Cohors V, Centuria I - Stube des Centurios Lucius Quintilius Valerian

  • In Nullkommanix waren sie allein in dem kleinen Raum, in dem Valerian seine Schreibarbeiten erledigte oder auch erledigen ließ. Sein Patron setzte sich, gerade bevor Valerian ihm einen Platz anbieten konnte, was dem Centurio ein leichtes Schmunzeln entlockte. Er wollte mit ihm über seine Karriere sprechen? Und hatte sich dafür sogar hierher bemüht? "Es ehrt mich sehr, daß Du Dir daraüber Gedanken machst und Dich sogar zu mir bemühst, mein Patron." Er selbst hatte sich natürlich auch schon reichlich Gedanken gemacht und sich überlegt, bei Gelegenheit mal wieder seinen Patron deswegen zu belästigen. Nun war er aber erst einmal unglaublich gespannt darauf, was sein Patron für Pläne mit ihm hatte.

  • "Stallius Paulinus hat bald seine Dienstzeit abgeleistet." sagte er. "Dann werde ich jemand neues brauchen der sich um die Speculatores kümmert."
    Und wer wäre da besser geeignet als ein Klient, dem Balbus vertrauen konnte?
    "Es ist vielleicht kein sonderlich großer Karrieresprung, aber es ist eine sehr verantwortungsvolle Aufgabe."
    Er lächelte ganz leicht.
    "Ausserdem möchte ich, dass du bei nächster Gelegenheit das erste Examen an der Academia ablegst."

  • Staunend hörte Valerian mit an, was sein Patron da vorschlug. Er sollte die Speculatores übernehmen? Das war mehr als ein gewaltiger Vertrauensbeweis. An diesem Posten hing sehr viel Verantwortung und er erforderte viel Fingerspitzengefühl. "Das ist in der Tat eine sehr verantwortungsvolle Aufgabe. Und eine sehr interessante dazu. Zwar fällt es mir auch nicht leicht, meine Centuria zu verlassen, aber ich werde mich gerne dieser neuen Aufgabe widmen."


    Auch zu dem zweiten angesprochenen Punkt nickte Valerian. "Das hatte ich ohnehin mit Dir besprechen wollen. Dann werde ich mich also baldmöglichst an der Academia anmelden."

  • "Du wirst deine Centuria nicht verlassen müssen." sagte Balbus. "Es mag zwar so sein, dass der Trecenarius zumeist aus der ersten Cohorte kommt, aber es ist nirgendwo festgeschrieben, dass es so sein muss. Du führst deine Centuria gut und eine so gut funktionierende Einheit werde ich nicht auseinandernehmen, wenn ich nicht muss."
    Das war zumindest seine Meinung und da er das Glück hatte keinen Co-Praefecten zu haben mit dem er sich abstimmen musste, konnte ihm da auch niemand reinreden.

  • "Das ist natürlich noch besser", freute sich Valerian über diese Nachricht. Immerhin bestand nicht nur ein besonderes Vertrauensverhältnis zwischen ihm und seinem Optio, sondern auch zu seinen Männern. Sie waren gut aufeinander eingespielt. "Wie lange bleibt uns denn Stallius Paulinus noch erhalten bleiben? Es wäre doch sicher das beste, wenn er mich einarbeiten würde, solange er noch da ist?"

  • "Er wird noch ein paar Wochen bei uns sein." sagte Balbus und nickte. "Rede mit ihm und lass dir von ihm alles mitteilen, was du für die Aufgabe wissen musst."
    Er nippte an seinem Wasser.
    "Da du dann durch deine neuen Aufgaben etwas stärker gefordert bist, wirst du wohl Eburnus etwas stärker in die Führung der Centuria einbeziehen müssen. Teile ihm das früh genug mit, damit er sich darauf einstellen kann."
    Er überlegte dann noch kurz und fügte hinzu: "Und so sehr du deinen Männern vertraust, weise ich dich schon jetzt darauf hin, dass deine Geheimhaltungspflicht sich auch auf sie erstrecken wird. Ich bin mir im Klaren darüber, dass es manchmal schwierig ist alles für sich zu behalten und man auch mal gerne mit einem Freund darüber reden möchte, aber damit wirst du leider leben müssen."

