[Stege] Iatros - Anthis Arztzimmer

  • "Naja... also ich bin mit dem Ellenbogen voran auf den Boden aufgeschlagen. Also, den Holzboden in meiner Bibliothek. Bin gefallen." Während ich sprach, zog ich das scharze Übergewand aus. Nun war die Rüstung, die meinen Körper schützte zu sehen. Lauter sechseckig erscheinende Schuppen. Ich öffnete ein paar Schnüre , die versteckt an der linken Seite waren. Dann konnte ich die Rüstung anheben, den Kopf herausziehen und sie danach über den rechten Arm ablegen. Dabei ließ ich mir von Ànthimos helfen.
    "Das ging aber noch. Und dann habe ich mich gestritten und vor Wut mit der linken Faust auf Holz geschlagen. Seitdem schmerzt es doch recht heftig." Ich zog nun das langärmelige, weiße Untergewand, oder genauer: Hemd, aus. Eine lange, schmale Narbe war auf meinem linken Unterarm zu sehen.

  • Wäre Anthi nicht dazu verpflichtet geesen ernsthaft zu bleiben hätte er wohl laut losgelacht. Vor seinem inneren Auge sah er Marcus Achilleos bim Kampf mit einem Buch und ein zurückschlagendes Brett. Aber einen bissigen Kommentar konnte er sich dann doch nicht verkneifen.

    "Offenbar hat hier das Brett zurückgeschlagen. Aber lass mich mal sehen."


    Er betrachtete erst den Ellenbogen und dann seine linke Hand. Ersterer war ein wenig aufgeschlagen und blau, allerdings schien er sonst nicht weiter verletzt zu sein. Die Hand hingegen war schon ziemlich gezeichnet. Nach dem schmerzhaften Abtasten konnte er aber auch da Entwarnung geben, denn es schien nichts gebrochen zu sein.

    "Deine Hand ist verstaucht, oder stark geprellt. Ich werde dir eine Salbe auftragen, die bei der Heilung hilft, und die Schmerzen betäubt. Was hat dich denn so geärgert?"

  • Ich zog eine Augenbraue hoch, als er den Kommentar mit dem Brett machte. Die Sache mit der Hand hing damit natürlich zusammen, doch war ich mir noch nicht so ganz sicher, ob ich ihm die Wahrheit darlegen sollte.


    "Kennst du Memnos, den Fernhändler? Stinkreich und arrogant? Ich habe ihm ab und zu geholfen, Waren aus Indien und Seide zu bewerten. Von ihm habe ich das Grundstück für die Akademie und dann hat er mir noch eine Sklavin geschenkt. Mit der habe ich mich gestritten und, naja, dann habe ich halt lieber den Boden geschlagen als sie." Ich zuckte mit den Schultern.

  • Natürlich kannte er Memnos. Zwar mochte Anthi den kerl nicht, aber er hatte sich noch nie etwas zu Schulden kommen lassen, und was den Handel anging war er wohl wirklich kompetent. Als er hörte, dass er Marcus die Sklavin geschenkt hatte, musste er aber schmunzeln.

    "Ich weis vorallem, dass Memnos nicht zu verschenken hat. Also ich würde mir wohl zweimal überlegen, ob ich von ihm ne Sklavin von ihm als Geschenk nehmen würde. Aber ehrlich: Schlag das nächste mal lieber deine Sklavin, als mit deiner Hand auf den boden zu hauen. ich bin mir sicher, ihre Prellung am Gesicht wäre nicht so schlimm gewesen, wie deine jetzt."


    Zumindest rein rational gesehen, wäre das wohl wirklich die bessere möglichkeit gewesen. Aber anthi konnte Marcus da gut verstehen, da er wohl selbst nicht anders gehandelt hätte.

