Omnia mea mecum porto - Was man ist, das ist man [Zweiter Teil]


  • Händler priesen mit lauten Stimmen ihre Waren an, Sklaven schleppten Dinge umher und Frauen aus den höheren Kreisen betrachteten mit kritischem Blick Stoffe und Schmuck. „Nun ich denke, dass man mir die freie Wahl lässt liegt auch daran, dass ich eine recht komplizierte Vergangenheit habe!“ gestand sie ihr vorsichtig. Sie mochte Romana, doch fürchtete sie sich davor, ihre Geheimnisse preis zu geben.
    Auch wenn Romana es ein wenig peinlich war, das Calvena sie bewunderte. Aber so war es, denn sie selbst hatte noch kein Ziel vor Augen.


    Sie erreichten den ersten Stand. „Sieh nur, all diese Farben!“ sagte sie begeistert. „Dir würde dieses grün wunderbar stehen!“ meinte sie und hielt ihr eine Tunika aus einem hellen Sommergrün hin.



    Sim-Off:

    Reserviert

  • Während zuerst Romana Calvena anzuführen schien, war es nun Calvena, die das Tempo vorgab. Der Weg zum markt war nicht mehr lang, bald kamen die beiden jungen Frauen dort an. Der Markt war schön und farbenfroh wie immer, und natürlich zog es die beiden, schneller als sie denken konnten, in den Kleiderbazar. Romana war wie benommen von der Gröse und der Pracht des Marktes. Sie liebte ihn, ganz heiß und innig. „Komplizierte Vergangenheit?“, fragte sie Calvena verblüfft? „Wie soll ich denn das verstehen?“, fragte sie aber, als Calvena was sagte, was sie halb mitbekam. „Was ist denn diene Vergangenheit? Ich verstehe natürlich, wenn du es mir nicht mitteilen willst.“, beschwichtigte sie. Aber sie dachte auch, dass sie, wenn sie gute Freundinnen werden wollten, keine Geheimnisse in der Richtung haben sllten. Wenn Calvena bereit wäre ihre Geschichte zu erzählen, würde Romana auch ihr Erlebnis in Clusium erzählen. Das war sie ihr schuldig.


    Nun standen die beiden aber erstmal vor einem Kleidungsstand, und Romana fühlte, wie ihr ein Kleidungsstück in die Hände gedrückt würde. Es war grün. Blassgrün. Sie starrte die Tunika an, als ob sie aus einem Traum kommen würde. „Eine hellgrüne Tunika...“, murmelte sie vor sich hin, ganz so, als könne sie es nicht fassen. Dann ließ sie den Stoff sinken. Ein Lächeln war auf ihren Lippen, wie so oft.


    „Mir gefällt dies. Sag, Händler, was ist dein Preis dafür?“, fragte sie den Händler. Es wa klar, dass sie versuchen würde, den Preis zu drücken, so weit es ging.

  • Seite an Seite schlenderten sie umher und Calvena betrachtete Romana nachdenklich. Sie mochte die Frau und im Grunde wusste sie auch, dass sie ihr vertrauen konnte. Sie senkte die Stimme, als sie begann zu erzählen. Dass es nicht einfach für sie war, sah man ihr an. So viele schreckliche Dinge waren noch nicht lange vorbei und die Narben auf ihrer Seele schmerzten. Ein trauriger Ausdruck legte sich auf ihre Züge. Sie blieb stehen und sah Romana kur eindringlich an.


    „Romana, ich bin gern deine Freundin und ich vertraue dir…. Deswegen muss alles, was ich dir jetzt erzähle unter uns bleiben!“ bat sie leise. Dann holte sie tief Luft. „Ich bin die Tochter einer Gauklerin und eines Soldaten… mein Leben lang bin ich durch die Welt gezogen und habe mein Geld verdient indem ich getanzt und gesungen habe… meine Mutter, hatte nur eine einzige Nacht mit meinem Vater…“ berichtete sie. Hoffentlich war die Claudia jetzt nicht schockiert. „Seit kurzem erst, weiß ich das mein Vater ein Germanicer war, ein Soldat und alles was mich um Grunde legimentiert als seine Tochter ist ein Schmuckstück“, aus dem kleinen Beutel an ihrer Hüfte holte sie besagtes Schmuckstück mit dem Familienwappen heraus. Sie zeigte es Romana. Diese ganze Geschichte konnte einen Skandal ungeheuren Ausmaßen herbeiführen, deswegen hoffte sie, dass sie ihr vertrauen nciht falsch gesetzt hatte und sich Romana als wahre Freundin heraus stellte. Sicher es war dumm udn naiv, einfach jemanden davon zu erzählen, aber sie konnte nicht anders. Mit irgend jemanden musste sie darüber reden.


