Kandidatur zum Cursus Honorum [02/09] – Marcus Flavius Aristides

  • An diesem Tag war es in der Curia Iulia voller als an gewöhnlichen Sitzungstagen des Senats, weil sich heute unter ihrem Dach nicht nur die Senatoren versammelt hatten. An diesem Tag fanden sich hier nämlich auch Männer ein die (noch) keine Mitglieder des Senats waren, die sich aber bei den bevorstehenden Wahlen zum Cursus Honorum um ein öffentliches Amt bewarben. Jeder von ihnen würde vom Senat gehört und von den Senatoren befragt werden.


    Lucius Aelius Quarto, einer der beiden amtierenden Consuln, rief sie auf:


    “Marcus Flavius Aristides; er ist der Sohn von Lucius Flavius Corvinus und kandidiert für das Vigintivirat.
    Marcus Flavius Aristides, wenn du anwesend bist, dann tritt vor und erkläre dich!“

  • Klammen Gefühls schritt Marcus die Stufen zur curia iulia hinauf, den Bau, den die Römer und der Senat dem göttlichen Iulius Caesar verdankten, und in denen schon so viele berühmte Männer ihre Reden gehalten hatten, in dem zahllose nützliche – wie auch unnütze – Debatten statt gefunden hatte und lange Zeit die Geschicke des Imperiums bestimmte, mal mit mehr Gewicht, mal wiederum mit weniger, je nachdem, wie der Kaiser gewillt war, den Senatoren ihre Macht zuzugestehen. Die blendend weiße toga eines cursus honorum Kandidaten schien Tonnen auf seiner Schulter zu wiegen, immer wieder flüsterte er leise die Worte, die er jetzt seit Tagen auswendig zu lernen hatte, damit er sie einigermaßen Fehlerfrei vor den Senatoren wieder geben konnte; schon noch vor dem Eingang brach ihm der Schweiß aus und seine Hände fühlten sich ganz klamm an, die Nervosität und der Bammel waren schrecklich und er hätte sich mit Freude lieber in eine Schlacht gestürzt als in das Wortgefecht, was ihm vielleicht der eine oder andere Senator liefern würde, doch es führte kein Weg daran vorbei und so betrat Marcus letztendlich die curia und gesellte sich zu den übrigen Kandidaten des heutigen Tages, die ebenso wie er, ihre Reden schwingen würden! Auf der steinharten Bank wartend, konnte Marcus die hallenden Worte von innen gut vernehmen und seine Anspannung und der Fluchtimpuls wuchsen mit jedem Herzschlag, der rasend schnell verging, immer wieder sah er zu dem rettenden Ausgang, als er laut und deutlich seinen eigenen Namen vernahm; herrje, jetzt war es soweit. Marcus erhob sich und schritt auf die Mitte der curia zu, in der sich der Redner zu stellen hatte, wenn er vor den Senatoren sprach; Marcus hielt sich gerade und seine Schultern aufgerichtet, wie auch sein Haupt erhoben, er drehte sich um, wobei sein linker Arm das volle Gewicht der toga trug, in seinem Rücken spürte er den princeps auf seinem besonderen Stuhl, der ihn aus der Maße der Senatoren mit ihren weißen Togen und dem Purpursäumen herausragen ließ.


    Raunen und Flüstern, zahllose Augen, die sich auf ihn richteten und dann...dann paßiert es, Marcus' Geist war leer, blank gefegt wie der strahlende Marmor zu seinen Füßen, so leer wie das Blatt eines uninspirierten Dichters und er war nicht minder verzweifelt als jener, den die Musen nicht küßten. Marcus öffnete seinen Mund und schloß ihn wieder, hach herrje, all die Tage, all das Üben und trotzdem war es weg. Erinner' Dich, Marcus, los, los!, dachte er und mühevoll versuchte Marcus an das Pergament zu denken, auf dem die Rede geschrieben war, an der seine Familie mitgeholfen hatte, damit er sich nicht zu sehr blamierte vor dem Senat, die Panik, wie er sie noch nie in seinem Leben gekannt hatte, wallte in ihm hoch und einige Schweißperlen bildeten sich auf seiner Stirn, er sah in so viele Gesichter, manche schienen gespannt, andere verzogen schon jetzt höhnisch den Mund, doch da fixierte er immerhin ein vertrautes Gesicht – seinen Vetter Gracchus! So wie Gracchus ihn kannte, würde er bestimmt gleich erkennen, in welchem Dilemma Marcus steckte und er sah seinen Vetter hilfesuchend an, denn ihm kam kein einziges Wort in den Sinn außer ein heftig pochendes: Flieh!


