Officium des Praefectus Castrorum Fabius Vibulanus

  • >Herein.<


    sagte Vibulanus und betrachtete erfreut seinen vollkommen leeren Schreibtisch. Sämtliche Papyri und Wachstafeln hatte er für diesen Tag abgearbeitet und es einem Scriba überlassen sie zu archivieren.

  • Cursor trat ein und schloß die Tür hinter sich.


    Er nahm Haltung an und grüßte.


    "Decurio Cursor meldet sich wie befohlen, praefectus."


    In Grundstellung erwartete er die Befehle des Vorgesetzten.

  • >Steh bequem, Decurio.<


    sagte Vibulanus und nickte dem Decurio gutmütig zu. Dann setzte er eine ernste, aber auch freundlich Miene auf. Zwar war er nicht besonders erpicht auf dieses Gespräch, aber es war nun einmal notwendig.


    >Nun Decurio, einer der Männer hat mir vor kurzem Berichtet, dass es einige Differenzen zwischen dir und dem Praefectus Legionis gegeben hat. Darüber möchte ich mit dir reden.<


    sagte Vibulanus und versuchte sich in einem väterlichen Tonfall. Streitereien innerhalb der Einheit waren nie gut. Das endete im Feld nur mit Stichen in den Rücken.

  • Der decurio hatte mit allem Möglichen gerechnet. Sichtlich erstaunt reagierte er auf das, was der praefectus vorbrachte. In Grundstellung verharrend antwortete er.


    "Zu dem, was du sagst, möchte ich Stellung beziehen. Zwischen dem praefectus legionis und mir gab es zu keiner Zeit irgendwelche Differenzen. Demzufolge kann ich mir nicht vorstellen, daß dir über Derartiges berichtet wurde und noch dazu von einem meiner Männer, praefectus."


    Zur Erörterung seines Anliegens gegenüber dem praefectus legionis sah der decurio Dritten gegenüber nicht den geringsten Anlaß.

  • >Es war nicht einer deiner Männer, aber das was er mir erzählt hat war doch recht eindeutig. Du bist dir sicher, dass du mir nichts weiter sagen möchtest?<


    sagte Vibulanus und probierte es noch einmal auf freundschaftliche Art und Weiße. Sollte das nicht klappen blieb ihm keine Wahl, aber vielleicht lenkte der Mann ja ein.

  • Nun war der decurio auf der hut. Er wurde mißtrauisch. Sein Gefühl sagte ihm, diesem Vorgesetzten gegenüber vorsichtig zu sein. Noch war nicht zu erkennen, worauf dieser hinaus wollte resp. was dieser überhaupt vorhatte. Ließ ihn dieser, aus welchem Grund auch immer, observieren? Sollte es sich hier um ein Verhör handeln?


    Ohne zu zögern antwortete der decurio.


    "Wer auch immer dir was auch immer über angebliche Differenzen zwischen dem praefectus legionis und mir erzählt haben mag, so wiederhole ich, daß es keine Differenzen gegeben hat und, gesetzt den Fall, dem wäre so, dann wäre es es eine Angelegenheit zwischen dem praefectus legionis und mir.


    Aber, um mich wenigstens rechtfertigen zu können, was wurde dir denn berichtet, praefectus?"


    Gespannt sah der decurio seinen Gegenüber an.

  • >Du willst nicht reden? Nun dann werde ich reden.<


    sagte Vibulanus stand von seinem Stuhl auf und trat zu der Fensteröffnung in seinem Officium. Kurz wandte er dem Decurio den Rücken zu. Er atmete tief durch und drehte sich dann wieder ihm zu.


