Vitale trat ein und suchte sich ein freies Plätzchen.
Er wusste nicht, ob er schreiben sollte, während Calvena diktierte oder ob sie selber schreiben wollte. Also wartete er erst einmal ab.
"Gerne komme ich dich mal besuchen." antwortete er. "Bei der Feier werde ich wohl auch mal kurz vorbei sehen, aber ich kenne ja nicht viele Leute..."
Mit halbem Auge sah er immer noch den beiden Sklaven zu, wie sie sich neckten.
Er musste an den Sklaven denken, den er selber vor kurzem auf dem Markt erstanden hatte und der jetzt für seinen Olivenhain zustänig war. Er war froh, jemanden aus seinem Heimatland gefunden zu haben. Hier in der Fremde fühlte man sich - auch wenn man sich weder kannte noch verwand war - trotzdem zusammengehörig. Bis jetzt hatte er noch nicht viel über dessen Hintergründe erfahren, aber das könnte bei seinem nächsten Besuch im Olivenhain der Fall sein.
Casa Germanica - Cubiculum Calvena
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Sie lächelte ihm zu, als er ihre Einladung annahm. „Du wirst die Leute dann schon kennen lernen“, zwinkerte sie ihm zu. „Ich bin mir sicher, du wirst schnell Anschluss finden!“ Sofern sie dazu Zeit fand, würde sie ihn einigen vorstellen, aber sie bezweifelte, dass sie daran überhaupt denken konnte. Im Augenblick hatte sie ganz andere Dinge im Kopf. Sie war nervös und aufgeregt. Kurzerhand griff sie nach Feder und Pergament um dann den Brief für Lucilla aufzusetzen.
Kur betrachtete sie die WollgürtelLiebe Lucilla,
Ich danke Dir für Deine wunderbaren Glückwünsche und deine aufmunternden und auch beruhigenden Zeilen. Es ist jetzt nur noch zwei Tage und ich bin furchtbar aufgeregt und habe ständig das Gefühl irgendetwas Wichtiges vergessen zu haben.
Es ist meine erste Ehe und ich schließe sie aus Liebe. Ich bin unglaublich glücklich.Deine Grüße und Glückwünsche werde ich natürlich ausrichten und auch die Geschenke weiter reichen. Vielen Dank. Die Gürtel sind wirklich bezaubernd und ich vertraue Deinem Geschmack und Deiner Erfahrung was zur neuen Mode in Rom wird. Wir werden wohl die Ersten sein die sie tragen.
Avarus geht es soweit ganz gut. Er hat einen fähigen Scriba an seiner Seite, der ihm die Arbeit abnimmt. Auch wenn ich es wohl nicht laut aussprechen würde, er ist eben nicht mehr der Jüngste. Aber noch eine ganze Spur jünger wie Laevina. Seit einigen Monaten wohnt diese entfernte Großtante auch in Rom. Sie ist etwas anstrengend aber man kann durchaus mit ihr umgehen.
Auch wenn Avarus es nicht wirklich zu gibt, ich glaube er vermisst Dich und würde Dich gern wieder sehen. Ich würde mich jedenfalls sehr freuen, Dich kennen zu lernen. Bis dahin werden wir wohl uns noch öfter schreiben.
Den nächsten Brief kannst Du mir dann direkt in die Casa Quintilia senden.Viele Grüße, auch von der Familie!
Germanica CalvenaEs fehlte nur noch die Adresse, aber soweit war sie zufrieden mit ihren Zeilen.
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"Gut, dann bringe ich jetzt mal zuerst den Brief zum Cursus Publicus. Die Rechnung geht noch auf das Haus Germanica, oder?" sagte Vitale. Dem Brief hatte er noch die Adresse hinzugefügt:
Germanica Lucilla
Cluvia Jocasta und Roscius Blosius
Narbo Martius
GalliaLiebe Lucilla,
Ich danke Dir für Deine wunderbaren Glückwünsche und deine aufmunternden und auch beruhigenden Zeilen. Es ist jetzt nur noch zwei Tage und ich bin furchtbar aufgeregt und habe ständig das Gefühl irgendetwas Wichtiges vergessen zu haben.
