Die Insula des Asellus

  • Kaum hatte ihn Titus bis zur Insula gebracht, als er auch schon zu Asellus gebracht wurde. Dieser gebot hier nun über eine Schaar Männer, die er beherrschte wie ein pater familias. Trotz seines jungen Alters hatte das Leben bereits einige Spuren in seinem Gesicht hinterlassen. So war das eben, wenn man auf der Straße aufwuchs.


    "Wen bringt denn der liebe Titus hier her? Schön dich zu sehen, Catu."


    Mitt offenen Armen ging er auf Catubodus zu und sie begrüßten sich mit einer Umarmung. Catu musterte den Anderen aufmerksam. Entgegen den Worten war der Tonfall nicht sonderlich herzlich gewesen. Aber bei außer Wut und Zorn schien Asellus nie den Tonfall zu wechseln.


    "Immer noch der Alte was? Du hast mich hergerufen? Was gibt es?"


    "Ich habe da ein Arrangement getroffen. Ein piekfeiner Kerl sag ich dir. Wir sollen für einen Kunden ein paar Huren fangen gehen. Von der Straße eben."


    "Bitte was? Ich schipper über diesen dämlichen Teich nur um Huren zu fangen? Hast du sie noch alle? Oder ist dir der Gestank dieser ewig siechen Stadt zu Kopf gestiegen?"


    Catubodus war nicht weit davon entfernt die Fassung zu verlieren. Neben den Hünenhaften Bewachern, die sich hinter Asellus aufgebaut hatten hielt ihn nur die leise Verdacht, dass Asellus sich wohl doch etwas dabei gedacht hatte als er ihn geholt hatte zurück. Sonst wäre er ihm wohl direkt an den Kragen gegangen. So aber wurde er nur etwas laut.


    "Beruhige dich. Ich bin mir sicher, dass uns da noch mehr Aufträge ins Haus flattern. Auch welche für deine speziellen Fähigkeiten."


    "Na dann ist ja gut. Ich werde mir mal ein Logis suchen. Wir sehen uns morgen um die Details zu besprechen. Und bevor du mir vorschlägst, dass ich hier wohnen kann: du kennst meine Meinung."


    Demit machte Catu auf dem Absatz kehrt und überhörte dabei beinahe das "Dann bis Morgen." von Asellus, das es mit einem Grunzen quittierte. Na hoffentlich hatte er bezüglich der Fäulnisgase und deren Wirkung auf Asellus Geist nicht recht gehabt. Das war doch alles ziemlich wage.
    Na wenigstens hatte ihre Abmachung geklappt. Der Mann, den Asellus geschickt hatte, war nicht zu dämlich gewesen am der falschen Porta zu suchen und hatte sogar den Rückweg gefunden. Wie seine Aussprache so trieften auch Catus Gedanken vor bissiger Ironie. Wenn Asellus nur etwas geschickter wäre, dann würde er seltener verhaftet und müsste nicht halb so oft umziehen. Damit wären seine Unterschlupfe sicherer und Catu müsste sich nun nicht selbst eine Unterkunft suchen. Aber er würde schon etwas finden. Da war er zuversichtlich.

  • Wie angekündigt erschien Catu am folgenden Tag bei Asellus um zu besprechen, was noch zu besprechen war. Zu seinem Erstaunen erkannte man ihn auf Anhieb wieder und an der Art wie die Männer der Bande ihm aus dem Weg gingen erkannte er, das Asellus wohl gestern noch etwas aus den Nähutensilien geplaudert hatte. Ihm konnte es nur recht sein, denn wie er Asellus kannte hatte er wie immer ordentlich aufgeschnitten. Für je gefährlicher sie den kleinen Kelten hielten, desto besser. Man konnte in dieser Gesellschaft nie vorsichtig genug sein. Obwohl es noch lange nicht Mittag war hatte sich Asellus doch tatsächlich dazu bequemt, aufzustehen. Er lag auf einer grellroten Kline und nahm wohl seine erste Mahlzeit des Tages zu sich. Von dem kaum verdünnten Wein ganz zu schweigen. Zwischen den Bissen begrüßte er Catu:


    "Gudn Morgn mein Freund. Du hasch also was gfunden. Schön. Kann ich dir was anbitn?"


    Seine Aussprache wurde ein wenig von dem Brot mit Käse und Oliven verstümmelt, da sich Asellus ständig bemühen musste den Brei nicht aus dem Mund quellen zu lassen. Catubodus war nicht eben von diesem Anblick angetan, und er setzte sich mit einem von Missbilligung verzerrten Gesicht in einen herumstehenden Korbsessel. Da ihm Asellus so etwas ähnliches wie ein kleiner Bruder war musste er sich beherrschen ihn nicht vor seinen unvermeidbaren Beschützern zu maßregeln.


