• Ein kurzer Fussmarsch und schon stand ich inmitten eines großen Parks. Die Blätter der Bäume wiegten sich seicht im Wind und der Lärm der Straßen war auch nur noch leicht zu vernehmen.


    Seit meiner Heimreise war dies mein sehnlichster Wunsch. Einfach durch einen Park spazieren und das erlebte Revue passieren lassen.
    Die Sonnenstrahlen bahnten sich ihren Weg durch die Baumkronen, doch im Schutze jener ließ es sich aushalten.


    Zudem war dies ein wunderbarer Ort um Zukunftspläne zu schmieden. Der Hauch der Natur half mir dabei, die ersten klaren Gedanken darüber zu machen. Als kleiner Junge bin ich oft hierher gekommen. Mit dem Nachbarsjungen haben wir hier getobt, doch nach toben war mir eben nicht zumute.

  • Der Wind fuhr über die Flur. Ruchlos blies er Romanas Haar durcheinander. Versuche, ihr sowieso schon von Haus aus wirres Haar mit beiden Händen zu schützen, erwiesen sich als erfolglos. Wäre sie zuhause geblieben, wäre ihr Haar noch in Ordnung, und nicht dem Untergang geweiht.


    Doch der jungen Claudierin war, wenn sie ehrlich sein wollte, der Wind egal. Sie war sehr, sehr gut gelaunt. Rom war genau so schön, wie sie es noch in Erinnerung hatte. Viel hatte sich nicht geändert – ein Kaiser war gegangen, der andere war gekommen, ein paar Häuser wurden niedergerissen, andere aufgebaut. Doch im Grunde war Rom noch immer Rom, und Romana war stolz darauf, nach einer solch großartigen Stadt benannt zu sein. Vor allem, da es so wunderbare Gärten hatte, wie jener, durch den sie nun gerade durchwandelte.


    Ihr fuchsfarbenes Haar wehte ihr nun rund um ihr Gesicht herum, es war aussichtslos, etwas dagegen zu tun. Lieber ging sie in Deckung. Ein Seitenschritt, und schon stand sie hinter einer Mauer, leise aufatmend. So ein Gescher. Sie strich sich die Haare zurecht... was nicht ganz gelingen wollte. Das Höchste der Gefühle war, dass sie es schaffte, ihr Gesicht frei zu bekommen. Sie sollte wirklich mal zum Barbier gehen!


    Nun, da die Haare ihr Gesicht nicht mehr blockierten, sah sie eine Gestalt weiter drüben, zwischen einem Blumenbeet und einigen Bäumen. Das war doch... sie grinste verschmitzt, setzte sich ein bisschen verstohlen in Bewegung und näherte sich ihm sich vorsichtig, bis sie direkt hinter ihm stand.


    „Quintuuuuuus!“, rief sie aus und lachte. „Du auch hier? Bist du am Ende zum Blumenkind mutiert?“

  • Gedankenversunken streifte ich durch die Mutter Natur. Ohne ein bestimmtes Ziel lief ich umher und spielte mit dem Zweig, den ich zwischen meinen Fingern hielt.


    Viel hatte sich getan in Rom seit seiner Abreise. Neue Gebäude waren errichtet worden und Straßen erneuert. Das war dies, was mir bis jetzt auffiel ohne mich direkt in Getümmel gestürzt zu haben.


    Während mein Blick den Himmel absuchte, vernahm ich meinen Namen von direkt hinter mir. Plötzlich aus allen Gedanken gerissen wandte ich mich Blitzartig um. Ich blickte in die Richtung, aus der ich meinen Namen vernahm und blinzelte etwas.


    Ich musste schon zweimal hinsehen, bevor ich das Gesicht zuordnen konnte. "Romana.......?" Entwich es mir aus meinem Mund und ich ging ihr entgegen. "Sag bloß du hast mich sofort erkannt?" Schließlich war es doch schon etwas her, als wir uns das letzte mal begegneten.


    Natürlich musste ich schmunzeln, als mich Romana auf meinen grünen Daumen ansprach. "Nein, nein, keine Sorge. Hier kann ich nur ungestört nachdenken." Antwortete ich und stand schließlich vor Romana. "Das ist ja eine Überraschung." Und mit einer Umarmung begrüßte ich sie. So ungestört war ich ja wohl nicht mehr dachte ich mir und lächelte Romana an.


    Ich warf den Zweig beiseite, der schon etwas deformiert zwischen meinen Fingern wirkte und konnte überhaupt noch nicht glauben, Romana hier zu treffen. "Magst du mich ein Stück begleiten?" Sicherlich haben wir zwei uns viel zu erzählen.

  • Tatsächlich schien sie ihn ein bisschen erschreckt zu haben – was ja auch, ein bisschen, ihre Absicht gewesen war. Ihr Vetter blickte sie an, als ob er aus allen Wolken gefallen wäre. Gerade wollte Romana anfangen, die Beleidigte zu spielen, weil er anscheinend ihr Gesicht vergessen hatte, doch Quintus konnte sich gerade noch rechtzeitig erinnern. „100 Punkte!“, gab sie neckisch zurück und lächelte breit.


    „Natürlich habe ich dich sofort erkannt. Jetzt sag mir mal eines. Wieviele Glatzköpfe in deinem Alter und von deiner Größe rennen in Rom herum?“ Sie legte den Kopf leicht schief. Ja, ein Hang zu einer gewissen Körpergröße war bei den Claudiern schon vorhanden. Und, bei den Männern, zur Glatzköpfigkeit.


    Wobei sie natürlich wusste, dass Lepidus seine Haare rasieren ließ, aus welchen Gründen auch immer. Sie dachte sich immer insgeheim, Haare würden ihm gut stehen. Aber sich Quintus Lepidus ohne Haare vorzustellen war ziemlich unmöglich. Er hatte wohl zu lange in Griechenland gelebt. Ihre Großmutter hatte immer gesagt, die Griechen würden die Kinder Italiens verderben. Obwohl ihre Großmutter natürlich gegenüber den Griechen ein bisschen verbittert war, weil diese jeden einzelnen Krieg gegen die Etrusker, ihren Vorfahren, gewonnen hatten, hatten die Ansichten ihrer Großmutter schon ein bisschen auf sie abgefärbt.