    Bewegte Gracchus nicht seine Lippen, was wollte er ihm damit sagen? Die Rede vielleicht..Paa...paaa...pantoffeln? Nein, unmöglich. Ah, Patres...natürlich! Völlig durch den Wind holte Marcus Luft und sprach, ohne den Blick von seinem Vetter zu nehmen, dem rettenden Anker bei dieser schier unmöglichen Bewährungsprobe:
    „Pa...Patres consripti! Hochgeehrte Senatoren von Rom!“
    Marcus räusperte sich, denn noch hatte seine Stimme nicht den volltönenden Klang, wie sie ihn haben konnte, wenn er sonst laut redete, aber das war bisher immer nur vor einigen Soldaten gewesen und niemals vor den kritischen Ohren der Senatoren Roms.
    „Ich...“
    Marcus mußte noch einmal schlucken, um langsam doch wieder zu sich zu finden und auch den Lippenbewegungen von Gracchus etwas entnehmen zu können, doch es schien, als ob die Barriere in seinem Geist wieder schwand und sich die Worte hinter dem grauen Nebel zu zeigen begannen.
    „Ich bin heute vor Euch getreten, um - wie viele unserer Ahnen und römischen Mitbürger - den Weg des cursus honorum zu beschreiten. Manch' einer von euch wird mich schon kennen, doch vielen werde ich unbekannt sein, außer daß mir der Name der Flavier gegeben wurde. Mein Name ist Marcus Flavius Aristides, Sohn des Flavius Corvinus und Bruder des Flavius Felix! Wie ihr auch sehen könnt, bin ich nicht mehr ganz jung, wie so viele andere Kandidaten, die ihren Weg in der Politk beschreiten, denn ich habe bereits lange Zeit dem römischen Imperium gedient.“
    Selbst wenn ihm noch der Schweiß auf der Stirn stand, so beruhigte sich Marcus langsam wieder, dennoch mußte er nachdenken, was er mit einer rhetorisch einstudierten Gestik zu überspielen versuchte.
    „Vor vielen Jahren bin ich der römischen Legion beigetreten und habe mich der neunten Legion Hispana in Germania angeschloßen, damals, es war noch eine andere Zeit, wie viele von euch wißen, dienten auch Männer von Familien wie der Meinigen, wie jeder Soldat im römischen Imperium auch. Wir dienten, lebten und kämpften Seite an Seite. So tat auch ich es und ich diente mit großer Freude und Stolz in den Mannschaftsrängen der Legion; zuerst in Germanien, dann – meinem Legaten folgend – auch in Mantua und bei der legio prima Traiana, wo ich meinen Weg bis zu dem Rang des Zenturios ging und die zweite Zenturie der ersten cohors unterstellt bekam.“
    Marcus konnte sich schon denken, daß manch einer nichts damit anzufangen wußte, aber viele hatten auch als Tribun sicherlich bei ihrer Militärzeit noch etwas mitgenommen – wenn sie das Tribunat hatten leisten müßen.


