Cubiculum Iunia Serrana

  • Anscheinend war Septima recht fassungslos über diesen fulminanten Auftritt der resoluten Laevina. Auch für Calvena war es recht verwunderlich, zwar hatte sie die letzten Monate mit Laevina unter einem Dach gelebt, aber so etwas hatte sie dann doch noch nicht erlebt. Einmal abgesehen von der Spionage in der persönlichen Korrespondenz. Septima überging die Unhöflichkeit aber mit einem charmanten Lächeln und kaum waren sie allein tauschten sie kurz amüsierte Blicke untereinander. Das würde sicherlich auch in Erinnerung bleiben. In der Zwischenzeit schlüpfte sie erst einmal selbst in ihre eigene tunica recta. „So ist Laevina eben“, meinte sie schlicht und kicherte wieder. Was für ein merkwürdiger Abend.


    „Du kannst es ja versuchen“, grinste sie zu Septimas Kommentar hin, sie wolle den Knoten in ihrem Gürtel extra schwer machen. Doch sie bezweifelte dass er sich von so einem Stück Stoff einfach aufhalten ließ. Wenn es ihm zu dumm wird, dann würde er wohl mit einem Messer dem störrischen Ding zu Leibe rücken. Was sie daran erinnerte auf welche recht dumme Idee sie Beide bereits gekommen waren. Kleidertausch, was alles sich aus einer herumalberei heraus entwickelte war schon recht erstaunlich.


    Mit flinken Finger hatte Septima sich dann ihrer angenommen und ihr den Gürtel um die Hüfte gewunden und mit einem perfekten Knoten versehen. Kurz juckte es ihr selbst in den Finger daran rum zu spielen und zu testen, ob sie in der Lage war, das Ding zu öffnen, ließ es aber dann. Schließlich sollte Valerian diese kleine Aufgabe selbst bewältigen.


    Auf die Frage der Tiberia reichte Quadrata ihnen dann mehrere Becher mit verdünntem Wein. Kurz stießen sie miteinander an und vertieften sich dann in einem kurzen Gespräch ehe sie dann einander eine Gute Nacht wünschten und sich dann zurückzogen. Calvena und Serrana blieben die ganze Nacht gemeinsam und hielten sich gegenseitig wach.


    ~~~~~~


    Irgendwann waren sie wohl doch eingeschlafen, denn am nächsten Morgen weckte Quadrata sie, was ihr einen kurzen Schreck durch die Glieder jagte, sie war nicht an den Anblick der alten Sklavin gewöhnt, zumal sie ja nicht in ihrem Zimmer war und einen Moment brauchte um sich zu orientieren. Bis ihr dann bewusste wurde das HEUTE ihr Hochzeitstag war. Mit einem Schlag war ihre Aufregung und Nervosität zurück.

  • Sie hatte das Gefühl gerade erst eingeschlafen zu sein, da wurde sie bereits wieder aus ihrem recht unruhigen Schlummer geweckt. Es dauerte ein paar Sekunden, bis Serrana registrierte, dass dies keine normaler Tag werden würde sondern DER Tag. Nach endlosen Gesprächen war sie vor wenigen Stunden an ihre Freundin gekuschelt eingeschlafen und setzte sich jetzt schlaftrunken in ihrem Bett auf und fuhr eher unbewusst über den Stoff ihrer Tunica recta, die sich doch deutlich ungewohnter anfühlte als ihr normales Nachtgewand.
    Viel Zeit zum Wachwerden blieb allerdings nicht mehr, denn Quadrata war bereits wieder äusserst aktiv, und machte der nun ebenfalls anwesenden Elissa ein Zeichen, die mitgebrachte Hochzeitslotion in die Haut ihrer Herrin einzumassieren, während sie selbst Hand an Serrana legte. Eigentlich wäre das ja Adulas Aufgabe gewesen, aber die war wie immer froh, sich vor Dingen, die mit Schönheitspflege zu tun hatten, drücken zu können.
    Nachdem dieser Teil erfolgreich absolviert worden war, kamen die Frisuren der beiden Bräute an die Reihe. Quadrata teilte Serranas lange Haare mit dem Lanzeneisen in sechs Strähnen, um diese dann mit wollenen Bändern zusammenzuflechten. Dann reichte sie das Eisen an Elissa weiter, ließ die weit jüngere Sklavin bei ihrer Arbeit jedoch nicht aus den Augen, um im Fall der Fälle eingreifen zu können. Mit einem wachsamen Auge auf Calvenas Frisur bereitete Quadrata nun die Schminke vor. Alle Handgriffe wirkten dabei ruhig und routiniert, immerhin hatte sie dasselbe auch schon bei Serranas Mutter und Großmutter getan. Ob sie auch noch bei der Hochzeit ihrer Tochter dabei sein würde, wagte sie allerdings zu bezweifeln, schließlich waren ihre Herrin und sie ja bereits in einem recht fortgeschrittenen Alter.