  • Valerian nickte. "Ja, das bleibt nicht aus, daß mein Optio mich dann mehr entlasten muß. Aber das kann ja für ihn nur gut sein. Immerhin könnte er auch eines Tages Centurio werden und mehr Führungsaufgaben werden ihn darauf gut vorbereiten." Dann sprach der Praefectus ein anderes Thema an, das für Valerian allerdings auch nichts Neues war, auch wenn es jetzt viel stärker in den Vordergrund rücken würde. "Schon jetzt gab es manchmal solche Situationen. Ja, ich weiß, daß ich der Geheimhaltungspflicht unterliege. Dann weit mehr als jetzt. Sicher wird es manchmal schwerfallen. Aber es gibt Dinge, die müssen sein. Dies gehört dazu. Sollte ich je Schwierigkeiten damit haben, werde ich zu Dir kommen."

  • "Gut. Dann wäre das geklärt." sagte er und nickte leicht. "Wenn Stallius Paulinus uns verlässt, werde ich deine Beförderung durchführen."


    Dann schwieg Balbus einen Moment, aber man konnte sehen, dass ihm noch etwas auf dem Herzen lag, doch es dauerte noch einen Moment, bis er weitersprach.


    "Erinnerst du dich an den Tag, als du erfahren hast, dass Iulian in Parthien gefallen ist?"

  • Anscheinend war dies nicht das einzige, was seinen Kommandanten und Patron heute zu ihm geführt hatte. Die Frage erstaunte Valerian dann noch mehr. "Ja, an den Tag kann ich mich sehr gut erinnern. Wir erfuhren ja erst sehr spät davon, Nachrichten kommen eben immer mit Verzögerung in Germanien an."

  • Das Balbus in Confluentes noch später davon erfahren hatte als Valerian in Mogontiacum spielte keine Rolle, denn es waren nur wenige Tage gewesen.
    "Erinnerst du dich auch noch an die Reaktionen in eurer Castra? Gab es Männer, die sich geweigert hatten sich auf Valerian vereidigen zu lassen?"
    Sicherlich waren seine Frage etwas merkwürdig, doch dass sie ihm wichtig waren, hätte selbst ein Blinder erkennen können.

  • Valerian schaute den Praefecten aufmerksam an. Gar so merkwürdig klang diese Frage aus dem Mund des Praetorianerpraefecten nicht, war es doch seine Aufgabe, herauszufinden, wer treu war und wer nich. "Ich war damals noch einfacher Miles, deshalb fehlte mir sicherlich der Gesamtüberblick. Doch mir ist kein Mann in der Secunda bekannt, der Valerian den Treueeid verweigert hätte. Im Gegenteil, wenn wir in der Therme über ihn gesprochen haben, waren alle sehr begeistert. Er ist Soldat gewesen, deshalb nahmen alle an, daß er sich der Männer, die für ihn kämpfen, erinnern würde." Vielleicht wäre es anders gewesen, wenn damals schon bekannt gewesen wäre, wie krank Valerian tatsächlich war.

  • Balbus nickte leicht, als Valerian geendet hatte.
    "Ich war in Confluentes, als die Nachricht die Ala erreichte. Ich musste die Männer informieren und neu vereidigen." sagte er dann nach einem kurzen Moment des Schweigens.
    "Ich habe es natürlich unverzüglich gemacht und es gab unter den Peregrini, die in der Ala dienten, nur wenige, die den neuen Eid verweigerten. Ich denke es waren Männer, die sowieso unzufrieden waren und nur die Gelegenheit ergriffen sich ungestraft aus der Einheit zu entfernen."
    Er seufzte leicht und blickte zum Boden. Sein Blick wanderte langsam über den Boden, als ob er etwas suchte. Dann sprach er weiter.
    "Ich selbst habe den Eid auf Valerian nie geleistet. Ich habe den Männern die Worte des Eides vorgesprochen, aber es war nicht so, dass ich selbst sie für mich aussprach."

