[Archiv] - Kaiserbiographie

  • DE VITA DIVI IULIANI

    Prooemium
    Aus dem großartigen Volk der Römer sind nur wenige Geschlechter hervorgegangen, die im Bezug auf Pflichtbewusstsein und Sittlichkeit mit dem der Ulpier gleichzusetzen wären. Diese Familie, deren Ursprünge in der umbrischen Stadt Tuder zu finden sind und die über Hispania einen glorreichen Aufstieg an die Spitze unseres Gemeinwesens vollzogen haben, können mit Fug und Recht als Verkörperung urrömischer Größe angesehen werden. Diese Niederschrift soll nun das Leben und Wirken eines Sprosses der Gens Ulpia beleuchten, der sich nahtlos in die Reihen seiner Vorväter einzureihen vermag.
    Bevor ich mich aber dem göttlichen Iulian zuwende, möchte ich den Leser mit einigen Mitgliedern dieses Geschlechts näher bekannt machen, um zu zeigen, in welch große Fußstapfen besagte Person zu treten hatte.
    Lucius Ulpius Traianus, Großonkel Iulians und Vater des göttlichen Kaisers Traian, kann als Begründer der ulpianischen Dynastie angesehen werden. Als Gefolgsmann des Flavius Vespasianus war sein Handeln nicht nur stets der Treue zum Kaiserhaus untergeordnet; nein, er verhinderte gar als Legat in Syria einen Angriff der verhassten Parther.
    Der Erhebung seines Sohnes Traianus Divus zum Princeps sollte eine Zeit voller Wohlstand und militärischer Siege folgen. Nie war Roms Macht größer, nie sein Ansehen herrlicher als in den Händen dieses tatkräftigen, weisen Mannes. Doch auch die Frauen jenes Geschlechts stehen den Männern in nichts nach. So bezeugt das Verhalten von Traians Schwester Ulpia Traiana, die freiwillig auf den Titel der Augusta verzichtete und diesen erst nach langem Zureden des Princeps annahm, von der Bescheidenheit dieser großen Dame.


    Mit dem Wissen um diese ehrenhafte Verwandtschaft wollen wir uns also nun mit Lucius Ulpius Iulianus beschäftigen, einem Mann, der seinen Verwandten an Tugend in nichts nachsteht.

  • I.Frühe Phase der Regierungszeit
    Mit Iulians Thronbesteigung am 28. Tag des Monats Juli des Jahres 853 A.U.C. wurde der Monate andauernde Zustand von Gewalt und Gesetzlosigkeit im ganzen Reich beendet. Der neue Princeps machte sich umgehend und voller Tatendrang an die Umsetzung wichtiger Maßnahmen. Zu einer seiner ersten und zugleich einer der wichtigsten gehört unzweifelhaft die Berufung des Claudius Macrinius auf den Posten des Praefectus Praetorio. Dieser tatkräftige Mann, der in all den vorangegangenen, schwierigen Zeiten treu zum ulpischen Hause gestanden hatte, sollte in den folgenden Monaten seiner Aufgabe mehr als gerecht werden. Auch sein unrühmlicher Tod, auf den ich später noch ausführlicher einzugehen gedenke, kann die positive Bilanz der Arbeit des Mannes nicht trüben.
    Mit der Ausarbeitung und Veröffentlichung der Codices, in denen die unterschiedlichen Gesetze gebündelt werden konnten und die zu späterer Zeit mehrfach ergänzt und überarbeitet wurden, sorgte man auch für eine umfassende Überarbeitung des niedergeschriebenen Rechts, was nach all den zurückliegenden Zeiten der Rechts-unsicherheit notwendig geworden war.
    Im September des Jahres 854 ehelichte der Kaiser dann die patrizischem Hause entstammende Iulia Drusilla und führte sie als Augusta Iulia Ulpia Drusilla in sein Haus ein. Sie hatte schon Jahre zuvor die Bekanntschaft Iulians gemacht und nutzte nun diese Tatsache in weiser Voraussicht männlicher Verführbarkeit für sich aus.
    Kurze Zeit später galt es dann, den ersten schweren Schicksalsschlag seiner Regierungszeit zu verkraften: Nachdem der vormalige Prätorianerpräfekt am Morgen eines ungemütlichen Novembertages tot am Tiberufer aufgefunden worden war, stürzte sich noch am gleichen Tag Gaius Ulpius Felix Caesar, der Sohn des Probus und designierter Nachfolger des Kaisers, der erst wenige Wochen zuvor aus Britannia heimgekehrt und mit einem Triumph geehrt worden war, vor den Augen des Senats in sein Schwert.
    Schwer nur sind diese beiden Selbstmorde zu begreifen, doch sprach der Caesar vor seiner Tat von bürokratischer Zersetzung des Militärs und Machtbesessenheit der Augusta, die ihn zu der Tat geführt hätten.
    Felix Tod und eine spätere schwere Krankheit der Augusta offenbarten nun erste kleinere Schwierigkeiten in der Beziehung Iulians und der Kaiserin und ließen den Kaiser zunehmend auf Distanz zu seiner Ehefrau gehen. Dennoch blieb sie für ihn auch in den folgenden Jahren eine treue Unterstützerin und wichtige Ratgeberin.


