Der Sturz - Der Fall eines Mannes

  • Verus, einsam und verlassen, ging auf der Stützpunktmauer entlang. Er tat dies öfters, um eventuelle Risse oder Sonstiges aufzuspühren. Zumal er sich bei dieser Aufgabe gut ablenken konnte.


    Er ging ermattet auf der Mauer entlang und blickte mit einem tiefen Atemzug zum orange-roten Horizont. Die Sonne ging unter. Er hatte zu viel im Leben falsch gemacht, zu viele Wege waren Irrwege. Er wusste nicht mehr, wer er war und was er wollte. Er lebte sinnlos in den Tag hinein: Er funktionierte nur noch aber er war kein Mensch mehr. Sein Blick war von Augenringen gezeichnet, ein Ausdruck seiner instabilen Verfassung. Der Sonnenuntergang war wundervoll. Verus lehnte sich auf die Mauer. Sie fühlte sich an seinen Unterarmen kalt und leblos an, wie er selbst. Gefühle kannte er keine mehr. Verus war kein Mensch, er hatte nur gelernt, wie einer zu wirken. Das Gefühl der Unzulänglichkeit nagte an ihm. Sein Herz pocherte leblos vor sich hin. Doch dieser Sonnenuntergang hatte etwas Mysteriöses. Langsam sank die Sonne hinter den Erdball. Verus atmete ruhig weiter. Er lebte noch, warum wusste er selbst nicht aber er lebte ohne etwas zu erleben im Sinne des Wortes.


    Es wurde langsam kalt. Verus zog seinen schweren Mantel enger an sich, sein Blick auf den Horizont gewandt. Plötzlich rumorte es. Morsche Steine brachen aus der Mauer. Es waren nicht viele, doch die Zinnen vor Verus brachen weg. Langsam rutschte er ab, da er sich auf diese gestützt hatte.


    Er fiel. Die Steine flogen ihn herum. Die Luft umstreifte sein Gesicht. Er verlor seinen Mantel, der einige Meter davonflog. Der Sturz setzte ein oder hatte er schon lange eingesetzt, Verus wusste es nicht. Würde er endlich sterben?


    Sein Atem wurden ruhiger. Die Sekunden zogen sich endlos hin, wie einst in der Schlacht. Sein Blick wurde enger. Er schloss die Augen. Der letzte Sonnenstrahl erreichte seinen Körper und trug ihn unsanft Richtung Boden.


    Er fiel und fiel. Innerlich stellte er sich auf den Aufprall ein, was ging ihm durch den Kopf? - Die Familie oder sein Leben?


    Es zogen Bilder aus seiner Kindheit vorbei. Einige Steine schlugen bereits auf dem Boden auf. Verus träumte stattdessen, fernab des Momentes. Er träumte von einem wilden Garten, von fließendem Wasser und viel Licht. War er tot? - Noch nicht.


    Sein Atem wurde erneut langsamer. Er befand sich in einer Art Trance. Der Aufprall stand kurz bevor. Seine Muskeln spannten sich instinktiv an. Eine Hand ergriff ihn. Es war die Hand seiner Mutter. Verus riss die Augen auf. Bildete er es sich nur ein? Seine Mutter hielt seine Hand im Sturz. Er lächelte. Sie nickte zutraulich. Er wusste, dass er in guten Händen war. - Auch wenn es nur eine Vorstellung war.


    Verus wandte seinen Blick in Richtung Boden. Der staubige Sand kam immer näher. Er schaute erneut zu seiner Mutter, die weiterhin zutraulich lächelte. Er holte Luft.


    Sein Körper schlug dumpf auf. Knochen brachen, Haut riss und Schmerz erschütterte seinen Körper. Seine beiden Beine waren gebrochen und sein rechter Armknochen ragte aus seinem Fleisch. Der Schmerz war so groß, dass Verus schrie.


    Blut lief auf den Boden und umhüllte Verus. Der Schmerz wich einer weiteren Trance. Sein Körper konnte nichts mehr fühlen, da er sich bereits abschaltete. Sein Blick wurde verschwommen. Er atmete immer langsamer. Das Blut düngte weiterhin den Boden mit seiner Lebenskraft. Er hörte seltsame chorale Gesänge. Seine Mutter kniete neben ihm und hielt weiterhin seine Hand. Es war ein Bild aus der Erinnerung. Er war damals ebenso gestürzt und seine Mutter half ihm aufzustehen. Es wirkte erschreckend real.


    Nun lag er da. Es wurde dunkel um ihn. Verus wimmerte leicht. Seine Lebenskraft verließ ihn. Der Tod griff nach ihm, doch er wollte noch nicht gehen. Er wollte seine Fehler gut machen, er wollte wieder leben.