  • Einen Moment lang blieb sie einen Augenblick einfach im Bett sitzen und warf Serrana ein etwas nervöses Lächeln zu. Wirklich ausgeruht wirkten sie Beide nicht, aber die Müdigkeit wurde schnell vertrieben, als Quadrata sie recht vehement aus dem Bett vertrieb und dann dafür sorgte, dass die beiden Bräute hergerichtet wurden.
    Während Elissa ihr die Lotion einrieb, blieb sie recht schweigsam, ein wenig schlecht vor Nervosität war ihr schon. Es war, als habe sie Lampenfieber, nur irgendwie intensiver, schließlich ging es hier nicht umeinen Auftritt, sondern um ihre Hochzeit. Ob Valerian schon da war? Seit ein paar Tagen hatte sie ihn nicht gesehen und ihn vermisst. Heute würde sie ihn heiraten, ihr gemeinsames Leben würde beginnen. Sie hatte die Hände in den Schoß gelegt und spielte angespannt mit ihren Fingern indem sie immer wieder ineinander verschränkte und wieder löste. Serrana war etwas blass und war wohl ebenso nervös. Sie versuchte ihr ein Lächeln zu schenken, doch im Augenblick war ihr selbst nicht danach.
    Als nächstes kamen die Haare dran, mit sorgfältigen Bewegungen und bemüht ruhig entwirrte sie die braunen Flechten um sie anschließend dann in sechs Strähnen aufzuteilen und dann mit wollenen Bändern zu umwickeln und dann hochzustecken. Eine ähnliche Frisur trugen auch die Vestalinnen. Fehlte nur noch Schminke und Schmuck.
    „Warte kurz“, sagte sie zu ihrer Leibsklavinn, sprang auf und reichte dann Serrana das unscheinbare Kästchen. „Hier für dich“, sagte sie lächelnd. „Ein kleines Hochzeitsgeschenk“, fügte sie hinzu. Es war ein Schmuckkästchen in dem sich ein paar Ohrringe, eine passende Kette und Armreifen befanden. Sie selbst hatte sich auch neuen Schmuck gekauft, den sie gleich anlegen würde. Kurzerhand drückte sie ihrer Freundin das Kästchen in die Hand, ehe diese Widerworte von sich geben konnte.
    Eine Sklavin steckte den Kopf zur Tür rein: „Die ersten Gäste sind da und auch die Bräutigame!“ erklärte sie nur kurz. Gerade als, sie die Tür wieder hinter sich zu ziehen wollte, erstürmte Sabina kurz den Raum und bettelte darum auch geschminkt zu werden. Quadrata machte eine Griesgrämige Miene, aber Calvena nickte zustimmend. Auf diese Weise ging sie sicher dass ihre kleine Cousine zumindest während Opfer und Zeremonie sich ruhig verhalten würde. Sie überließ es aber Serrana ihr Einverständnis zu geben, damit sich die Beiden ein wenig mehr anfreunden konnten. Nur wenige Minuten später war dann Sabina wieder rausgestürmt, sittlich zufrieden mit sich und gut gelaunt. Calvena zwinkerte Serrana zu. „Ich glaub sie mag dich“, meinte sie lächelnd. „Jedenfalls im Augenblick. Du hast mir gar nicht erzählt, wie das erste Treffen gewesen war?“ fragte sie dann und setzte sich wieder. So langsam wurde es Zeit, dass sie auch fertig wurde. Elissa schminkte ihre Augen mit Kohle, blauer Lidschatten folgte, auf die Wange kam Rouge aus Lackmusflechte und auch die Lippen bekamen einen zarten Rotton. Im allen war es nicht aufdringlich, doch mehr, als das sie die Beiden im Alltag aufgelegt hatten.
    Nun folgte der Schmuck, goldene Ohrringe, dazu eine filigrane Halskette und schöne glänzende Armreifen. Nachdenklich betrachtete sie sich im Kupferspiegel und musste Lächeln. Sie fand sich hübsch, auch wenn das Ganze gleich schon hinter einem flammenem Schleier verborgen werden würde. Elissa zupfte erst einmal ihre safranfarbene pala zurecht, schließlich sollte sie perfekt fallen. Fehlte nur noch der Mythenkranz und der Schleier. Nun spürte sie ihre Nervosität wieder ganz deutlich.

