Portae Castrae | ANMELDUNG UND POSTABGABE

  • Der Tag war beschissen gewesen, stellte Hadamar fest, als er die Nachtwache antrat – und dem Optio zunickte, als dieser auch schon auftauchte um sie zu kontrollieren. War nicht anders zu nennen. Gab kein anderes Wort dafür. Oder doch, aber Hadamar hatte keine Lust auf eine endlose Litanei an Flüchen in seinem Kopf. Obwohl er dazu allen Grund gehabt hätte...
    Da war Punkt eins: Latrinen putzen. Heute. Er hatte immer noch das Gefühl, dass Gestank nach Scheiße und Urin in seiner Nase hing, mehr noch, dass er sich da festgefressen hatte und gar nicht mehr weggehen würde. Und die Aussicht darauf, dass sich der Centurio für mindestens die nächsten zwei Wochen ähnlich lustige Aufgaben für ihn und sein Contubernium einfallen lassen würde, war nicht wirklich prickelnd.
    Dann gabs Punkt zwei: mittlere Nachtwache. Juhu. Nachdem er in der letzten Nacht schon kaum Schlaf gekriegt hatte – der Grund dafür war recht witzig, nein, eigentlich war er gar nicht witzig, aber das gehörte zu Punkt vier, und er wollte nicht abschweifen, nicht mal in Gedanken –, jedenfalls, nachdem er vergangene Nacht schon kaum Schlaf gekriegt hatte, und an diesem Abend bisher auch noch keinen – gehörte zu Punkt drei, irgendwie –, war er ziemlich müde. Und die Aussicht darauf, dass das noch mindestens zwei Wochen so weiter gehen würde, war... nicht wirklich prickelnd.
    Als nächstes Punkt drei: seine Kameraden. Keiner von denen war begeistert gewesen. Natürlich nicht. Da war die Aussicht auf die nächsten zwei Wochen, die wie war? Richtig. Nicht wirklich prickelnd. Dazu kam die Tatsache, dass der Centurio gesagt hatte, das ganze Contubernium wäre auf Bewährung. Hadamar hatte zwar keine Ahnung, was genau er damit gemeint hatte, oder was den anderen blühte, wenn sie die nächsten zwei Wochen irgendwas versauten – oder besser: wenn er irgendwas versaute –, aber es klang nicht gut. So oder so war klar: er schuldete seinen Jungs eine Menge. Im Grunde schuldete er ihnen so viel, dass er das kaum jemals würde abarbeiten können. Und er würde ihnen noch viel mehr schulden, wenn sie sich in den nächsten zwei Wochen vorbildlich benahmen, denn in erster Linie hing davon seine Beförderung ab. Dass der Centurio sein Contubernium noch mal vom Haken ließ, war möglich, aber Hadamar hegte keinen Zweifel daran, dass er ihm selbst den Rest geben würde, wenn irgendwas war. Wenn er also die kommenden zwei Wochen überstand und danach immer noch Legionär war... und nicht wieder Tiro, oder noch schlimmer: rausgeschmissen, dann wusste Hadamar sehr genau, wem er das zu verdanken haben würde. Also hatte er sich gleich heute Abend daran gemacht, reihum die Rüstungen zu polieren. Von jedem einzelnen. Er wusste nicht, ob manche das nicht sogar erwarteten von ihm – wenn es so war, hatte zumindest keiner was gesagt – aber das war im Grunde auch egal. Er wollte das irgendwie wieder gut machen, dass sie jetzt auch leiden mussten. Die Putzerei allerdings hatte dazu geführt, dass er bis jetzt noch kein Auge zugetan hatte. Und die Aussicht auf die nächsten zwei Wochen? Kennen wir schon.
    Und zu guter Letzt Punkt vier: ihm tat alles weh. Aber auch wirklich alles. Nach der Tracht Prügel, die Fuscus ihm am gestrigen Abend verpasst hatte, nachdem er vorm gesamten Contubernium gestanden hatte was passiert war – was er ihnen eingebrockt hatte! –, hatte den Veteran nichts mehr halten können. Was Hadamar irgendwo ja auch verstehen konnte, immerhin ging es ihm ja nicht nur um die nächsten zwei Wochen, die sie schon irgendwie überstehen würden. Es ging ihm um seine Beförderung... die Hadamar wohl erst mal versaut hatte. Dann noch zu hören, dass er, Hadamar, an gerade diesem Abend zum Legionär befördert worden war und das auch bleiben würde – wenn auch auf Probe –, hatte nicht dazu beigetragen, Fuscus' Laune zu bessern. Und wie beschissen Fuscus' Laune war, hatte er Hadamar spüren lassen. Mit dem Schluss, dass er die Nacht vor Schmerzen kaum hatte schlafen können... und dass ihm auch jetzt noch alles weh tat. Dazu die Aussicht auf die nächsten zwei Wochen...


