Cubiculum FC | Beim nächsten Mann wird alles anders! - Der Abend vor der Hochzeit

  • Alle Zeichen standen gut, für die bevorstehende Ehe. Iuno hatte unser Opfer angenommen und uns somit ihre Gunst geschenkt. Von nun an würde alles gut werden. Endlich konnte ich die Schatten der Vergangenheit hinter mir lassen. Diesmal wollte ich glücklich werden. Morgen begann mein neues Leben!


    Am Abend hatte ich Charis zu mir rufen lassen, damit sie mich vorbereitete für den morgigen Tag.
    Die weiße tunica recta lag bereit. Ich hatte sie eigenhändig angefertigt. Natürlich hätte ich sie auch käuflich erwerben können. Doch ich bestand darauf, sie selbst herzustellen.
    In einer Schatulle lag die hasta caelibaris bereit, womit mir Charis später das Haar zurechtmachen sollte. Sie sollte Kraft spenden und reinigen. Neben einem Kranz aus Blumen lag auch das orangerote flammeum, ein hauchdünner Schleier, den sie mir heute Abend noch anlegen würde.


    Nach einem erquickenden Bad war ich in mein cubiculum zurückgekehrt. Mein Körper duftete nach Mandelöl, womit man mich massiert hatte. Ich war bereit, mein altes Leben hinter mir zu lassen. Alles was gewesen war. Ab nun zählte nur noch, was sein würde.
    Während ich auf meine Sklavin wartete, ließ ich meine Gedanken schweifen. Auf den morgigen Tag und auf die Verantwortung, die auf mir lag.
    Es sollte ein glanzvolles Fest werden, wenn auch auf einem Schiff. Ausgerechnet ein Schiff! Ich hatte Marcus nicht enttäuschen wollen, indem ich protestierte, als er mir eröffnete, die Feier fände auf einem Schiff statt. Dennoch war mir der Gedanke unheimlich, nach meiner Entführung wieder auf ein Schiff zu gehen. Aber das waren nur unsinnige Gedanken…
    Eine Stimme riß mich wieder zurück. Es war Charis, die gekommen war. Ich hatte sie gar nicht bemerkt.

  • Charis trat ein. Ihre neue Herrin war nicht die erste Braut, die sie für die bevorstehende Hochzeit vorbereitete. Sie wuße, was zu tun war und worauf es ankam. Bereits den ganzen Tag, den sie mit ihrer Herrin verbracht hatte, spürte sie die Nervosität, die ihr anhaftete. Dabei wunderte sie sich, denn wie sie gehört hatte, war dies Celerinas zweite Ehe, die alles andere als Glücklich verlaufen sein sollte.
    Bereits am Morgen hatte sie die Kosmetik für die Herrin ausgewählt. Die Auswahl des Schmuckes hatte sich Celerina vorbehalten.
    Charis erster Blick fiel auf die tunica recta ihrer Herrin, die sie eigenhändig gewebt hatte. Solche Fertigkeiten hatte sie Celerina gar nicht zugetraut. In den letzten Tagen hatte sie sie noch beobachten können, mit welcher Sorgfalt sie vorgegangen war, darauf bedacht, keinen Fehler zu machen. Man sagte, es sei ein schlechtes Ohmen für die Ehe, wenn die tunica recta nicht ordentlich gewebt war.
    "Bist du bereit, Herrin?" fragte Charis. Die Herrin saß vor ihrer Kommode, lediglich mit einem Umhang aus dünnem, sehr dünnem Stoff bekleidet. Ihre Haare trug sie offen und um sie Herum schwebte ein Hauch von Mandelöl.
    Celerina antwortete nicht, sie saß einfach nur da und betrachtete sich im Spiegel. Glücklicherweise waren die blauen Flecke, jene sichtbaren Überreste ihrer Entführung, schon seit einigen Wochen restlos verschwunden. Doch selbst Charis, die ihre Herrin vor der Entführung nicht gekannt hatte, bemerkte, daß die seelischen Wunden noch lange nicht verheilt waren.
    "Herrin? Bist du bereit, Herrin?", wiederholte sie ihre Frage und wartete.