    "Morgen. Ja. Nein danke. Ich hab schon gegessen.
    Aber erzähl, was ist das für ein Kontakt von dem du erzählt hast? Und was gibt es für mich zu tun?"


    Der Anblick wurde zum Glück besser als Asellus mit einem ordentlichen Schluck den Mund leer spülte, ehe er weiter sprach:
    "Der Kerl ist Vigintivir und ist unter anderem für Gefängnisse zuständig. Er hat auch schon ein paar von meinen Jungs vor üblen Strafen gerettet. Hab ihn im Knast kennen gelernt. Er hat mich raus geholt, als ich wegen Erpressung und so einsaß. Das mit den Huren ist unser aktueller Auftrag. Er hat gut für uns verhandelt und es ist schon alles geregelt. Wir müssen nur noch die Frauen schnappen, ausliefern und Schluss. Du sollt dabei auf die Mädels aufpassen, oder vielmehr auf meine Jungs, du verstehst?"


    "Das wird doch hoffentlich nicht alles sein, oder? Was gibt es noch? warum bin ich hier?"


    "Nunja, unser Kontaktmann will weiter aufsteigen und ich habe mal vermutet das er da nicht der einzige sein wird, aber vielleicht können wir da was unternehmen..."


    "Du vermutest also?" Catus Augen wurden schmal und nahmen eine gefährlich kalte Schattierung an. Fast so kalt wie sein Tonfall. "Hat er sich denn in der Sache schon an dich gewendet?"


    Unbekümmert antwortete Asellus, er wusste dass ihm Catu nichts tun würde. Vermutlich zumindest. "Hat er noch nicht, aber vertrau mir, das wird er noch, bestimmt."


    "Bete zu deinen Göttern, dass du recht hast.
    Also was muss ich noch über die lupae-Geschichte wissen?"


    "Der Kunde will vier neue, gut gemischt. Von ner blonden, hellhäutigen bis zu was möglichst dunklem. Vor allen Hübsch müssen sie sein. Du wirst sie aussuchen und mit Titus - den kennst du ja schon - und Murcus hier her bringen. Ich werde sie begutachten und werden wir sie nachts überstellen. Soweit klar?"


    Innerlich stöhnte Catu auf. Es war eine leidige Arbeit, die ihm da ins Haus stand, aber er hatte onehin noch nichts anderes zu tun.


    "Klar. Ich kommen dann heute Abend wieder, dann gehen wir auf Erkundung. Sag den beiden, dass sie bereit sein sollen."


    Nach diesem Gespräch verfielen die beiden in eine lockere Plauderei über alte Zeiten, die Catu irgendwann abbrach um sich auswärts verköstigen zu lassen.

  • Leider dauerte es ein paar Tage bis sie spät abends einer geeigneten jungen Frau habhaft wurden, dafür fiel ihnen eine zweite geradezu in die Hände. Das alles geschah innerhalb einer einzigen Stunde und unweit der insula, weshalb sie die aufziehende Dämmerung genutzt hatten um die Beute zunächst zu Asellus zu bringen. Kaum hatten sie die Insula betreten, als Catu sich vor einer neuen Herausforderung sah. Es begann mit einzelnen Pfiffen und steigerte sich mit anzüglichen Bemerkungen und eindeutigen Gesten. Asellus bezahlte sie doch eigentlich gut genug um ihnen zu ermöglichen ein lupanar aufzusuchen.


    "He Blümchen, lass mich dein Bienchen sein."


    "Hör nicht auf ihn, mein Stachel ist größer."


    "He Titus, lass sie uns doch für ein Weilchen da."


    "Nee is nich."


    "Die haben Stacheln ich habe einen Speer."


    "Pah Speer, ich hab ne Säule."


    "Oder du Murcus, komm schon, ich geb auch nen Wein aus."


    "Wegen mir schon, aber der da hat das Kommando."