    Kurzum: ein beschissener Tag hinter ihm. Dreizehn beschissene Tage vor ihm. Und jetzt? Nachtwache. Na super.

  • Auch Corvinus nickte dem Optio kurz zu und stellte sich dann neben Ferox und gähnte herzhaft. Da Ferox gestern seine Rüstung gemacht hatte war ihm mehr Zeit geblieben und er war zusammen mit Mugillanus und Tappulus beim Nachbarcontubernium zum Würfeln gewesen. Was allerdings eine blöde Idee war da er wieder mal verloren hatte und nun absolut auf dem Nullpunkt war was sein Geld anging. Und dabei dauerte es noch fast 2 Monate bis zur nächsten Auszahlung.


    "Morgen putz ich wieder selber sonst steh ich bald nackt da. Verdammtes Würfeln!" sagte er zu Ferox was ein schwacher Versuch war dessen miese Laune aufzubessern.

  • War Hadamar sonst recht leicht aufzumuntern, ging das diesmal nicht so einfach. Er starrte düster vor sich hin. „Nee, lass man“, brummte er. „Ich putz die Dinger die nächsten zwei Wochen. Wenn ihr wegen mir schon Sonderaufgaben machen und die ganze Zeit Mittelwache schieben müsst... ist das Mindeste was ich tun kann.“ Er unterdrückte ein Seufzen und verlagerte das Gewicht – unterdrückte gleich darauf ein Stöhnen, weil gleichzeitig sein Bein und sein Rücken mit Schmerzen gegen die Bewegung protestierten. Wenn er heute Nacht wieder nicht schlafen konnte, weil ihm zu viel weh tat, könnte er ja mal seine Schrammen, Prellungen und blauen Flecken zählen, die Fuscus ihm am gestrigen Abend verpasst hatte... „Aber du kannst was von meinem Sold haben, wenn du magst. Oh, und ein paar Würfeltipps. Vielleicht hilft's ja was.“ Das klang ziemlich trübselig – was ein Hinweis darauf war, wie mies seine Stimmung wirklich war. Würfeln oder die Brettspiele der Soldaten, dafür konnte er sich eigentlich immer begeistern. Aber die Lust auf Quatsch war ihm momentan so ziemlich vergangen.

  • "Neee das bringt ja nix wenn ich deinen Sold auch noch verliere. Ich bleibe lieber bei dem was ich kann und das ist unter anderem Rüstungen polieren. Da kann ich dir ja nochmal ein paar Tips geben", versuchte Corvinus weiterhin Ferox aufzumuntern.


    "Nimm es nicht so schwer. Fuscus ist nicht nachtragend wenn wir die 2 Wochen gut rumbringen ohne weitere Fehler und du in der nächsten Zeit ein bisschen mehr machst dann war es das und keiner wird dir das länger übel nehmen. In einem Contubernium hält man zusammen und hilft sich. Das hast du hoffentlich jetzt verstanden falls du nochmal zu einer Beerdigung musst. Ach ja und wenn du deinen Sold unbedingt loswerden willst kannst ja auf dem Forum hier im Lager was besonderes zu Essen holen und vielleicht ein bisschen was zu trinken. Würde die Stimmung heben wenn es mal was anderes als immer nur Getreidebrei oder Fladen mit Posca gibt."

  • Am Tag hatten sie alle Latrinen im Lager geputzt, jetzt standen sie hier bei der Mittelschicht. Was ich sah freute mich ein wenig, alle waren da, sie waren guter Laune und jeder machte seine Sache bis jetzt gut. Das Gespräch das die beiden führten intressierte mich nicht wirklich. Salve Kameraden, wie ist die Lage.