    „Ich diente auch dann noch in der Prima, als unser göttlicher Kaiser, Divus Iulianus, beschloß, daß die Parther lange genug versuchten, unsere Grenzen und die römischen Freunde zu bedrohen; ich zog mit nach Syrien und dann nach Parthien, um dort unter dem Kommando des göttlichen Kaisers zu kämpfen!“
    Marcus verstummte einen Moment, denn für einige Herzschläge blitzten Erinnerungen in ihm auf, die er lieber jetzt nicht gesehen hätte, darum schluckte er und hatte das Gefühl, seine Kehle wäre ausgedörrt, weswegen er sich räusperte, ehe er fort fuhr.
    „Hernach und nach Rückkehr in unsere Heimat, wurde ich im Range eines Zenturios zu den cohortes urbanae versetzt und vollführte dort meinen Dienst, um die Straßen von Rom sicherer und frei von Gesindel und Verbrechern zu machen. Doch einer Kriegsverletzung wegen mußte ich aus dem Dienst als Soldat ausscheiden, jedoch verlangt es immer noch mein Pflichtgefühl und mein Streben, dem Volk, dem Senat und dem Kaiser des römischen Imperiums zu dienen. Darum, werte patres, stehe ich heute vor euch und erbitte die Wahl zum vingintivir. Mein Erfahrungen als Soldat, aber auch als Zenturio in den cohortes urbanae prädi...“
    Himmel und alle guten Götter, warum hatten seine Ghostwriter bloß so ein schwieriges Wort in die Rede getan, bei dem seine Zunge sich schier verknoten würde?
    „...geben mir die notwendige Erfahrung, um das Amt des triumviri capitales mit meinem Eifer und der notwendigen Sorgfalt auszuführen, darum würde ich dieses Amt bevorzugen, wenn ihr mir eure Stimmen zum Vigintivirat gewährt.“
    Irgendwie hatte Marcus das Gefühl, daß er einige Redeteile verschluckt hatte und so manche Aspekte vergeßen, die man ihm eingebläut hatte, doch es wollte ihm einfach nicht einfallen, darum verstummt er erstmal und sah kurz zu seinem Vetter, hoffend, es doch einigermaßen richtig gemacht zu haben. Da fiel es ihm dann doch noch siedenheiß ein, er sollte ja die zwei phalera und torques erwähnen, hatte das jedoch glatt vergeßen, jetzt damit noch zu prahlen, käme ihm jedoch seltsam vor.

  • Auch diesen Bewerber hörte Durus voller Interesse. Er hatte immerhin die Spiele besucht, die auch in seinem Namen veranstaltet worden waren. Abgesehen davon glaubte er sich jedoch auch zu erinnern, ihn auf einem seiner Gastmähler bewirtet zu haben und aus irgendeinem Grund brachte er ihn auch mit der Jagd in Verbindung. Leider hatte Durus jedoch ein sehr schlechtes Namens- und Gesichter-Gedächtnis (was im Grunde sein größtes Hindernis im politischen Leben war), sodass er mehr nicht verbinden konnte. Doch er konnte ihn mit Gracchus in Verbindung bringen, was im Grunde genügend Auszeichnung war, obwohl der Flavier keinen besonders trittsicheren Eindruck auf dem spiegelglatten Boden der Politik machte. Wahrscheinlich war er ein Soldat wie Quintus, gezwungen von der Mos Maiorum, sich auch auf diesem Schlachtfeld zu bewähren.


    Doch immerhin war es ein Flavius, daher war es besser, ihn zu unterstützen - wobei Durus noch zurückhaltend damit war, dies aktiv zu tun. Stattdessen wartete er ab.

  • Auf die Rede des Flavius Aristides hatte ich mit Interesse gewartet. Epicharis hatte am gestrigen Tage im Redaktionsgebäude beinahe dauerhaft davon gesprochen und mich natürlich durch die Blume gebeten, für ihn zu sprechen. Aufmerksam verfolgte ich nun die Worte des Flaviers, konnte nicht umhin, an einigen Ecken zu schmunzeln, und glaubte gar, hin und wieder eine Formulierung zu erkennen, die mich an den Stil der lectrix erinnerte. Nichtsdestotrotz konnte ich hier nicht anders, denn meine Zustimmung geben, da hätte es des Zuspruchs seitens seiner Ehefrau nicht einmal benötigt.


    "Flavius Aristides ist ein kampferprobter und mehrfach ausgezeichneter Veteran des Parthienkrieges. Wer sonst sollte geeigneter sein als ein Mann wie er, der noch dazu aus einer angesehenen Familie stammt, das Amt eines triumvir zu bekleiden? Es ist überaus löblich, dass er sich nun auch in die Politik wagt. Flavius, meine Stimme ist dir sicher", sagte ich, nachdem ich mich erhoben hatte. Anschließend nahm ich wieder Platz.

  • Vielleicht lag es gerade daran, dass Macer selber einmal für einige Zeit einfacher Soldat war, bevor er Offizier und dann Politiker wurde, dass er diesen Weg besonders kritisch sah. Je später dieser Wechsel erfolgte, umso weniger konnte er ihm etwas positives abgewinnen. Trotzdem blieb seine erste Frage an den Kandidaten erst einmal völlig sachlich.