  • "Oh, da bist du ja Charis! Ja, ich bin bereit. Ähm nein,eigentlich noch nicht. Geh und laß nach Phraates rufen! Ich muß ihn unbedingt sprechen. Ich habe einen wichtigen Auftrag für ihn" Einen äußert wichtigen sogar! Die Sklavin starrte mich überrascht an, tat aber dann, was ich von ihr verlangte.
    Sie verließ kurz das Zimmer, um ihren Auftrag an einen anderen Sklaven zu delegieren. Nachdem sie wieder da war, erhob ich mich von meinem Stuhl und stellte mich in die Mitte des Raumes. "So, jetzt können wir beginnen!"
    Meine Arme breitete ich aus, damit Charis beginnen konnte, mich zu entkleiden. Behutsam begann sie, den Umhang zu entfernen. Sie legte ihn ab und ihr nächster Griff galt der tunica recta, die sie mir ganz vorsichtig überstreifte. Ich war schon ganz gespannte darauf, wie ich in meinem selbstgewebten Gewand aussah. Charis´ Miene war nichts zu entnehmen, ob ihr gefiel oder mißfiel, was sie sah. Sie war ganz auf ihre Arbeit konzentriert und ließ sich durch nichts ablenken.


    "Charis, was glaubst du, wird er mich lieben? Du hast ihn ja bereits kennengelernt. Hat er etwas gesagt?", fragte ich meine Sklavin, während sie noch mit der tunica beschäftigt war. Charis war Marcus´ Saturnaliengeschenk an mich, als Ersatz für meine treue Ylva.

  • Er war gerufen worden! Da war keine Sekunde zu verlieren!
    Doch zuviel Diensteifrigkeit tat selten gut, wie Phraates in dieser Stunde feststellen musste.
    Er eilte hastig zu Celerinas Cubiculum hin. Er wollte die Tuer mit viriler Kraft aufmachen und eine elegante Verbeugung vor seiner Herrin machen.
    Doch dies sollte nie so kommen. Der Grund dafuer war eine Bodenplatte aus Stein, welche vor der Tuer Celerinas leicht erhoeht war. Phraates hatte ihn noch nicht bemerkt, und er stolperte drueber. Dies war der Grund, wieso er, statt zur Tuer zur schreiten, ihr entgegenflog.
    Als er sie traf, sprang sie mit einigem an Laerm auf, flog komplett auf und knallte an die Wand. Phraates, der mit so einem Karacho in das Zimmer hineingeplatzt war, ruderte mit den Armen herum, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Er kammerte sich an irgendetwas fest. Leider war dieses etwas ein Holzbalken, der nur auf zwei aus der Wand ragenden Naegeln sass. So fuhr das eine Ende des Holzbrettes herunter, waehrend das andere Ende hinaufsauste. Auf diesem Ende war leider ein Veilchentopf positioniert gewesen, der nun mit Kraft an die Decke katapultiert wurde. Dort zersprang er, und die Splitter flogen auf niemand geringeren als Phraates herunter. Dieser hob seine beiden Arme ueber sein gesicht, um dieses vor den Scherben zu schuezen, verlor dadurch komplett das Gleichgewicht und konnte sich nur im letzten Moment am Tuerblatt festhalten, das den Goettern sei Dank nicht aus den Angeln sprang. Die Tuer schwenkte mit Phraates leicht zurueck. Dieser loeste nun endlich seinen Griff von der Tuer, klopfte die Scherben und die Erde aus seinem Gewand heraus und meinte dann mit einer etwas klaeglichen Stimme zu Celerina:
    "Herrin... du hast rufen lassen?"

  • Erschrocken fuhr ich zusammen, als plötzlich die Tür aufflog, diese gegen die Wand knallte und ein scheinbar verrücktgewordener Parther in mein cubiculum stürzte. Dabei hatte er die Gabe besessen, das halbe Inventar zu Bruch gehen zu lassen. Selbst meine geliebten Veilchen hatten das zeitliche segnen müssen.
    "Phraates! Was fällt dir ein!!! Sieh nur, was du angerichtet hast, du Tölpel!" Mein Zorn war groß. Der Sklave konnte von Glück sagen, daß ich gerade in meiner Bewegungsfreiheit etwas eingeschränkt war. Charis hatte begonnen, sich meine Frisur anzunehmen. Bevor sie zur hasta caelibaris greifen konnte, kämmte sie erst noch mein langes Haar.
    "Du wirst diese Scherben beseitigen, sobald ich mit dir fertig bin!", fügte ich in einem strengen Ton an. Doch bevor er das tat, hatte ich noch eine äußerst delikate Sache mit ihm zu besprechen.
    "Komm zu mir her! Aber schließ vorher die Tür. Was ich dir zu sagen habe, muß nicht das ganze Haus wissen!" Ich winkte ihn zu mir her, denn es war von größter Wichtigkeit, daß er auch genau verstand, was ich von ihm verlangte.