    Murcus hatte Catubodus gemeint dem das Gerede reichlich egal war. Aber wie auf's Sichwort sah er sich genötigt einzugreifen. Anmachen durften sie die Frauen, das schüchterte sie wenigstens ein, aber anfassen ging zu weit. "Pfoten weg!" blaffte er den ersten an der dies versuchte. Doch die Hand näherte sich noch immer gefährlich der unteren Körperpartie. Catu sprang vor und schubste den Kerl an die Wand. Schlagartig war es totenstill und neben der eisig-ruhigen Stimme von Catu hätte man eine Ahle hätte fallen hören können. "Ich sagte Pfoten weg." Allerdings war der zudringliche Kerl etwa einen Kopf größer als Catu und nur einen Moment schien sich die Situation zu entspannen. Die Bande Catu nie geprüft und er war in ihren Augen keiner von ihnen. Im Gegenteil. Asellus hatte ihn völlig überflüssigerweise herbeigerufen. Sie waren mindestens so fähig wie er. Für den riesenhaften Silio kam hinzu, dass er sich in seiner Ehre verletzt sah. Dieser kleine Wichtigtuer machte ihm Vorschriften? Dem würde er es zeigen. Nur zu gerne hätte Catu diese Auseinandersetzung vermieden, aber er wusste das es eines Tages dazu kommen musste. Warum also nicht jetzt.
    Silio stürmte mit ausgestreckten Armen auf ihn zu. Meine Güte, Asellus musste seine Kerle dringend besser ausbilden. Da der massige Körper in der Enge des Flures kaum Schwung aufnehmen konnte, Catu allerdings aus dem selben Grund nicht ausweichen konnte blieb ihm nicht viel übrig. Mit einem Schritt zeigte er dem Angreifer die rechte Schulter, ergriff dessen rechtes Handgelenk mit der Linken und zog daran um ihn weiter auf Kurs zu halten. Zeitgleich donnerte er ihm zielgenau den rechten Ellenbogen auf die Nase. Abrupt kam Silio zum Stehen, auch weil sich Catu ihm mit aller Gewalt entgegen stemmte. Blut sickerte aus seiner Nase und erschrocken taumelte er die zwei Schritte an die Wand zurück, wo er anschließend verdattert zusammensank. Er war mehr überrascht als getroffen, das dafür aber gründlich. Catu hingegen knurrte zwischen den geschlossenen Zähnen hervor, während er auf seinen blutbespritzten Ärmel blickte: "Noch wer? Nein? Dann geht aus dem Weg!" Hoffentlich hatte die Lederrüstung die er mal wieder unter der Tunika trug nichts abbekommen. Sie schon wieder zu waschen würde sie sicher nicht besser werden lassen.
    Unbehelligt kamen sie bei Asellus an und noch in der selben Nacht machten sie sich auf den Weg zum lupanar.

  • Ein paar Tage später kamen sie des Morgens von einem weiteren Beutezug zurück. Das verschnürte Bündel das sie mitbrachten verschwand umgehend in einer kleinen Kammer, deren Tür mit einer Klappe versehen war. Es war die "Gefängniszelle" der Bande. Heute war sie jedoch weniger dazu da die Person, die man unter vorgehaltener Waffe von ihren Fesseln befreit hatte einzusperren, sondern vielmehr um Vorfälle wie den vor Kurzem zu verhindern. Um endgültig sicher zu gehen erschien Catubodus nach einem Besuch bei Asellus und löste Titus und Murcus ab. Klappernd stellte er sich den mitgebrachten Hocker vor die Tür und setzte sich. Das würde heute ein unbequemer Tag werden. Aber ein Risiko würde er nicht eingehen. Zu unberechenbar war ihm die Gefolgschaft des Asellus. Die Bande die dieser sich aufgebaut hatte war ein rechter Sauhaufen und sie kam immer weiter herunter. Dieser Auftrag würde der letzte sein, den er in so enger Zusammenarbeit erfüllen würde.

  • In diesem dreckigen Sack wäre ich beinahe draufgegangen. Aufgeregt herumzappeln, mit ´nem Knebel im Mund versuchen zu schreien und dabei auch noch durch die Nase zu atmen, war verdammt schwierig. Ich hatte keinen blassen Schimmer, wo die Drecksäcke mich hinbrachten. Es musste ein Haus oder ein Stall sein. Dann zogen sie mich aus dem Sack und das erste, was ich sah, war ein Messer, das auf mich gerichtet war, bereit, mir die Kehle durchzuschneiden. Meine Augen weiteten sich vor Schreck. Mit solch einem Gesindel hatte ich zu Hause in Augustodunum fast täglich zu tun gehabt, aber hier in Rom, war ich das einfach nicht mehr gewöhnt. Ein Zeichen dafür, wie gut es mir jetzt ging, trotz der Unfreiheit?
    Ich traute mich nicht, auch nur einen Laut von mir zu geben. Die Kerle lösten wenigstens meine Fesseln und dann sperrten sie mich in dieser Kammer ein, in der es kaum Licht gab. Nur durch eine kleine Öffnung kam ein wenig Tageslicht nach innen. In der Tür war eine Klappe, durch die manchmal einer nach mir guckte, besonders dann, wenn ich wie ´ne Irre schrie und fluchte. "Ihr scheiß Mistkerle! Lasst mich sofort hier raus! Das könnt ihr nicht machen!"
    Natürlich fragte ich mich auch, was die mit mir vorhatten. Die sperrten mich doch hier nicht einfach so ein und das war´s dann. Da steckte mehr dahinter. Aber die blöden Kerle grölten nur, je lauter ich schrie und äfften mich nach.
    Irgendwann hörte ich Stimmen vor der Tür, ein kommen und gehen. Wieder begann ich zu schreien und zu klopfen.
    "Lasst mich hier raus! Was wollt ihr denn von mir? Ich will hier raus!"