    "Flavius Aristides, du erwähntest mehrere Stationen deiner militärischen Karriere und es ist ein Zeichen deiner Qualitäten als Soldat, dass es sich bei jeder um einen Aufstieg handelt. Wie viele Jahre insgesamt verbrachtest du bei der Armee und welche Auszeichnungen konntest du dir in dieser Zeit verdienen?"

  • Die Leidenszeit hatte leider noch kein Ende und es würde vielleicht noch länger dauern, bis Marcus von all den erwartungsvollen Blicken erlöst wurde, vor denen er reden mußte, seine Kehle wurde von Herzschlag zu Herschlag trockener und er bangte nun, daß eine Frage kommen würde, die ihn völlig aus dem Konzept brachte – eines, was sowieso mehr dürftig war und auf sehr wackeligen Beinen stand! Er leckte sich kurz nervös über die Unterlippe und vergewißerte sich bei seinem Vetter, daß nicht alles verloren war – zumindest faßte dieser sich noch nicht bestürzt an die Stirn, was schon mal ein gutes Zeichen war., alle anderen Gesichter verschwanden jedoch hinter lauter schwarzen Punkten, die vor Marcus Augen – der immer noch latenten Panik wegen – tanzten, irgendwo kam doch eine bekannte Stimme, die was zu ihm sagte...oder zu den anderen Senatoren? - es rauschte nämlich auch ganz gewaltig in Marcus' Ohren! Marcus blinzelte und versuchte sich zu konzentrieren, was gesagt wurde, was ihm nicht ganz einfach fiel, zumindest verstand Marcus, daß die Worte wohl zu seinen Gunsten ausfielen, was Marcus ungemein erleichterte, er blinzelte noch einmal und der schwarze Punkt verschob sich etwas an die Peripherie, ah, war das nicht Aurelius Corvinus – sein baldiger Schwager...? Nein, sein baldiger, angeheirateter Neffe! :D Marcus nickte ihm dankbar und erleichtert zu – weil Corvinus ihm auch eine kleine Atempause, nebst der dankend angenommenen Unterstützung, gewährte.


    Einen winzigen Bruchteil eines Momentes gab sich Marcus zudem der Hoffnung hin, er würde noch mal vor Fragen verschont werden, was jedoch nicht der Fall war, irgendwo aus den Reihen kam Eine, Marcus mußte noch mal blinzeln, um zu erkennen, wer das denn dieses Mal war – ah, Purgitius Macer. Was war aber noch die Frage? Marcus horchte in den Nachhall der Worte...Jahre beim Militär? Auszeichnungen? Beinahe hätte er angefangen, mit seinen Fingern nachzuzählen, seine Hand rutschte bereits aus einer Falte der toga hervor, doch im Grunde war es nicht schwer.
    „Ich habe annähernd sieben Jahre beim Militär gedient, Senator, davon den größten Teil in der Legion und die längste Zeit bei der legio Prima!“
    Gab's noch was dazu zu sagen? Nein, Marcus fiel auch nach kurzem Überlegen nichts ein. Das war nicht Teil der Rede gewesen, darum war auch mit keiner eloquenten Antwort zu rechnen.
    „Auszeichnungen? Ähm...ja, ich habe für meine Zeit bei der Hispana eine phalera erhalten, im Krieg für die Schlacht von Edessa die bronzenen torques, für die Eroberung von Circesium die Silbernen.“
    Held von Circesium, diesen Titel würde Marcus niemals über die Lippen bekommen.
    „...und zu guter Letzt eine phalera für meine gesamte Militärzeit beim Ausscheiden aus den cohortes urbanae!“

  • "Verwunderlich für einen Flavius, ich möchte deine Erfolge mit nichten schmälern, aber es ist schon etwas Besonderes einen Patrizier bei den Truppen zu sehen. Was mich neben all diesen heroischen Worten intressieren würde wäre die Tatsache zwei Flavier bei dieser Kandidatur auf der Liste zu sehen. Wie kommt das? Der geübte Flavius Gracchus führt den Ziehsohn oder hat das tiefere Gründe. Für uns Senatoren muß immerhin ein Gleichgewicht zwischen den Ämtern gewahrt bleiben und ich überlege mir, ob das der Fall bleibt, wenn zwei von Euch gewählt würden?"