    Schwer hatte den Princeps der Tod zwei seiner wichtigsten Vertrauten getroffen und dennoch ließ er die Amtsgeschäfte nicht brach liegen. Nach einer umfassenden Heeresreform brach Iulian gegen Ende des Jahres zu einem offiziellen Staatsbesuch in das Königreich Tylus auf. Dieses ferne Land, von jeher dem römischen Gemeinwesen in Freundschaft verbunden, gilt noch heute als wichtiger Umschlagplatz kostbarer Handelswaren und Liebhaber hochwertiger Pferdegespanne.


    Doch während Iulian auf diplomatischer Mission zu Gange war, braute sich in den Provinzen Mauretanien, Hispania und Germania Unheil zusammen.

  • II. Zeit der Bewährungen


    a, Laeca-Aufstand; Unruhen in Hispania und Germania
    An den Kalenden des Februar 855 landete Appius Porcius Laeca mit seinem Heer Aufständischer an der Küste Italias. Dieser schändliche Mann, der wohl auch nicht davor zurück geschreckt hätte, seine eigene Tochter an die Skythen zu verkaufen, hatte als Legatus Legionis in Mauretanien die Soldaten der XXXII. Legio Adiutrix zum Verrat am Kaiser überredet und sich anschließend in Briefen an alle Legaten des Imperiums als Augustus Caesar ausgegeben.
    Nachdem er mithilfe des Tribunen Pilerius Valus den Kommandostab der in Aegypten stationierten Legio XXII. beseitigt und sich neben der Legion auch den Befehl über die Classis Alexandria widerrechtlich angeeignet hatte, ließ er sein aufständisches Heer nach Italia übersetzen.
    Doch der Kaiser hatte vorgesorgt: Innerhalb kurzer Zeit wurde die Legio XIV. unter dem Befehl des Aelius Valerianus sowie die Legio I. unter dem Befehl des Spurius Macer dem Usurpatoren entgegen gesandt. Jenen Valerianus hatte der Princeps unlängst als Caesar Gaius Ulpius Aelianus Valerianus adoptiert und den Mitgliedern seiner Familie Wohnrecht auf dem Palatin gewährt.
    Wenige Tage vor den Iden des März desselben Jahres sollte sich dann in der Schlacht von Picentia das Schicksal der Aufständischen entscheiden. Laecas Truppen wurden zwischen der aus nördlicher Richtung herbeieilenden Legio XIV. und der mit Prätorianerkohorten verstärkten Legio I. aufgerieben, der Großteil der feindlichen Offiziere gefangen genommen. Nur dem Usurpatoren Laeca und einigen seiner Getreuen gelang die Flucht aus Italia.
    Über das weitere Leben dieses Mannes wollen wir nicht weiter berichten, doch soll er im fernen Parthia ein schmähliches Ende gefunden haben.


    Zueben dieser Zeit hatte sich auch in Hispania und Germania Unerwünschtes zugetragen. Bereits im Herbst des Vorjahres waren im Norden der Tarraconensis Unruhen entflammt. Ihren Ausgang nahmen diese in der Stadt Uttarae, als der römische Steuereintreiber Numerius Dossenius von Einheimischen ermordet wurde und wenig später auch Publius Bruccius, ein verdienter Mann senatorischen Ranges, ums Leben kam. Wie ein Lauffeuer weiteten sich die Unruhen nun auf die umliegenden Civitates aus, die Führung der Aufstänischen übernahm ein Iberer namens Sertorius.
    Diesem Barbaren, der so gar nichts mit seinem römischen Namensgeber, dem edlen Quintus, gemein hatte, gelang es, weite Teile der Bevölkerung für seinen Kampf zu gewinnen. Bis zum Beginn des neuen Jahres hatten sich mehr als 30.000 Keltiberer unter seinem Banner versammelt. Seine Grausamkeit wurde besonders nach der Einnahme Numantias deutlich, als er die überlebenden Garnisonssoldaten mit verbundenen Augen aus der Stadt treiben und kreuzigen ließ.
    Als die Legio IX. Schließlich das verlassene Numantia erreichte, hatte sich Sertorius schon wieder zurückgezogen. Mit dem Eintreffen der Legio II. aus Germania sollte sich das Kriegsglück nun aber wenden. Trotz widriger Wetterverhältnisse gelang es den vereinten Streitkräften Roms aus Legio IX., Legio II. und der Ala II. Numidia die Aufständischen zur Entscheidungsschlacht zu zwingen. Trotz großer zahlenmäßiger Unterlegenheit brachte das römische Heer unter dem Befehlshaber Decimus Meridius den Keltiberern eine vernichtenden Niederlage bei, in deren Verlauf auch deren Anführer Sertorius den Tod fand.
    Was nun folgte, ist rasch erzählt. Die Nester des Aufstands wurden wie Uttarae ohne Schwierigkeiten eingenommen und so konnte schon im Mai der Sieg in Rom mit einem Triumph zu Ehren des erfolgreichen Feldherrn Decimus Meridius und seiner unbesiegten Soldaten gefeiert werden. Nur ein kleiner Schatten fiel auf diesen Tag des Triumphes, hatten doch die Soldaten der Legio II. auf Betreiben des Offiziers Hadrianus Subdolus vorzeitig den Zug verlassen. Man erzählte sich, die Männer der zweiten Legion hätten sich bei all den Ehrungen und Beförderungen, die an jenem Tage ausgesprochen wurden, übergangen gefühlt. Wie dem auch sei, der Hadrianer musste als Strafe für seine Anmaßungen seine Degradierung hinnehmen.