Es ist meine erste Ehe und ich schließe sie aus Liebe. Ich bin unglaublich glücklich.Deine Grüße und Glückwünsche werde ich natürlich ausrichten und auch die Geschenke weiter reichen. Vielen Dank. Die Gürtel sind wirklich bezaubernd und ich vertraue Deinem Geschmack und Deiner Erfahrung was zur neuen Mode in Rom wird. Wir werden wohl die Ersten sein die sie tragen.
Avarus geht es soweit ganz gut. Er hat einen fähigen Scriba an seiner Seite, der ihm die Arbeit abnimmt. Auch wenn ich es wohl nicht laut aussprechen würde, er ist eben nicht mehr der Jüngste. Aber noch eine ganze Spur jünger wie Laevina. Seit einigen Monaten wohnt diese entfernte Großtante auch in Rom. Sie ist etwas anstrengend aber man kann durchaus mit ihr umgehen.
Auch wenn Avarus es nicht wirklich zu gibt, ich glaube er vermisst Dich und würde Dich gern wieder sehen. Ich würde mich jedenfalls sehr freuen, Dich kennen zu lernen. Bis dahin werden wir wohl uns noch öfter schreiben.
Den nächsten Brief kannst Du mir dann direkt in die Casa Quintilia senden.Viele Grüße, auch von der Familie!
Germanica CalvenaBeim Herausgehen merkte er noch an:
"Ach, übrigens: Du brauchst dir keinen Stress zu machen wegen mir auf der Hochzeit. Du hast sicherlich anderes zu tun, als mich den Leuten vorzustellen. Genieße es einfach!" -
„Du kannst die Familienwertkarte nutzen“, nickte sie zustimmend und sah sich wieder kurz in ihrem Zimmer um. Immer noch herrschte Chaos, aber Elissa und Simplex gaben sich alle Mühe dem Herr zu werden.
Sie schenkte Vitale ein breites Lächeln, als er meinte, sie brauche sich um ihn nicht zu kümmern. „Solange du dich amüsierst“, meinte sie nur und dann war er auch schon verschwunden und ließ sie mal wieder allein. -
Um ein wenig ungestört zu sein, hatte sich Serrana mit dem gerade angekommenen Brief ihrer Freundin Septima in Calvenas früheres Zimmer zurückgezogen und las ihn schmunzelnd ein weiteres Mal, bevor sie ihre Schreibutensilien zusammensuchte und sich daran machte, ihn zu beantworten. Und danach würde sie dann endlich an Calvena schreiben, auch wenn ihr dieser Brief aus einem bestimmten Grund etwas schwerer fallen würde.
ZitatOriginal von Tiberia Septima
Iunia Serrana
Casa Germanica
Roma, ItaliaMeine liebe Serrana
Endlich habe ich Zeit dir zu schreiben. Dir ergeht es betimmt ähnlich, denn du hast nach der Hochzeit mit Sedulus gewiss viel zu tun. Berichte mir doch bitte: Wie war eure Hochzeitsnacht? Ich hoffe doch sehr, dass du sie genießen konntest und dir meine Ratschläge hilfreich sein konnten. Hast du dich bereits in der Familie der Germanicii eingelebt? Wie kommst du mit deiner Großmutter zu recht? Ich weiß, dass ist der einzige Wehmutstropfen an der Heirat deines geliebten Sedulus, dass du nun wieder mit deiner Großmutter unter einem Dach lebst, aber so ist das in einer Familie.
Ursus und ich haben das Praetorium im Castelleum der Legio I bezogen und ich kann dir berichten, dass es dem Wohnsitz des Legaten durchaus gerecht wird. Ein paar Verschönerungen habe ich bereits veranlasst und nun warten wir auf unsere ersten Besucher.
Was gibt es für Neuigkeiten aus Rom zu berichten? Dabei fällt mir ein, könntest du mir deine Augen und Ohren leihen? Demnächst finden die Wahlen statt und ich kann leider nicht dabei sein, wenn die Kandidaten ihre Reden vor dem Senat halten. Hättest du vielleicht die Güte, den Reden außerhalb der Curia Iulia beizuwohnen und mir in einem Brief Bericht zu erstatten? Ich könnte es allerdings verstehen, wenn du, aufgrund deiner neuen hausfraulichen Pflichten, keine Zeit für einen Besuch auf dem Forum Romanum hättest. Ansonsten freue ich mich über jede Information aus der Heimat, die du zu berichten weißt.Vale bene
Deine Septima
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Tiberia Septima
Praetorium
Castra Legionis I Traianae Piae FidelisMeine liebe Septima,
du glaubst gar nicht, wie sehr ich mich über deinen Brief gefreut habe, auch wenn es mir noch lieber wäre, wir könnten uns richtig miteinander unterhalten.