    Aus Verus' Augen ergossen sich einige Tränen. "Götter, hört mein Flehen, schickt jemanden der mich rettet, schickt...," betete er.


    Langsam schlossen sich sie eine Blut verschmierten Augen. Er wurde ohnmächtig. Nun lag er vor der Stützpunktmauer.


    In der Nähe war ein kleiner Weg, auf dem sich öfters Reisende befanden, hoffentlich würde jemand dort gehen, wenn nicht würden die Wachen kommen, so hoffte er unbewusst.


    Sim-Off:

    Wer möchte Held sein? - Offen für alle. ;)

  • Auf der Mauer war man nie wirklich alleine, schon gar nicht, wenn man nicht persönlich irgend eine beinahe von allen Göttern verlassene Nachtwache durchstehen musste.


    Bei Sonnenauf- und -Untergang waren immer am meisten Wachen auf der Mauer, da es in dieser Zeit äusserst schwierig war Dinge zu erkennen.


    So blieb der kleine Abbruch in der knapp 3m hohen Mauer auch nicht lange unbemerkt, zumal schon der Lärm die Wachen in der näheren Umgebung aufgeschreckt hatte.


    Schnell, sehr schnell, waren Männer da, welche auch den beinahe leblosen Körper sahen und die notwenigen Hilfsaktionen wie Medici und Capsarii sofort holen liessen.


    Sim-Off:

    Ich fürchte, dies ist nicht direkt meine Sache, also ohne Signatur, damit wenigstens das Setting gegeben ist!

    ir-senator.png annaea2.png

    CIVIS

    SODALIS FACTIO ALBATA - FACTIO ALBATA

  • Verus nahm die gesamte Situation nur halbwegs wahr. Er spürte keinen Schmerz, dennoch vibrierte das Blut in seinen Adern. Seine gebrochenen Beine zitterten, sie schlugen förmlich aus.


    "Berichtet dem Präfekt davon," brachte Verus mit geschloßenen Augen hervor. Es waren die rationalen Dinge, an die man in solchen Situationen dachte. "Er muss es wissen..."


    Verus stöhnte und wimmerte. Er atmete schwer. Er riss die Augen auf. "Informiert meine Familie in Rom...," sagte er fast schreiend.
    "Ich vererbe mein Grundstück meinem Sohn, das Vermögen soll zwischen Germanica Calvena und meiner Tochter je zur Hälfte aufgeteilt werden," stellte er abwesend sein Testament aus. Sein Blick wurde leerer. Langsam verließ ihn das Leben, während er unsanft über den Weg getragen wurde. - Aber Verus war noch nicht tot. Irgendetwas klammerte sich krampfhaft an das Leben.


    "Ich war nie ein guter Mensch, es tut mir leid..."

  • Verus wurde ins Lazaret verbracht und dort mühsam auf ein Bett gewuchtet. Der Medicus schaute sich die Wunden an. Er schüttelte mit dem Kopf. Verus hatte bereits seit langem das Bewusstsein verloren.


    Ein Capsarius brachte eine Schale mit einer rot-schwarzen Flüssigkeit. Er stellte sie neben Verus ab und die Untergebenen begannen mit ihrer notwendigen Arbeit. Die Wunden wurden gewaschen und die Armwunde mit Wein und Myhrre desinfiziert.


    "Wir müssen die Beine richten, ebenso den Armknochen," stellte der Medicus geübt fest.


    Seine Untergebenen nickten und schoben den Armknochen zurück ins Fleisch, ebenso nähten sie die Wunde zu. Der Medicus legte eine Schiene an und verband diese fest. Dies tat er ebenso mit den Beinen.


    "Gute Arbeit!" - Der Medicus öffnete Verus die Augen und schaute nach, ob die Iris noch Reflexe besaß. Sie reagierte. Der Medicus nickte erleichtert. Verus würde überleben, doch zu welchem Preis?
    Er würde viele Schmerzen erleiden müssen und die Garantie für ein schmerzfreies Leben konnte der Medicus ihm auch nicht geben. Hoffentlich würden die Knochen richtig zusammenwachsen, das war alles.


    Der Medicus verließ den Raum, um seine Hände vom Blut zu befreien. Ein Capsarius blieb bei Verus und überwachte seinen Leibeszustand.


    Er würde noch viele Wochen im Bett verbringen müssen, doch am Ende, so waren ihm die Götter gnädig, würden die Knochen richtig zusammenwachsen. Seine gute körperliche Verfassung, die eines Soldaten, hatte ihm sein Leben gerettet. Verus würde wieder vollens gesunden, bis auf einige Narben und die seelische Verletzung.

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