    Zu einem späteren Zeitpunkt des Jahres, in dem P. Matinius Agrippa und L. Domitius Longinus das Konsulat bekleideten, wurden die kaiserlichen Truppen auch in Germania einer Bewährungsprobe unterzogen. Ein Mann namens Modorok, von dem die Einen sagen, er entstammte einem Cheruskergeschlecht, die Anderen wiederum, er wäre der Sohn eines Fürsten der Chatten, hatte mit seinen gesammelten Truppen den Limes irgendwo zwischen Abusina und Castra Regina überquert und Rom herausgefordert.
    Doch schnell war der germanische Vorstoß gestoppt. Die Truppen des Traianus Germanicus Sedulus, eines Mannes von großem militärischem Sachverstand, schlugen Modoroks kampfstarke Regimenter im September vernichtend und ließen den Frieden in dem von Aufständen geplagten Land wieder einkehren.



    b, Der Kaiser in Rom – Innere Angelegenheiten
    Um die Ereignisse um die Iden des Dezember 856 herum besser nachvollziehen zu können, ist es sinnvoll, zuvor etwas weiter auszuholen. In der Zeit nach dem Regierungsantritt des Gaius Ulpius Iulianus war ein junger Mann am Kaiserhof erschienen und einige Jahre später wieder spurlos verschwunden. Dieser mysteriöse Mann, der unter dem Namen Gaius Flavius Catus aufwuchs, in Wahrheit aber ein Sohn des Ulpius Minor und somit von kaiserlichem Geblüt gewesen sein soll, hatte nun die stadtbekannte Flavia Messalina Oryxa geehelicht, über deren charakterliche Mängel alle bestens Bescheid wissen. Jedenfalls war dieser Verbindung ein – wie konnte es auch anders sein – junger Mann mit beträchtlichen Charakterschwächen entstanden.
    Wenig drang über das nun Folgende an die Öffentlichkeit, doch scheint es bewiesen zu sein, dass jener dem Kaiser Iulianus entfernt verwandte Jüngling seine Geburtsrechte als vermeintliches Mitglieds des ulpischen Geschlechts einforderte, eine Forderung, die vom Princeps selbstredend zurückgewiesen werden musste. Diese Zurückweisung nahm jener nun zum Anlass, einen Mordanschlag auf den Kaiser zu verüben, der zwar aufgrund der Wachsamkeit der praetorianischen Garde keinerlei Aussicht auf Erfolg hatte, während dessen Ausführung der junge Mann aber angeblich durch die Hand seiner eigenen Mutter Messalina Oryxa zu Tode kam.
    Ob die Flavierin in die Pläne ihres Sohnes eingeweiht war, ist nicht bekannt. In jedem Fall musste sie noch am folgenden Tag den Gang ins Exil antreten.


    Zu Beginn des Jahres 857 war der Prozess gegen die Möchtegern-Republikaner Helvetius Sulla und Pompeius Strabo das bestimmende Thema in der ewigen Stadt. Diese beiden hatten in der Provincia Publica Baetica einen Aufruhr gegen alle Kaisertreuen inszeniert, der aber vor allem durch seine miserable Organisation und mangelhafte Durchführung bekannt bleiben wird.
    Über die Herkunft der beiden Anführer ist wenig bekannt. Helvetius Sulla soll aber bereits in den Bürgerkriegen des Jahres 853 auf Seiten der sogenannten Republikaner gekämpft haben. Jedenfalls gaben beide an, das lasterhafte Verhalten und die schlechte Verwaltung des amtierenden Proconsuls Matinius Agrippa habe den Ausschlag für ihre Pläne gegeben. Der jämmerliche Auftritt des Strabo vor Gericht ließ jedenfalls den schändlichen Charakter dieses Mannes offenbar werden, während sich der Helvetier zumindest im Angesicht seines Todes ein Beispiel nahm an der Größe römischer Heerführer.
    Die aufkommende Kritik, in der Person des Praefectus Praetorio Caecilius Crassus trete Ankläger und Richter in einer Person auf, erscheint unangebracht. Selten war die Schuld eines Angeklagten eindeutiger, selten der Schuldspruch so gerechtfertigt wie in diesem Falle.

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!