  • Ah, dann war Balbus doch zu dem Zeitpunkt in Germania gewesen, Valerian hatte es nicht mehr genau gewußt. Und daß bei der Ala eher Männer gewesen waren, die offen den Eid nicht schworen, konnte sich Valerian auch eher vorstellen als bei der Legion. Wobei auch hier nie ganz klar war, ob wirklich alle den Eid mitgesprochen hatten.


    Bei den nächsten Worten seines Patrons stockte Valerian der Atem. Er hatte nie den Eid auf Valerian geleistet? Seinen erstaunten Blick versuchte er gar nicht erst zu verbergen. Solch offene Worte verlangten auch Offenheit von ihm. Außerdem vertraute er seinem Patron. Und wartete nun einfach ab, was Balbus weiter sagen wollte.

  • Valerian schwieg und bei jedem anderen würde Balbus nun vermuten, dass er ziemlich bald damit rechnen musste selbst in einem Kerker zu landen. Doch er vertraute Valerian und war sich sicher, dass dies nicht passieren würde. Dennoch war das Schweigen des Centurios natürlich ein wenig quälend. Doch auch Balbus steuerte ein wenig Schweigen bei, bevor er nach einem, quälend lang erscheinenden, Moment wieder etwas sagte.


    "Es ist nicht so, dass ich es nicht tun wollte. Zumal ich es eigentlich als meine Pflicht ansah, da es ja nun einmal der letzte Befehl Iulians war, aber dennoch..." Er hob den Blick ein Stückchen. "... ich hatte Valerian vor langer Zeit schonmal kennengelernt und irgendwie hatte ich, als ich vor den Männern stand, nicht das Gefühl, dass ich ihm so ohne weiteres meine Treue schwören konnte."
    Er sprach vollkommen offen und war sich natürlich bewusst, dass diese Worte von einem Praetorianerpraefecten nicht ausgesprochen werden sollten. Aber er tat es dennoch.
    "Und seit ich wieder in Rom bin und ihn hier beobachten konnte und auch all das sehen konnte, was hier so vor sich geht..." Er schwieg wieder, denn er wollte nicht aussprechen, was seine folgenden Gedanken waren.

  • Noch immer wußte Valerian nicht so genau, was er von den Aussagen seines Patrons halten sollte. Bei jedem anderen hätte er nicht länger gezögert und den Mann, der solche Worte sprach, in den Kerker verbracht. Doch er hatte das sichere Gefühl, daß Balbus mit seinen Ausführungen noch nicht ganz fertig war. Doch er fühlte sich trotzdem bemüßigt, nun etwas zu sagen. Nur kam es ihm nicht über die Lippen.


    Unruhig stand er auf, ging im Raum auf und ab, um sich dann doch wieder zu setzen. "Als ich ihn damals das erste Mal von Nahem sah, habe ich mich sehr erschrocken. Eine Zeitlang war ich regelmäßig bei ihm als Wache eingeteilt, da sah ich ihn jeden Tag. Und er sah so entsetzlich krank und geschwächt aus. Ich habe mich so erschrocken, daß ich in den Tempel ging und für ihn opferte. Dies ist Jahre her. Und es geht ihm keinen Deut besser. Ich verstehe nicht..." Er zögerte, weiterzusprechen. "Ich verstehe nicht, warum er nicht auf die Kaiserwürde verzichtet und einen starken, einen gesunden Nachfolger einsetzt. Ich..." Er hatte ohnehin schon leise gesprochen und wurde nun noch leiser. "Ich kann mir einfach nicht vorstellen, daß jemand nach so langer Zeit der kraftzehrenden Krankheit wieder richtig gesund werden kann." War dies nun treulos? "Schon lange kreisen die Geier, die nur darauf warten, die Macht an sich reißen zu können. Wenn Valerian jetzt stirbt..." Es war nichts geregelt, er hatte keinen Nachfolger bestimmt. Und der Sohn war viel zu jung und unbekannt, um die Macht halten zu können.


