Die Gaue der Mattiaker - das Dorf der Sippe des Rodewini

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    Der nächste Morgen kam und das Dorf erwachte. Von Ragnars Arsenal hatte keiner übermäßig Notiz genommen, erst recht nicht Rodewini, der wieder in sein Haus zu seiner Frau zurückgekehrt war und sich grummelnd schlafen gelegt hatte. Hätte der Mann keine Waffen dabei gehabt, wäre das wohl eher aufgefallen. Aber wer allein reiste, musste sich zur Wehr setzen können. Den meisten richte ein Sax oder ein Schwert, aber es gab auch einige, die mehr mit sich führten, und warum auch nicht?
    Jetzt am Morgen aber kam Rodewini dazu, den Mann einmal genauer in Augenschein zu nehmen und sich mit ihm zu unterhalten. Gestern in der Nacht hatte nicht alles besprochen werden können, aber heute bei Tag sah die Sache anders aus, also wollte der Stammesführer auch die Gelegenheit nutzen und ein paar Informationen erfragen.
    “Der Winter hat noch nichtmal angefangen“, meinte Rodewini leichthin und wies dem Gast einen Platz an der Tafel, damit der etwas Brot zu sich nehmen konnte. Es war vielleicht ein karges Frühstück, aber es gab Kraft für den Tag. Und Rodewini sah keinen Grund, bei diesem Gast den guten Schinken auspacken zu lassen.
    “Aber sag, Ragnar, woher kommst du?“ begann Rodewini also einfach und gab dem Gast damit die Gelegenheit, ein paar Geschichten hier im Warmen zum Besten zu geben, und dabei vielleicht ein paar nützliche Informationen preiszugeben.

  • Liutbert, Sohn des Clodwig
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    "Soa, do wär'n wi.", brummte Liutbert vergnügt, als die für germanische Verhältnisse mächtige Pallisade des Dorfs des Rodewini und seiner großen Sippe hinter einem kleinen bewaldeten Hügel in Sicht kam, "Bisch du een schon ma hia gewese? Nö? Na... kiek an... het wöd di jefalle, da si seker."
    Sprach's, und führte die Männer zum Tor, das wie immer in dieser Zeit von drei Männern bewacht wurde, wobei einer sich auf den Turm zurückgezogen hatte, den die Sippe Rodewinis nach Vorbild der römischen Lagertürme improvisiert hatte. Alles stank quasi nach Vorsicht...


    "Daag, Irmfried, het issa Valgiso, Sohn vonne Massuola, het iss Bosküpper vonna Römerrich, het Modeschtus vonne Annäi, wees ja... het mocht mitta Rodewini kürn..."

  • Noch ein Dorf, noch größer, noch befestigter... und trotzdem nur ein schwacher Abglanz der Civitas Mogontiacum. Was für ein Loch... Silanus wünschte sich augenblicklich zurück hinter die Grenze. Aber was tat man nicht alles, um aus einem Sumpf zu kommen? Richtig... man klammerte sich an jeden Ast. Also blieb Silanus tapfer auf dem Rücken seines stinkenden Pferdes hocken, und wandte sich nicht panikerfüllt ab um lauthals nach seiner Mutter schreiend das Weite zu suchen. Auch wenn ihm sicher eher nach letzterem der Kopf stand..

  • Zitat

    Liutbert: "Daag, Irmfried, het issa Valgiso, Sohn vonne Massuola, het iss Bosküpper vonna Römerrich, het Modeschtus vonne Annäi, wees ja... het mocht mitta Rodewini kürn..."


    Wir hielten die Pferde an. Die Torwachen beäugten uns mit gerunzelter Stirn, was sich aber nach den Worten von Liutbert leicht zu bessern schien.


    "Heilsa Irmfried. Ja, isch bin der Valgiso, die reschd Hand vum Remerferschd Modeschtus. Un desdo hinner mir", ich wandte mich halb auch zu Liutbert hin, "is moin Schreiwer, der Silanus. Des is der dinne Dermel do. Un der große Klotz is Panphilos, moin Knescht. Loss uns noi, isch will mit eierm Ferschd Rodewini redde".


    Ganz zu Liutbert: "A bas, isch bin net der Sohn vum Massula. Massula is moin remischer Uznam. Des heeßt Breggelsche, weil isch e bissel kläner bin als wie die meischde Germane. Moin Vadder hot Brigio g'heeße un war en Welscher. Desderwege heeß isch jo aa Valgiso".


    War alles klargestellt? Ich beobachtete die gerunzelten Stirnen.