  • Ich schüttelte den Kopf. "Ich habe sie schon einmal geschlagen. Danach habe ich mir vorgenommen, sie nicht mehr zu schlagen. Sie war vorlaut, da brachte ich sie zum schweigen - mit einem Schlag gegen die Kehle. Ich wusste genau, wie ich ihn zu dosieren hatte, damit sie nicht stirbt, aber es gelingt ihr recht gut, meine Selbstbeherrschung zu brechen, also kann ich nicht für dieses Maß an Kontrolle grantieren. Und umbringen will ich sie ja nicht. Sie ist immerhin ein Mensch. Ich sehe sie ja auch mehr als Untertanin denn als Sklavin." Warum erzählte ich ihm das?

  • Marcus redete schon wieder in so komischen Theorien. Wenn seine Sklavin seine Untertanin war, sah er sich entweder als Staat oder als Monarch und beides hörte sich schon irgendwie komisch an. Aber eigentlich verstand er ihn sehr gut.


    "Ich verstehe dich. Mir widerstrebt es auch Sklaven zu schlagen oder sie zu züchtigen. Ich habe da bisher immer sehr viel Glück gehabt und musste das nie tun, aber wenn es einmal nötig sein wird, werden dass wohl meine Frau oder mein Bruder machen müssen. Jemanden schwächeren zu schlagen, egal ob Mann, Frau, Sklave oder Freier widerstrebt mir ungemein. Wir beide sind offenbar von einem sanfteren Gemüt also manch anderer. Aber wahrscheinlich liegt das auch daran, dass wir unsere Agressionen beim Sport abbauen können. Aber damit du ein wenig gelassener wirst, rate ich dir vielleicht einmal deine Sklavin mit in dein Bett zu nehmen, oder ein Porneion aufzusuchen. Nichts beruhigt einen Mann mehr als bei einer Frau zu liegen. Ich habe es selbst in letzter Zeit gemerkt, dass ich immer unruhiger geworden bin, da ich wegen der Schwangerschaft nicht bei meiner Frau liegen konnte."


    Er bestrich die verfärbten Stellen an seiner Hand und seiner Schulter mit einer Salbe. Es schien nichts gebrochen zu sein, aber zumindest geprellt und verstaucht.

    "Ich geb dir von der Salbe mit. Die solltest du zweimal am Tag aufstreichen lassen. Desweiteren solltest du die Schulter und die Hand in den nächsten Tagen nur wenig belasten. Zwar wird eine normale benutzung nur schmerzen, aber gerade an Schläge, sei es auch nur Training, ist damit nicht zu denken."

  • Ich schüttelte den Kopf. "Glaube mir, es liegt nicht an meinem sanften Gemüt, dass ich sie nicht erneut schlagen will. Es geht nur darum, dass ich fürchte, sie zu töten, wenn ich erneut zuschlage. Nochmal kann ich mich vielleicht nicht mehr so zusammen reißen. Ins Bett werde ich sie jedenfalls nicht mitnehmen! Das würde niemals gut gehen." Da war noch Urgulanias angebot, ihr Porneion zu nutzen, doch würde ich das auch nicht nutzen. "Ich denke aber dennoch über deinen Rat nach. Es dürfte jedenfalls keine Schwierigkeit sein, hier ein Porneion zu finden."


    Ich betrachtete meinen Arm, während Ánthimos die Salbe auftrug. "Ich danke dir für deine Hilfe. Sag mir, was schulde ich dir dafür? Schließlich kann ich nicht erwarten, dass du mich kostenlos behandelst. In der Tat würde ich mich beleidigt fühlen, wenn du von mir kein Entgelt für deine Mühen nehmen würdest."

  • Eigentlich hätte er ihm jetzt wirklich nichts berechnet. Schließlich hatte er kaum Arbeit gehabt und musste nur eine Salbe auftragen. Selbst die Diagnose war kaum ein Ding gewesen und sehr offensichtlich. Aber wenn Marcus Achilleos etwas bezahlen wollte, dann sollte er einfach den Preis für die Salbe zahlen.