    Nun war er es, der viel zu viel gesagt hatte. Seine Worte konnten ihn ebenfalls sofort in den Kerker bringen. Zumal er tatsächlich auf Valerian seinen Eid abgelegt hatte.

  • Balbus nickte auf die offenen Worte hin. "Verzichten kann er nicht, denn er ist trotz allem Soldat und gehorcht dem, was Iulianus ihm auftrug." sagte er. "Und abgesehen davon bliebe dann die Frage, wer ihm nachfolgen sollte. Natürlich wäre die logische Wahl sein Sohn, aber das steht glaube ich zur Zeit eher weniger zur Debatte. Und was uns dann droht ist ein offener Konflikt, denn ich glaube nicht, dass Salinator auf die Macht verzichten würde, die er schon angehäuft hat." Er schüttelte leicht den Kopf. Nein, dieser Mann würde die Macht nie wieder freiwillig abgeben und Balbus zweifelte auch daran, dass er dies täte, wenn Valerian es ihm befehlen würde.


    Er seufzte sehr leise.
    "Ich diene Valerian loyal und würde für ihn dem Tod entgegentreten, aber ich glaube, ich würde es nicht aus Treue zu ihm tun. Ich würde es tun, weil es Iulians letzter Befehl an uns alle war und weil ich ihm stets bedingungslos treu ergeben war und es noch immer bin." sagte er. "Auch die Tatsache, dass meine Frau die Nichte Valerians ist und meine Familie Aelius Quarto einiges zu verdanken hat, trägt klar dazu bei, dass ich bis zum bitteren Ende für den Erhalt der ulpischen Dynastie kämpfen würde." Dann senkte er seine Stimme ein ganzes Stück weit. "Aber Valerian selbst ist kein Mann, dem ich die Treue schwören kann. Auch nicht, weil es bedeuten würde mich Salinator gegenüber geschlagen zu geben."

  • Valerian nagte an seiner Lippe. Es wurde nicht besser. "Was ist mit Aelius Quarto? Könnte der Kaiser nicht ihn zu seinem Nachfolger machen? Quarto könnte ja den Sohn des Kaisers adoptieren. Es wäre nicht das erste mal, daß die Nachfolge auf solche Weise geregelt würde. Ein starker Nachfolger würde auch Salinators Macht eindämmen."

  • Balbus überlegte einen kurzen Moment lang, ehe er etwas sagte.
    "Quarto ist politisch stark, die eine Hälfte des Senates würde ihm folgen, die andere würde alles dafür tun, dass er von der Bildfläche verschwindet." sagte er mit einem leichten Kopfschütteln.
    "Aber auch wenn er politisch die Macht halten könnte, so befürchte ich, dass die Truppen ihn nicht akzeptieren würden. Quarto ist ein Politiker durch und durch, aber was das Militärische angeht hat er keine Erfahrung und selbst wenn manche Truppenteile sich hinter ihn stellen würden, würde der Großteil der Armee es sicherlich nicht tun."

  • Damit hatte Balbus zweifellos Recht. Valerian schaute auf seine Hände, da er nicht wußte, wohin er sonst schauen sollte. Denn spätestens ab jetzt wurde das Gespräch ausgesprochen kritisch. "Wen könnte der Kaiser sonst zu seinem Nachfolger bestimmen? Er könnte jederzeit jemanden adoptieren, der ihm geeignet erscheint."

  • Er schüttelte langsam den Kopf und zuckte mit dem Schultern.
    "Ich befürchte im Moment ist der einzige Mann, den der Kaiser für soetwas in Erwägung ziehen würde, der Praefectus Urbi ist." sagte er mit einem Seufzen.
    "Und das ist etwas, was ich nicht erleben möchte."

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