triclinium | Wie gekauft, so verschenkt...

  • Ich tauchte die Finger in die dargebotene Schale mit Rosenwasser und trocknete sie anschließend an dem Tuch, das dem Sklaven über dem Unterarm hing. Dann widmete ich mich wieder dem störrischen Hühnchen. Knochenlose Tiere wären mir um einiges lieber gewesen, doch gab es nun einmal nicht viele davon. Schlangen waren mir immer shcon zuwider gewesen, allein schon vom Aussehen her. Wie sie wohl schmecken mochten, stellte ich mir lieber gar nicht erst vor. Ich winkte einem der Namenlosen in Reichweite. "Hol mir Charis her. Die Neue", befahl ich kurz angebunden, und der Sklave sputete sich.


    Es war früher Abend, die cena nahm ich heute allein ein, weswegen sie auch nicht sonderlich üppig ausfiel. Am Morgen hatte ich die Behausung der Flavier aufgesucht und damit auch meine totgeglaubte Verlobte. Ganz unterschwellig war mir dabei ein Gedanke gekommen, und jetzt wollte ich prüfen, ob er Sinn machte oder aber unsinnig war. Letztendlich bedeutete er für Charis nur eine kleine Umstellung, fast wie ein Urlaub, da Celerina nach der Hochzeit ohnehin hier leben würde und Charis damit zurückkehren würde, wenngleich Celerinas Besitz auch nicht in den meinen überging. Charis war nun seit vier Tagen hier, was Siv mit ihr geredet hatte, ahnte ich nicht. Ich selbst hatte bisher keine Zeit gefunden, mich um sie zu kümmern, und so hatte wohl jemand anders ihr Aufgaben zugewiesen, vermutlich Brix.

  • Die letzten vier Tage hatte Charis vergeblich darauf warten müssen, ihren neuen Herrn wiederzusehen und ihn kennenlernen zu dürfen. Nur Siv und Brix hatten sie mehr oder weniger eingewiesen und ihr gesagt, was sie zu tun hatte. Sie nahm es gelassen. Was hätte sie auch sonst tun können. Dieswar ein großes Haus und der dem es gehörte, trug eine mächtige Verantwortung. Daß dabei nur wenig Zeit für eine neue Sklavin blieb, war mehr als verständlich. Und trotzdem erwischte sich Charis immer wieder dabei, wie sie darüber nachsann, wie es wäre, ihn wieder zu treffen.
    Dann am Abend des vierten Tages, zu der Zeit, in der die Herrschaften die cena einnahmen, rief man sie. Sie hatte kaum noch Zeit, ihre Tunika glatt zu streichen und ihr Haar wieder in Ordnung zu bringen.
    Ein Sklave, den sie nicht kannte, nahm sie mit und brachte sie ins triclinium. Es roch köstlich nach gebratenem Hühnchen, einer Delikatesse, die sie in ihrem bisherigen Leben nur sehr selten hatte kosten dürfen.
    Auf der mittleren Kline, gänzlich allein, saß der Mann, der sie vor einigen Tagen auf dem Sklavenmarkt gekauft hatte.
    Sie fühlte sich mit einem Mal angespannt, aber auch erfreut darüber, daß ihr Herr endlich Zeit für sie gefunden hatte.
    "Salve, Herr!" , sprach sie und blieb mit gesenktem Blick vor ihm stehen.

  • Ich hatte Brix am Vormittag gefragt, wie Charis sich machte. Er war voll des Lobes gewesen, und schlechte Worte hatte er nicht einmal im Ansatz über Charis verloren. Umso besser war das für das Vorhaben, umso deplorabler für meinen Haushalt. Als Charis eintrat, sah ich auf. Artig und gehorsam grüßte sie mit gesenktem Blick. Mir gefiel das. Solche Sklaven waren weitaus besser als die störrischen, auch wenn ich mir eingestanden hatte, dass ich an Sivs aufbrausender Art einen Narren gefressen hatte.


    "Setz dich", sagte ich einladend und wies mit dem fettglänzenden kleinen Finger der Rechten auf eine Liege in der Nähe. "Hast du dich gut eingelebt, Charis, und kommst du gut zurecht?" fragte ich und musterte sie von der Seite. Sie war hübsch, das fiel mir nicht zum ersten Mal auf. Vielleicht war es wirklich besser, wenn ich sie verschenkte... Ich schluckte einen Bissen Huhn und stellte den Teller dann fort. Sogleich war der Sklave mit der Wasserschale wieder zugegen, und ich säuberte meine Hände vom fettigen Glanz. Hernach lehnte ich mich zurück und musterte Charis interessiert. "Es tut mir leid, dass ich nicht schon eher mit dir gesprochen habe. Es gilt viel vorzubereiten dieser Tage. In ein paar Wochen werde ich heiraten", sagte ich.

