auf ihn zog und nicht mehr loslassen wollte. "Mach ihm die Fesseln los, ich nehme ihn gleich mit!" Ich wandte mich zu Diomedes, der direkt hinter mir stand. "Du wirst ein Auge auf ihn haben!" Der Sklave verneigte sich kurz. "Ja Herrin."
    Bevor ich aufbrach, wollte ich noch einige Worte an mein neu erworbenes Eigentum richten. "Wie war noch einmal dein Name, Sklave? Nun, wie er auch sei, du wirst dich ab jetzt meinen Anweisungen fügen,sonst wirst du meinen Zorn spüren! Hast du mich verstanden?" Um ehrlich zu sein, war ich mir da gar nicht so sicher. Nun gut, einige einschüchternde Worte hatten noch keinem Sklaven geschadet.
    "Du hast das große Glück, dich ab heute als meinen Besitz bezeichnen zu dürfen. Enttäusche mich nicht!" Damit wandte ich mich von ihm ab. Jetzt wollte ich nur noch nach Hause! Ungeachtet der anderen Angebote, die er Markt zu bieten hatte steuerte ich, gefolgt von meinen Sklaven, meine Sänfte an, die mich auf direktem Wege zur Villa Flavia bringen sollte.

  • Die Frau, die ihn gekauft hatte, schien den Gestank des Helfeshelfers noch unertraeglicher zu finden als Phraates. Geschwind steckte der duenne Sklave ihm das Geld zu, und er wurde mit einem Ruck freigelassen. Dafuer erntete er einen dankbaren Blick von Phraates, der froh war, nicht mehr in den Faengen dieser unzivilisierten Leute zu sein, die man in Parthien schon laengst in die Todestuerme geworfen haette.
    Nun hatte er auch die Chance, seine Herrin unter Augenschein zu nehmen. Ja, sie war eine huebsche Frau - was womoeglich mit der dicken Schicht von Schminke zusammenhing, die sie trug. Aber immerhin. Es wuerde wenigstens was fuers Auge geben.
    Bevor Phraates noch die Frage seiner neuen Herrin beantworten konnte, schnitt sie ihm das Wort ab. Also nickte er nur. Er hatte die Frau verstanden, bei weitem besser, wie er sie noch vor einem Monat verstanden haette.
    Sie faselte etwas von Glueck. Er laechelte nur hoeflich. Wusste sie denn, was Glueck bedeutet? Es war genau das, dessen er beraubt worden war, als er versklavt wurde.
    Er blickte also nur schicksalergeben in den Himmel und trottete dem Zug der Sklaven nach, welchen die Roemerin hinter sich herzog.

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