  • Die beiden Wachen am Eingang zum Dorf warteten das kurze Geplänkel der beiden ab. Im Grunde musste Valgiso ja am besten Wissen, wessen Sohn er war, Und wenn der sagte, sein Vater war wer anderes, dann würde er schon wissen, was er tat.
    “Na, nom kommt nei. Rodewini is in dr lange Hall, gradaus durre. Aber seids vorsichtig, er isch heut grantig. De zwoi Jong warat wiedr onderwegs.“
    Das letztere ging eher an Luitbert, der besser wissen würde, was Irmfried meinen würde. Die „zwei Jungen“ waren Bertwini, Rodewinis Neffe und sein designierter Nachfolger, und dessen Neffe Landulf, die beide zwar nicht mehr wirklich als Jungen zu bezeichnen waren, dennoch sich diesen Spitznamen eingefangen hatten. Und aufgrund solcher Vorkommnisse wie dem heutigen wohl auch weiterhin behalten würden, auch wenn der eine die zwanzig und der andere die dreißig hinter sich gelassen hatte.

  • Zitat

    Liutbert: "Het is datt, watt man so von di hört."
    Irmfried: “Na, nom kommt nei. Rodewini is in dr lange Hall, gradaus durre. Aber seids vorsichtig, er isch heut grantig".


    Mittlerweile hatten die Mücken entdeckt, dass wir da herumstanden. Sie begannen damit, sich in unserem Windschatten zu sammeln und formten so ein schwirrendes Duplikat unserer Gestalten. Ich überlegte mir, ob ein Angriff dieser Blutsauger schlimmer sei als ein grantiger Rodewini und kam zu dem Schluss, dass ein verrauchtes Langhaus den Mücken vielleicht nicht behagen würde. Also war ein grantiger Rodewini vorzuziehen. Ich stieg vom Pferd.


    "Dankschä fer des Willkomm, Irmfried. Mer gehe jetz niwwer, egal ob er rumbruddelt oder net".


    An der Tür von Rodewinis Haus trat ich vor die Schwelle: "Her, Rodewini du hosch Bsuch ausm Weschde!"


    Ich horchte, ob sich im Dämmer des Langhauses etwas regte.


    Sim-Off:

    Oh, ich hatte ganz vergessen, dass ich damals Massula als Vatersname angegeben hatte.
    Lang ist's her, ich hätte das editieren sollen: hättste, häzzte, häzzte ... :D
    Aber du, Liutbert hättest auch in meinen Stammbaum gucken können: hättste, häzzte, häzzte ... :D

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    “Wie könnt ihr nur so unverantwortlich sein? Hat das letzte Mal denn wirklich nicht gereicht?“ schnauzte Rodewini noch unverhalten und auch außerhalb der Halle gut hörbar. Er war älter geworden, sein Haar, einst rotblond, hatte einen stumpfen Grauton bekommen, nur hier und da spähte ein einzelnes blondes Haar dazwischen noch durch Einzig der Bart weigerte sich beharrlich, auch auszugrauen. Sein Gesicht hatte ein paar Falten bekommen. Aber seine Stimme war so kraftvoll wie eh und je.



    Landulf und Bertwini ließen die Standpauke über sich ergehen, wie schon so oft in den letzten Monaten, und nickten einfach alles nur ab. Argumentieren hatte wenig Sinn, abgesehen davon, dass sie einen Großteil auch gar nicht argumentatorisch untermauern konnten. Es war eine blöde Idee gewesen, selbst hinauszureiten und mehrere Tage mit nur einem Trupp von fünf Mann durch die Gegend zu ziehen, um in den weiter entfernten Dörfern sich umzuhören (und die weibliche Dorfbevölkerung ein wenig auszukundschaften). Ebenso wie es schon beim ersten Mal eine blöde Idee gewesen war, in die Gebiete der Chatten zu reiten und zu spionieren, was da wohl los war. Auch die Sache mit der Jagd beim beginnenden Frühling war eine blöde Idee gewesen. Oder das mit den beiden Cousinen eines Richs zwei Dörfer weiter, das war eine ausgesprochen blöde Idee gewesen. Wenn auch die am längsten zurückliegende.
    So aber standen die beiden jungen Männer da und ließen die Standpauke mal wieder über sich ergehen. Sie standen auch noch pflichtschuldig beschämt da, als Rodewini mit einem “Dann komm rein!“ in nur mäßig wieder beruhigtem Tonfall seinen Besuch nach drinnen 'bat'.

  • Zitat

    ... als Rodewini mit einem “Dann komm rein!“ in nur mäßig wieder beruhigtem Tonfall seinen Besuch nach drinnen 'bat'.


    Ich brauchte nicht lange zu horchen, da drang aus dem Dämmer eine zornige Stimme. In späteren Jahrhunderten würde man das, was nun zu hören war, eine Kapuzinerpredigt nennen. Die Stimme zählte ein Sündenregister auf, das nicht von schlechten Eltern war. Ja, richtig: das übliche Gerede von Eltern. Der Ältere, der in seiner Jugend selbstverständlich genau die gleichen Dummheiten vollbracht hatte, wovon er sicher an manchem Lagerfeuer stolz erzählte, versuchte nun den Jüngeren erfolglos klarzumachen, dass sie gerade ebensolche Dummheiten begangen hatten. Die Jüngeren, die noch in dem Alter waren, wo man für solche Gedankengänge noch nicht mal einen halben Fingernagel voll Verständnis aufbringen kann, hatten ihre Gehörgänge auf Durchzug geschaltet und mimten die reuigen Sünder.