Du hast Recht, seit meiner Hochzeit ist mein Leben wesentlich turbulenter geworden, denn zu meinen Aufgaben im Tempel sind jetzt auch noch die einer Matrona gekommen. Meine Hochzeitsnacht war wirklich schön, und ich schäme mich schon fast, dass ich vorher solche Angst davor hatte. Sedulus war ganz sanft und zärtlich mit mir, genauso, wie du es vorausgesagt hattest, und stell dir vor, am nächsten Morgen haben wir sogarim Bal,nein ich glaube, das erzähle ich dir lieber persönlich, ich merke schon, dass ich beim Schreiben rot werde.
Mit Großmutter wieder unter einem Dach zu leben, ist natürlich nicht so schön, aber das nehme ich gern im Kauf, um bei Sedulus sein zu können. In letzter Zeit hält sie sich auch einigermaßen zurück, vielleicht habe ich durch die Heirat mit einem Senator etwas mehr Gnade in ihren Augen gefunden. Das politische Tagesgeschehen in Rom habe ich zu meiner Schande in der letzten Zeit nicht allzu aufmerksam verfolgt, aber ich verspreche dir, dass ich mir ein paar der Reden anhören und dir dann berichten werde!
Am liebsten würde ich mich ja sofort auf den Weg machen und euch gemeinsam mit Sedulus in Mantua besuchen, aber es gibt eine Neuigkeit, die bislang noch kaum einer weiß (nicht mal Großmutter): ich bin nämlich schwanger, und Sedulus hat deshalb schon unsere geplante Reise nach Mogontiacum abgesagt, wo wir den Sommer verbringen wollten. Eine komische Vorstellung ist das, irgendwie fühle ich mich selbst fast noch wie ein Kind, und jetzt werde ich bald ein eigenes haben.
Das soll es für heute sein, liebe Septima, schreib mir doch bitte wieder, ich freue mich jetzt schon auf deinen nächsten Brief.mögen die Götter dich beschützen,
SerranaNachdem sie den Brief an Septima noch einmal durchgelesen hatte, nickte Serrana zufrieden und machte sich dann daran, das Schreiben an Calvena aufzusetzen.
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Germanica Calvena
Casa Quintilia
Mogontiacum
Provincia GermaniaLiebe Calvena,
ich hoffe, du bist mir nicht böse, dass ich dir erst jetzt schreibe! Irgendwie hatte ich seit deiner Abreise ständig irgendwas um die Ohren und nie genug Muße, um mich in Ruhe hinzusetzen und dir zu erzählen, was alles in der letzten Zeit passiert ist. Vielleicht fange ich mit dem Wichtigsten an, auch wenn mir das am schwersten fällt. Erinnerst du dich noch an deine Vermutung am Tag eurer Abreise? Du hattest recht, ich bin wirklich schwanger, auch wenn ich es lange nicht glauben wollte. Du erinnerst dich sicher, dass ich davor immer schon Angst hatte, aber ich versuche mich zusammenzureissen, auch weil Sedulus sich so unglaublich freut. Und sicher geht bei der Geburt auch alles gut, das hat zumindest Romana gesagt. Stell dir vor, sie war so lieb und hat eine Leberschau in der Casa Iunia durchgeführt, damit ich mir nicht mehr so große Sorgen machen muss. Und eine Vestalin würde doch sicher niemals lügen, nicht wahr?
Oh Calvena, du glaubst gar nicht, wie sehr du mir fehlst! Ich bin froh, dass ich dir zumindest schreiben kann, aber das ist einfach nicht das selbe. Manchmal denke ich, dass viele Dinge leichter wären, wenn ich einfach darüber reden könnte, vielleicht geht es dir ja ähnlich. Aber mit wem? Septima und du, ihr seid weit weg, und Romana hat zuviel zu tun, als dass ich sie ständig mit meinen albernen Problemen belasten wollte. Und mit Axilla kann ich einfach nicht reden. Egal um was es geht, früher oder später fangen wir immer an, uns zu streiten.