  • Kaum lehnte Catubodus gemütlich an der Wand als der Lärm, den ihm die beiden anderen angekündigt hatten wieder ertönte. Eine kleine Wildkatze hatten sie sich da eingefangen. Diesen harmloseste Spitzname, den sie erhalten hatte, fand Catu deutlich bestätigt. Es war schon erstaunlich mit welcher Vehemenz sie auf sich aufmerksam machte. Vermutlich wäre es für seine Trommelfelle schonender würde er einfach mit ihr reden. Ehe ihr Toben bleibende Schäden hinterließ, schließlich konnte sie sich auch nen Satz blaue Flecken holen und das würde ihren Wert mindern, von Catus Ohren ganz zu schweigen antwortete er ihr:
    "Sei froh, dass du da drinnen bist, sonst könnten sie bekommen, was sie von dir wollen!"
    Ob ihr das zu Denken geben würde? Oder würde sie eine schlagfertige Antwort parat haben? Alles in Allem hätte sie doch allmählich merken müssen, dass sie ihr Los nicht verbessern konnte, so sehr sie auch mühte. Aber er kannte das. Hätte er vor vielen Jahren nicht sofort eine Lösung gesehen so hätte er wohl damals auch erst einmal getobt. Die Hilflosigkeit eines Gefangenen war ihm durchaus nicht fremd und obwohl er sich darüber so wenig Gedanken wie möglich machte, so würden die Kunden des Celsus diese Wildheit wohl zu schätzen wissen. Er gönnte dem kleinen Ekel auch eine blutige Nase. Dass er sich an dieser "kühlen Blonden" dergleichen holen würde war fast schon gewiss.

  • Draußen vor der Tür war es ruhig geworden. Ich hatte mich also nicht getäuscht! Die beiden Armleuchter, die mich die ganze Zeit bewacht hatten und derbe Sprüche geklopft hatten, waren nicht mehr da. Statt ihrer war ein anderer da, der mit Sicherheit nicht wirklich mehr in der Birne hatte, wie seinebeiden Vorgänger. Oder täuschte ich mich da? Er schenkte sich wenigsten zu Anfang sein unsauberes Vokabular und versuchte mich mit etwas tiefsinnigerem einzuschüchtern. Das war wohl ´ne neue Masche von den Typen!
    "Hä, was? Ey du Penner, wie meinst´n das? Wenn du was von mir willst, dann komm doch, wenn du dich traust!" Ich hatte ja keinen blassen Dunst, was die wirklich von mir wollten! Vielleicht war der ja wirklich so blöd und kam zu mir rein. Mit etwas Glück konnte ich ihn überwältigen und dann abhauen.
    "Außerdem suchen die bestimmt schon nach mir! Wenn ich nämlich nicht zurück komme, wird einer tierisch sauer! Und wenn der erst mal sauer wird, dann könnt ihr Drecksäcke euch warm anziehen!" Ich war mir fast sicher, diese Art von Drohungen würde nicht viel bringen. Aber man konnte es ja mal versuchen. Vielleicht gab es ja dem Kerl die Gelegenheit, mal darüber nachzudenken, was er hier machte.

  • Es würde wohl noch ein wenig dauern bis das Opfer hinter der Tür die Raserei einstellte. Ihm konnte es egal sein. Und den Raum würde er schon gar nicht betreten. Zum einen, da sie sein Gesicht nur geschminkt kannte, und das sollte so bleiben, zum anderen, war er nicht dämlich genug um irgendein Risiko einzugehen. Nicht einmal Callinax wäre so ungeschickt. Der würde sich das später in Celsus Etablissement holen, wenn er wollte. Dann würde es auch weniger blutig ablaufen. Aber er war ja nicht Callinax. Zumindest bis heute Abend nicht.
    "Wie ich das meine? Waren die beiden denn nicht deutlich genug?" Ob er sich nicht traute? So leicht war er durchaus nicht zu reizen. "Was wenn ich aber vorerst von dir will, dass du genau da bleibst wo du bist?" Doch damit nicht genug nun fing sie auch noch an zu drohen. Selbst wenn sie recht hatte, blieb die Drohung ziemlich leer. Wo sollte man sie denn suchen? Hinweise gab es so gut wie keine. Von da her blieb Catu so ruhig wie zuvor. "Na dann warten wir am besten auf wen auch immer und du solltest das auch tun."