  • Wie erwartet, keifte die Herrin ihn an. Er nahm es nur gleichmuetig zur Kenntnis und erwiderte kein Wort, er neigte nur seinen Kopf vor ihr.
    Wie befolhen, machte er die Tuer zu. Er brauchte dafuer 3 Anhiebe, da das Schloss durchaus in Mitleidenschaft gezogen worden war. Der dritte Versuch, bei dem er die Tuer kraftvoll zukleschte, schien zu funktionieren.
    Dann begann er, zu Celerina zu gehen. Schmierige Erde und zerkruemelter Ton sowie pflanzliche Ueberreste hatten sich ueber den Boden verteilt, und Phraates stand mitten drinnen. Deshalb verteilte er mit seinen Sohlen den Dreck auch ueber das ganze Zimmer, als er zu seiner Herrin eilte. Deutlich konnte man hinter ihm seine Fussstapfen in einer appetitlichen braun-rot-gruenlichen Farbe sehen, die nun den Boden von Celerinas Cubiculum zierten.
    Er laechelte Celerina, ungeachtet des Chaoses, welches er verursacht hatte, servil, herzensfreundlich und einnehmend an, bevor er sich verbeugte.
    "Mein Ohr gehoert dir." Eine schoene Phrase, die er gelernt hatte. Ob sie wirklich korrekt war, war eine Frage, die er sich spaeter stellen wuerde, sie klang einmal gut. Um diese Tatsache noch zu unterstreichen, drehte er seinen Kopf leicht nach rechts und brachte sein linkes Ohr naeher an Celerinas Mund.

  • Dieser Sklave hatte die seltene Begabung, von einem Fettnäpfchen ins andere zu geraten. Zuerst der Kampf mit der Tür. Sie gebärdete sich für ihn widerspenstiger, als er geglaubt hatte. Der Blumendreck und die Erde, die noch an seinen Schuhsohlen klebte, verteilte er in meinem ganzen cubiculum.
    "Charis," sagte ich beiläufig im ruhigen Ton, während ich ihn weiter beobachtete, "du wirst unserem jungen Freund hier anschließend zeigen, wo sich die Utensilien für die Bodenreinigung befinden." Charis nickte, ohne dabei eine Gefühlsäußerung zu zeigen. "Ja, Herrin!"Endlich hatte er es bis zu mir geschafft und wollte mir mittels einer originell gemeinten Phrase zeigen, was er Neues gelernt hatte. "Nicht nur dein Ohr!" antwortete ich unbeeindruckt.
    Doch ich wollte mich nicht mit diesen Kindereien aufhalten. Es gab viel Wichtigeres zu tun!
    "Phraates, es geht um deine Aufgaben am morgigen Tag. Ich möchte, daß du morgen die Ohren aufhältst und dich umhörst. Insbesondere bei den Sklaven meines zukünftigen Gatten. Ich möchte, daß du etwas wirklich Wichtiges herausfindest! Hast du das verstanden?" Ich wollte den armen Kerl nicht gleich überfordern und ließ deshalb nicht sofort die Katze aus dem Sack. Zuerst sollte er richtig verstanden haben, was er tun sollte.
    "Ach Phraates, du warst doch in deinem früheren Leben sicher verheiratet gewesen oder hattest wenigstens schon einmal eine Frau gehabt, nicht wahr?"

  • Celerina schwafelte irgendetwas, als sich Phraates ihr naeherte, doch er verstand nicht alles, irgendetwas von putzen, bei Ahura Mazda, dann wuerde er das halt machen.
    Doch sein sorgfaeltig zurecht gelegter Satz schien nicht hundertprozentig anzukommen. Er wuerde noch ein paar von jenen blumigen Phrasen, die er gelernt hatte, anwenden, und weitersehen.
    Erst einmal hoerte er ihr zu.
    Sich bei den Aureliern umhoeren, aha, na gut, dass konnte er hinkriegen. Aber was Wichtiges? Was denn? Wieso sagte sie es denn nicht?
    Stattdessen machte sie eine andere Ansage. Genausogut haette sie ihm ein Schwert ins Herz stossen oder die Leber ausreissen koennen. Sein Beine wurden weich, er machte nicht mehr den Eindruck eines parthischen Elitesoldaten, sondern eher den eines Wackelpuddings. Sein Gesichtsausdruck wurde melancholisch.
    "Ach.", meinte er nur und blickte herum. Dann wanderte sein Blick wieder zu Celerina. "Verheiratet? Fast. Es gab da diese Maedchen. Ava. Augen wie Smaragde.", meinte er. Seine Stimme war abgesackt. "Ihr Vater mir hat gesagt, wenn zurueckkomme ich nicht nach 6 Monate, wenn Krieg ist vorbei gegen Rom, dann sie wird verheiratet an anderes Mann. Krieg vorbei ist seit 8 Monaten." Ein Zittern durchfuhr ihn. "Schon sie ist verheiratet seit 2 Monaten." Wieso hatte sie das jetzt erwaehnen muessen? Wollte sie, dass sein ungefilterter Hass gegen die Roemer zum Vorschein kam? Wollte sie, dass Phraates ausflippte und die Villa zu Kleinholz schlug? Seine Ava. Jetzt war sie verheiratet, an einen anderen Mann. An wen wohl? Hoffentlich nicht diesen Schleimbolzen, Jahangir? Oder gar an diesen unappetitlichen Shahriar?
    Mit Muehe unterdrueckte er die aufkommende Lust, seinen Emotionen freien Lauf zu lassen. Seine Augen wurden kurz rot. Dann schluckte er, und er schaute wieder so gleichmuetig drein, als ob nichts passiert waere. "Was soll ich tun?", meinte er, mit einem irgendwie mechanischen Unterton.