  • Charis folgte der Einladung und nahm Platz. Aus ihren Augenwinkeln heraus beobachtete sie den Herrn, wagte es aber nicht, ihn direkt anzustarren.
    "Ja, Herr, das habe ich, danke!", antwortete sie scheu mit leicht bebender Stimme. Einleben war vielleicht zu viel gesagt, Charis hatte sich in den vier Tagen ein erstes grobes Bild von der Villa und ihren Bewohnern machen können. Mit den Namen der unzähligen Sklaven kam sie noch nicht so zurecht und verwechselte gerne einige von ihnen. Wenigstens verlief sie sich nicht mehr so häufig, wie sie es am ersten Tag getan hatte.
    Der Herr war so unglaublich nett, sie konnte es fast gar nicht glauben. Er sprach so freundlich mit ihr, hatte sie gebeten, sich zu setzten und nun entschuldigte er sich sogar bei ihr! Das war weitaus mehr, als sie überhaupt erwartet hätte. Sie errötete daraufhin. Zum ersten Mal hob sie leicht ihren Blick und sah ihn mit ihren zarten Augen direkt an. Ein leichtes Lächeln schiegte sich um ihre Lippen. Sie fühlte sich regelrecht geschmeichelt. "Aber das macht doch nichts, Herr!"
    Von der bevorstehenden Hochzeit hatte sie bereits gerüchteweise gehört und daß man die Braut erst für irrtümlich tot gehalten hatte. Charis jedoch vermied darauf einzugehen, da sie nichts Stichhaltiges darüber wusste.

  • "Hast du Hunger?" überging ich ihre Beteuerung und deutete auf das Essen. "In Gesellschaft isst es angenehmer." Einer der servierenden Sklaven hob irritiert eine Braue, als er diese meine Worte hörte, doch war er klug genug, sogleich wieder in Lethargie zu verfallen und keinen Kommentar abzugeben. Ich angelte mir derweil einen pausbäckigen Apfel, besah ihn mir kritisch von allen Seiten und biss dann herzhaft hinein. "Nur keine Scheu", ermunterte ich Charis, sich zu nehmen, worauf sie Lust hatte. Für mich allein war es ohnehin viel zu viel, und ob sie nun nachher die Reste des Mahls aß oder mir hier und jetzt Gesellschaft leistete, war so ziemlich gleich.


    Ich beobachtete Charis, streckte mich dann ein bisschen. Eigentlich schade, dass ich sie Celerina schenken wollte. Aber damit konnte ich ihr vielleicht ein wenig Unbeschwertheit zurückgeben - und ich musste mir nicht auf den letzten Drücker ein passendes Saturnaliengeschenk ausdenken. "Brix hat mir erzählt, dass du überaus zuvorkommend und geschickt seist", begann ich und legte den Kopf ein wenig schräg. "Ich schätze dies sehr." Ein erneuter Biss in den Apfel. Das Licht flackerte in einem Lufthauch, der durch den Raum zog. "Charis, ich kenne dich bisher kaum, und einschätzen kann ich dich nur schwerlich. Aber ich habe einen Wunsch, und ich möchte, dass du ihm nachkommst", sagte ich, nachdem ich den Bissen geschluckt hatte. "Meine Verlobte hat Schreckliches durchgemacht. Sie ist entführt worden und man hat ihr schreckliche Dinge angetan. Ihre liebste Sklavin wurde getötet, ehe sie gerettet wurde. Ich möchte, dass du Celerina an ihrer statt treu zur Seite stehst. Sie wird zu den Saturnalien herkommen, dann kannst du sie kennenlernen. Du wirst sie dann auch nach Hause begleiten. Allerdings bitte ich dich um etwas: Ergründe ihre Wünsche. Es ist nicht immer leicht, Frauen ihre Sehnsüchte von den Lippen abzulesen, und ich möchte, dass du mir dabei hilfst, dass sie glücklich wird, wenn sie mich heiratet." Ich sah Charis offenherzig an. Im Grunde verlangte ich von ihr, dass sie Celerina ausspionierte. Dass ich nicht nur ihre geheimsten Wünsche erfahren wollte, sondern auch auf Charis zurückgreifen würde, wenn ich mir in Bezug auf Celerina über etwas nicht sicher sein würde - beispielsweise eheliche Treue - , sollte eigentlich auf der Hand liegen. "Glaubst du, dass du das für mich tun kannst?"