    Das mit der Mimik konnte ich bedauerlicherweise nicht sehen, weil sich meine Augen noch nicht an das wenige Licht im Langhaus gewöhnt hatten. Ich wäre aber jede Wette darauf eingegangen. Schließlich kam, in unmerklich weniger lautem Ton, dann doch so etwas wie ein 'Herein'.


    Ich trat ein und das erste, was ich sah, war ein rot leuchtender Bart, dann das zugehörige Gesicht, dann den ganzen Kerl und dann die beiden Burschen.


    "Ich grüße euch und hoffe, dass ich eure Beratung nicht vorzeitig unterbrochen habe. Ich bin Domitius Massula, die rechte Hand des Römerfürsten Modestus. Unter Germanen nennt man mich gewöhnlich Valgiso".


    Zu dem Kerl mit dem roten Bart, hinter welchem ich die Stimme vermutete: "Du bist wohl der Fürst Rodewini. Wenn du Zeit dafür findest, möchte ich mit dir sprechen".

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    “Der bin ich wohl“, meinte Rodewini, nun doch wieder sichtlich beruhigter. “Dann sei willkommen in meinem Dorf, Valgiso, und sag mir, welche Umstände dich und deine Begleiter zu mir führen.“


    Die beiden eben noch fachmännisch in den Senkel gestellten nutzten das Auftauchen des Botschafters, um einen taktischen und möglichst leisen Rückzug anzutreten. Schrittchen für Schrittchen bewegten sie sich rücklings, um außer Sichtweite ihres Fürsten zu gelangen. So eine Ablenkung wollte schließlich genutzt sein, wenn man so nach der Standpauke um die üblicherweise auf den Fuß folgende Strafe herumkam. Nur leider war Rodewini nicht so abgelenkt, wie von den beiden Herrschaften angedacht.
    “Und ihr beide bleibt hier stehen“, kam es nur befehlend, ohne dass Rodewini hinsah. Dafür aber stellte er die beiden Herrschaften auch gleich vor. “Valgiso, darf ich dir vorstellen, mein Neffe Bertwini, Sohn des Sarwolf, und dessen Neffe Landulf, Sohn des Lando.“


    Landulf begrüßte Valgiso mit einem sehr schiefen Lächeln. Er wäre gerade lieber geflüchtet, aber die Nornen hatten scheinbar anderes vor, also stand er möglichst betreten dreinguckend da und begrüßte den sehr alten Bekannten. “Heilsa, Valgiso. Wir kennen uns schon. Ist aber lange her.“ Als Landulf klein war, hatte seine Schwester andauernd davon gefaselt, dass sie Valgiso heiraten hatte wollen.

  • Zitat

    Rodewini: “Dann sei willkommen in meinem Dorf, Valgiso, und sag mir, welche Umstände dich und deine Begleiter zu mir führen.“
    Landulf: “Heilsa, Valgiso. Wir kennen uns schon. Ist aber lange her.“


    Bevor ich Rodewini antwortete, wandte ich mich den beiden Burschen zu: "Heilsa, Bertwini, dich kenne ich noch nicht, ich hab aber grade viel von dir gehört". Ein bißchen zuckten mir die Mundwinkel, aber ich blieb ernst. "Und heilsa, Landulf, ja wir kennen uns schon, aber das ist wirklich schon einige Winter her. Wenn du mir zufällig über den Weg gelaufen wärst, hätte ich dich wahrscheinlich kaum erkannt".


    "Ja, Rodewini, welche Umstände führen mich hier her? Es sind die seltsamen Umstände, in denen sich das Imperium befindet. Ich denke, du hast schon Einiges darüber erfahren und es würde mich brennend interessieren, wie viel von der Aufregung im Imperium bis hier her über den Limes vorgedrungen ist. Gerüchte verbreiten sich ja unter den Germanen keineswegs langsamer als unter Römern. Aber das ist nicht Alles, was ich hier vorhabe. Ich will auch mit dir darüber reden, wie wir mit diesen 'Umständen' umgehen können. Ich möchte diese Gespräche ohne großes Tamtam führen und habe deshalb nur meinen Schreiber Iunius Silanus und meinen Knecht Panphilos mitgebracht".


    Die Mücken waren offenbar doch draußen geblieben und amüsierten sich mit anderen Leuten. Erleichtert schöpfte ich etwas Luft. "Aber lass mich mit etwas Anderem anfangen: Ich bringe dir Grüße und ein Geschenk von Annaeus Modestus". Panphilos legte den Packen, den er mit hereingebracht hatte, auf einen Tisch und schlug die Decke zurück. Ein prächtiger Brustpanzer, eine silberne Parademaske sowie zwei Dutzend Damaszener Dolche kamen zum Vorschein. "Er wünscht dir viel Freude damit".