Aber genug von diesen Dingen, ich will dir ja nicht nur etwas vorjammern! Ich bete zu den Göttern, dass sie dich und Valerian bald nach Rom zurückkehren lassen, und falls das erst nach der Geburt meines Kindes sein sollte, dann werde ich deinen Cousin oder deine Cousine auf dem Arm tragen, wenn wir uns wiedersehen.
Wie ist es euch denn bislang in Germanien ergangen? Ist es dort wirklich so kalt und wild und dunkel? Ich versuche immer, mir das Land dort vorzustellen, aber so richtig gelingt es mir nicht.
Bitte grüße auch Valerian ganz herzlich von mir, ich bin mir sicher, ihr beide seid genauso glücklich miteinander wie Sedulus und ich.mögen die Götter immer über dich wachen,
deine Freundin SerranaAuch diesen Brief ging sie noch einmal in Ruhe durch, dann stand Serrana mit einem Seufzer wieder auf, um Adula zu suchen. Ihre Leibsklavin würde dafür sorgen, dass die beiden Schreiben so schnell wie möglich in der Post landen würden.
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Irgendwie war es Serrana mittlerweile eine liebgewonnene Angewohnheit geworden, sich zum Lesen und Beantworten ihrer Briefe in Calvenas ehemaliges Zimmer zurück zu ziehen. Niemand vermutete sie hier, und so hatte sie genügend Zeit und Ruhe, um sich auf das Schreiben zu konzentrieren. Nachdenklich starrte sie eine Weile einfach nur vor sich hin und überlegte, wie und womit sie den längst überfälligen Brief an ihre liebste Freundin beginnen konnte.
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Germanica Calvena
Casa Quintilia
Mogontiacum
Provincia GermaniaLiebe Calvena,
du wirst dich sicherlich gefragt haben, warum ich schon wieder so lange gebraucht habe, um dir zu antworten, und ich schäme mich auch ganz furchtbar dafür. Als meine einzige Entschuldigung mag vielleicht gelten, dass in der letzten Zeit so viele Dinge passiert sind, dass ich kaum wusste, wo mir der Kopf stand.
Vielleicht hast du ja schon davon gehört, der Zorn der Götter ist über ganz Rom gekommen, und die Menschen in der Stadt sprechen zur Zeit über nichts anderes. Stell dir nur vor, an den Nemoralia ist es zu einem Frevel im Heiligen Hain gekommen, und seitdem sind alle Priester in heller Aufregung, um die Pax Deorum endlich wieder herzustellen. Niemand weiß genau, was am Lagus Nemi wirklich passiert ist, aber die Straßen sind voller Gerüchte, und es ist auch schon zu einigen Unruhen gekommen. Fest steht nur, dass eine Frau den Frevel begangen hat, aber niemand kennt ihren wirklichen Namen. Es gibt natürlich jede Menge Klatsch, und einige behaupten sogar, es sei eine Patrizierin gewesen, aber das kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen.
Die nächste Neuigkeit ist nicht minder schrecklich: kannst du dich noch an Aelius Archias erinnern, den meine Cousine Axilla bei diesem Wagenrennen geheiratet hat? Der hat sich vor einigen Wochen urplötzlich vom Tarpeischen Felsen in den Tod gestürzt. Niemand weiß, warum er das getan hat, und es tut mir so furchtbar leid für Axilla. Sie hat ja nur wenige Tage vor uns geheiratet, und jetzt ist sie mit gerade mal achtzehn Jahren Witwe! Ich will mir gar nicht vorstellen, wie es mir an ihrer Stelle gehen würde...