    „Keine Sorge!“, wiederholte sie erstaunt. „Denkst du, ich wäre besorgt, du könntest mir als Gartenfan Konkurrenz machen?“, lächelte sie und erwiderte die Umarmung ihres Vetters. Als sie sich lösten, merkte Romana, dass Quintus irgendwas wegschnippte. Was war dies? Na ja, egal. Viel wichtiger war es, dass sie wieder ihren Vetter traf. „Mich freut es auch, ganz gewaltig!“, meinte sie ganz inbrünstig. „Wie lange ist es her? Keine Ahnung.“, gab sie zu und lächelte beschämt. „Natürlich mag ich dich begleiten. Wohin sollen wir gehen?“ Sie nickte seitlich auf einen Pfad durch den Garten, diese Geste war als Frage gemeint. „Da scheint es ganz nett zu sein. Was denkst du?“

  • Mit ihrer Herzerfrischenden Art brachte Romana Lepidus zum Lachen. Vielleicht hätte Lepidus sie auch nicht erkannt, wenn die beiden aneinander vorbeigelaufen wären. Das hat weniger mit der Sehstärke oder der langen Trennung voneinender zu tun. Vielmehr war er so in Gedanke versunken, das man neben ihm einen Baum hätte fällen können, Lepidus wäre das womöglich nicht im geringsten aufgefallen.
    "Entschuldige Romana, ich war in Gedanken versunken. Ich kam erst gestern in Rom an. Es gibt viel Neues zu sehen." Und damit meinte Lepidus nicht das Grünzeug in dem Park.


    Romana erinnerte sich noch ganz genau an die Macken von Lepidus. So konnte sich Romana ganz und gar nicht vorstellen, das Lepidus in Griechenland ein grüner Daumen gewachsen war.


    Die Umarmung war herzlich und auch Lepidus freute sich, ein bekanntes Gesicht zu sehen und sich ein wenig auszutauschen. Sie schlug den Weg vor, was Lepidus ganz genehm war, schließlich wollte er keine Pflanzen begutachten oder dergleichen. "Ja, ich denke dort lang ist es gut." Und die Richtung wurde gewechselt. "Erzähl doch bitte etwas von dir. Bist du damals nicht auch weg aus Rom?" Irgendwie hatte er dies noch im Hinterkopf, ganz sicher war er aber nicht. "Hast du schon die Villa gesehen, Menecrates lässt alles neu renovieren." Wenn sie schon länger in Rom war, ist diese Frage hinfällig, wenn nicht, würde mir dies Romana sicher gleich sagen.

  • „Das macht gar nichts, Träumer bleibt Träumer!“, lachte Romana zurück, froh, dass sie das herz ihres Vetters mit ein wenig Heiterkeit erfüllen konnte. Es war ein gutes Gefühl, die Welt mit ein wenig Fröhlichkeit zu beglücken.


    „Gestern?“, fragte sie erstaunt. „Da hast du mich gerade verpasst. Ich bin heute am Vormittag angekommen.“ Es war doch seltsam. Da tat sich wochenlang nichts in der Villa Claudia, und mit einem Mal kamen gleich zwei aus fernen Orten an. „Gibt es vieles Neues zu sehen? Nun ja... aber ich meine, du warst viel länger in Griechenland als ich in Mittelitalien. Da hat sich für dich sicher viel mehr verändert.“ Ihre Mutmaßung wurde von einem Schulterzucken untermalt.


    Dass Lepidus sofort mit ihrem Vorschlag einverstanden war, erfüllte Romana nochmals mit einem gewissen Maß an Glück. Im Spaß hackte sie sich bei ihrem Vetter ein. „Dann gehen wir, oder?“, meinte sie und lenkte ihre Schritte zum Weg hin. Zwar war der Pfad gesäumt von Pflanzen von verschiedenster Art, doch Romana zwang sich dazu, sich auf ihren Vetter zu konzentrieren. „Ja, ich bin tatsächlich weggegangen. Nach Clusium, weißt du, zu meinen Großeltern.“ Sicher wusste Lepidus um den alten Manlier und der alten Plautierin Bescheid. „Ich habe mich etwas um sie gekümmert, weil es ihnen so schlecht ging. Es ist wirklich sehr schön dort. Eine wundervolle Flora und Fauna!“, meinte sie lächelnd, wohl wissend, dass ihren Bruder kaum etwas weniger interessieren konnte als „Grünzeug“. Das Lächeln schwand jedoch, als sie nun sagte: „Und dort ist mir dann auch etwas passiert... aber ich sage es dir nur, wenn du mir versprichst, dass du es niemanden weitererzählst!“ Ihre Augen huschten schnell nach links und rechts. „Sonst halten mich alle für verrückt.“ Zumindest die, die es jetzt noch nicht tun, dachte sich Romana und musste kurz lächeln.


    Sie antwortete auf seine letzte Frage. „Ja, das habe ich schon gesehen. Ich denke, sie geht ganz gut voran. Aber ich denke, du kennst deine Base gut genug, um zu wissen, dass ich, was Pflanzen angeht, immer etwas zu mäkeln habe. Den Rest finde ich aber gut! Ich hoffe, die Renovierung ist bald fertig.“

  • Insgeheim hoffte Lepidus natürlich, das die Aussage von Romana bezüglich seiner Gedankenversunkenheit nicht ganz so ernst gemeint war, so deutete Lepidus jedenfalls ihr Lachen.
    "Du bist auch gestern angekommen? Das ist schon witzig, ich nämlich auch. Da haben wir uns wahrscheinlich gerade knapp verfehlt." Denn außer den Sklaven bei den Malerarbeiten war ihm kein Familienmitglied über den Weg gelaufen und außerdem betrat Lepidus die Villa erst am frühen nachmittag, von daher konnten sie sich nur verfehlt haben.


    Über die Veränderungen konnte Lepidus nur staunen. "Oh ja, es hat sich verdammt viel geändert. In Griechenland ist der Informationsfluss nach Rom recht mangelhaft." Auch der Briefkontakt zu einem Jugendfreund war nach kurzer Zeit abgebrochen. Was aus ihm geworden ist, das würde sich sicher in den nächsten Tagen herausstellen.