    "Ich bringe euch allen auch noch einen ganzen Sack voll Grüße von Witjon und den Seinen". Zu Landulf: "Witjon ist ein bißchen hin und her gerissen, was dich betrifft, Landulf. Einerseits meint er, dass dir die Erfahrungen hier viel Nutzen bringen, andererseits fürchtet er, dass du dir eine blutige Nase holen könntest. Was soll's, wenn man was lernen will, kommt man an einer blutigen Nase nicht vorbei, oder?"

  • “Naja, ist ja auch schon ein paar Jährchen her“, murmelte Landulf noch immer etwas verlegen von der vorangegangenen Standpauke. Er wollte jetzt nicht durch zu ausgelassene und leichtherzige Wortwahl die nächste Tirade auf sich hinabbeschwören. Es war besser, den restlichen Tag ordentlich zerknirscht dreinzuschauen und sich schuldbewusst zurückzuhalten, um nicht das nächste Donnerwetter vor der nächsten Dummheit heraufzubeschwören. Und dass die nächste Dummheit kommen würde, das war verdammt sicher. Landulf wirkte auf Dummheiten wie eine helle Kerzenflamme auf Motten. Nur dass in dem Fall eher er sich verbrannte als die Dummheit.
    “Da war ich noch einen Kopf kleiner... und weniger haarig... und so.“ Im Vergleich zu den Bären, die hier teilweise herumliefen, war er zwar auch noch immer ziemlich unhaarig – Bertwini machte sich gerne einen Spaß daraus, ihn mit Wasser zu bespritzen und ihm zu sagen, er solle sich doch bitte den Dreck aus dem Gesicht wischen, den er Bart nannte. Aber immerhin war er haariger als zu der Zeit, als er gegangen war. Da würde er sich wohl auch nicht wiedererkennen.


    Aber zum Glück ging auch gleich die Geschenkearie an Rodewini los, so dass er erst einmal aus der Schusslinie war.


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    Rodewini hörte sich sehr genau an, was Valgiso zu sagen hatte, und betrachtete auch die Geschenke. Sie waren sehr wertvoll, was ihren Materialpreis und ihre Verarbeitung anging. Allerdings nichts, was er wirklich tragen könnte, wenn es wirklich einmal nötig wäre, dass er eine Rüstung anlegen musste.
    “Dann richte Annaeus Modestus unsere besten Grüße und unseren Dank für die wertvollen Geschenke aus. Unsere Freundschaft ist so unzerbrüchlich wie zuvor, und auch du und deine Begleiter sind hier in meinem Dorf als Freunde herzlich willkommen.“
    Rodewini machte mit einer Handgeste deutlich, dass sie sich gerne setzen konnten. In der Halle standen lange Bänke aus Holz, auf denen man sich am Abend zum Essen niederließ, und auch jetzt boten sie Sitzgelegenheit. Sie mussten hier ja nicht die ganze Zeit vor ihm stehen.
    Auch eilte sogleich eine der Töchter des Dorfes herbei, stellte hastig Holzbecher auf und ging dann nochmal, um einen Krug mit Met zu füllen und den Gästen zu kredenzen, wenn sie denn etwas trinken wollten.
    “Und was die Gerüchte aus dem Imperium betrifft, so haben wir einige Dinge gehört. Der römische Kaiser soll gestorben sein und im Moment kämpfen zwei Männer um das Recht, zu herrschen.“ Rodewini beobachtete seinen Gast sehr genau, wenngleich subtil, um die kleinen Anzeichen zu sehen, inwieweit das Gesagte der Wahrheit entsprach. Es heißt ebenfalls, dass die Truppen am großen Grenzfluss zusammengezogen werden und sich für einen Marsch bereit machen, was die Grenzen des römischen Reiches entblößen würde. Vor allen Dingen die Chatten hoffen sehr darauf, dass diese Gerüchte wahr sind, und verkaufen es schon bisweilen als unumstößliche Wahrheit, dass die Römer ihre Grenzen aufgeben.“


    Zu Landulfs blutiger Nase sagten weder er noch der Bursche selbst etwas. Dass Witjon den Jungen bei sich haben wollte, war für Rodewini auch eher ein Zeichen dafür, dass an der Geschichte wirklich mehr dran war, so dass das Gebiet der Mattiaker als Kriegsgebiet angesehen wurde in nächster Zukunft und der Duccier seinen Verwandten da lieber in einem Stück zurück hinter Stadtmauern haben wollte und nicht auf dem Feld einer horde wütender Chatten gegenüber.

  • Zitat

    Rodewini: “Und was die Gerüchte aus dem Imperium betrifft, so haben wir einige Dinge gehört. Der römische Kaiser soll gestorben sein und im Moment kämpfen zwei Männer um das Recht, zu herrschen.“ ... Es heißt ebenfalls, dass die Truppen am großen Grenzfluss zusammengezogen werden und sich für einen Marsch bereit machen, was die Grenzen des römischen Reiches entblößen würde. Vor allen Dingen die Chatten hoffen sehr darauf, dass diese Gerüchte wahr sind, und verkaufen es schon bisweilen als unumstößliche Wahrheit, dass die Römer ihre Grenzen aufgeben.“


    Den beiden jungen Sündenböcken sah man ihre Erleichterung über unser Erscheinen an, war Rodewini doch jetzt mit anderem beschäftigt. Aber, dachte ich mir, die Chose war ja mitnichten erledigt. Wahrscheinlich hofften sie, dass Rodewinis Zorn später vielleicht etwas verraucht sein würde ...