  • Offenbar hatte er soweit verstanden. Ich erfuhr auch, daß er ein Mädchen hatte, welches nun an einen anderen Mann verheiratet worden war. Das war sehr bedauerlich, half mir jedoch im gegenwärtigen Moment nicht viel weiter.
    "Nun ja, das tut mir sehr leid für dich. Aber du hast meine Frage nicht beantwortet. Ich wollte wissen, ob du bereits einmal eine Frau hattest. Also ob du bereits bei einer gelegen hast." Wieder sah ich den Parther prüfend an, aber im Grunde war es gleich, ob er Erfahrung mitbrachte oder nicht, jedenfalls für meine Zwecke.
    "Ach, auch wenn du keine gehabt haben solltest, wird das für deinen Auftrag keinen Hinderungsgrund darstellen! Also…" Charis war endlich mit dem Anlegen der tunica recta fertig geworden und holte sich die hasta caelibaris .
    "Wußtest du übrigens, mit dieser hasta wurde mindestens einer unserer Feinde getötet. Sie stammt aus dem Parthienfeldzug, wenn ich mich nicht irre." Ich gab Charis ein Zeichen, damit sie sich nun meiner Frisur widmen konnte. Dafür nahm ich wieder auf dem Stuhl platz.
    "Also, dein Auftrag lautet, du sollst dich bei den aurelischen Sklaven umhören. Unterhalte dich mit ihnen. Frage sie aus. Höre ihnen zu, was sie erzählen und finde heraus, welche Vorlieben mein zukünftiger Gemahl hat. Du verstehst schon. Ich möchte vorbereitet sein, für die Nacht der Nächte." Bei dieser Gelegenheit konnte ich vielleicht auch erfahren, womit er sich bisher vergnügt hatte.

  • Er wollte schon verwundert antworten, dass er kein Eunuch waere. Doch dies kam nie zusatande, was zwei Gruende hatte. Erstens war ihm das Wort fuer Eunuch entfallen. Und zweitens redete ihm Celerina, gerade als er einen neuen Satz im Kopf zusammenbastelte, dazwischen. Er konzentrierte sich also aufs Hinhoeren. "Ich habe schon gehabt...", fing er an, aber was er dann hoerte, liess ihm verstummen. Er blickte den Speer an. Er sah genau so aus wie diese Mordinstrumente, die damals auf ihn zugeflogen waren.Sein Blick wanderte von der Waffe zu Celerina. Er fing zu Laecheln an. Dann hob er seine rechte Hand. Als sie auf Augenhoehe war, ballte er sie zur Faust, unvermittelt und schnell. Er laechelte noch immer. Dann sprach er eine Zahl aus. "Sieben.", sagte er nur und zeigte mit seiner linken Hand zuerst fuenf, dann zwei Finger an. Er hoffte, dass dies eindeutig genug war. Im Jargon der parthischen Soldaten war diese Geste unmissverstaendlich. 7 Roemer. Nicht auf einen Schlag, sondern im Verlauf seiner Karriere als Soldat hatte er ueber den Styx geschickt. Dies stach diesen laecherlichen Speer aus. Er war nicht ganz so harmlos, wie er aussah.
    Er hoerte sich den Auftrag seiner Herrin an und war erstaunt. "Umhoeren?", widerholte er. "Wieso sollen wissen die Sklaven? Macht deine Mann mit ihnen... du weisst... Verkehr?", staunte er. Und so einen wollte sie heiraten, einen, von dem die Sklaven wussten, welche Vorlieben er hatte?
    In seinem Kopf spielte sich schon ein Szenario ab - er wuerde sich auf dem Schiff nur hemmungslos besaufen und dann seiner Herrin berichten, dass ihr Zukuenftiger auf perverse Spielchen von der ganz haesslichen Sorte stand. Oh, beim Propheten Zarathustra, die Frauen von heute konnten nichts mehr alleine machen. Man musste Sklaven schicken, um Sachen herauszufinden, die niemanden etwas angingen.
    Er laechelte also nur, freundlich wie eh und je. "Das ich werde machen.", machte er.