  • Ob Charis Hunger hatte? Oh, ja Charis hatte Hunger! Und wie! Bereits beim Eintreten hatte der Duft des gebratenen Hühnchens ihr das Wasser im Munde zusammenlaufen lassen. Aber war es nicht zu vermessen, sich nun ein Stück von dem Fleisch zu nehmen? Scheu sah sie wieder auf und nickte leicht. Als er sie schließlich noch ermunterte zuzugreifen, nahm sie sich ein kleines Stück Fleisch und steckte es in den Mund.
    Welch ein Fest für jede einzelne Geschmacksknospe! Genießerisch schloß sie die Augen und traute sich gar nicht das Stück zu kauen oder gar hinunterzuschlucken. Etwas vergleichbar Gutes hatte sie schon sehr lange nicht mehr bekommen! Es war wie im Traum und genau dahin wähnte sie sich sogar.
    Erst die Bemerkung ihres Herrn, ließ sie wieder auf den Boden der Tatsachen zurückkehren. Sie zerkaute das Fleisch und schluckte es unter. Der maiordomus hatte offenbar nur Gutes über sie berichtet. Sie hatte ihm aber auch keinen Anlaß zu Klage gegeben. "Danke sehr!", antwortete sie schüchtern.


    Ihre Augen begannen sich etwas zu weiten, als er ihr eine Bitte unterbreitete. Er befahl nicht, er bat! Nun, was er bat, war mehr als außergewöhnlich und mit allem hätte sie wohl gerechnet, wofür ihr Herr sie einsetzten wollte, doch damit hatte er sie anfangs sprachlos gemacht. Auch die kurze Umschreibung der schicksalhaften Begebenheiten um seine Verlobte, ließen sie nicht kalt. Ihm lag wohl sehr viel um das Wohlergehen seiner zukünftigen Frau, was ihn noch um einiges sympathischer machte.
    Doch zugegebenermaßen war sie auch ein wenig enttäuscht, nicht ihm selbst dienen zu dürfen. Aber wenn es sein Wunsch war und er sie auch noch so freundlich darum bat, konnte sie schwerlich ablehnen. Wenn sie allerdings genauer darüber nachdachte, machte dieser Wunsch sie zu seiner Spionin. Diese Tatsache versetzte ihr einen kleinen Stich, denn sie war bisher nie die in Ränkespiele ihrer Herrschaften hineingezogen worden. Andererseits, wenn sie ihm so dienen konnte, würde sie es tun. Ihr blieb auch gar keine andere Möglichkeit.
    "Ja, Herr, das kann ich für dich tun." Wieder zuckte ein Lächeln um ihren Mund.

  • Amusement blitzte in meinen Augen auf, als die zierliche Sklavin sich ein Stückchen Hühnchenfleisch nahm und es sich hastig in den Mund schob. Wie sehr sie den Geschmack genoss, verrieten die geschlossenen Augen und der leicht verzückte Gesichtsausdruck. Schmunzelnd betrachtete sich sie beim Genießen. Die geschwungenen Lippen glänzten ein wenig. Ich sah auf den Apfel in meiner Hand.


    Kurz darauf bemerkte ich ihre leichte Entrüstung über meinen Auftrag, doch sie nahm ihn letztendlich doch an. Was sollte sie auch anderes tun? Noch gehörte sie mir, und selbst wenn ich sie Celerina schenkte, so würde sie letztendlich doch wieder in dieses Haus zurückkehren. "Sehr schön. Ich werde dir das entsprechend vergelten und nicht vergessen", versicherte ich ihr. "Die Hochzeit wird am siebten Tag vor den Iden des Februar stattfinden. Ab diesem Tag wirst du dann wieder hier leben, gemeinsam mit Celerina. Es wäre also nicht schlecht, wenn du dich vorher schon mit den anderen bekannt machst, aber so wie ich Brix verstanden habe, hast du dich bisher gut eingegliedert, also sollte das kein Problem sein. Ich denke, es wäre eine nette Geste, wenn du an den Saturnalien etwas für deine neue Herrin hast. Wende dich diesbezüglich an Brix und sage ihm, dass er dir die entsprechenden Mittel zur Verfügung stellen soll. Celerina teilt im Übrigen meine Passion, was die Flora anbelangt, vielleicht kannst du damit etwas anfangen bezüglich des Saturnaliengeschenks. Bis es soweit ist, habe ich im Grunde nicht viel für dich zu tun. Du sagtest, dass du versiert im Umgang mit Pflanzen bist? Bisher hat sich Siv um den Garten gekümmert. Ich hatte die Idee, hier drinnen im Haus auch einige Kübel aufzustellen. Ich möchte, dass du dich mit Siv darum kümmerst und mit ihr gemeinsam entscheidest, auch was nötiges Steinzeug betrifft. Auch da wird sich Brix um das Finanzielle kümmern." Ich verstummte und sah Charis an. Mir wurde bewusst, dass das ganz schön viele Informationen auf einmal gewesen waren. Deswegen schob ich ein Lächeln hinterher. "Wenn du noch etwas möchtest, greif nur zu."