    >Die Disziplin ist einer Legion das höchste Gut. Ohne Diziplin bleiben die Männer nicht in Formation, bekämpfen nicht den Feind und errichten keine Belagerungsmaschinen. Strikte Disziplin ist das Alpha und Omega. Und um diszipliniert zu sein brauchen die Männer Führung. Dafür gibt es Offiziere. Dich, mich den Praefectus Legionis, die Centurionen. Nur durch unsere Führung und den Respekt und vielleicht auch Angst, die die Männer vor uns haben, funktioniert eine Legion. Passieren jetzt aber solche Sachen wie mit dir und dem Praefectus Legionis, und wage es ja nicht mir jetzt noch einmal ins Gesicht zu lügen, dann untergräbt das die Autorität der Offiziere. Deine und die des Praefectus Legionis. Und das ist nicht gut für die Disziplin und die Moral der Männer. Wir Offiziere müssen zusammenhalten. Einen Kader bilden und den Männern ein führendes Beispiel sein. Was glaubst du für ein Beispiel sind streitende Offiziere?<


    fragte Vibulanus rein rethorisch und wartete einen Moment bevor er weitersprach. Doch er waretete nicht auf eine Antwort des Decurios.


    >Weißt du was ich dir damit sagen will?<

  • Der decurio hatte sich den einer Belehrung gleichenden Vortrag des praefectus angehört. Im Grunde genommen waren es auf der einen Seite nichts Neues und auf der andere Seite nur vage Andeutungen.


    Nachdem der praefectus die an ihn herangetragene Frage unbeantwortet ließ, schien das was hier geboten war, in ein Katz- und Mausspiel auszuarten. Der decurio hatte sich nichts vorzuwerfen. Vor allem stand es für ihn außer frage, seinem Gegenüber Rede und Antwort für etwas zu stehen, was diesen nicht betraf.


    Ohne jegliche Regung entgegnete er.


    "Ich weiß, was du sagen willst, aber ich weiß noch immer nicht, was du von mir willst, praefectus."

  • >Ganz einfach, Decurio. Sollte es nocheinmal zu einer solchen Situation kommen, dann wird deine Einheit in Zukunft ganz oben auf der Liste für besonders riskante Aufträge stehen. Wegtreten.<


    sagte Vibulanus nun sehr gereizt werden der Antwort des Decurio, beherschte sich aber noch genug um in einem recht normalen Tonfall zu bleiben.

  • Gelassen nahm der decurio die Worte des noch immer sich mit Rätseln umgebenden praefectus zur Kenntnis. Die Androhung von besonders riskanten Auftragen ließen ihn kalt.


    Der decurio wollte noch etwas erwidern, sah jedoch die Zwecklosigkeit ein und schwieg. Er hatte keine Lust mehr, dieses perfide Spiel weiter mitzuspielen, und befolgte den ihm gegebenen Befehl zum Wegtreten.


    "Decurio Cursor meldet sich ab, praefectus."


    Nachdem er das officium verlassen hatte, nahm er erst einmal tief Luft und strebte in Gedanken seiner Unterkunft zu.


    Was trieb wohl diesen Mann dazu seine eigene Glaubwürdigkeit durch eine inszenierte Farce zu seinen Ungunsten unter Beweis zu stellen? Handelte es sich bei jenem womöglich um dessen Vergangenheit, die ihn immer wieder einholte, die ihm zu schaffen machte und deren Bewältigung er als guter Vorgesetzter an seinem Untergebenen, vorzugsweise einem Offizier, abzureagieren gedachte?


    Bevor die Gedanken des decurio weiterschweiften, nahm er sie an die Kandare. Inzwischen hatte er seine Interkunft erreicht. Er legte seinen Helm auf den Tisch, nahm sich einen Schluck Wein und dachte an nichts mehr.

  • Ich trat ein und nickte dem Praefectus höflich zu, als der Wachposten schließlich die Tür hinter mir geschlossen hatte wandte ich mich wieder zu Fabius Vibulanus um mich vorzustellen ...


    "Salve Praefectus, mein Name ist Gaius Pompeius Imperiosus, ich bin Sondergesandter der kaiserlichen Kanzlei für Alexandria und würde dir gern ein paar Fragen zur aktuellen Situation in Alexandria und Umgebung stellen! Natürlich nur sofern du nichts wichtigeres zu tun hast!"


    Wobei ich mir neben einem erneuten Aufstand nicht viel vorstellen konnte was so wichtig sein konnte ...