  • Nun ja, es war ja sehr beruhigend, zu wissen, keine Jungfrau mehr als Leibwächter zu haben. Das machte die Sache hoffentlich für ihn einfacher, seinen Auftrag gut auszuführen.
    Charis indes ging ans Werk. Mittels der umgebogenen Spitze der hasta celibaris, begann sie mein Haar in sechs Strähnen zu unterteilen, die sie mit wollenen Bändern umwickelte.
    Wie mir schien, hatte das ehemalige Kriegsgerät eine beeindruckende Wirkung auf den Parther. Er war gänzlich verstummt und starrte auf die hasta. Wohl hatte er schlechte Erfahrungen damit in seiner jüngeren Vergangenheit gemacht. Umso erstaunlicher fand ich es, als er mich plötzlich lächelnd ansah und sieben dabei sagte. Um zu verdeutlichen, was er meinte, streckte er mir auch noch die entsprechende Anzahl von Fingern entgegen.
    "Aha?", stellte ich nicht ganz verstehend fest. "Sieben?" Doch jetzt verstand ich! "Du wurdest von sieben Lanzen getroffen und hast trotzdem überlebt, nicht wahr?" Natürlich, sonst wäre er nun nicht mein Sklave!


    Wenn mich eines zur Weißglut brachte, dann waren es unqualifizierte Bemerkungen eines Sklaven, der meine Befehle hinterfragte. Da aber morgen mein großer Tag war und ich (noch) milde gestimmt war, überhörte ich den Zweifel in der Stimme des Parthers
    "Wieso sollten sie es nicht wissen? Schließlich umsorgen sie ihn! Doch bei dieser Gelegenheit kannst du auch das herausfinden!", antwortete ich ihm gereizt. Ich war ja bereits schon früher mißtrauisch geworden, wenn ich darüber nachdachte, wie viele Sklavinnen Marcus hatte. Nun würde ich es aus sicherer Quelle erfahren.
    "Ach ja, bevor ich es vergesse! Ich möchte, daß du morgen eine der neuen parthischen Tuniken trägst. Das macht dich noch authentischer!" Wenn man schon einen Parther hatte, dann mußte man das der Welt auch zeigen!

  • Phraates schaute die Makedonerin kurz an. Mit einem Speer Haare machen zu lassen, das war ja die Hoehe an Dekadenz. Diese Roemer.
    Aber immerhin wuerde er spaeter was zum lachen haben, die Roemerin missverstand den parthischen Militaerjargon vollkommen.
    "Nein, nicht getroffen von sieben." Er wuerde kaum noch leben, wenn das so waere. Oder er waere zumindest schwer verkrueppelt. Er hatte schon einen gesehen, den hatten 5 hastae getroffen, der hatte zwar ueberlebt, doch hatte man ihm beide Beine amputieren muessen.
    Er entschloss sich, die Roemerin nicht laenger wegen der Zahl 7 im Dunkeln tappen zu lassen. "Ich habe sieben Roemer getoetet.", erklaerte er. Der Satz war in perfekter lateinischer Grammatik vorgebracht worden. Phraates laechelte noch immer freundlich. "Auf Schlachtfeld.", fuegte er erklaerend hinzu.
    Ob es Roemer per se, mit Buergerrecht und allem Drumherum, waren, konnte er nicht sagen, es konnten auch Peregrini in den Auxiliartruppen gewesen sein, doch dies aenderte nichts daran, dass sie Feinde des Reiches gewesen waren, bevor Phraates sie unschaedlich gemacht hatte.
    Was seiner Herrin wohl nicht behagte, waren Phraates Kommentare. "Bei diese Gelegenheit... ah.", machte er kurz. Alles klar. Sie traute ihm nicht. Soso, und er musste jetzt die Bedenken Celerinas beseitigen. Vermutlich musste er jetzt herumlaufen und jede einzelne Sklavin des Corvinus ausfratscheln. Sag mal, schon mal mit Corvinus geschlafen? So wuerde er richtig beliebt werden. Er haette liebend gerne noch einen spitzen Kommentar gegeben, doch dann verkniff er es sich.
    Ausserdem fand sie ihn offenbar nicht authentisch genug. Phraates hoerte das ueberhaupt nicht gern. Sie sollte mal selber nach Parthien gehen und dort versuchen, einen authentischeren Parther zu finden! Leicht wuerde ihr das nicht fallen. Aber trotzdem, er wuerde natuerlich die parthischen Gewaender anziehen. Sie waren die Kleidung eines freien parthischen Buergers, eine Tatsache, die er seiner Herrin selbstredend verschwieg. Und sie waren um so viel bequemer als diese Roeckchen, die diese effeminierten Roemer immer anhatten.