    Romana hakte sich bei Lepidus unter und ohne ein bestimmtes Ziel streiften wir durch die Grünanlage. "Nach Clusium? Interessant." Ganz hinten in seinen hinteren Gedankengängen erinnerte sich Lepidus vage an die Großeltern von Romana. War es doch schon zu lange her. Doch er meinte sich erinnern zu können, als kleiner junge einmal dort gewesen zu sein, doch zu nebulös waren die Erinnerungen daran. "Eine schöne Flora und Fauna?" Entgegnete Lepidus und kniff ein Auge zusammen. Auch wenn er in diesem Moment mit Romana durch eine für ihre Verhältnisse wunderschöne Flora spazierten, konnte er der Umgebung keine Schönheit abgewinnen. Für ihn war es eben nur grün. Die Ruhe hatten von daher oberste Priorität. "Ich hoffe, nachdem du deine Großeltern nun wieder verlassen hast, freuen sie sich bester Gesundheit" Das war anzunehmen, sonst hätten sich unsere Wege hier sicher nicht gekreuzt.


    Mit ihrer nächsten Aussage machte Romana Lepidus nun doch ein wenig neugierig. Lepidus grinste und nickte zustimmend. "Du kannst dir meiner Verschwiegenheit sicher sein." Meinte er und grinste noch breiter. "Sag schon, was ist dir widerfahren?" Es musste schon etwas hochtrabendes sein, wenn Romana so geheimnisvoll tat und die Meinung anderer mit einbezog.


    Auch die Renovierungsarbeiten in der Villa blieben Romana nicht verborgen, wie auch. doch hatte sie weniger ein Auge für die farbliche Innengestaltung denn der Anordnung der Grünpflanzen und es Hortus was Lepidus ein weiteres mal ein Lächeln auf die Lippen zauberte. "Nun ich hoffe und denke, Menecrates hat ein Cubiculum für mich zur Verfügung, ich plane nämlich längerfristig in Rom zu bleiben." Was Romana vorhatte, darüber würde sicher der weitere Spaziergang Aufschluss geben.

  • Romana hatte ihre Ansage durchaus nicht ernst gemeint. Oder vielleicht doch ein bisschen...? Herausfinden konnte das niemand, nur Romana wusste es.


    „Es scheint mir tatsächlich so!“, entgegnete sie auf den erstaunten Ausruf ihres Vetters. „Ist das lustig. Aber gut, die Villa benötigt es unbedingt, dass ihr wieder neues Leben eingehaucht wird!“, meinte sie in aller Entschlossenheit. Fast hätte sie jedoch ob des Fluches von Quintus verwundert, vielleicht leicht säuerlich dreingeschaut. Doch das wäre hypokritisch gewesen. Sie selbst fluchte hie und da, wenn ihr etwas nicht in den Kram passte, so sehr, dass sich gestandene Männer fürchten konnten. Auf den Mund gefallen war sie also durchaus nicht, da konnte sie es auch ihrem Vetter, welcher ohnehin nichts mit den Göttern zu schaffen hatte, nicht verbieten, nach Herzenslust verbal Dampf abzulassen. Denn dies Essenz seiner Aussage war richtig, Nachrichten von Rom nach Griechenland schienen tatsächlich nur zu tröpfeln statt zu fließen. Da war die Infrastruktur zwischen Rom und Clusium schon um vieles besser. Also nickte sie nur wissend und zustimmend. „Du wirst dich sicher wieder an Rom gewöhnen.“, tröstete sie ihn. „Es ist halt einfach eine Stadt wie keine andere.“


    Ihr Vetter kommentierte in knappen Worten seine Meinung darüber, dass Romana in Clusium gewesen war. Natürlich kannte er ihre Großeltern nur peripher, und sie verübelte es ihm nicht, dass er sich vermutlich kaum mehr an deren Namen erinnern konnte. Vielmehr übel nehmen konnte man Lepidus‘ absolutes Banausentum, was Pflanzen anging. Doch sie merkte, dass das Thema ihrem Vetter unbehaglich war. Sollte es auch sein, dahcte sie sich. Man hat schon recht, wenn man sich schämt, dass man der schönen Mutter Natur nichts abgewinnen kann. Deshalb nickte sie nur knapp, als er ihre Worte echote, und ging stattdessen auf seine zweite Frage ein. „Meinen Großeltern geht es wieder gut, den Göttern sei Dank. Meine Großmutter – Plautia Messalla – hatte eine Grippe, doch die hat sie wirklich gut überstanden. Jetzt geht sie wieder, als ob nie was gewesen wäre. Sie kocht sogar wieder. Und zwar ganz köstlich. Mein Großvater – Gnaues Manlius Longinus – hat noch immer Gicht, doch ist es schon viel besser geworden. Ein Sacerdos Publicus in Clusium hat ihm eine... weiß nicht... Brühe oder so verschrieben. Aber sie wirkt.“, freute sie sich.


    Es war klar, dass ihr Vetter wissen wllte, was ihr widerfahren ist. Und Romana wa nur allzu bereit, es ihm anzuvertrauen. „Vesta ist mir erschienen.“, sagte sie also, nachdem sie sich nochmals umgeblickt hatte. „Vesta! Stell dir vor! Auf einem Feld! Sie hat mir gesagt, ich sollte Vestalin werden! Hier in Rom!“ Sie blickte ihn mit großen Augen an, in welchem fanatischer Gotteswahn das freundliche Funkeln in ihren Augen abgelöst hatte. „Ich werde Vestalin. Morgen werde ich hingehen und vorstellig werden.“, sagte sie voller Überzeugung. „Meinem Vater habe ich schon alles erzählt, und er ist einverstanden.“ Das Feuer in ihren Augen schwand und wurde durch einen ruhigeren Ausdruck ersetzt. „Du glaubst mir doch, dass das echt war... oder?“ Sie erwartete sich nicht im Ernst eine ablehnende Antwort.