    Wir nahmen Platz und griffen nach den Bechern. "Danke für deine Gastfreundschaft, Rodewini, ein Met nach einem langen Ritt ist wie ein Gruß der Götter".


    Nach einem bedächtigen Schluck Met: "Die Gerüchte, die dich erreicht haben, sind im Grunde richtig. Du solltest aber wissen, dass der Kaiser nicht einfach gestorben ist, sondern, dass man ihn ermordet hat. Und, dass ein Unberechtigter sich die Krone erschlichen hat. Wir wissen nicht, ob er es auch war, der den Kaiser ermordet hat, aber es ist sehr wahrscheinlich. Du wirst verstehen, dass wir dies nicht dulden können. Von deinen Leuten würde es in solch einem Fall auch keinen mehr zuhause auf seiner Bank halten".


    Dass die Chatten über den Abzug der römischen Truppen jubeln würden, war mir klar. Dass sie vielleicht übermütig werden würden, konnte man sich an den Fingern abzählen.


    "Den Chatten rate ich, besser zu Hause zu bleiben. Denn erstens haben wir keineswegs die Grenze entblößt. Es sind noch Truppen da. Genug, um damit schlechte Erfahrungen zu machen. Und zweitens sollten sie nicht denken, dass das Imperium die Grenzen hier aufgibt, weil das nach einer gewissen Weile ein böses Erwachen geben könnte. Falls es dir möglich ist, solltest du dafür sorgen, dass die Chatten diese Warnung zu hören bekommen".

  • Landulf hatte nicht allzu viel gelernt in der Zeit hier fernab der römischen Grenze, aber ein paar Sachen doch. Eine davon war, im Gesicht seines Großonkels zu lesen, auch wenn der mit eiserner Miene dasaß und sich ganz als gekonnter Politiker verhielt. Man hatte ihm häufig erzählt, seine Mutter wäre genauso gewesen, hatte sich das von ihrem Onkel abgeschaut, und dass er auch diesen Blick manchmal hätte. Vielleicht fiel es ihm daher auch so leicht, die Anzeichen zu erkennen, wenn etwas im Busch war.
    Zunächst mal das leichte Zucken in seinen Augen, als Valgiso meinte, dass Witjon wollte, Landulf solle heim kommen. Zum Glück hatte Landulf die Klappe gehalten, als das Thema aufkam. Rodewini würde es sicher nicht gutheißen, wenn Landulf irgendwas falsches sagte. Und er hatte ja schon manchmal Heimweh. Witjon war wie ein Vater für ihn gewesen. Naha sollte inzwischen eigentlich verheiratet sein, es wurde mehr als Zeit dafür. Das war seine Familie, und natürlich vermisste er all die bekannten Gesichter und Stimmen.
    Aber auf der anderen Seite wurde er hier gebraucht, als Mann. Er konnte sich nicht einfach in die Sicherheit des römischen Reiches zurückziehen, wo hier bald jedes Schwert gebraucht werden würde.


    Als Valgiso dann meinte, dass Rodewini den Chatten doch Bescheid sagen sollte, dass die Grenze bewacht war, hatte er allerdings seine Gesichtszüge weit weniger unter Kontrolle als sein Onkel. Landulf glotzte Valgiso an, als habe der einen Sprung im Metkrug. Wie Rodewini es schaffte, nicht mal mit der Wimper zu zucken, wusste er beim besten willen nicht. Wie sollten sie denn ihren Feinden diese Nachricht zukommen lassen, ohne dass die sie für wahnsinnig hielten? Das nächste Thing war noch ein ganzes Weilchen hin.



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    Rodewini unterdessen blitzte nur kurz mit den Augen und lächelte anschließend politikerhaft. “Vor allen Dingen liegt zwischen den Chatten und der römischen Grenze jede Menge mattiakisches Land mit mattiakischen Dörfern“, erinnerte er Valgiso ruhig. “Und so schön diese Versprechungen auch sein möchten, ich habe Sorge zu tragen für die meinen. Daher muss ich wissen, auf wie viel Unterstützung durch unsere Bündnispartner ich hoffen darf, während die Römer nach Süden ziehen. Drohungen an die Chatten sind gut und schön, nur sollten diese mit mehr gefüllt sein als Versprechungen.“

  • Ob nun Gespräche mit Römern oder Germanen war Silanus relativ egal, er verwandelte sich augenblicklich in ein Stück stummes Mobiliar. Wobei das Langhaus des Germanenfürsten Rodevinus es ihm deutlich schwerer machte, denn das sah nunmal komplett anders aus als die schön an römische Vorbilder angelehnten Häuser auf der richtigen Seite des Rhenus.


