DE VITA DIVI IULIANI
Prooemium
Aus dem großartigen Volk der Römer sind nur wenige Geschlechter hervorgegangen, die im Bezug auf Pflichtbewusstsein und Sittlichkeit mit dem der Ulpier gleichzusetzen wären. Diese Familie, deren Ursprünge in der umbrischen Stadt Tuder zu finden sind und die über Hispania einen glorreichen Aufstieg an die Spitze unseres Gemeinwesens vollzogen haben, können mit Fug und Recht als Verkörperung urrömischer Größe angesehen werden. Diese Niederschrift soll nun das Leben und Wirken eines Sprosses der Gens Ulpia beleuchten, der sich nahtlos in die Reihen seiner Vorväter einzureihen vermag.
Bevor ich mich aber dem göttlichen Iulian zuwende, möchte ich den Leser mit einigen Mitgliedern dieses Geschlechts näher bekannt machen, um zu zeigen, in welch große Fußstapfen besagte Person zu treten hatte.
Lucius Ulpius Traianus, Großonkel Iulians und Vater des göttlichen Kaisers Traian, kann als Begründer der ulpianischen Dynastie angesehen werden. Als Gefolgsmann des Flavius Vespasianus war sein Handeln nicht nur stets der Treue zum Kaiserhaus untergeordnet; nein, er verhinderte gar als Legat in Syria einen Angriff der verhassten Parther.
Der Erhebung seines Sohnes Traianus Divus zum Princeps sollte eine Zeit voller Wohlstand und militärischer Siege folgen. Nie war Roms Macht größer, nie sein Ansehen herrlicher als in den Händen dieses tatkräftigen, weisen Mannes. Doch auch die Frauen jenes Geschlechts stehen den Männern in nichts nach. So bezeugt das Verhalten von Traians Schwester Ulpia Traiana, die freiwillig auf den Titel der Augusta verzichtete und diesen erst nach langem Zureden des Princeps annahm, von der Bescheidenheit dieser großen Dame.
Mit dem Wissen um diese ehrenhafte Verwandtschaft wollen wir uns also nun mit Lucius Ulpius Iulianus beschäftigen, einem Mann, der seinen Verwandten an Tugend in nichts nachsteht.