    Die Aussage, dass ihr Vetter länger in Rom bleiben würde, veranlasste sie dazu, zu strahlen wie ein Hinigkuchenpferd. „Quintus! Das ist ja wunderbar! Dann willst du sicher eine Karrier starten, oder? Ain der Verwaltung? Als Priester? Oder gar als Senator?“, fragte sie, sie wollte alles wissen. „Wie dem auch sei, du wirst sicher noch einige Veränderungen erleben. Vater hat mir die Gartengestaltung anvertraut. Ich muss jetzt noch irgendeinen Gärtner auftreiben.“, sagte sie.

  • Als ob sich Lepidus an Rom gewöhnen müsste. Insgeheim schmunzelte er. War er es doch, der wieder in die ewige Stadt, in die Stadt der Städte zurückkehren wollte.
    "Rom ist eben Rom und nicht irgendwas." Gab Lepidus zum Besten und seine Augen funkelten.
    Für viele war Rom eine sehr stressige Stadt, doch gerade das mochte Lepidus, da fühlte er sich wohl.


    Die Aussage von Romana über ihre Großeltern kommentierte ich mit einem zufriedenen Lächeln. "Das ist schön zu hören, gibt es doch eine Menge Quacksalber, die nur auf das Geld aus sind und sich einen Dreck um die Gesundheit scheren." Das wiederum waren harsche Worte aber Lepidus sprach aus Erfahrung. Damals war er noch klein und bekam dies nur am Rande mit. Zu heutiger Zeit würde er solch Gesindel achtkantig vom Grundstück jagen. Auf den ersten Blick war ein wahrer Medicus und einer der Quacksalber kaum zu unterscheiden. In Athen hatte sich Lepidus genauer mit der Thematik beschäftigt und deshalb seine derartige Reaktion. "Wenn sich jedoch ein Sacerdos seiner angenommen hat, kann man davon ausgehen, das alles seinen geregelten Ablauf hatte und dessen Arbeit auch Früchte trug."


    Die nächste Aussage, war jedoch sehr abenteuerlich jedoch nicht von der Hand zu weisen. "Vesta....!!!!" Erstaunt blieb Lepidus stehen und blickte Romana an. Solch Weisungen geschehen wahrlich recht selten. Schon der Gedanke mit einer zukünftigen Vestalin zu spazieren und die funkelnden Augen von Romana waren Lepidus schon fast ein wenig unheimlich. "Natürlich glaube ich dir" Antwortete Lepidus ohne einen einzigen Hintergedanken. Die konnte nur eine günstige Weisung der Götter sein.


    Für was ich mich schließlich entscheiden würde, darüber muss das Gespräch mit Menecrates Aufschluss geben. "Ich bin mir noch nicht sicher aber ich denke, der Cursus Honorum wäre ein guter Einstieg." Zuerst musste ich mir aber noch ein paar Kontakte schaffen und alte Freundschaften aufwärmen.
    "Dein Vater hat dir die Obhut über den Garten übertragen? Na wenn da nichts wird, wann dann?!" Ein wenig Sarkasmus war da schon herauszuhören obwohl Romana wirklich ein Händchen dafür hatte, das musste man ihr lassen. "Dann hoffe ich, das du einen geeigneten Gärtner bald finden mögest." Gute Leute standen nicht einfach so an der Straße und warteten darauf abgeholt zu werden. Viele entpuppten sich im nachhinein als Fehlinvestition.

  • Auf seine stolze Ansage bezüglich Rom zuckte Romana nur die Achseln und lächelte leicht. Abzustreiten war das ja nicht. Rom war Rom, eine tautologische Tatsache. Und Lepidus schien sich über jene Tatsache zu freuen, gut für ihn. Nun mochte auch Romana Rom sehr gerne, doch die Enge und Größe der Stadt waren für sie noch ein bisschen ungewohnt. Es war vermutlich sie selber, die sich noch eher wieder an Rom gewöhnen musste, als Quintus.


    Jener war aber sichtlich ebenfalls froh über die bessere Gesundheit von Romanas Großeltern, und stieg dafür gleich wieder in Romanas Wertschätzung empor. Zwar kannte er sie kaum, doch war seine Freude ehrlich. „Quacksalber? Nein, nein, keine Sorge. Solche lasse ich doch nicht an meine Verwandten heran. Sie machen die Krankheit nur noch viel schlimmer und sind oft die Ursache der Krankheit.“ Es schüttelte sie leicht, als ihr diverse Schauergeschichten, die sie gehört hatte, ins Gedächtnis kamen. Da war der eine arme Mann, der hatte sich den Knöchel verstaucht, und nachdem sich ein Pfuscher daran betätigt hatte, musste ihm von einem erfahrenen Heeresarzt der Fuß amputiert werden,w eil jener vom „Wunderdoktor“ heillos zerstört worden war. „Ich vertraue dem Mann, der sich jetzt um sie kümmer. Er ist ein guter und frommer Mensch, für den ich meine Hand ins Feuer legen würde.“, versicherte sie ihm.


    Fast konnte man schon meinen, Lepidus wäre ein bisschen entsetzt von jenem Schuss Fanatismus, der kurz in Romanas Augen aufgeflackert war. Doch wenn, dann ließ er sich nichts anmerken. Auf jeden Fall, und dies freute Romana imständig, kanzelte er ihr Erlebnis nicht als Halluzination und sie selber als Spinnerin ab. Er glaubte ihr. Dies musste am unumstößlichen Götterglauben der claudischen Familie liegen. Oder daran, dass er die Wahrheit in Romanas Augen gesehen hatte. Sie atmete tief ein und meinte dann. „Danke, Quintus. Danke. Dass du mir glaubst, das bedeutet mir... viel.“ Sie war erleichtert, dass ihr Vetter diese Nachricht so aufgenommen hatte.


    Was nun ihr Vetter sagte, veranlasste sie dazu, kurz zu lachen. Sie hielt abrupt inne und hielt sich die Hand vor den Mund, um ein komplettes Losprusten zu verhindern. „Entschuldigung.“, grinste sie. „Aber... du als Senator, als Consul gar? Hmmm. Quintus Claudius Lepidus, Consul der Republik. Das Jahr des Consulats des Claudius Lepidus.“ Sie dachte kurz nach. „Eigentlich klingt das gar nicht schlecht. Überhaupt nicht schlecht. Aber wie willst du das beginnen? Du hast doch gar kein Startkapital. Willst du es nicht vorher vielleicht, sagen wir, in der Kanzlei, oder in der Stadtverwaltung, zu etwas Geld bringen?“ Die Frage kam ihr gar nicht so abwegig vor; viele der derzeitigen Leute im Cursus Honorum hatten eine Karriere als Soldat, Beamter oder Priester, bevor sie in den Senat gingen. Unzweifelhaft half jenen ihre frühere Karriere viel. Aber Quintus musste selber wissen, was er tat.