  • Jetzt musste Hadamar doch grinsen, wenn auch nur flüchtig. Tipps zum Rüstung putzen... „Klar, gern. Kann ich brauchen.“ Corvinus immerhin schien ihm so gar nichts übel zu nehmen... wofür Hadamar wirklich dankbar war. Und er glaubte schon auch, dass sein Kumpel recht hatte und die anderen nicht nachtragend sein würden.
    Das änderte allerdings wenig an seinem schlechten Gewissen. Das hier war das erste Mal, dass jemand anders dafür büßen musste, wenn er etwas angestellt hatte... und das war etwas, was er nie gewollt und auch nie in Kauf genommen hätte. Er selbst? Klar. Das war kein Thema, da jammerte er weder groß rum noch sonst was, wenn er so blöd war sich erwischen zu lassen. Aber andere reinreiten? Ging gar nicht. Jedenfalls nicht, wenn die gar nix davon wussten.


    „Gute-“, begann er gerade zu erwidern, als der Optio zu ihnen trat. Hadamar salutierte, die Schmerzen in seinem Körper verbissen ignorierend. „Salve, Optio. Die Lage ist ruhig. Nichts besonderes los.“

  • „Ehm“, machte Hadamar und deutete ein Achselzucken an, während er nach einer möglichen Antwort suchte. Jammern kam nicht in Frage. Erst recht nicht vor einem Vorgesetzten – er hatte nicht vergessen, dass er nur auf Bewährung Legionär war, und er wollte um jeden Preis verhindern, jetzt einen schlechten Eindruck zu machen. Andererseits: sich hier kreuzfidel zu präsentieren und zu behaupten, alles wäre klasse, war vermutlich auch nicht der richtige Weg. Zum einen war ihm das durchaus anzumerken, dass es ihm eben nicht ganz so gut ging. Und zum anderen... wer wusste schon, ob dann nicht wer auf die Idee kam, er bräuchte noch ein bisschen Prügel, um seine Lektion zu lernen?
    „Passt schon“, murmelte er schließlich nach einer Verzögerung.

  • Mein Blick war immer noch in die ferne gerichtet, als würde ich etwas suchen. Ich hoffe das du nicht nochmal abhaust, du siehst was dabei passiert. Du musst das ausbaden und deine Kameraden. ich sah Ferox kurz an. Wenn du sowas im Kampf machst müssen noch mehr darunter Leiden. Eine ganze Centurie vielleicht. Dein leben liegt in der Hand deines nebenmannes. Und deines in seinen Händen. Vergiss das nicht meine Hand legte sich um den Griff meines Gladius. Ich habe eine kleine aufgabe für dich

  • Hadamar verdrehte die Augen. Eine Moralpredigt war das letzte, was er jetzt gebrauchen konnte. Und dabei konnte er Moralpredigten ohnehin ganz generell nicht ausstehen. Dass seine Kameraden da mit reingezogen wurden, tat ihm ja leid, aber... nun ja. Dann durfte er sich halt beim nächsten Mal nicht erwischen lassen. Vorausgesetzt es gab ein nächstes Mal... Er hatte sich ja nicht einfach so aus Jux und Dollerei rausgeschlichen, sondern weil es wichtig gewesen war – aber das schien hier keiner zu kapieren, deswegen versuchte Hadamar gar nicht erst, es noch mal zu erklären. Und er würde doch erst recht nichts mitten in einem Kampf anstellen! Was dachte der Optio von ihm? Aber das war wie mit seiner Mutter und mit Witjon, die glaubten ja auch, dass er allgemein zu nichts taugte, nur weil er... hin und wieder mal... irgendwelche Regeln brach.


    „Werd ich nicht“, antwortete Hadamar letztlich nur. Natürlich vergaß er das nicht. Genauso wenig wie er vergessen würde, dass sein Contubernium mitbestraft worden war... Er warf einen kurzen Seitenblick auf den Optio, aber der starrte immer noch ins Dunkel hinein. Und sagte nun etwas von einer Aufgabe. Hadamar unterdrückte ein Seufzen und sah selbst wieder geradeaus. „Was für eine, Optio?“ fragte er nach. Blieb ihm ja nicht viel anderes übrig.