    "Eigentlich hätte ich dir wirklich nichts berechnet. Dafür macht es mir zu viel Spaß mich mit dir zu unterhalten und es war ja auch nicht gerade ein schwieriger Fall und so zu sagen museionsintern. Aber wenn du dich sonst beleidigt fühlst, würde ich dir 10 Drachmen für die Salbe berechnen. Du glaubst gar nicht was dieser Balsam kostet, der aus Tylus importiert wird! Aber solange die Qualität so gut ist... Die Salbe müsste aber dann auch reichen, bis deine Prellungen abgeklungen sind. Und wenn du ein gutes Porneion suchst, dann kann ich dir das heptai hetairai empfehlen. Ich war zwar nicht als Besucher dort, aber es hat mir einen sehr guten Eindruck gemacht und die Berichte der letzten Betriebsprüfungen darüber waren auch sehr positiv."


    Er hatte für extra Iunia Urgulanias Name verschwiegen. Natürlich wusste er, dass das ihr Betrieb war, aber das ging ja sonst niemanden etwas an. Vielleicht wollte sie ja nicht, dass das allgemein bekannt war. Aber wenn Marcus Achilleos seine Sklavin nicht mit ins Bett nehmen wollte, dann war diese wohl keine Schönheit. Aber wie war das nochmal mit dem geschenkten Gaul?

  • "Urgulanias Porneion... vielleicht werde ich das mal besuchen. Wie schon gesagt, ich denke drüber nach." Ich kramte zehn Drachmen aus meinem Geldbeutel hervor und gab sie Ánthimos. "Was nichts kostet hat keinen Wert. Und gerade Gesundheit sollte doch ihren Wert haben." Ich lächelte kurz.


    "Könntest du mir beim ankleiden helfen? Die Rüstung muss irgendwie wieder angezogen werden und dann das Gewand gut drumherum drapiert werden, damit man die Rüstung nicht erkennt. Das ist eines der Geheimnisse, warum bislang jeder Versuch mich zu töten scheiterte."

  • Anthi betrat sein Arztzimmer. Hier war alles aufgeräumt, aber er gab sich keinem falschen Trugschluss hin: Er war dafür nicht verantwortlich. Früher hatte er hier immer penibel auf Ordnung geachtet, aber nur würde es hier wohl aussehen wie in einem Schweinestall, wenn nicht von den Sklaven für Ordnung gesorgt worden würde.


    Scham ergriff ihn. Was hatte er nur gemacht? Er hatte alles gehabt und hatte alles verspielt, nur um seinen Stolz zu befriedigen. Er hatte sich als etwas besseres gefühlt. Ànthimos der stolze Grieche. Atleth, Iatros und Gutmensch. Er hatte seine prinzipien und seinen Stolz über andere Dinge gestellt. Wie dumm und naiv er doch gewesen war. und genau diese Dummheit und diese Naivität hatten ihm nun alles genommen. Wie er in diesem Moment doch Nikolaos Kerykes bewunderte. Immer hatte er in ihm einen schleimigen Wurm gesehen, aber nun war es ihm gelungen den gehassten Konkurrenten zu zerstören. Er hatte gewonnen, Anthi hatte verloren-so einfach war das. Und alles hatte mit einem kleinen Briefchen und der Einladung zu einem geheimen Treffen begonnen... Wenn er noch einmal die Chance hätte, würde er schlauer und weiser handeln, dessen war er sich sicher. Er hatte von Nikolaos lernen sollen, anstatt ihn zu verabscheuen. Aber dafür war es nun zu spät. Er würde den mächtigsten Griechen hier in Alexandria nie wieder sehen und er war nicht traurig darüber...


    Anthi ging zu dem großen Bastkorb der in der Ecke stand und hob den Deckel ab. In drei abgetrennten Bereichen lag jeweils eine schwarze Schlange. Sie waren wohl genährt, wieder einmal etwas an das er nicht gedacht hatte und das seine Sklaven für ihn erledigt hatten. Er schaute auf die Wachstafel auf der sie genau vermerkten wann die Schlangen gefüttert wurden, damit man wusste wann man sie das nächste Mal melken durfte. Die Kobras und ihr Gift waren ein mächtiges Geschenk der Isis, denn das gift vermochte sowohl zu töten als auch Schmerzen zu lindern und damit zu heilen. Der Iatros hatte sich auf die Behandlung mit Gift spezialisiert, und war damit der einzige Grieche in Alexandria der diese Methode anwendete.