  • Geduldig machte sich meine Sklavin an meiner Frisur zu schaffen, ohne sich von irgendetwas aus der Ruhe bringen zu lassen. Mit ungefähr dem gleichen Maß an Geduld ließ ich dies alles mit mir geschehen, auch wenn sie des Öfteren an meinem Haar ziepte. Der Parther indes klärte mich über seine eigenartige Bemerkung, hinsichtlich der Zahl sieben auf. Das Lächeln, welches er dabei zur Schau trug, sollte ihm schon noch vergehen! Er war auf dem besten Weg, meine gute Stimmung zum Cerberus gehen zu lassen!
    "Soso! Hast du das. Nun, dann wird es dir ja umso mehr Freude bereiten, mir dienen zu dürfen. Als mein Sklave, versteht sich!", antwortete ich süffisant. Nicht, daß ich mich daran ergötzte. Aber einem Sklaven muße von Anfang an unmißverständlich klar gemacht werden, wo sein Platz war!
    Wenigstens hatte er seinen Auftrag für den morgigen Tag vollends verstanden. Noch ein Satz lag mir auf der Zunge. Ich fragte mich, ob ich ihn im speziellen auf die Sklavin ansetzen sollte, die so unverschämt zu mir gewesen war. Ja, ich sollte, beschloß ich.
    "Ach ja, Phraates. Es gibt dort eine blonde Sklavin." Herrje, wie war doch gleich ihr Name? "Ich habe ihren Namen vergessen, was eigentlich ja auch keine Rolle spielt. Sie ist Germanin oder Keltin oder weiß der Himmel, was sie ist. Blond ist sie auf jeden Fall, mit langen Haaren. Auf die mußt du achten!" Ich wußte nicht, warum, aber bei ihr hatte ich ein so eigenartiges Gefühl. Unvermittelt mußte ich an den Saturnalienabend bei den Aureliern denken…

  • Phraates linste zum wiederholten Male kurz zum Haar seiner Herrin hin, welches von Charis gemacht wurde. Das Haar nahm schon Form an, es wuerde vermutlich eine der pompoesen und extravaganten Frisuren sein, von denen die Roemerinnen dachten, dass sie damit besonders begehrenswert ausschauen wuerden. Ehrlich, Celerina hatte das nicht noetig, dachte er bei sich. Die Maenner wuerden der noch nachblicken, wenn sie ihre Haare trug wie eine Vogelscheuche.
    Als ihm seine Herrin in einem unguten Tonfall antwortete, kam er bei der Logik nicht mit. Wieso sollte es ihn freuen, ihr dienen zu duerfen? Es hatte ihn gefreut, dem grosskoenig zu dienen, weil der von den Goettern erwaehlt worden war. Und ihm zu dienen hiess seinem Land, und allen Leuten darinnen, zu dienen. Die Betonung des Wortes Sklave entzog sich ihm nicht, doch nichts auf der ganzen Welt wuerde ihn daran hindern, ihm vom Laecheln abzubringen. Es war sein Schild, seine Maske, die verbarg, wie wenig er die Roemer mochte, und mit ihnen deren Lebensart.
    Dann kam ein erneuerter Befehl auf ihn herabgeprasselt. Viel zur Klaerung der Sachlage tat dies nicht. Eine blonde Sklavin? Derer gab es viele. Und es kam ihm komisch vor, dass Celerina die Kelten und germanen in einen Topf war, waehrend sogar er als Parther zwischen ihnen differenzieren konnte (was allerdings daran lag, dass er einige davon unter den Sklaven kannte).
    Er nickte.
    "Alles das war?", fragte er nach, zur Sicherheit.