    Sie blickte kurz auf ihn, als er den Garten erwähnte, und blickte kurz beleidigt drein, bevor sie ihn wieder freundlich und selbstsicher anschaute. „Ich werde das mit dem Garten schon machen. Keine Sorge. Wieso denkst du, ich kann das mit dem Garten nicht hinkriegen? Einen Gärtner werde ich schon finden.“ Sie nickte amüsiert zu ihrem Vetter hin. „Natürlich kann ich das. Selbst du wirst staunen, Vetterlein...“, meinte sie und stocherte ihm leicht scherzhaft mit ihrem Zeigefinger in seine Seite.

  • Die Angelegenheit mit Romana´s Großeltern war von Lepidus mehr so dahergesagt denn eine Feststellung. Kannte er weder die genaueren Umstände noch den Medicus.
    "Ich wollte dich unter keinen Umständen beunruhigen Romana. Doch treibt sich allerhand Gesindel in der Weltgeschichte herum um aus gutgläubigen Menschen ihren Profit zu schlagen." Dies merkte man allerdings erst, wenn sie schon wieder über alle Berge waren.
    Romana schien da auf altbewährte Kräfte zurückgegriffen zu haben. Sie war sich ihrer Sache überaus sicher, deswegen gab es nun von Lepidus´ Seite keine weiteren Schauergeschichten.


    Romana schien nicht nur ein Händchen für die Flora zu besitzen. Auch ihr Umgang mit Menschen nebst ihrer Menschenkenntnis suchten ihresgleichen. Eine Gabe, die mir manchmal etwas fehlte oder im verborgenen schlummerte. War ich doch manchmal recht grob und aufbrausend, wenn es nicht nach meinem Kopf ging. Aber wie gesagt, nicht immer.


    Auch ihrer Begegnung mit Vesta schien auf Romana eine ganz besondere Wirkung hinterlassen zu haben. "Die Götter sind allmächtig." Meinte ich zwar etwas lapidar. Ganz so lapidar wie ich es ausgesprochen hatte war dies wiederum nicht gemeint. Lenkten doch die Götter das Leben jedes einzelnen. Einem waren sie weniger dem anderen mehr gewogen. So wie es aussah, hatte Romana sich die Gunst der Götter auf ihrer Seite. Schon eine weitere Sache, um die man Romana beneiden konnte. Doch war das Wort Neid in der Familie der falsche Ausdruck. "Wieso sollte ich dir nicht glauben Romana?" Auch ich würde noch genügend Opfer bringen müssen, um mir die Gunst der Götter zu erfahren.
    Lepidus nahm Romana in dem Arm und wollte ihr eine Art von Familienzugehörigkeit und Verständnis demonstrieren. "Ich freue mich für dich." Meinte Lepidus und diese Aussage war wirklich ernst gemeint.



    Lepidus´ Aussagen über seine Zukunft schienen Romana in einen Zustand aus unterdrücktem Lachen und Schadenfreude auszulösen. Lepidus zog unbemerkt eine Augenbraue nach oben. Doch sogleich wurde Romana wieder ernsthafter und konnte sich durch ein paar Wortspielchen doch etwas zusammenbasteln. "Das klingt nicht nur nicht schlecht. So wird es kommen, so whr ich Quintus Claudius Lepidus heiße." Meinte Lepidus jetzt schon sehr selbstsicher. "Ich werde mich mit Menecrates besprechen, was er für den richtigen Weg hält. Zwar habe ich schon einige Vorstellungen doch bin ich noch zu kurz in Rom um über alle Abläufe auf dem laufenden zu sein. Er wird mir da sicher behilflich sein. Ich denke, das es in die Richtung Kanzlei geht." Sicher war sich Lepidus bei dem Punkt noch nicht aber der Anfang war gemacht.

  • „Hm, gut gebrüllt, Löwe.“, stimmte sie zu. „Ich denke absolut dasselbe.“ Sie verachtete Leute, die sich am Leiden der anderen bereicherten, und doch nichts dagegen taten. Sie konnte vor Wut platzen, wenn sie darüber nachdachte. Ihr ausgeprägter Sinn für Moral ließ es nicht zu, dass sie diese Scharlatane und ihr Werk gutheißen konnte. Und gerade deshalb wollte sie nicht weiter darüber nachdenken. Bringen würde es eh nichts. Sie war also relativ dankbar dafür, dass ihr Vetter keine zusätzlichen Anekdoten diesbezüglich aus dem Ärmel schüttelte.


    „Das sind sie fürwahr.“, stimmte Romana andächtig zu und wurde eine kleine Spur rot, als ihr Vetter sie, schon fast ein bisschen vorwurfsvoll, fragte, wieso er ihr nciht glauben sollte. Sie schluckte leicht. „Ähmm...“, brachte sie heraus und ließ den Kopf leicht hängen. „Du hast recht. Ich hätte nicht an dir zweifeln sollen. Es tut mir Leid, Quintus.“, entschuldigte sie sich und blickte ein wenig kläglich aus der Wäsche. Dermaßen unkonzentriert, und mit Schuldgefühlen ringend, kam die Umarmung ein wenig überraschend. Doch sie zeigte ihr, dass Lepidus die Sache nicht ganz so tragisch sah wie Romana selber. Erleichtert lachte sie. „Quintus, du bist ein echt guter Kerl, weißt du das?“, fragte sie mit einem leichten Tätscheln auf seine Schultern. Hie und da war er ja ein bisschen ein Klotz, aber niemals zu ihr, und sie schätzte ihn dafür.