    Zudem musste er die ganze Zeit konzentriert lauschen, schließlich sprach der Germanenfürst noch einmal ein ganz anderes Kaliber an germanischem Dialekt als die Barbaren in und um Mogontiacum. Als es dann auch noch um den Krieg ging, so vorhersehbar das auch war, wurde ihm sehr unwohl in der Magengrube.

  • Zitat

    Rodewini: " ... muss ich wissen, auf wie viel Unterstützung durch unsere Bündnispartner ich hoffen darf, während die Römer nach Süden ziehen. Drohungen an die Chatten sind gut und schön, nur sollten diese mit mehr gefüllt sein als Versprechungen.“


    Das Gespräch war gerade in seinen ersten kritischen Punkt gerumst. War ja auch nicht anders zu erwarten. Wenn man solche Giftnickel wie die Chatten als Nachbarn hat, wird jede Veränderung in der Kräftebalance mit penibler Empfindsamkeit registriert. Und es war kaum zu übersehen, dass das Gleichgewicht des Schreckens aus den Fugen geraten war. Wir in Mogontiacum empfanden das genau so. Beruhigende Worte waren jetzt nicht gefragt.


    Als ich gesagt hatte, dass man den Chatten irgendwie eine Warnung zukommen lassen sollte, hatte Landulf sein Gesicht zu einem einzigen Fragezeichen verzogen. Ich dachte, es wäre gut, da etwas klarzustellen.


    "Landulf, ich hab natürlich nicht gemeint, dass Rodewini jetzt mal einfach so zu den Chatten rübergeht, schönen Tag sagt und ihnen erzählt, was Sache ist. Man kann ja auch Gerüchte in die Welt setzen und sie Handelsreisenden mitgeben. Das machen wir ja auch schon. Aber eines werden wir nicht tun: den Chatten eine Liste der hier gebliebenen Einheiten, einschließlich ihrer Mannschaftsstärke weiterreichen. Also bei Gerüchten sollten wir doch besser im Allgemeinen bleiben und, öhm, vielleicht auch ein bißchen übertreiben".


    Aber Rodewini hatte Bedarf nach Klartext angemeldet. Da musste ich aber einige Vorsichtsmaßnahmen einführen. "Klar, ich bin nicht gekommen, um Versprechungen zu machen, Rodewini. Ich bin gekommen, um dir zu sagen, wie die Dinge stehen. Annaeus Modestus hat für seinen Feldzug natürlich eine große Menge Truppen mitgenommen. Aber die beiden Legionen Obergermaniens haben jeweils drei Kohorten zurückgelassen. Das sind rund 2800 Mann. Jede der Legionen ist dabei, zwei Kohorten neu auszuheben. Sämtliche Hilfstruppen der Grenzkastelle sind auf ihrem Posten geblieben. Das sind hier im nördlichen Bereich des Limes eine Ala, 15 Kohorten, ein Dutzend Numeri und ein paar Explorationes mit zusammen 9000 bis 9800 Mann. Ich denke, wir sind uns darüber einig, dass das nicht das Gelbe vom Ei ist, aber man kann den Chatten damit schon mal gründlich die Laune versauen."


    Jetzt musste ich noch zu Vorsichtsmaßnahmen kommen. Die galten überwiegend den anwesenden Halbstarken: "Das, was ich gesagt habe und das, was wir in diesem Gespräch noch sagen werden, ist nur für unsre Ohren bestimmt. Wir reden hier unter Freunden und da müssen unsere Worte auch bleiben. Deshalb sollte der kühne Landulf und der ebenso kühne Bertwini davon absehen, irgendwelche Exkursionen auf chattisches Gebiet zu unternehmen. Denn die chattischen Buschteufel wissen, wen sie da vor sich haben und werden alles tun, um euch auszuquetschen. Die brauchen bloß ein Feuerchen unter euren Säcken anzuzünden und schon redet ihr wie ein Wasserfall."

  • So ein ganz klein wenig unheimlich war es Landulf schon, dass Valgiso offenbar so deutlich seine Gedanken in seinem Gesicht ablesen konnte. Er hatte zwar kein so ruhiges Gesicht wie sein Onkel, aber dass es so lesbar war... daran musste etwas geändert werden! Seine Mutter würde ihm die Ohren langziehen, wenn sie das wissen würde – wenngleich Landulfs Erinnerungen an seine Mutter bestenfalls mit 'schwammig' zu beschrieben waren, er war doch noch sehr jung gewesen, als sie starb. Im Grunde bestand seine Erinnerung aus einer hübschen, großen Frau mit roten Haaren, die vielleicht so ein bisschen aussah, wie Elfleda ausgesehen haben mochte, vielleicht aber auch nicht.