Sedulus und Sabina geht es den Göttern sei Dank gut, doch auch über meinem Leben hängt eine dunkle Wolke. Erinnerst du dich an die Leberschau, von der ich dir in meinem letzten Brief erzählt habe, und die Romana durchgeführt hat? Da gibt es etwas, was ich dir damals verschwiegen habe, vielleicht weil ich es selbst nicht wahrhaben wollte. Ich hatte von Anfang an ein furchtbar schlechtes Gefühl bei dieser Haruspizin, obwohl Romana mir versichert hat, dass alles gut gehen würde. Und vor einigen Tagen war sie jetzt hier bei mir in der Casa Germanica und hat mir gestanden, dass sie mich angelogen hat. Calvena, ich hatte ohnehin schon furchtbare Angst, aber dieser Moment war so entsetzlich, das kannst du dir gar nicht vorstellen! Für einige Sekunden war ich mir sicher, dass mein Leben nun verwirkt ist, aber dann hat Romana mir gesagt, dass eine Leberschau nicht die Zukunft voraus sagt sondern nur die Stimmung der Götter zeigt. Es ist schon eine ganz schön schlimme Vorstellung, dass ich mir den Unwillen so vieler Götter zugezogen habe, und ich frage mich die ganze Zeit, was ich nur getan haben könnte, um sie derart zu verärgern. Aber Romana hat mir versichert, dass man sie mit einem guten Opfer vielleicht wieder hinbiegen könnte, und daran hängt jetzt meine ganze Hoffnung. Oh Calvena, ich hoffe so sehr, dass dieses Opfer gut gehen wird, damit ich mich endlich richtig auf mein Kind freuen kann! Ob du es glaubst oder nicht, mein Bauch ist jetzt schon ganz schön rund, und manchmal kann ich spüren wie es sich bewegt, das ist einfach wunderschön.
Und eine weitere schöne Neuigkeit ist, dass Septima wieder hier in Rom ist. Zwar nur zu Besuch, aber es hat unendlich gut getan, sie mal wiederzusehen und mit ihr zu sprechen. Dass sie auch schwanger ist, hat sie dir sicher schon selbst geschrieben, wenn alles gut geht, dann wird ihr Kind etwa einen Monat vor meinem geboren werden.
So, jetzt muss ich aber mal aufhören, meine Hand schmerzt schon vom vielen Schreiben, und dabei gibt es noch soviel, was ich dir gern erzählen würde. Ich wünsche dir alles Gute, liebste Freundin, und bitte schließe Rom in deine Gebete ein, damit uns bald wieder die Gunst der Unsterblichen sicher ist.mögen diese ewig über dich wachen,
deine Freundin Serrana
Es dauerte eine ganze Weile, bis Serrana endlich den Federkiel aus der Hand legte und den Brief zusammen rollte, damit Adula sich damit so schnell wie möglich auf den Weg machen konnte.
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Auf der Suche nach ihrem Sohn durchkämmte sie das ganze Haus. Die Casa Germanica bot jede Menge Verstecke für einen Jungen der gerade wütend auf die Welt war. Zuerst suchte sie in den offensichtlichen Verstecken, im Garten, unter der Treppe, im Kinderzimmer, sogar im Bad. Vergebens. Ihr Sohn schien wie vom Erdboden verschluckt. Nicht einmal die Sklaven konnten ihr helfen. Nur eines war sicher, das Haus hatte er nicht verlassen. Was schon einmal eine Erleichterung für die besorgte Mutter war.
Am Ende fand sie ihn überraschender Weise in ihrem alten Cubiculum. Dort hatte er sich unter der Bettdecke versteckt und war eingeschlafen. Wie friedlich er aussah, wenn er schlief. Liebevoll streichelte sie ihm durchs Haar. Erst einmal ließ sie ihn schlafen, Calvena setzte sich ans Fenster und las. Da sie ihren Sohn kannte, wusste sie, dass er sein Nickerchen recht bald beendet haben würde. Und dann würde sie mit ihm reden. So wie er sich aufführte konnte es nicht weiter gehen. Dass wusste sie selbst. Sie sah ein, dass sie Rufus ein wenig zu sehr verwöhnt hatte und deshalb führte er sich so auf. Leise seufzte sie, Mutter-Sein war irgendwie nicht einfach. -
Nachdem er der ganzen Szenerie mit dem blöden Victorius und dem blöden Papa und den anderen blöden Menschen entflohen war, hatte er sich hier in Mamas altem Zimmer verkrochen. Er war sich sicher, dass das der einzige Ort in diesem scheußlichen Haus war, wo er ungestört sein konnte und das wollte er auch. Er muste nachdenken. Über Papa. Er war ihm böse, schließlich wusste er jetzt, dass es Papas Schuld war, dass der nie da war und auch, dass man ihn wohl auch ein wenig angeschwindelt hatte was den dicken Mann mit Glatze betraf. Der hatte also sogar guten Grund seinem Papa böse zu sein, genau so wie er. Ach, er sollte ihm gestohlen bleiben. Seinetwegen brauchte er gar nicht mehr aufzutauchen. Er verbrachte deswegen doch auch nicht viel mehr Zeit mit ihm. Obwohl er ihn lieb hatte.