  • Mit meinen Fäusten trommelte ich gegen die verschlossene Tür. Meine Hände begannen bereits weh zu tun. Aber der da draußen machte sich nicht die Bohne krumm, um mich rauszuholen. Dummerweise kam er auch nicht rein, was das ganze mit dem Abhauen noch komplizierter machte. Irgendwie stand ich auch auf dem Schlauch, wenn es drum ging, was die eigentlich von mir wollten. Wenn die mir an die Wäsche wollten, hätten die es doch schon längst getan. Dann hätten sie mich auch nicht einsperren müssen, sondern hätten mich wieder laufen lassen oder hätten mir schlimmstenfalls die Kehle durchgeschnitten.
    "Die Typen haben nur blödes Zeug gequatscht und haben sich gegenseitig mit schweinischen Kraftausdrücken aufgestachelt. Eben so, wenn Blödmänner, wie die, auf einem Haufen sitzen." Das war schon immer ein Phänomen gewesen, wenn Kerle mit wenig Hirn unter sich waren. Wenn man sie dann einzeln antraf, waren sie meistens ganz anders. Das konnte man auch gut an dem Typen vor der Tür sehen.
    "Kunststück! Was soll ich den sonst anderes machen, als hier zu bleiben. Durch das Schlüsselloch pass ich ja nun ich!" Wenn ich nur gewusst hätte, auf wen ich warten sollte! Hoffentlich suchte schon jemand nach mir. Ursus war bestimmt verärgert darüber, dass ich nicht zurückgekommen war. Der würde mich nie wieder alleine losziehen lassen!
    Ich hatte aufgehört zu klopfen und zu schreien. Es brachte mir ja doch nichts. Langsam ließ ich mich an der Wand zu Boden gleiten und saß neben der Tür. Es machte mich einfach verrückt, eingesperrt und alleine zu sein. Dass der Kerl vor der Tür saß, war nur ein schwacher Trost. Aber wenigstens war einer da, der mir zuhören könnte und vielleicht auch mit mir sprach. "Wenn ich nicht zurück komme, krieg ich großen Ärger! Mein Herr vermisst mich bestimmt schon. Dabei war er so großzügig, weil er mir erlaubt hat, mir eigenes Geld zu verdienen, damit ich irgendwann aus dieser Scheiße herauskomme und wieder frei sein kann! Ich will wieder nach Hause! Nach Gallien!" Meine Stimme klang jetzt gar nicht mehr laut und gereizt, eher ruhig und verzweifelt.

  • Zu Catubodus Erleichterung stellte die Gefangene alsbald das Toben ein. Allerdings nicht ohne Murcus und Titus aus ihrer Sicht zu charakterisieren. Sie tat ihnen damit vermutlich nicht mal so sehr unrecht. Offembar verstand sie nicht das die Kerle zwar das eine wollten, aber nicht durften. Das war ja nun auch nicht gerade offensichtlich. Catu überlegte ob er sie darüber aufklären sollte und auch über das eigentliche Ziel der Entführung. Er entschied aber dann das das vorerst nicht nötig war und schwieg daher.
    Zwar war für eine Hure Humor nicht gerade zwingend notwendig, aber er musste fast über den nächsten Kommentar schmunzeln, wo doch die Tür mit einem schweren Riegel und nicht mit einem Schloss gesichert war. Weit mehr als der Humor erstaunte ihn allerdings, dass sie ihre Sorgen über die Konsequenzen die die Entfürung für sie haben könnte mit ihm teilte und dass sie augenscheinlich davon ausging bald zu ihrem Herrn zurückzukommen. Keine Frage, sie war eine Sklavin, wie er schon vermutet hatte. Wollte sie etwa an sein Mitleid appellieren? Damit würde sie keinen Erfolg haben. Schon eher damit das sie auch Keltin war, aber sie konnte ja nicht wissen, dass vor der Tür auch ein solcher saß, wenn auch einer aus Galatien. Man hätte seine folgenden Worte als Trost auslegen können, aber wollte vielmehr, dass sie nicht wieder herumbrüllte: "Darüber würde ich mir an deiner Stelle keine Sorgen machen."