  • Quadrata schnaubte kurz unwillig, als Serrana während des Schminkens kurz die Augen öffnete, als Calvena plötzlich auf sie zu kam und ihr ein kleines Kästchen in die Hand drückte. Neugierig öffnete sie dieses und stieß dann ein entzücktes "Oh, ist das schön" hervor, als sie den feingliedrigen goldenen Schmuck darin entdeckte. Bislang trug Serrana nur den filigranen Armreif, den sie sich an dem Tag gekauft hatte, an dem sie Calvena durch einen Zufall kennengelernt hatte, und der seit dem ein ganz besonderer Talisman geworden war. Wäre sie jetzt aufgestanden, hätte sich Quadrata vermutlich noch mehr geärgert, und da Serrana selbst an ihrem Hochzeitstag so schön wie möglich sein wollte, blieb sie ruhig auf ihrem Stuhl sitzen und strich ihrer Freundin nur kurz über den Arm. "Ich danke dir vielmals, aber ich fürchte, ich hab im Moment gar nichts für dich..." sagte sie aufrichtig betrübt. Natürlich hatten Sedulus und sie ein gemeinsames Hochzeitsgeschenk für Valerian und Calvena besorgt, aber das würden diese erst morgen zu Gesicht bekommen.
    Bevor sie die Augen wieder schließen konnte, stürmte Sabina ins Zimmer und Serrana nickte lächelnd, als die Kleine auch um ein bisschen Schminke bat. Kaum war diese zufrieden wieder zurück ins Atrium gelaufen, da schloss die Iunia die Augen und ließ Quadrata weiter werkeln. Vielleicht war es ganz gut, dass ihre Augen jetzt geschlossen waren, auf diese Weise würde man darin wenigstens nichts von der neuaufkommenden Nervosität erkennen können. Die ersten Gäste waren schon da...,und die Bräutigame auch....., das hieß, Sedulus befand sich auch schon irgendwo da draussen...Bald war es soweit, nur noch wenige Minuten oder maximal Stunden und sie würde seine Ehefrau sein. Da lenkte sie sich doch lieber mit ihrer künftigen Stieftochter ab... "Meinst du wirklich? Das wäre schön. Das Treffen mit Sabina war eigentlich viel angenehmer, als ich am Anfang befürchtet hatte. Hoffentlich bleibt es so..." Serrana seufzte kurz auf, dann spürte sie ein kurzes Tippen auf ihrer Schulter, mit dem Quadrata ihr signalisierte, dass sie mit dem Schminken fertig war. Die alte Leibsklavina prüfte das Gesamtergebnis noch einmal mit einem prüfenden Blick, nickte dann zufrieden und griff dann nach Kranz und Schleier, um diese auf Serranas Haupt zu drapieren. Jetzt war es wirklich so weit...

  • Sie hatte Serrana einfach nur etwas Gutes tun wollen. Auch weil diese es in ihren Augen einfach verdient hatte. Serrana war ihr eine solch liebe Freundin, dass sie ihr alles Glück der Welt wünschte. Außerdem sollte die Iunia ebenso hübsch aussehen an diesem Tag wie sie selbst. Da sie wusste das ihre Freundin nicht allzu viel Schmuck besaß, hatte sie ihr diese kleine Aufmerksamkeit mitgebracht. „Mach dir deswegen keinen Kopf“, winkte sie ab und hielt noch kurz still während Elissa letzte Hand an sie legte. „Sieh es noch als kleines Geburtstagsgeschenk an“, zwinkerte sie ihr zu. Das war es eigentlich auch, denn sie hatte den Schmuck schon etwas früher besorgt, aber bis zum heutigen Tag gewartet um es ihr zu überreichen. Ein letzter prüfender Blick, dann verschwand ihr Gesicht hinter dem roten, fast durchsichtigen Schleier aus fein gesponnener Seide. Ganz sacht rückte ihre Sklavin dann auch noch den Kranz zurecht. Jeder Kranz war individuell für die Bräute gemacht worden. Calvenas war nicht nur aus immergrünen Zweigen, sondern auch aus roten und gelben Blumen. Nun wurde sie doch wieder nervös. Mit einem leichten Schubs, trat sie dann hinaus in den Gang, gefolgt von Serrana.