Rufus konnte einfach nicht mehr. Er war fertig mit dieser blöden Welt und ließ sich in das Bett fallen und wie immer wenn er in einem Bett lag dauerte es nicht lange, bis er im Reich der Träume war und von schönen Dingen träumte.
Wie lange er dann schlief wusste er nicht, aber als er wieder erwachte fühlte er sich noch müder als zuvor und gähnte erst einmal lautstark und streckte sich. Dann blinzelte er und dachte darüber nach weiter zu schlafen, aber irgendwie war ihm, als ob er nicht alleine im Raum war. Er ließ daher seinen Blick schweifen und entdeckte seine Mutter, die las. Seine Mutter. Er wusste nicht mehr ob er ihr böse war oder gut mit ihr war. Es war alles schwierig im Moment. Er entschied sich erst einmal aufzustehen und schwang sich aus dem Bett und es fiel ihm auf, dass er vergessen hatte die Sandalen auszuziehen.
Auf der Bettkante blieb er dann einfach sitzen und schaute seine Mutter an. "Ist er wieder weg?", fragte er sie dann und es war klar, wer damit gemeint war. -
Ihrem Sohn dabei zuzusehen wie er schlief, erfüllte sie mit Frieden. Rufus war dann ein Engel, so unschuldig und lieblich. Einmal nicht der freche laute herumtobende Junge. Liebevoll strich sie ihm eine verwirrte Strähne aus dem Gesicht. Dann wartete sie weiter geduldig darauf, dass ihr Sohn sein Nickerchen beendete. Lang dauerte es nicht. Schon bald regte er sich, dann sah er sie auch schon aus verschlafenen Augen an.
Calvena gab ihm noch die Zeit gänzlich zu erwachen. Was nicht lange dauerte. Rufus war meist schnell wieder für allen Schabernack zu haben.
Sie stieß einen tiefen Seufzer aus und nickte dann leicht. „Leider …“, antwortete sie ihm. Sie streckte die Hand nach ihm aus und bot ihm an sich direkt zu ihr zu setzen. „Ich weiß du bist ihm Böse … aber das solltest du nicht. Ich weiß, es ist nicht leicht, weder für dich, noch für mich, noch für deinen Vater. So wie die Dinge stehen, ist es im Augenblick das Beste.“ Wie nur sollte sie ihm diese ganzen komplizierten Dinge erklären. Er würde vielleicht nur die Hälfte davon verstehen. -
Noch einmal streckte er sich, dann krabbelte er langsam aus dem überaus gemütlichen Bett und bewegte sich langsam in Richtung der Hand seiner Mutter und setzte sich schließlich neben sie und lehnte sich an sie. Papa war jetzt also weg und sie war traurig darüber. Er nicht. Er verstand auch nicht warum sie meinte er sollte nicht böse auf Papa sein. Er hatte doch reichlich Grund dazu, schließlich hatte Papa ihm allen Grund dafür gegeben. Er war doch schließlich selber dran Schuld, dass Rufus ihn nie sah und deshalb war er böse auf ihn und auch weil er ihn nie sah. Eigentlich wollte er gar keinen Papa mehr haben oder einfach einen anderen. Sein Papa war ja nichts Ganzes und nichts Halbes, eher eine Nullnummer. "Warum nicht?", fragte er daher und sah sie verwundert an. Jetzt musste aber ein ganz schön guter Grund folgen, damit sie ihn überzeugen konnte.
"Und Mama?", fragte er dann noch interessehalber, "Wer ist Papa eigentlich?" Eigentlich wusste er gar nichts über seinen Papa ausser wie er hieß und dass er sein Papa war und mit Mama verheiratet war. Sonst kannte er ihn gar nicht. Sicher, er hätte auch fragen können wie er ist, aber er erhoffte sich eine grundsätzliche Antwort. Etwas das man nur nach Jahren mit Papa über ihn sagen konnte. Was für ein Mensch er war und wie er dachte.
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