    Doch er interpretierte ihre Aussage, was den Senat anging, so, als ob sie ihn auslachen würde. Wieder druckste sie verlegen herum, doch schien Lepidus zufriden zu sein mit ihrem Versuch, sich zu retten vor der Vermutung, dass sie es ihm nicht zutrauen würde. Sie würde es ihm durchaus zutrauen, doch es war sehr unvermutet gekommen. Als es noch en vogue gewesen war für Patrizier, ins Militär zu gehen, wie es ihr Vater getan hatte, hatte sie sich oft gedacht, den Weg würde Quintus Lepidus auch einschlagen. Sie blickte ihn also nur warm und herzlich an. „Wenn das nicht so kommt, mein Guter, fresse ich einen Besen, in Person.“, wettete sie. „Besprich dich mit meinem Vater, er weiß sicherlich, was gut für dich ist.“ Sie war sich darin ganz sicher.


    Über sein sich selber gesetztes Ziel war sie dann doch etwas erstaunt. „Kanzlei? Du als Bürohengst? Hm, lass mich nachdenken.“ Sie hatte ein gutes Gedächtnis, und las ja die Acta. „Da gab es ja kürzlich drei Ernennungen, die Primiceriiposten sind also ausgefüllt. Da müsstest du vielleicht als Notarius anfangen...? Sprich dann vielleicht einfach mit einem Procurator, vielleicht kannst du den überzeugen. Und, ich glaube, irgendwo in der Kanzlei arbeitet ein Vetter von Epicharis‘ Ehemann, ein Flavier. Vielleicht kann dir der helfen? Frag mich aber nicht, wie er heißt.“ Sie zuckte die Achseln.

  • Gemächlich setzte Lepidus einen Fuß vor den anderen und erörterte mit Romana dies und das. Mal etwas heiterer, mal etwas ernster aber immer mit dem guten Gefühl der Vertrautheit. "Ich muss mir erst einmal von dem aktuellen Stand in Rom von deinem Vater berichten lassen. Zu lange war ich nicht in Rom um mir ein richtiges Bild zu machen." Wie es um den Kaiser stand, was sonst so im Senat ein Thema war. Wer gegen wen intrigierte und, und, und.


    Als sich Romana dann noch kleinlaut für ihr zweifeln entschuldigte, kniff Lepidus ein Auge zu und drückte ihren Kopf sanft an seine Schulter. "Es ist schon in Ordnung." Dieser Spaziergang war ein gegenseitiges Necken und herausfordern. Kein Wunder, hatten sich doch die beiden lange nicht mehr gesehen und es war ein gewisses testen zu erkennen aber immer im familiären Rahmen.


    Auch das Lepidus ein ganz netter Kerl sei, konnte sicher nicht jeder mit dem er Umgang hatte meinen. Doch Familie war eben Familie und der manchmal zum Vorschein kommende Klotz wurde weich und Nähe suchend. "Ich finde es schön von dir, das du mich begleitest." Gab Lepidus eine Art von Kompliment zurück, obwohl dieser Versuch noch in den Kinderschuhen steckte. Lepidus tat sich schwer bei dem Verteilen von Komplimenten und Annäherungen in jeglicher Art.


    Die Angelegenheit mit einer Stelle in der Kanzlei war nur erst einmal eine Überlegung, mehr nicht doch auch da konnte Romana schon einen kleinen Überblick schaffen. "Wie gesagt, ich werde als erstes deinen Vater sprechen, was er als bestes erachtet und dann werde ich weitersehen. Aber die Idee mit dem Flavier ist nicht von der Hand zu weisen. Epicharis meinst du....?!" Lepidus sinnierte kurz, ließ es dann aber dabei bewenden. Ehrlich gesagt konnte sich Lepidus zum heutigen Tag auch noch nicht in einer Stelle in einem Officium vorstellen doch dies würde sich auch irgendwie hinbiegen.

  • „Ja, sicher, mach das! Ich meine, mein Vater ist ja in der Mitte des Geschehens... nur weiß ich nicht ganz, ob es ihm auch immer... gut tut...“, meinte sie. Ihre Stimme wurde in der zweiten Hälfte ihres letzten Satzes etwas unsicher, sie brach ab, ohne Lepidus eine Begründung für ihre Meinung zu geben. Obwohl er vermutlich nicht wissen würde, worum es ging, da er so lange nicht in Rom gewesen war. Irgendwie hatte sie Scheu davor, ihre Sorgen um ihren Vater auszubreiten... doch wem sollte sie es sagen, wenn nicht ihrem Vetter? Sie wusste, er würde es nicht weitererzählen.


    Sie fühlte sich auf einmal am Kopf gepackt und zu seiner Schulter hingezogen. Ein ursprünglicher, momentärer Krampf ob der unerwarteten Berührung wich einer vertrauensvollen Entspannung ihrer Halsmuskeln. Quintus wusste es immer wieder, sie mit diversen ganz und gar nicht erwarteten Bewegungen zu überrumpeln. Sie begann zu lachen. „Danke. Und hie und da, muss ich sagen, bist du wiederum ganz und gar unmöglich.“ Das musste auch noch dazugefügt werden. Aber es war klar, dass sie es nicht böse meinte, denn sie zwinkerte ihrem Vetter fröhlich zu, welcher sich nun daran machte, etwas zu erwidern.


    Was dabei herauskam, war irgendwie... nun, für seine Verhältnisse ein wirklich nettes Kompliment. „Das mache ich doch gerne, vor allem mit so einem wie dir.“, entgegnete sie. Obwohl, oder gerade wegen seiner Makel, mochte sie ihren Vetter wirklich, und auch sie genoss es, wieder einen Spaziergang mit ihm zu tätigen. Sie wusste aber auch, dass manch eine Frau, vor allem, wenn sie nicht aus der claudischen Familie stammte, mit ihm nicht so recht etwas anzufangen im Stande wäre. Erst wenn man Lepidus besser kennen lernte, so vermutete sie, würde man erkennen, dass in dem augenscheinlichen Grobian ein weicher, empfindsamer Kerl steckte.