  • Charis fehlte es in diesem Moment einfach an Weitblick, um wirklich ahnen zu können, worauf sie sich einließ. Zwei Herren gleichzeitig zu dienen, verlangte entweder eine ordentliche Portion Kaltschnäuzigkeit oder bedurfte einfach vollkommener Schauspiellunst. Über beides verfügte Charis nicht. Auch wenn sie es nicht wusste, über kurz oder lang würde sie an dieser Aufgabe zerbrechen. Davon allerdings noch nichts ahnend, folgte sie nun den Ausführungen ihres Noch-Herren.


    Die Hochzeit war schon in wenigen Wochen, überlegte sie. Also war sie nicht allzu lange getrennt, von der Villa und ihren Bewohnern. Celerina hieß ihre zukünftige Herrin und auch sie war also eine Freundin der Pflanzen und des Gartens. Wenigstens bestand eine kleine Verbindung zwischen ihr und der Neuen Herrin.
    Charis nickte artig, bei dem Vorschlag, Celerina ein Geschenk zu besorgen. Es sollte am besten etwas sein, was mit Blumen zu tun hatte. Darüber machte sie sich jetzt aber noch keine Sorgen, mit der nötigen Summe würde sie schon fündig werden. Genauso verhielt es sich auch mit den Kübeln für die Pflanzen. Die Aussicht, eine Aufgabe zu bekommen, in der sie ihre Vorliebe mit einbringen konnte, lenkte sie geschwind wieder von dem bitteren Beigeschmack ihres bevorstehenden Spitzeldiensts ab. Charis nickte eifrig. "Ich werde tun, was du wünschst!"


    Das Fleisch des Hähnchens hatte so gut geschmeckt. Sie hatte es schon längst hinunter geschluckt. Natürlich hatte sie nicht zu hoffen gewagt, noch einmal zugreifen zu dürfen. Als sie es jedoch angeboten bekam, zögerte sie nicht und nahm sich noch etwas.

  • Abwägend ruhte mein Blick auf der Sklavin. Entweder war sie ohnehin von sehr ruhigem Charakter, oder aber sie war höchst folgsam und traute sich deswegen nicht, etwas zu sagen. Ich schürzte die Lippen, biss dann ein weiteres Mal krachend in den Apfel. Charis indes bediente sich ein weiteres Mal beim Fleisch. Wie leicht man Freude bereiten konnte, dachte ich bei mir. Sie war so anders als Siv. Siv wäre damals lieber verhungert, als etwas von einem Römer zu nehmen, zumindest am Anfang. "Bist du als Sklavin aufgewachsen, Charis?" fragte ich sie. Das dürfte vielleicht erklären, warum sie so lammfromm und zurückhaltend war. Nicht, dass mir das nicht gefiel - es war regelrecht erfrischend in dieser Welt, die heutzutage zum Großteil aus störrischen Sklaven zu bestehen schien. Krachend nahm ich noch einen Bissen.

  • Das Fleisch war einfach zu köstlich und zudem hatte es für Charis Seltenheitscharakter. Sie konnte sich kaum daran erinnern, etwas derart gutes jemals gegessen zu haben. Jede einzelne Faser des Fleisches wollte in vollen Zügen genossen werden. So saß sie kauend da und wirkte fast abwesend, bis eine Frage sieaufmerken ließ. In ihrem Leben hatte sie nie etwas anderes erfahren, als Sklavin zu sein. Ihre Mutter war es und ihr Vater und auch sie. "Ja Herr. So wie meine Mutter und mein Vater. Ich bin in Thessalien aufgewachsen, auf einem Landgut bei der Stadt Larisa. Mein damaliger Herr hatte Pferde gezüchtet. Die Gegend um Larisa ist bekannt für ihre guten Pferde. Als ich zehn oder elf war, bin ich an einen seiner Geschäftspartner verkauft worden." Daran erinnerte sie sich nur sehr ungern, denn von diesem Tag an war sie auf sich allein gestellt. Die Eltern hatte sie zurücklassen müssen. Sie schwieg wieder, einerseits um nicht zu gesprächig zu wirken, andererseits litt sie noch immer unter der Trennung und dem Wissen, ihre Eltern niemals mehr wieder zu sehen. Doch nichts ließ darauf schließen, wenn man sie ansah, was wirklich in ihr vorging.