    So oder so kam er nicht dazu, lange darüber zu sinnieren, als Valgiso mit etwas rausplatzte, was locker unter 'Ehrbeleidigung' firmieren konnte. Hier zeigte sich dann doch, dass er der Sohn seiner Mutter war, denn frostig erwiderte er: “Ach, und die Geheimnisse der Mattiaker, die ich kenne, sind ja so viel weniger wert, als die der Römer. Es stirbt hier ja nicht jeder im Dorf, sollte ich ausplaudern, wie genau wir hier aufgestellt sind...“


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    Sein Onkel Bertwini hingegen sah die Sache nicht ganz so locker. Er war schon über dreißig, Vater von drei Kindern (zumindest von seiner Frau und von denen er wusste), und hatte nicht vor, sich wie ein Kind behandeln zu lassen von einem dahergelaufenen Kerl.
    “Wohin ich gehe und was ich tue, ist immernoch meine Entscheidung! Du vergisst, mit wem du redest und wo du dich befindest, Valgiso!“ Immerhin war Bertwini der zweite Mann des Dorfes, nachdem Rodewinis Söhne alle getötet wurden oder an Krankheiten gestorben waren. Er war der älteste, lebende, männliche Verwandte. Und schon mehr als einen Zwischenfall mit den Chatten hinter sich gebracht.
    “Und wenn du hergekommen bist, um zu unterstellen, dass ich nicht vertrauenswürdig bin, dann sag es mir offen ins Gesicht, damit wir das wie Männer regeln können.“ Wäre er nicht Rodewinis Gast, würde Bertwini auch deutlichere Wege einschlagen, um auf diese Worte zu reagieren.


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    Auch Rodewinis Miene war etwas strenger geworden, auch wenn er jetzt grade beschwichtigend die Hand hob. “Bertwini! Valgiso ist als Gast hergekommen.“
    “Dann soll er sich wie einer benehmen“, grollte der Mattiaker zurück, schnaubte und führte ein “Ich gehe. Landulf?“ an, letzteres begleitet mit einem leichten Klaps vor Landulfs Brust, den jener mit einem düsteren Nicken beantwortete.
    Rodewini ließ die beiden gehen, sie aufzuhalten hätte die Situation jetzt noch weitaus schlimmer gemacht. Auch er selbst war wenig erbaut über den Verlauf des Gesprächs. Sehr wenig. Aber die Sicherheit der Dorfbewohner ging vor.
    “Du solltest deine zukünftigen Worte etwas besser abwägen, Valgiso. Die Mattiaker sind schon seit Generationen Verbündete der Römer, es wäre bedauerlich, wenn die nächste Generation sich dessen aufgrund von unbedachten Worten nicht mehr erinnert.“ Nein, er war wirklich nicht erfreut über die Wortwahl seines Gegenübers, aber erst einmal ging es um naheliegendere Dinge wie Zahlen und Mannstärken. “Was Gerüchte angeht, so ist dein Plan nicht der beste, denn jedes Gerücht bedarf der Überprüfung, ehe es wahr wird. Und vermehrte Meldungen über die Römer hieße vermehrte Überprüfung des Wahrheitsgehaltes, noch dazu, wenn zeitgleich anderslautende Meldungen von allen Orten eingehen.“

  • Zitat

    “Du solltest deine zukünftigen Worte etwas besser abwägen, Valgiso. Die Mattiaker sind schon seit Generationen Verbündete der Römer, es wäre bedauerlich, wenn die nächste Generation sich dessen aufgrund von unbedachten Worten nicht mehr erinnert.“


    Sinnend blickte ich hinter Landulf und Bertwini her. Dann fragte ich meine Norne, ob wir Germanen tatsächlich im Krumm-Nehmen und Beleidigt-Sein so unschlagbare Weltmeister wären. Und, ob es wirklich so katzenleicht sei, einen Germanen zu beleidigen. Sie hob die Schultern und sagte, dass sie das nicht wüsste, weil sie ja nur für mich allein zuständig sei. Und da sei ihr aufgefallen, dass mich gerade meine eigene Schnoddrigkeit überwältigt hätte. Sie hatte mal wieder recht und das wurmte mich.


    Mich wurmte aber auch, dass - Schnoddrigkeit hin, Schnoddrigkeit her - sich jetzt eine Art Eiseskälte ausbreitete, die man mit Händen greifen konnte.


    "Ist es wahr, Rodewini, dass die unverbrüchliche Freundschaft, die du vorhin erwähnt hast, schon durch ein offenes Wort ins Straucheln geraten kann, wie ein kränkliches Kindchen, das sich beim leisesten Windhauch vom Tod bedroht fühlt? Nur durch ein offenes Wort über die Lage, in der wir sind und durch eine Mahnung zur Vorsicht?"


    Ich kratzte mich am Kinn: "Bei Wotan, wenn das so ist, dann müssen wir beide aber Alles tun, um dem kranken Kind wieder auf die Beine zu helfen".