  • >Sondergesandter? Wohl eher nicht. Du trägst weder die Insignien eines Ritters noch die eines Senators. Daher kannst du weder ein Praefectus Augusti noch ein Legatus Augusti sein. Erkläre dich sofort!<


    sagte Vibulanus und stand drohend auf und näherte sich dem Mann. Er war vielleicht ein alter Mann, aber mit einem Hochstapler, der auch noch zu dämmlich war, um sich vorher über die Strukturen der kaiserlichen Kanzlei zu informen, würde er allemal allein fertig werden und aus dem Officium werfen. Es war allgemein bekannt, dass ein Primicerius ab Epistulis in Alexandria war, aber der hatte höchstens ein paar Schreiberlinge unter sich, und das wollte wohl nun jemand ausnutzen.

  • Sichtlich erschrocken, über die agressive Reaktion des Lagerpräfekten, wich ich erst einige Schritte zurück, bevor ich mich besinnen konnte und nach dem Ledertornister griff, der an meiner Hüfte hing. Beinahe hatte ich schon nicht mehr erwartet das ich diese Schriftrolle herausholen musste, obwohl ich doch vor Antritt meiner Reise erwartet hatte das ich sie hier wohl jedem dämlichen Legionär zeigen müssen würde ...


    "Entschuldige das ich dich verwirrt habe Praefectus, aber statt des purpurnen Striches führe ich das hier mit mir!"


    Ich hielt ihm die Schriftrolle hin die mir der Procurator ausgehändigt hatte und lies das untere Ende los so das sie sich vor seinen Augen selbst entrollte ...


    IN NOMINE IMPERII ROMANI
    ET IMPERATORIS CAESARIS AUGUSTI


    Hiermit ernenne ich den
    Primicerius ab epistulis
    GAIUS POMPEIUS IMPERIOSUS
    vorrübergehend zum
    Sondergesandten
    der Kaiserlichen Kanzlei
    für Alexandria


    Als Sondergesandter der kaiserlichen Kanzlei wird er hiermit beauftragt und autorisiert die Lage in Alexandria zu erkunden und die jüngsten Vorfälle zu untersuchen und falls möglich zur Klärung beizutragen.
    Die Verwaltung der Provinz Alexandria et Aegyptus wird hiermit angewiesen den Sondergesandten bei der Erfüllung seiner Aufgabe zu unterstützen und zur Klärung der jüngsten, zutiefst beunruhigenden Ereignisse beizutragen.



    [Blockierte Grafik: http://de.geocities.com/crazylx2000/ImperiumRomanum/Signatures/KaesoAntoniusHort.png]
    ~~Procurator ab epistulis~~
    ANTE DIEM VI ID IUN DCCCLIX A.U.C.
    (8.6.2009/106 n.Chr.)

  • "Nun gut, entschuldige Pompeius Imperiosus, aber du bist nicht der erste Sondergesandte Pompeius Imperiosus, dem ich begegnet bin."


    sagte Vibulanus entschuldigend, aber keineswegs unterwürfig und setzte sich wieder auf seinen Stuhl hinter dem Schreibtisch.


    "Setze dich doch. Du willst mir also einige Fragen stellen? Nur zu."

  • Zum einen erleichtert das der große altgediente Legionär mich nicht in Streifen schneiden würde, kam ich allerdings auch nicht umhin etwas zornig ob der Unterstellung zu sein, allerdings schaffte ich es den Ärger herunterzuschlucken, schließlich war das hier nicht irgend eine Provinz und es waren auch nicht die aller friedlichsten Zeiten ...


    "Nun hauptsächlich interessiere ich mich für die Vorkommnisse der letzten Wochen, den Einmarsch der 22., der Vorfall am Hafen und natürlich den Vorfall mit dem toten Tribun von dem ich auch erst gestern erfahren habe!"


    Das er diese Information zudem von einem einfachen Legionär bekommen hatte, dem er in einer Schenke einige Gläser spendiert hatte ließ er lieber aus, schließlich gab es einen Grund warum er sich nichtmehr an die ganze Geschichte errinnern konnte ...

  • "Der Tribun wurde von den alexandrinischen Stadtwachen tot in der Gosse gefunden. Anstatt nach einem Sacerdos für die notwendigen Ritten und der Legion zu schicken, haben sie ihn zum Tor des Königsviertels getragen und zugelassen, dass der Mob den Leichnam geschändet hat! Eine unsagbare Frechheit! Nach den Tätern fahnden meiner Männer gerade schon. Ich habe die besten Frumentarii auf die Sache angesetzt.