  • Überrascht sah ich Charis an, als sie von dem Tätigkeitsfeld ihres ehemaligen Herrn sprach. "Das trifft sich ja. Du hast nicht zufällig auch Erfahrung im Umgang mit Pferden? Meine Verlobte betreibt ein Gestüt", bemerkte ich. Natürlich war mein vilicus angewiesen worden, bezüglich der regulären Einkäufe ein Auge auf die Fluktuation der Betriebe und Geschäfte nicht nur der Klienten, sondern auch der befreundeten Familien zu haben. Dabei war aufgefallen, dass Celerina nicht nur eine Pferdezucht, sondern auch eine Olivenplantage besaß. Inwiefern zwei davon lukrativ sein würden, musste man noch abwarten. Ich betrachtete die zierliche Gestalt ein wenig nachdenklich, legte dann den Apfelbutzen auf den leeren Teller und ließ mir ein feuchtes Tuch reichen, um meine Hände zu säubern. Nachdem dies getan war, machte ich Anstalten, aufzustehen. "Gut, Charis. Während der Saturnalien werden einige von uns nach Mantua zu einem Wettkampf fahren, ich möchte allerdings, dass du hier bleibst. Du kannst natürlich in die Stadt gehen und mit den anderen die Feiertage genießen." Nach den Saturnalien würde sie dann allerdings Celerina gehören. Ich war gespannt, was meine Verlobte dazu sagen würde. ein bisschen schade war es schon, dass ich die Sklavin so schnell wieder verschenkte. Ich erhob mich. "Denkst du an das, was ich dir eben wegen der Pflanzkübel gesagt habe?" rief ich ihr mehr als rhetorische Frage ins Gedächtnis. "Du kannst noch etwas essen, wenn du möchtest. Ich habe noch einiges zu erledigen. Wir sehen uns später dann." Ein Nicken folgte. Dann ließ ich die Sklavin allein.

  • Die Tatsache, daß ihr alter Herr eine Pferdezucht betrieben hatte, machte aus Charis noch lange keine Expertin für den Umgang mit Pferden. Stets hatte sie Respekt vor den majestätischen Tieren gehabt und hatte sich nicht getraut, ihnen näher zu kommen als dies unbedingt notwendig war.
    "Leider nein. Mit den Pferden hatte ich nichts zu tun, Herr.", antwortete sie bedauernd.
    Der Aurelier ließ sich die letzten Bissen des Apfels munden und ließ sich dann ein feuchtes Tuch reichen, nachdem er nur noch das Apfelgehäuse übrig gelassen hatte. Das war für Charis das Signal, auch mit dem Essen aufzuhören. Sie schluckte den noch in ihrem Mund befindlichen Bissen hinunter, während er ihr Anweisungen hinsichtlich der bevorstehenden Saturnalientage gab, die sie mit einem Nicken kommentierte.
    Offenbar wollte er sein Mahl beenden. Er erhob sich und sie sah an ihm hoch. Schon wollte sie es ihm gleichtun, da erinnerte er sie an die Pflanzkübel. "Ja, natürlich.", antwortete sie nun mit ihrem leeren Mund.
    Ein wenig überrascht über sein Angebot, noch sitzen bleiben zu können, behielt sie vorerst ihren Platz und sah ihm noch nach. Er hatte alles gesagt, was er ihr mitzuteilen hatte. Als er außer Sichtweite war, griff sie noch einmal zu und genoß das Fleisch mit solch einer Lust. Unweigerlich holten sie seine Worte bezüglich ihrer besonderen Aufgabe bei ihrer zukünftigen Herrin wieder ein. Als Spion hatte sie sich noch nie zuvor nützlich gemacht. Nein, sie hatte keine Ahnung, was man mit Spionen machte, wenn diese enttarnt worden waren. Was würde es auch schon machen, wenn sie ab und an aus dem Nähkästchen plauderte?
    Charis leckte mit großer Wonne ihre Finger ab und verließ das triclinium.

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