  • Jetzt saß ich da, neben der Tür und hätte heulen können. Warum nur, musste mir so was immer passieren? Jedesmal landete ich in der tiefsten Scheiße, egal was ich machte. Als der Kerl vor der Tür sagte, ich müsse mir keine Sorgen machen, sah ich auf. "Wie meinst´n das jetzt? Lässt du mich doch laufen? Hey, komm, lass mich doch gehen und ich verrate dich nicht. Ehrlich, ich versprech´s. Ich sag einfach, ich wollte abhauen, oder so." Vielleicht hatte der ja so was wie ein Gewissen, nicht so wie die anderen blöden Kerle, die vor ihm Wache gehalten hatten.
    Dann hatte ich eine ziemlich abwegige Idee. "Hey, ich hab´s! Du bringst mich zu meinem Herrn zurück und erzählst ihm, du hättest mich gefunden. Dann kannst du richtig gut Kohle absahnen. Das habe ich schon mal gemacht. Der Typ, der mich zurück gebracht hatte, hat einen ordentlichen Batzen bekommen! In meinem Nacken, in meinem Nacken da habe ich eine Tätowierung. Daran sieht man, wem ich gehöre. Dem Kerl, der mir das damals verpasst hat, dem hab ich dann auch eine ganz ordentlich verpasst! Der hatte dann ein schönes blaues Auge." Ich laberte und laberte. Damit konnte ich mich ein bisschen ablenken und hatte nicht mehr so schreckliche Angst.

  • "Ich kann dich nicht laufen lassen." Na ja eigentlich hätte er schon gekonnt. Eine Ausrede für Asellus und die anderen wäre kein Problem gewesen, aber dann hätte er nochmals auf Tour gehen müssen und das bedeutete erneut ein Risiko. Eines das nicht notwendig war, also würde er es nicht eingehen. Nicht ohne triftigen Grund. Mitleid und Gewissen waren in seiner Brache vielleicht Gründe aber gewiss keine triftigen. Zu ihren Ungunsten verspielte sie mit ihrem folgenden Vorschlag jede Sympathie bei Catubodus, denn er lies sich nicht gerne für dumm verkaufen. Es verletzte seine Meinung von sich, dass sie annehmen konnte er würde auf so etwas eingehen.
    "Ja natürlich, Mit ein bisschen Glück glaubt er seiner Sklavin mehr als mir und dann ist es mein Kopf der rollt. Für wie dämlich hältst du mich eigentlich?"
    Er konnte ja verstehen dass sie nach Auswegen suchte, aber die würden sicher nicht über ihn führen. Brummelnd schloss er die Augen. Jetzt würde er erst mal ein bisschen vor sich hin dösen, bevor das Essen kam hatte er ja nichts anderes zu tu.

  • Warum denn nicht? Ich wollte es zu ihm hinaus brüllen. Warum konnte er mich nicht einfach laufen lassen? Das kapierte ich nicht. Mit meinem Vorschlag war ich auch nicht weit gekommen, obwohl ich es doch ernst gemeint hatte. Ich hätte ihn bestimmt nicht verraten und wenn Ursus so richtig sauer gewesen wäre, hätte er mir auch nicht geglaubt, wen ich gesagt hätte, ich sei entführt worden. "Hey, ich will dich nicht reinlegen! Wirklich nicht! Er wird mir nicht glauben! Ehrlich. Dafür hab ich einfach schon zu viel Mist gebaut." Als ich merkte, dass der Kerl sich auf keinerlei Diskussionen mehr einließ, begann ich zu heulen und hämmerte erst noch gegen die Tür und jammerte in einem fort: "Er wird mir nicht glauben, er wird mir nicht glauben!" Irgendwann schluchzte ich nur noch. Alles war ruhig. Der Kerl vor der Tür sprach nicht mehr mit mir und auch sonst drang kein Geräusch von außen zu mir. Ich hatte Zeit zum Nachdenken.
    Dann kam mir die fixe Idee, die mich auch nicht meht los ließ.
    "Ihr werdet mich umbringen! Stimmt´s? Das werdet ihr doch machen, oder? Deswegen habt ihr mich doch gefangen und sperrt mich jetzt hier ein. Gut! Kein Problem! Ich hab keine Angst vor dem Tod. Aber wenn ihr es macht, dann macht schnell, damit es nicht so weh tut."

  • Nur ein leises Schluchzen störte bald noch die Ruhe des Unehrlichen. Nachdem auch dieses verstummt war döste Catu gemütlich vor sich hin und bald darauf erreichten ihn zwei Schüsseln mit Brot, Oliven und Käse. Gerade als er die ebenerdige Freßluke öffnete hatte sie Gefangene eine weitere Spekulation parat. Unbeirrt schob er einen der Teller hindurch ehe er antwortete. "Wäre dein Tod unser Ziel, so hätte er dich bereits ereilt." Da es bald dunkel werden würde entschloss sich Catubodus ihr das Schicksal zu eröffnen, das sie erwartete. "Unser Auftrag ist vielmehr, dich an ein Lupanar zu liefern, zu deinem Glück unversehrt. Müssen wir dich auf dem Weg dorthin fesseln und knebeln, oder wirst du dich zügeln? Und lüg mich nicht an. Es wäre doch zu schade müssten wir dir doch noch eine zweite Futterluke verpassen." Zu schade, weil sie erstens nochmals auf die Jagd gehen müssten und zweitens weil dann die Kunden von Celsus nicht in die Vorzüge ihrer Gesellschaft kommen würden. Nicht zu vergessen ihr Herr, der - sollte er sie wirklich suchen - nur noch einen blutigen Kadaver vorfinden würde.
    Zwar saß Catu vorder Tür, doch er dachte gerade in den Bahnen von Callinax von Lugdunum, in den er sich bald wieder verwandeln würde. Dieser verwendete eben keinen Gedanken daran, dass er womöglich ein Leben zerstörte. Oder zumindest auf Abwege brachte.