  • Charis´ Werk nahm langsam Gestalt an. In meinem Handspiegel konnte ich ihr Tun verfolgen, während ab und an meine Blick wieder zu dem Sklaven ging, der meine Leibsklavin mit solcher Wonne anstarrte, so daß ich mich fragen mußte, ob er nicht jene, die er in Pathien zurückgelassen hatte, schon längst vergessen hatte. Nun denn, wenn er seine Sache auf der Hochzeit gut machte, dann hatte er eine Belohnung verdient. Zum Beispiel konnte ich ihm erlauben, sich meiner Leibsklavin nähern zu dürfen.


    Nachdem ich ihm nun dargelegt hatte, was er zu tun hatte, hoffte ich, es sei auch alles richtig bei ihm angekommen. Davon mußte ich einfach ausgehen.
    "Ja, im Moment wäre das alles! Du kannst nun gehen Phraates." Mit meinen Fingern deutete ich eine Bewegung an, damit er sich entfernen konnte. Aber halt! Ein wenig Motivation sollte ich dem ehemals stolzen parthischen Ritter und jetzigem Sklaven noch mit auf den Weg geben!
    "Ach Phraates! Wie gefällt dir eigentlich Charis?" Ich spürte es genau, wie die Hände der Makedonierin bei der Erwähnung ihres Namens ins Stocken gerieten und sie erst nach einer kleinen Pause ihre Arbeit wieder aufnahmen. Zu dumm, ich konnte Charis´ Gesicht nicht in meinem Spiegel erkennen. Zu gerne hätte ich gewußt, was sie von dem Parther hielt.

  • Die Haare tuermten sich massiv auf Celerinas Kopf auf. Sie sahen irgendwie aus wie die Tuerme von Adur Gushnasp. Die Frisur verdeckte bereits Charis' Gesicht komplett.
    Phraates bekam nun eindlich den Abmarschbefehl. Genial! Die Herrin schien das Chaos, das er angerichtet hatte, komplett vergessen zu haben. War dies wegen der Hochzeit? Sie schien relativ gespannt darauf zu sein.
    Phraates verbeugte sich also und wollte sich schon umdrehen, da wurde noch eine Frage an ihn abgefeuert.
    Es schien ihm, als ob ihm das Herz stehen blieb. Wieso fragte sie ihn so etwas? Er wurde ganz, ganz leicht rot im Gesicht und pruefte sein Herz. Also. Ava war jetzt verheiratet (wenn er es richtig ueberlegte, musste ihr Vater sie eigentlich an den fetten, alten Aiman verheiratet haben, der hatte viel Geld). Er schuldete ihr keine Treue. Und... es gab noch etwas. Immer, wenn er Charis ansah, vergass er die Existenz von Ava komplett, und wurde sich dessen erst wieder bewusst, wenn er sein Gesicht abwandte.
    Aber was sollte er sagen? Er wuerde sicher nicht sagen, sie waere haesslich. Aber auch nicht, dass sie ihm durchaus gefiel (was der Wahrheit entsprach). Er bastelte sich in Sekundenschnelle eine Antwort zusammen: "Sie ist... eine nette Maedchen.", meinte er und schluckte.

  • Ach nein! Wie süß! Er errötete, bei der Erwähnung von Charis´ Namen. Offenbar hatte mich der Schein nicht betrügt. Ich hatte mit meiner Vermutung mal wieder ins Schwarze getroffen. Männer waren doch manchmal so berechnend und dabei spielte es überhaupt keine Rolle, welchem Stand sie angehörten. Leicht amüsiert quittierte ich seine Antwort mit einem Lächeln. Charis allerdings war ganz und gar nicht zum Lächeln zumute. Doch dies entzog sich meinem Blick.


    Wovon ich allerdings weniger angetan war, war die Tatsache, daß der Sklave sich gerade aus dem Staub machen wollte und dies unverrichteter Dinge. Das Chaos, das er angerichtet hatte, lag immer noch mahnend und Anklagend auf dem Boden und wartete nur darauf, endlich entfernt zu werden.
    "He, du! Hier geblieben, Freundchen! Was ist mit dem Dreck dort auf dem Boden? Wegmachen! Aber sofort!" Meine Miene hatte sich gänzlich verändert. Das Amüsement hatte dem Groll Platz gemacht. Er würde es nicht wagen, sich einfach so zu entfernen!