  • Aus dem Atrium kommend, setzte sich Serrana, nachdem sie sorgfältig die Tür des Zimmers hinter sich geschlossen hatte, auf die Kante des Bettes, in dem sie so viele Nächte verbracht hatte. Der kleine Raum wirkte seltsam kahl und verlassen ohne all die persönlichen Dinge, die sich seit ihrer Ankunft in Rom dort angesammelt hatten und die sich schon längst in der Casa Germanica befanden. Serrana starrte die leere Wand vor sich an und fragte sich, ob es ihr besser gehen würde, wenn sie Romanas Vorschlag nicht zugestimmt hätte. Die erhoffte Erleichterung und Beruhigung war trotz der durchweg positiven Worte aus dem Mund der Vestalin nicht eingetreten, stattdessen hatte die unterschwellige Angst in ihrem Inneren eine neue Qualität erreicht und schien allmählich mit bösartiger Kälte in jede einzelne Zelle ihres Körpers zu kriechen. Irgendwann entfuhr Serrana ein trockenes Schluchzen und dann bahnte sich in der Abgeschiedenheit des kleinen Raumes das schon seit längerer Zeit immer wieder neu aufgestaute Entsetzen seine Weg nach draußen und sie begann unkontrolliert zu weinen, während sie sich, die Arme um den Leib geschlungen, auf der Bettkante hin- und herwiegte. Die iunischen Sklaven waren nur wenige Räume entfernt damit beschäftigt, die blutigen Spuren der Leberschau aus dem Atrium zu tilgen, und trotzdem hatte sich Serrana noch nie in ihrem Leben derart allein und absolut hilflos gefühlt. Nachdem der Wall endgültig durchbrochen war, zogen immer neue und sich gegenseitig bedingende Schreckensszenarien an ihrem inneren Auge vorbei: die gerade erst begonnene glückliche Beziehung zu ihrem Mann, die so schnell wieder schon wieder vorbei sein, die engsten Freundinnen, die sie vielleicht nie wieder sehen würde, und all die vielen Dinge, die sie für ihr späteres Leben immer als selbstverständlich vorausgesetzt hatte und die sie jetzt vielleicht niemals würde erleben können. Und dann war da auch noch das Kind, dessen Existenz heute zum ersten Mal offiziell bestätigt worden war…In Serranas Angst und Hilflosigkeit mischte sich jetzt auch in zunehmenden Maße die Wut über die Ungerechtigkeit des Schicksals, das ihr für kurze Zeit all die schönen und reizvollen Möglichkeiten für die Zukunft entgegengehalten hatte, nur um sie ihr jetzt bereits wieder zu entziehen. Sie schluchzte weiter, trommelte mit den zu Fäusten geballen Händen auf das Bett neben sich und auf die eigenen Oberschenkel und stieß immer wieder unzusammenhängende Fragen und Verwünschungen hervor, auf die ihr ohnehin niemand eine Antwort würde geben können. Irgendwann brachte ihr Körper keine weiteren Tränen mehr hervor, und das Dröhnen in ihrem Kopf wurde so stark, dass es alle weiteren Gedanken übertönte. Serrana rollte sich auf dem Bett wie ein Kind zusammen, schlang die Arme um ihre Knie, und es dauerte noch sehr lange, bis sie wieder in der Lage war, sich zu erheben und Adula nach einer Schüssel Wasser zu schicken, damit sich die Sklaven bei dem Anblick ihrer völlig zugeschwollenen Augen nicht zu Tode erschreckten. Wirklich klar denken konnte sie immer noch nicht, aber immerhin reichte die Energie bereits wieder für die ersten, wenn auch noch unausgereiften Entscheidungen. Serrana atmete ein paar mal tief ein und aus und verließ dann mit noch recht wackligen Knien das Zimmer. Ein Schritt nach dem anderen, ohne nach rechts und links zu schauen, so würde sie die Dinge von jetzt an angehen.

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