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    Rodewini ließ die Worte über sich ergehen und besah sich den Mann vor sich nur etwas länger, ehe er schließlich antwortete.
    “Offene Worte sind eine feine Sache, doch manchmal ist es weiser, sie doch in ein etwas diplomatischeres Kleid zu packen, ehe man sie vorbringt.
    So könnte ich vorbringen, dass die Römer in diesen Zeiten die Mattiaker brauchen, weil durch den Abzug der Truppen die Grenze sicher nicht befestigt genug ist, um einen Ansturm einiger vereinigter Stämme abzuhalten. Und dass es für uns in dieser Situation weitaus weniger verlustreich wäre, würden wir uns den Chatten in einem solchen Fall nicht entgegenstellen.
    Ich könnte ebenso erwähnen, dass die Freundschaft der Römer in den letzten Jahren schon sehr teuer war und die letzten Statthalter des Kaisers alle nur wenig dazu beigetragen haben, sich der Freundschaft der Mattiaker zu versichern. Allerdings war die Ehre der Mattiaker und das Vertrauen in jeden unserer Männer in all diesen Jahren dennoch nie ein Thema, was Grund zum Zweifel hätte geben können.
    Und ebenso könnte ich erwähnen, dass wir als Verbündete immer und stets gleichberechtigt waren, so dass es meinem Neffen verständlicherweise nicht gefällt, Befehle von jemand anderem anzunehmen, schon gar nicht von jemandem, den er in seinem Leben noch nie gesehen hat, und erst recht nicht von einem römischen Statthalter, der vielleicht bald gar nicht mehr in diesem Amt ist. Und dessen Nachfolger sich vielleicht auch nicht mehr an irgendwelche Versprechungen erinnern wird, oder an irgendwelche Hilfen.“

    Rodewini lächelte fein und wohl dosiert, während er den Boten vor sich ansah. “Du siehst, offene Worte, falsch vorgetragen, können auch gerne falsch verstanden sein. Jugend hat oft nicht die Geduld, über andere Bedeutungen von Worten nachzudenken wie weisere und reifere Männer, die schon mehr gesehen haben in ihrem Leben.
    Wir beide verhandeln hier über Schilde aus Luft und Schwerter aus Ehre, gekauft mit Versprechungen. In solchen Verhandlungen sollten wir nicht auch noch über Vertrauenswürdigkeit verhandeln, denn in diesem Punkt könnten auf allen Seiten schwere Wunden geschlagen werden.


    Und jetzt gestattest du mir hoffentlich die Frage nach dem Mann, für den die Legionen in den Süden in den Krieg ziehen. Wer ist es, für den Annaeus Modestus Krieg führen will und dafür seine Provinz zurücklässt? Wenn ich mein Vertrauen auf seine Versprechungen bauen soll, sollte ich ihn besser kennen.“

  • "Rodewini", sagte ich lachend, "wie soll ich damit umgehen, mit diesem 'ich könnte vorbringen, ich könnte erwähnen...'? Erst sagst du, dass du etwas sagen könntest, aber dann sagst du es auch. Zumindest habe ich das ja tatsächlich gehört, was du sagen 'könntest'".


    Ich schüttelte den Kopf. "wenn Elfleda das gehört hätte ... Ich hatte ja das Glück, sie noch vor ihrem Tod kennenzulernen. Sie hätte unumwunden gesagt: 'Vergiss nicht, Valgiso, dass die Römer in diesen Zeiten die Mattiaker brauchen. Denk dran, Valgiso, dass die Freundschaft der Römer uns in den letzten Jahren teuer zu stehen gekommen ist, und dass die Statthalter des Kaisers sich verdammt wenig darum gekümmert haben. Pass auf, dass du den Stolz der Mattiaker nicht verletzt und sei dir im Klaren darüber, dass sie sich von niemandem rumkommandieren lassen. Zügle also deine Spottlust. Und, wenn du Vertrauen gewinnen willst, dann rede nicht über warme Luft, sondern über greifbare Dinge".


    "In den ersten beiden Punkten stecken sehr schwerwiegende Fragen, Rodewini, über die wir offen reden müssen und vor allem über greifbare Dinge. Bei dem dritten Punkt, Stichwort 'Stolz', hätte ich mehr auf Elfleda hören sollen, denn das hat sie mir damals auch wirklich gesagt. Ich werde also zu Bertwini gehen und mich entschuldigen, falls er mich nicht vorher erschlägt".


    Ich hob die Schultern, "Den Mann, für den Annaeus Modestus in den Süden zieht, kenne ich nicht. Ich habe Gutes über ihn gehört. In diesem Punkt vertraue ich ganz Annaeus Modestus. Und übrigens auch auf Alrik, der mit ihm zieht. Und, glaub mir, sie ziehen nicht wegen dieses Mannes, der Cornelius Palma heißt, nach Süden, sondern, weil sie diesen Erbschleicher Salinator, der die Krone an sich gerissen hat, vom Thron stoßen wollen. Sie haben sich mit Palma verbündet, weil der das selbe vorhat. Als die Nachrichten vom Tod des Kaisers bei uns eintrafen, hat mich Modestus gefragt, wie ich dazu stehe. Ich habe ihm geantwortet: Wenn es gegen Salinator geht, dann bin ich dabei". Mit einem Lächeln: "Wie du siehst, bin ich aber nicht dabei, sondern Modestus hat mir aufgetragen, Haus und Hof zu hüten, solange er weg ist. Einer muss das ja machen. Und dazu gehört natürlich auch, dass ich mit euch rede".

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