  • Aaah, peinlich, peinlich! So eine peinliche Situation. Er traute sich Charis gar nicht anzuschauen. Was kam er auch immer nur mit seinen altklugen Ansagen daher, die dann immer wieder von hinten losgingen! Dabei war er doch gar nicht berechnend, er war doch einfach ein Bursche, der... ja, gut, sprechen wir es aus, vielleicht ein kleines bisschen, ganz marginal, verknallt war. Nicht, dass Phraates nein gesagt haette zu ein bisschen... ach was. Der geneigte Leser wird sich denken koennen, was in Phraates' Kopf vorging. Aber trotzdem! Es war alles ganz anders, und dann auch wieder nicht! Phraates bemerkte, dass er sich mit seinen Gedanken hoffnungslos verheddert hatte, und konzentrierte sich auf das, was Celerina sagte.
    Nicht gut ankommen taten bei ihm die Worte seiner Herrin. Er blickte sie wieder an mit einem traurigen Blick. "Ach.", seufzte er und nickte. "Ich bin gleich wieder hier. Mit Waschdings.", umschrieb er elegant den Wischmopp. "Aber ich nicht weiss wo ist.", musste er zugeben und blickte auf den Boden, an dem sich die Fussstapfen seiner verdreckten Schuhe abzeichneten. "Jemand mir wird zeigen. Ich bin gleich da wieder.", meinte er entschlossen und schickte sich an, zu gehen, um so etwas zu holen.

  • Charis hatte sich die größte Mühe gegeben, sich nichts anmerken zu lassen, während sie ihrer Herrin das Haar frisierte. Sie verdrängte einfach den Gedanken, dem Parther zu Willen sein zu müssen, falls der seine Aufgabe gut erledigte. Bis es so weit war, floß noch viel Wasser den Tiber hinunter!
    Andererseits belustigte sie das tollpatschige Verhalten des Parthers so sehr, daß sich gelegentlich ihre Lippen zu einem Grinsen verzogen. Natürlich sorgte sie dafür, daß weder der Parther noch ihre Herrin dies sahen.
    Als aber Phraates nun gehen wollte und Celerina ihn zurückbeorderte, sah sie kurz auf. Er hatte wohl geglaubt, er könne sich vor dem Saubermachen drücken. Celerina aber wies ihn in seine Schranken. Natürlich hatte er wider eine passende Antwort parat. Die Herrin seufzte laut und wies Charis an, in ihrer Arbeit innezuhalten und mit dem Parther einen Wischmopp zu holen. Sicher dachte sie, es wäre gut, wenn er wüsste, wo dessen Platz ist, weil er ihn mit großer Wahrscheinlichkeit öfters brauchte.
    "Komm mit!" Charis forderte Phraates leicht entnervt auf, mit ihr zu kommen und verließ das Zimmer ihrer Herrin.

  • Es war zu erwarten gewesen, dass Celerina nicht begeistert war von seiner Antwort. Doch immerhin schickte sie nun Charis los, um Phraates zu zeigen, wo die Waschutensilien aufbewahrt wurden.
    Schade, dass er nicht um das Aufwischen herumgekommen war! Es waere ihm sehr bequem gewesen, haette die Herrin es einfach vergessen.
    Zusammen mit Charis verliess er den Raum, bnachdem sie ihn angewiesen hatte, ihr zu folgen.
    Draussen angekommen, meinte er zu Charis: "Entschuldigung fuer Umstaende." Er seufzte ganz leise. Frueher waere ihm so etwas nie passiert. Doch die Gefangenschaft, die Sklaverei hatten ihn komplett aus der Bahn geworfen. Jetzt war er zu einem Tollpatsch degeneriert. Und dabei wollte er doch immer nur das beste!
    Er wischte sich mit der Linken ueber die Stirn. Jetzt war er endlich allein mit ihr zusammen, und gerade jetzt waren ihm die Worte, die er fuer eine solche Gelegenheit zusammengebastelt hatte, entfallen.
    Er trabte also gedakenverloren hinter Charis her, bis ihm dann shcliesslich etwas einfiel. "Charis?", machte er in einem fragenden Tonfall. "Ich frage mich, wie es wird bei Aureliern. Du warst schon dort, wie ist es dort?" Er wollte durchaus wissen, wie seine neue Heimat aussehen wuerde. Hoffentlich waren die Betten besser als die hier in der Villa Flavia. Vielleicht gab es da ja auch ein Bad, dessen Heizung nicht staendig ausfiel. Oder einen helleren Speisesaal fuer die Sklaven. Unglaublich, wie sehr sein Anspruch gesunken war. Er war ja als Sklave schon froh ueber jeden Krumen Brot, den er bekam.

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