    Lepidus sinnierte über die Kanzlei und seine sonstige Zukunft, und erwähnte den Namen ihrer Schwester, die sie so lange nicht mehr gesehen hatte. „Sie verweilt jetzt außerhalb von Rom. In einer Landvilla, glaube ich. Ich habe keine Ahnung, wo.“ Zumindest hatte sie das gehört, obwohl Informationen, was sie anging, nur noch bruchstückchenweise zu ihr vordrangen. Seitdem sie Mitglied der flavischen Familie geworden war, war ihre Beziehung nicht mehr so eng... was sie schade fand. Überhaupt waren die claudischen Familienmitglieder in der Welt verstreut. Da war ja eine ihrer Tanten in Britannien, und ein anderer in Aegyptus...


    „Sag, Quintus? Du hast wohl keine priesterliche Karriere im Sinn, hm?“, fragte sie. Ein Keim der Hoffnung war in ihrer Stimme, ihn bekehren zu können.

  • Romana bekräftigte mein Vorhaben, doch gegen Ende ihres Satzes kam ein ungewöhnlich besorgter Unterton in das Gespräch. Lepidus stockte kurz und blickte Romana anschließend fragend an. "Was ist mit deinem Vater?" Entweder Romana machte sich nur Gedanken oder es schien doch ernster zu sein.


    "Ganz und gar unmöglich?" Returnierte Lepidus Romana´s Aussage und schmunzelte. Romana wusste eben immer wieder, wie sie Lepidus auf den Boden der Tatsachen zurückzuholen hatte. Bei Lepidus´ Tatendrang manchmal garnicht so schlecht.


    Romana schien Lepidus´ Charakter schon durchschaut zu haben. Nach außen grob und unnachgiebig, nach innen vertraut und einfühlsam. Doch nur die wenigsten und nahestehenden Menschen erfuhren wirklich, wie Lepidus tickte und was wirklich in ihm vorging. "Lass uns da lang gehen." Und Lepidus deutete auf die rechte Seite.


    Abermals kam Romana auf ihre Schwester zu sprechen. Lepidus dachte einen kurzen Moment nach. Verwarf seine Überlegungen aber wieder, da Romana auch nur Bruchstücke ihres Aufenthaltes zu berichten wusste.


    "Eine priesterliche Karriere?" Fragte Lepidus erstaunt zurück. "Du weißt, das die Götter allmächtig sind und ich nach ihren Willen und Forderungen lebe." Doch an einen Gedanken über eine Karriere als Priester hatte ich noch keine Zeit verschwendet. "Sag Romana, auf was willst du hinaus?"
    Vielleicht wäre das auch eine Option, die Lepidus bis dato noch nicht in Betracht gezogen hatte.

  • Und es kam, wie es kommen musste: Lepidus war natürlich sehr neugierig, was ihren Vater anging. Sie blickte ihren Vetter an und seufzte. Wie sollte sie beginnen? „Vater macht mir... in letzter Zeit so einen... schlechten Eindruck. Er war lange krank, weißt du? Deshalb hat er sich auch kaum an der Politik beteiligen können.“ Sie wägte kurz ihren Kopf hin und her, als wäre sie sich nicht sicher über ihre Worte. „Manchmal habe ich das Gefühl, diese ganze Politik hat ihn ausgesaugt. Er hat sein ganzes Herzblut dort hineingesteckt. Zweimal war er Quaestor, das sagt doch alles über den selbstlosen Wunsch meines Vaters, dem Staat dienen zu wollen, aus. Er ist nicht machtgeil. Er hat nur für den Staat dasein wollen, hat geschuftet für ihn.“ Sie blickte zu Boden. „Weißt du, Quintus... ich weiß nicht, ob es ihn gut getan hat. Und dann hat er noch so lange alleine in der Villa gelebt. Wir beide sollten für ihn ein bisschen da sein, denkst du nicht auch? Dann wird es ihm sicher besser gehen.“, schlug sie vor.


    Als ihr Vetter ihre Aussage wiederholte, riss sie das jedoch aus ihren Sorgen. Sie lächelte wieder und nickte ihm zu. „Sei froh, dass du eine ehrliche Base hast, Quintus.“ Ein Augenzwinkern folgte sowie ein eifriges Kopfnicken, als er einen neuen Weg vorschlug. „Klar, machen wir das!“, stimmte sie zu und wandte sich eilig nach links, wo sich ein neuer Weg auftat, gesäumt von einer Pracht von Nelken.


    Sie gingen einige Schritte, während denen Quintus Lepidus über irgendetwas nachzugrübeln schien, bevor sie auf seine Zukunft zu sprechen kamen. Er zeigte sich nicht einmal so abgeneigt – das war ja auch schon ein Fortschritt. Sie machte ein unschuldiges Gesicht. „Ich will auf gar nichts hinaus.“, flötete sie. Dann wechselte ihr Gesichtsausdruck, wurde um einiges ernster. „Ich denke nur, eine Karriere im Cultus Deorum wäre doch was für dich. Ich meine, besonders am oberen Ende ist es interessant. Da kannst du Flamen werden. Was denkst du, wieviel ein Flamen Dialis, der natürlich patrizisch sein muss, verdient? Unmengen! Und das ewige Heil im Elysium wäre dir sicher. Also würdest du dich weltlich und geistlich absichern. Es war nur so eine Idee von mir, aber ich glaube, das könntest du dir auch durch den Kopf gehen lassen.“ Sie zuckte die Achseln. „Aufregender als den ganzen Tag im Officium zu sitzen ist es sicher.“

  • Das waren ganz neue Abgründe, die sich da auftaten. Zugegeben, Frauen haben in solch Beziehungen eine ganz andere Sichtweise und Romana als Tochter schon gar. "Das habe ich nicht gewusst. Ja es stimmt. Manch einer steckt sein ganzes Herzblut in das Imperium um ihm zu dienen und merkt nebenbei nicht einmal, das es einen völlig krank macht. Zu viele Neider und Dinge gegen die man ankämpfen muss, was eigentlich nicht sein muss, wenn jeder so denken würde."
    Die Stimmung von Lepidus war momentan etwas bedrückt doch gleich hatte er schon mehrere Ideen, um dem entgegenzuwirken. "Du kannst dich auf mich verlassen Romana."


    Die Idee, auf die Romana eigentlich nicht hinauswollte klang ganz vielversprechend. "Du hast recht, die Götter auf seiner Seite zu haben kann nie schaden." Dahingehend kannte sich Romana aus. Auf den neuen Pfad eingebogen streifte ich sachte mit der Hand durch die Blumen, die am Wegesrand thronten. "Ich denke, ich werde es mir mal durch den Kopf gehen lassen und abschließend mit deinem Vater darüber sprechen."
    Das mit dem Officium hatte sie schön gesagt, dachte sich Lepidus und grinste.