  • Es war kein Wunder, daß bei so vielen Senatoren schon gleich die nächste Nachfrage kam, und was für eine! Marcus spähte in die Richtung, aus der er die Stimme vernahm und versuchte den Mann zu erkennen, was nicht ganz leicht fiel, da von dort einige Sonnenstrahlen ihn blendeten, doch dann erkannte er den Senator, der die falsch Frau geehelicht hatte, beziehungsweise die richtige Frau den falsche Mann, nämlich Decima Lucilla, ah ja, der Herr Decimus Lucilla – nur so hatte er den Germanicer in Erinnerung! Und der drückte sich reichlich kompliziert aus, so daß Marcus sich auf das Gesagte durchaus konzentrieren mußte, Verdienste nicht schmälern? Aha...es wunderte ihn, daß ein Patrizier bei den Truppen war? Litt der Mann unter Amnesie? Bis vor kurzem war das noch Usus gewesen...heroische Worte? Worte? Langsam, aber sicher beschlich Marcus das Gefühl, daß jener Mann es bestimmt nicht gut mit ihm meinte und als er dann das mit dem Ziehsohn hörte, blieb ihm schier die Spucke weg. Ziehsohn von Gracchus? Er sah tatsächlich einen Herzschlag zu seinem Vetter, der jünger an Jahren war, und den er früher immer als ein Anhängsel betrachtet hatte, bis sie sich in Achaia etwas besser und in Rom richtig gehend freundschaftlich kennen gelernt hatte. Aber ein Gutes hatte es, die Aufregung war jäh weggeblasen und Marcus wurde wütend, eine Wut, die seine Gedanken mehr klärte. Er richtete sich auf und verlor die zauderliche Haltung unter der toga, sein Blick richtete sich gelaßen und sogar etwas kalt herablaßend auf den Germanicer.


    „Verwunderlich ist das nicht, Senator...“
    Wie hieß der Mann noch mal? Marcus hatte es vergeßen.
    „...denn als ich bei der Legion Eintritt fand, dienten einige Patrizier in den Mannschaftsrängen, war das senatorische Tribunat noch nicht in der Form üblich wie es einst der Fall war und heute wieder ist.“
    Auch wenn manche Senatoren es wohl verdrängten, wie jener wohl, der bestimmt kein Tribunat abgeleistet hatte, zumindest würde er dann nicht so einen Unfug reden.
    „Ob Du darin ein Ungleichgewicht sehen willst, daß zwei Flavier zu dieser Wahl antreten, das müßte ich Dir überlaßen, Senator. Bei der großen Anzahl an Kandidaten ist die Kandidatur unserer beiden Personen jedoch ein Faktum, daß kaum ins Gewicht fällt, zumal es noch mehr als zwanzig Kandidaten für das Amt des Kollegium der vigintiviri gibt und zu den anderen Ämtern natürlich auch zahllose Kandidaten und Posten, aber deßen wirst Du Dir ja bewußt sein! Was für ein Ungleichgewicht können da schon zwei Flavier hinein bringen?“
    Marcus' Stimme war deutlich sicherer geworden, mit diesem Ehemannknilch, der Lucilla bestimmt nicht glücklich machte, sonst wäre sie ja auch in Rom, würde er sicherlich als gestandener Soldat fertig werden.
    „Zudem sind wir doch alle Römer, Senator, Römer, die dem Imperium dienen und nach besten Wissen und Gewißen die Geschicke des Staates lenken wollen, da sollten wir uns nicht auf Namen oder Stand versteifen, sondern auf die Befähigung und den Willen, diese Taten auch zu vollführen. Und gerade diese Lehre habe ich aus meiner Zeit bei der Legion gezogen, wo es auf Fähigkeiten und Führungskraft ankommt, nicht darauf, in welcher gens man geboren wurde.“

  • Ob ihrer Verwandtschaft wegen hielt Gracchus sich bei Aristides' Präsentation zurück, ohnehin würde wohl jeder der Senatoren ahnen können, dass seine Stimme seinem Vetter galt. Obgleich er zu Anfang ein wenig Schwierigkeiten hatte, hielt sich Marcus nicht schlecht, selbst bei den Nachfragen. Ein sublimes Lächeln kräuselte schlussendlich Gracchus' Lippen bei den Worten des Germanicus, welche ein überaus amüsantes Bild in seinem Kopfe entstehen ließen, war Aristides doch einige Jahre älter als er, zugleich bis auf politischem Terrain war es stets so gewesen, dass Gracchus seinen Vetter hatte als Vorbild angesehen. Einen Augenblick lang sann er darüber nach, Aristides beizuspringen, doch auch gegen die in der Frage zweifellos mitschwingende Provokation konnte dieser sich gut behaupten, verbarg sich gleichsam nun nicht mehr hinter einstudierten Worten, sondern zeigte seine eigenen Talente. Bestätigend nickte Gracchus ihm zu und lehnte sich wieder zurück.