  • Ohne aufzusehenfuhr ich fort. Wenn ihr wache habt und ich nicht Anwesend bin hast du die Verantwortung. So konnte ich sehen ob das eine einmallige sache war. Also mach deine Sache gut und der vorfall ist bald geschichte. Mit einer gewissen stränge sah ich Ferox an

  • „Ich?“ machte Hadamar überrascht. Wieso er? War das ein Test? Oder der Versuch ihm zu zeigen, dass ihm trotzdem vertraut wurde, ähnlich wie der Fakt, dass der Centurio die Beförderung – noch – nicht zurückgenommen hatte? Oder eine weitere Spielart, ihm Schwierigkeiten aufzudrücken, weil sein Contubernium sich doch sicher nicht von ihm etwas sagen lassen würde, dem Jüngsten, der gestern noch Tiro gewesen war und ihnen allesamt ziemlichen Ärger eingebrockt hatte... Er musterte den Optio erneut kurz von der Seite – und sah dann wieder nach vorn, als er in dessen Profil nichts finden konnte, keinen Ausdruck, der ihm womöglich Aufschluss hätte geben können über den Grund für diese Anweisung. „Zu Befehl, Optio.“ Würde wohl ganz spannend werden. Mittelwache, zwei Wochen lang, und er trug die Verantwortung. Dabei wusste er gar nicht so genau, was ein Optio so alles machte... oder halt der Dienstälteste. Wenn er Verantwortung trug.

  • Corvinus glotzte für einen kurzen Moment mit großen Augen zwischen Optio und Ferox hin und her als er das gehört hatte.
    `Ferox sollte den Wachhabenden machen... das war ja eher eine Beförderung als eine Bestrafung... wenn das Fuscus hört´ ging es ihm dabei durch den Kopf bevor er sich wieder mit einem Grunzen den Dingen jenseits des Walles zuwandt.

  • Wenn was sein sollte. Was sollte schon sein? Außer dass die anderen auslachen würden, wenn er versuchte ihnen irgendwas zu sagen... oder wahlweise ihm eine Kopfnuss geben oder so. Aber Hadamar sagte nichts davon, sondern nickte nur. „Jawohl, Optio. Ich werde... mein Bestes geben.“ Und dann sah er kurz zu Corvinus und versuchte dessen Blick aufzufangen, um darin zu lesen... was der wohl davon dachte.

  • Nachdem der Optio außer Hörweite war ging Corvinus zu Ferox:
    "Sieh dich bloß vor und komm nicht auf die Idee hier den Vorgesetzten raushängen zu lassen. Das ist doch eine abekartete Sache und die wollen doch nur das Fuscus und die anderen Veteranen einen noch größeren Hals auf dich kriegen."

  • Mit beklommenen Gefühlen, die sich beinahe sekündlich abwechselten, stapfte Sönke durch den Schnee der Stadt. Gegrüßt hatte er niemanden, auch wenn ihm hier und da jemand mehr oder minder freundlich die Hand entgegenhob.. zu konzentriert versuchte Sönke, nicht in die gleiche Aufregung zu verfallen, die ihm schon vor fast mehr als einem Jahr die Verwirklichung seines Traums geraubt hatte. Jetzt zwang man ihn quasi zu einem zweiten Versuch, das kindische Träumen von Heldentum und großen Taten war zwar danach wie weggewischt, allerdings kam Sönke nicht umhin ein wenig der alten Bewunderung zu empfinden als er das Tor des Castellum hinter einer Häuserecke auftauchte.
    Natürlich stürzte das Gefühl augenblicklich danach wieder in grundlose Tiefen, als er die Stelle passierte, an der er sich die Aufregung vor die eigenen Füße ergeben hatte. Und dennoch... die Tatsache, dass er keine Wahl hatte, bisher seines alten Traums beraubt blieb und dies hier schlussendlich irgendwo in ihm als Chance begriff die alte Schande reinzuwaschen... dies ließ ihn wacker jeden weiteren Schritt bis in die Reihe der vor dem Tor wartenden tun.


    "Salvete...", grüßte Sönke daher die Soldaten, als er schließlich an die Reihe kam, "..ich bin Marcus Marius Madarus, und ich will Legionär werden."

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