  • Selbstverständlich nahm ein Neffe den Onkel nicht so wahr wie das Kind den eigenen Vater, und so war das auch hier. Vielleicht irrte sich Romana auch, doch sie selber glaubte es nicht. Sie hatte ihren Vater gesehen, und er war daneben gewesen. Sie hatte es selber nicht wahr haben wollen – doch der energiestrotzende Mann, den sie im Gedächtnis hatte, als sie damals aus Rom weg ging, der war nicht mehr.


    Sie nickte langsam zu Lepidus‘ Worten. Jedes einzelne davon hätte sie unterstreichen können. „Ich sehe, du verstehst, was ich meine. Du weißt, was mich bewegt...“ Sie senkte ihren Blick. „Macht... es ist die Macht, die so viel zerstört im Menschen...“, flüsterte sie geistesabwesend. Schließlich hob sie ihren Kopf wieder, Lepidus anblickend. „Ich danke dir. Ich wusste, ich kann auf die bauen.“ Glücklich war ihr Lächeln. Gut, dass es noch solche wie ihn gibt, dachte sie sich.


    Neugierig blickte sie auf Lepidus‘ Hand, als jener über die Blumen, welche die Straße säumten, fuhr. Hatte er doch ein Interesse zur Natur entwickelt? Oder war dies einfach eine gedankenlose Geste, welche gar nichts zu bedeuten hatte? Vermutlich deutete sie da zuviel hinein. Weitaus mehr interessieren sollten sie die Gedanken von Lepidus bezüglich seiner Zukunft. „Und es eröffnet dir interessante Wege nach oben. Cursus Honorum, sage ich da nur. Viele frühere Consule waren, oder sind, auch Priester.“ Sie blickte unauffällig nach oben und dann wieder zu ihrem Vetter hin. „Ich will dir jetzt nichts diktieren. Überlege es dir einfach.“ Der Vetter und die Base, der Flamen und die Obervestalin... sie wären ein unschlagbares Duo, dachte sie sich. Es würde auf jeden Fall den Anspruch des claudischen Hauses auf einen bedeutsamen Platz in Cultus Deorum unterstreichen.

  • Auch das war ein Punkt, gegen den Lepidus ankämpfen wollte. Es sollte wieder die redliche Arbeit honoriert werden und nicht nur das Beziehungen knüpfen. "Die Korruption ist das, was alles zerstört. Ordentliche Arbeit wird doch kaum noch honoriert. An jeder Ecke stehen Neider die einem an die Wäsche wollen. Das ist es, was alles kaputt macht." Ein wenig nachdenklich trabte nun Lepidus neben Romana her. Das waren Dinge, die ihm schon länger durch den Kopf gingen aber nun durch Romana erst richtig aufgewühlt wurden. Aus den über die Blumen streifende, wurde eine Grashalm herausreißende, so sehr hatte sich Lepidus in dem Moment in diese Situation hineingedacht.


    Lepidus sinnierte abermals über das von Romana eben erwähnte. Einen Einstieg im Cultus Deorum und dann den Cursus Honorum, das wäre keine schlechte Idee. "Das klingt sehr verlockend, was du mir schilderst. Ich denke, ich werde mit deinem Vater darüber sprechen und dann eine Entscheidung treffen aber die Richtung habe ich jetzt so in etwa." Man muss nur mit Romana spazieren gehen, dachte sich Lepidus. Sie inspiriere einen zu neuen Wegen und Taten.


    Auch das von eben noch etwas verfinsterte Gesicht bekam ein paar Züge von einem Lächeln.

  • Sie seufzte. „Ich sage dir, die meisten Menschen sind schlecht. Sie fluchen auf unsere lieben Götter und scheffeln Unsummen, durch eben Korruption und Ausbeutung. Ich bin nur froh, dass wir Leute haben wie den Kaiser, wie Vater, wie dich, die ehrlich sind, gut und einsichtig.“ Sie erwähnte den Kaiser klarerweise, war sie doch eine überzeugte Monarchistin. Die Götter hatten den Kaiser gesandt, ja, er war selber göttlich, er war es, der Rom aufrechterhielt. „Quintus, ich bin sicher, dass du, sobald du in der Politik bist, diese Schmarotzer ausmisten kannst. Sie verderben uns alle. Was Rom braucht, ist ein Mann, der den Boden unter den Füßen noch nicht verloren hat, einer, der ehrlich, aber nicht vulgär ist, der sich nicht mit seinen Errungenschaften über Gebühr brüstet, der weiß, was gut für das Volk ist. Was nicht immer das sein muss, was das Volk will.“ Sie blickte ihn fest an, bevor sie dann lächelte. „Ich weiß es jetzt schon... das Jahr des Consulats des Claudius Lepidus wird ein Schönes werden. Ich freue mich schon drauf, und ich kann das, denn es wird unweigerlich kommen.“, gab sie sich nun überzeugt.


    Es freute sie, dass er wirklich über ihren Vorschlag nachdachte und ihn ernsthaft in Erwägung zog. „Auf jeden Fall! Du als Priester, das hätte was.“, meinte sie. Kurz sah sie eine Art Vision vor sich – Lepidus in feierlichen weißen Gewändern, den Göttern ein Ferkel opfernd. Bevor sie eine zweite sah. Lepidus zusammengekauert über einen Schreibtisch, wegen eines Schreibfehlers zusammengebrüllt von einem Primicerius oder Procurator oder was die Titel alle waren. Nun, er müsste es wissen, sie würde nichts einwenden gegen jeglichen Entschluss, den er fällte. Es stand ihr gar nicht zu, es war ja sein Leben. Obwohl, ein bisschen leiten konnte sie ihn dann schon. Hinter jedem großen Mann stand ja schließlich eine Frau mit einer großen Bratpfanne in ihrer Hand. :D Und wenn nötig, würde sie für Quintus Lepidus selber diese Position einnehmen, dachte sich Romana, ihm zurücklächelnd.

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