  • Mit einem Krachen öffnete sich plötzlich eine Luke am Boden der Tür. Der Kerl, der mich bewachte, schob mir einen Teller mit Brot, Oliven Käse durch. Wer konnte denn jetzt ans Essen denken? Ich nicht, obwohl ich schon eine ganze Weile nichts mehr gegessen hatte.
    Endlich begann mein Bewacher wieder zu mir sprechen. Ich musste ihm ganz schön auf die Nerven gegangen sein, mit meiner Hysterie. Aber er konnte mich beruhigen, glaubte er, indem er mir auf ziemlich gleichgültige Art und Weise sagte, sie würden mich nicht töten wollen. Na dann!
    Kurz darauf kam er endlich mit der Sprache raus, was sie wirklich mit mir vorhatten. Die Gewissheit, was mit mir geschehen sollte, ließ mich aber auch nicht jubeln.
    "In ein Lupanar? Hä, wieso das denn? Was soll ich denn dort?", fragte ich ganz schön naiv. Blöde Frage! Was machte man als Frau schon in einem Lupanar? "Nee, das ist nicht euer ernst! Ich bin keine von denen! Ich bin keine lupa! Jedem der mir zu nahe kommt, kratz ich die Augen aus!" Ich war wieder total durch den Wind, wurde wieder hysterisch und schrie, klopfte gegen die Tür. Der Teller, der noch unberührt am Boden stand, musste auch dran glauben. Ich hob ihn auf und schleuderte ihn mit samt dem Inhalt an die Wand. Der Teller zerschlug in tausend Stücke. Das Brot, der Käse und die Oliven kullerten auf dem Boden herum.
    Ich würde mich niemals freiwillig in so einen Laden schleppen lassen. Niemals! Damit war wohl seine Frage beantwortet.

  • Na schön. Dan würden sie auch bei dieser Lieferung nicht ohne Verpackungsmaterial auskommen. Es war nunmal nicht zu ändern. Ob es wohl auch ein Spesenkonto für zerbrochene Teller gab? Catu konnte es egal sein und wenn die Gefangene nichts aß konnte sie wenigstens keine wertmindernden Blähungen bekommen. Ganz davon zu schweigen, dass sie so weniger Energie haben würde um sich zu wehren. Kurz überlegte er ob er den Becher mit posca der verspätet ankam dem selben Risiko aussetzten sollte wie den Teller und entschied sich dafür. Es war ja bloß ein Becher. Erneut öffnete er die Klappe kurz und das Tongefäß kratzte über den gestampften Boden. "Wenn du schon nicht essen willst dann trink wenigstens was. Der Becher kann nichts dafür." Sie mochte seinem Rat folgen oder nicht, ihm musste es einerlei sein.
    "Titus, Murcus!" Er beschloss, sich schon einmal vorzubereiten und den beiden Schlägern die Bewachung zu überlassen. Als sie angetrabt kamen sagte ihnen sein Blick, dass sie sich keine Schwachheiten leisten durften. Bald darauf erschien er wieder mit der sorgfältig aufgemalten Tätowierung es Callinax um den Wachdienst wieder zu übernehmen.

  • Marcus hatte die Nachricht erhalten, dass es neue Ware gab. Einer der Haussklaven hatte sie ohne groß Fragen zu stellen an ihn weitergeleitet. So waren gute Sklaven eben. Man stellte keine Fragen und nahm die Anweisungen und Wünsche seiner Herrschaften ergeben zur Kenntnis. Nun war es für den jungen Decimer Zeit sich um das Geschäftliche zu kümmern. Zuvor wollte er sich jedoch selbst von der Qualität der Ware überzeugen. Man musste schließlich wissen um was man verhandelte um einen Preis zu bestimmen.


    Eingehüllt in einen dunklen Umhang, der zu dieser Jahreszeit zwar etwas ungewöhnlich war, aber durchaus seinen Zweck erfüllte, traf Marcus spät in der Nacht bei der Insula ein, die Asellus und seine Schergen Unterschlupf bot. Vorsichtig wandte er sich noch einmal in alle Richtungen um zu kontrollieren, das ihm niemand gefolgt war und klopfte dann in einem bestimmten Takt an der schweren Holztüre.