    Die Wachstafel zeigte dass die Schlangen bereits einige tage nicht mehr gefüttert worden waren. Sie waren also voll mit Ruhe bringendem Gift. Er war bereits zwei Mal gebissen worden, allerdings waren sie jedes Mal kurz vorher gefüttert oder gemolken worden, so dass er jedes Mal zu wenig Gift abbekommen hatte um daran zu sterben. Wäre es damals doch mehr gewesen, dann wäre er als glücklicher Mann gestorben... Mit einem gezielten und sicheren Griff packte er eine der Schlangen hinter dem Kopf. Klar wollte er geissen werden, aber er wollte selbst gestimmen wann und wo. Er wollte der Täter sein und nicht ein ungeschicktes Opfer! Behutsam legte er mit seiner freien Hand wieder den Deckel auf den Korb. Dann fiel ihm noch etwas ein und er legte den Riegel vor und verschloss so die Tür. Er wollte nicht noch rechtzeitig gefunden werden, wenn ihm eventuell noch zu helfen war.


    Dann legte er sich auf die Kline und verharrte dort einige Momente regungslos. Er dachte an seine Frau und seine Tochter. Er hatte ihnen Schmerz zugeführt und sie damit verloren. Sein Stolz hatte ihn vergiftet. Wie passend jetzt würde ihn ein anderes Gift davon befreien. Mit einem gemurmelten "Penelope, Panthea" setzer er die Kobra an sein Handgelenk und spürte auch sogleich den Biss der Schlange der sich tief in die Haut grub. Dann endete der Biss und Anthi warf die Schlange von sich. Hoffentlich biss sie nicht noch einen der Sklaven, dachte er noch so bei sich.


    Das Gift begann schnell zu wirken und er merkte wie er immer ruhiger wurde. Sein Herz klopfte langsamer und es wurde ihm zunehmends schwerer Luft zu holen. Es wurde schwerer und immer schwerer, bis er irgendwann kaum noch Luft bekam und sein Sichtfeld von schwarzen Flecken behindert wurde. Sie breitete sich immer weiter aus, bis Ànthimos Bantotakis völlig in die Dunkelheit glitt...

  • Anthi erwachte. Sein Kopf dröhnte und er hatte den Geschmack von Magensäure im Mund. Es dauerte einige Momente bis sich sein Blick geklärt hatte, aber das pochende Gefühl im Kopf blieb bestehen. Er war verwirrt, weil er nicht so recht wusste wo er war. Er lag neben der Kline seines Arztzimmers.
    Langsam dämmerte es ihm und ein gequältes Stöhnen entfleuchte seiner Kehle. Er lebte noch! Verdammt! Was sollte das? Wieso war er nocht tot? Hatte die Schlange nicht genug Gift gehabt? Und wenn ja, warum war das so? Oder hatte er nicht sterben sollen?


    Dann tauchte etwas schwarzen in seinem Blickfeld auf: Die Kobra. Sie baute sich in Angriffsstellung vor ihm auf. Doch das vermochte den griechen nicht mehr zu ängstigen. Er kniff die Augen zusammen um seinen Blick zu klären. Dann schoss seine Hand nach vorne und packte die Schlange. Diese hatte offenbar nicht damit gerechnet und so hatte Anthi sie fest in der Hand.


    Er stand langsam auf, nahm ie zweite Hand zur Hilfe und brach der Schlange mit einem lauten *Knack* das Genick. "Unfähiges Vieh!" kam ihm brummend über die Lippe als er den noch zuckenden Körper achtlos auf seinen Schreibtisch schmiss.


    "Ihr werdet schon sehen was ihr davon habt!" sprach er noch bevor er das Zimmer verließ...

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