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    IUS LIBERORUM

    PONTIFEX PRO MAGISTRO - COLLEGIUM PONTIFICUM

  • Was für eine Frage Senator stellte, war völlig egal. Zumindest bei den niedrigsten Ämtern war das so. Es sollte sich einzigst herauskristallisieren, ob der Candidatus geeignet war oder eben nicht. Avarus stellte diese Frage des Duo, weil sie im Besonderen dafür geeignet war einen Charakter zu erkennen. Diesen Flavius hatte er natürlich trotzdem aufmerksam zugehört und wußte nun, wo er seine Kreuze machen würde. War es gut oder eher nicht so passend reagiert? Der Gedanke blieb bei dem Germanicus verdeckt im Geiste.

  • Nach der Einladung zu den Spielen, hatte Modestus schon erfahren, dass sich Aristides nun entgegen seiner vorherigen Äußerungen nun für die Politik entschieden, weshalb er nun über die Kandidatur des Flaviers nicht erstaunt war. Und obwohl er dem Flavier durchaus noch einen Gefallen schuldig war, wollte er ihm eine knifflige Frage stellen. Schließlich galt es seine Eignung für eine Magistratur zu prüfen.


    >Da ich während meines Tribunats in der selben Einheit wie Flavius Aristides gedient habe, kenne ich ihn bereits, weshalb ich ihn nicht dazu befragen brauche, ob er mit dem Strick wirklich selbst eine Hinrichtung vollführen könnte, denn er ist mir als fähiger und verwantwortungsbewusster Mann im Gedächtnis geblieben. Doch nach der langen Zeit im Militär frage ich dich, Flavius Aristides, in wie fern du ein Mann der Politik bist. Wie würdest du zum Beispiel auf einen bestochenen Kollegen reagieren?<

  • Wieder etwas klarer bei Verstand und deutlich weniger aus dem Konzept gebracht, erkannte Marcus natürlich sofort seinen ehemaligen senatorischen Tribun von der Prima wieder; marginal hoben sich beide Mundwinkel von Marcus, so daß der eben noch womöglich als überheblich interpretierbare Ausdruck auf seinem Gesicht verschwand, zumal es ihn erfreute, daß sich Modestus für ihn aussprach, hinwieder grübelnd, was er denn mit dem Strick meinte und ob das wirklich ein Kompliment war; die Frage wiederum ließ Marcus stocken, denn – schon in Alarmbereitschaft wegen der vorigen Frage versetzt – es konnte durchaus einen Hintergedanken haben; Modestus kannte die Gebräuche des Militärs, gerade weil er einige Monate dort mitgenommen hatte – und es war durchaus Usus, daß sich ein römischer Zenturio von seinen Männern bestechen ließ, gerade, um manche Dienste zu verschieben, damit sich die Soldaten etwas Freizeit erkaufen konnten oder um den lästigen Latrinendienst los zu werden; Marcus war da nicht anders gewesen, zumal es für ihn eben dazu gehörte; ein Grund, warum kurz Unglauben in seinen Augen stand und er einige Herzschläge zauderte, denn er hatte wirklich nichts gegen die eine oder andere Bestechung, warum sollte man es in der Politik anders handhaben? Ach, verdammt noch mal, darauf war er nicht vorbereitet gewesen.


    „Ich...ähm...“
    , entfleuchte ihm deswegen auch prompt.
    „Nun...“
    , begann er etwas zu lahm.
    „...wenn die Handlungen einer meiner Kollegen den Gesetzen und Traditionen widersprechen, dann muß das natürlich geahndet werden, Senator, das steht natürlich außer Frage.“
    Es war ein wenig vage, das erkannte Marcus erst im Nachhinein, aber das mit den Traditionen fand er sogar richtig gehend brillant, schließlich war es Tradition beim Militär, daß der Zenturio bestochen wurde, und womöglich sah es an anderen Stellen auch so aus. 8)

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