  • Zitat

    Original von Catubodus


    Ich heulte und jammerte vor mich hin. Ein Lupanar! Das war ja noch schlimmer, als alles, was ich erwartet hatte. Selbst damals in Augustodunum, als es meinem Bruder und mir richtig dreckig ging, wäre das wirklich das allerletzte gewesen, was ich gemacht hätte. Mich an ein Lupanar zu verkaufen. Pfui!


    Wie aus heiterem Himmel, ging wieder die Klappe auf. Diesmal stellte mir der Kerl einen Becher hin und ließ noch einen dummen Spruch ab. Dieser Blödmann, diese Mistkerle! Wie konnte ich nur so saublöd sein und auf diese Drecksäcke hereinfallen?! Den Becher hatte ich schon ins Visier genommen. Es fehlte nicht viel und ich hätte ihn dem Teller hinterher geworfen. Aber ich hatte wirklich Durst! Ich nahm den Becher und roch daran. Der Essiggeruch war unverkennbar. Ich trank das Zeug, auch wenn es widerlich schmeckte. Mannomann, wie verweichlicht ich doch geworden war, seitdem ich in Rom war. Nachdem der Durst vorerst gestillt war, bekam ich Hunger. Der Käse und das Brot lagen noch da. Ich musste alles nur aus den Scherben fischen. Das machte ich dann auch und aß.
    Als ich das letzte Stückchen Brot gerade in den Mund gesteckt hatte, kam draußen etwas Bewegung ins Spiel. Ich hörte den Kerl, wie er zwei Namen rief. Titus und Murcus, oder so was. Ich hörte auf zu kauen und versuchte an der Tür zu lauschen, konnte aber nichts weiter hören. Dann schluckte das letzte Brot hinunter und begann wieder zu schreien. "Bitte, lasst mich raus hier! Ich verspreche euch, ihr kriegt jede Menge Kohle, wenn ihr mich laufen lasst!"

  • Kaum hatte Catubodus die Verantwortung an die üblichen Verdächtigen abgetreten, als sich die Gefangene wieder zu Wort meldete. Murcus blickte Titus an und dieser blickte zurück.


    "Was meinst du?"
    "Wie, was mein ich?"
    "Na zu ihrem Vorschlag."
    "Spinnst du?"
    "Wieso?"
    "Weil Asellus uns kalt machen lässt, oder vielmehr sein neuer alter Freund."
    "Ach was. Mit Asellus kann man reden und noch führt er uns."
    "Was soll das heißen?"
    "Was?"
    "Na das 'noch'."
    "Wenn er noch lange so weiter macht säg ich ihn ab."
    "Ach ja?"
    "Ja! Holt er diesen komischen Kerl weiß sonst wo her und der bläst sich hier ungeschoren auf als wär er... Was weiß ich. Das Salär ist schmaler geworden und die Verpflegung eintöniger. Aber Asellus geht's gut."
    "Jetzt aber mal halblang. Und die Kleine bleibt wo sie ist. Basta."
    "Na gut. Maul halten."


    Missmutig schlug Murcus von außen gegen die Tür. Was hatte er sich nur dabei gedacht so offen mit seinem ärgsten Konkurrenten zu reden? Als Catu wieder kam gingen die beiden ihrer Wege, darauf bedacht möglichst viel Luft zwischen einander zu bringen. Catu blickte ihnen unversehens lächelnd hinterher. Solange die beiden einender gegenseitig belauerten würde alles beim Alten bleiben. Er setzte sich wieder auf seinen Hocker und döste ungeachtet welche Geräusche aus der Zelle kommen mochten ins Land der Träume dahin.


    Zitat

    Original von Marcus Decimus Flavus


    Obwohl es tiefste Nacht war, so war doch der Haupteingang wie immer mit einer Wache besetzt, die auf das richtige Zeichen hin stets zuverlässig die Tür öffnete. Die Wache führte den Besucher zunächst zu Asellus und ging dann hinunter Zur Zelle um Catu zu wecken. Denn er schlussfolgerte richtig, das nach der Fleischbeschau das Mädel wie schon die anderen zum lupanar gebracht werden würde. Als dies getan war wollte der Mann wieder an der Tür Stellung beziehen, doch Catu schickte ihn zuvor noch Murcus und Titus wecken.


    Unterdessen empfing Asellus den Gast in seinem Arbeitsraum.


    "Gute Nacht, Flavus. Hast du meine also Nachricht erhalten? Die erste Lieferung müsste noch beglichen werden, dann können wir uns das Mädel anschauen gehen, das wir noch für diese Mistkröte haben."


    Sim-Off:

    Hab zur Beschleunigung hier mal was beendet und mit was anderem zusammengeführt.


    edit: tippex

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