    Was den Hafen angeht, so legte ohne Anmeldung oder Ankündigung ein Schiff der Classis Misenis im Hafen an. Die dämlichen Idioten haben sich dann von ein paar Hafenarbeitern provozieren lassen, da war die Stimmung nach dem Tot des Tribuns schon sehr angespannt. Aber anstatt ihnen nur eine Tracht Prügel zu verabreichen, was ja noch im Rahmen gewesen wäre, haben die Dummköpfe den einheimischen Pöbel so verärgert, dass gleich von einem Mob abgegriffen wurden. Und natürlich haben Sie auch noch mit blanken Waffen gekämpft und zig Leute schwer verwundet und getötet. Und da war die Lage schon verdammt angespannt und dieser unfähige Trottel richtet dann auch noch ein halbes Massaker am Hafen an! Ich hab dann sogar unsere Ärzte den alexandrinischen Pöbel verarzten lassen. Sozusagen als Zeichen des guten Willens. Wäre dieser Centurio Decimus Verus, der Kerl von der Flotte, einer von Meinen gewesen, ich hätte ihn auf dem Campus öffentlich auspeitschen lassen! Und weil die am Hafen stationierten Legionäre mit dem Mob alleine nicht fertig wurden sind die Truppen, die gerade im Iudenviertel ein Manöver veranstaltet haben in die Stadt eingerückt um sie zu Befrieden und den Hafen und die Kornspeicher zu sichern. Und um eventuell aufflammende Aufstände niederzuschlagen.


    Du hörst sicher immer nur die Klagen der beschissenen Alexandriner, die über jeden Mist herumheulen. Sei es ein Brief oder sonst was. Aber was zu zum Beispiel sicher nicht gehört hast ist, dass die Stadtwachen unseren Leuten auf der Straße nachspitzeln. Wir haben sogar mal einen von denen auf frischer Tat ertappt. Wir hatten sogar schriftliche Beweise, aber der Praefectus Aegypti hat ihn laufen lassen. Er hat einfach ein zu gutes Herz und lässt sich von den Alexandrinern und ganz besonders von dieser iunischen Hure ausnutzen.


    Und ganz ehrlich ich weiß, dass mit mir und dem Praefectus Legionis nicht gut Kirschen essen ist, was die Einheimischen angeht, aber mal ganz ehrlich, wenn wir nicht wären, dann hätte das einheimische Pack schon längst einen richtigen Aufstand geprobt. Die glauben ja immernoch Alexandria sei frei genau wie Aegyptus und der Praefectus Aegypti springt viel zu weich mit ihnen um und kuscht richtig vor ihnen. Ich bin nur so hart, damit die nicht auf dumme Ideen kommen und glauben, dass wir alle so wären wie Germanicus Corvus. Versteh mich nicht falsch. Er ist ein guter Mann und Patron, aber so kann es nicht weitergehen. Aegyptus braucht einen harten Mann. So einen wie diesen ehemaligen Praefectus Praetorio. Mit diesem Caecilier würden die sich einen Scheißdreck trauen! Dann würde das Pack auch mal wieder Kreuze auf den Hügeln vor Alexandria sehen und sich erinnern, wer der Herr ist!


    So wird dir das wohl kein Anderer sagen, denn die wollen noch Karriere machen. Aber ich bin alt. 25 Jahre bei der Ala Numidia in Germania und hier sind es auch schon einige Jahre. Ich bin so hoch gekommen wie man es als einfacher Plebejer schaffen kann. Ich werde nicht meher befördert und es dauert auch nicht mehr bis ich in den Ruhestand gehe. Trotzdem möchte ich, dass du was ich über meinen Patron Germanicus Corvus gesagt hast, weder ihm sagst noch sonst irgendwem weitererzählst. Besonders, dass ich es gesagt habe. Es würde ihn sehr enttäuschen, denn er is mein Patron und ich habe ihn zu respektieren und ich tue das hier und heute nur nicht, weil ich das Gefühl habe, dass die Provinz auf dem Spiel steht, wenn es weiter so zugeht.

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