    Etwas kritisch betrachtete Romana die ausgewählte Farbe und wandte sich dann aber an den Händler.

  • Calvenas Gesichtsausdruck wurde plötzlich düster. Romana, erschrocken, legte die Tunika erst einmal auf die Bank und entschuldigte sich beim Händler, bevor sie sich zu ihr hinwandte und zuhörte. Bei jedem einzelnen Wort von Calvena öffnete sich Romanas Mund ein bisschen mehr, vor lauter Erstaunen, Ungläubigkeit, Fassungslosigkeit. Sie wartete, bis die Germanicerin zu Ende war, dann sog sie erst einmal Luft ein und blies sie langsam aus, als ob sie einen Schlag in die Magengegend versetzt bekommen hätte. Sie rang, wie man durchaus sehen konnte, nach Worten. Zuerst schluckte sie, bevor sie zu sprechen begann. „Calvena... ich danke dir für deine Offenheit. Das ist... echt schwere Kost. Du warst Gauklerin?“ Romana verachtete das Gauklerwesen. Doch gleichzeitig fühlte sie sich echt hingezogen zu dieser netten jungen Frau. Es schien, als ob sie kurz nachdachte, dann schüttelte sie schnell den Kopf, fast, als ob sie einen unangenehmen Gedanken aus ihrem Kopf vertreiben wollte. „Nun, es ist egal. Deine Familie hat dir verziehen. Die Götter auch. Du hast dieses Leben hinter dir gelassen, und das ist gut so. Ich werde es niemandem verraten, ich kann schweigen.“ Romana war keine große Klatschtante, wenn sie versprach, nichts zu sagen, dann würde sie dies auch tun. „Du hast mein Wort.“ Sie lächelte wieder, doch dann wurde sie schlagartig ernsthaft. „Aber ich habe auch eine Geschichte erzählen. Vielleicht wirst du mich nachher für verrückt erklären. Aber ich denke, du hast ein Recht nun darauf, sie zu erfahren. Willst du sie hören?“, fragte sie ihre neue Freundin.

  • Das sie merkte, das Romana doch etwas über ihre Eröffnung schockiert war, verschwieg sie ihr, dass sie das leben auf der Straße unter ihrer Ziehfamilie vermisste. Es war ein schönes Leben gewesen, sie war frei gewesen, nicht an die unzähligen Pflichten gebunden, welche hier in Rom so wichtig waren. Zumal sie immer noch trauerte und ihre Ziehfamilie vermisste. „Ich muss dir noch etwas erzählen….“, nun versagte ihre Stimme fast und Tränen zeigten sich, welche sie mühsam zurück hielt. „Ich wäre nicht hier in Rom, bei meinen Verwandten, wenn das Schicksal nicht grausam gewesen wäre….“, sie schluckte und senkte den Blick. Ihre Stimme senkte sich noch mehr, es war fast nur noch ein Flüstern, die Stimme heiser vor Trauer und Schmerz. „Wir würden überfallen, auf dem Weg nach Ostia… meine Ziehfamilie, meine Freunde, sie sind alle Tod…“, eröffnete sie ihr. Eine einzelne Träne rann ihre Wange hinab, ehe sie diese aufhalten konnte. Calvena vertraute Romana, deswegen erzählte sie ihr all dies. Irgendwie war es eine Erleichterung es ihr zu erzählen, es machte die Last des Kummers erträglicher.
    Sie holte tief Luft und der Drang in Tränen auszubrechen ließ nach. Sie hob wieder den Blick und sah Romana offen an. „Ich weiß, dass du schweigen wirst und mein Geheimnis bei dir sicher ist…“, sie lächelte kläglich.


    Kurz wischte sie sich über die Augen. „Was willst du mir erzählen?“ fragte sie vorsichtig nach. „Ich werden schweigen! Ich verspreche es dir! Dein Geheimnis wird bei mir sicher sein!“ hauchte sie und nahm Romanas Hände in die Ihren.

  • Calvena war in ihrer Erzählung, anders als es Romana vermutet hätte, noch gar nicht fertig. Sie fuhr fort, zu erzählen, was ihr geschehen war, und Romana hörte zu, andächtig, aufmerksam, man konnte sehen, sie legte wirklich wert darauf, zu hören, was Calvena zu sagen hatte. Und abermals schaffte Calvena es, die junge Patrizierin zu erschüttern. Erst einmal war sie komplett still, sie hielt nur die Hände ihrer Freundin fest, während sie in die Luft starrte und versuchte, sich zu überlegen, was sie jetzt sagen sollte. Doch es kam nichts besseres raus als: „Oh, Calvena... es tut mir so Leid... so Leid...“ Sie wusste, dass auch eine Ziehfamilie für Menschen wie eine normale Familie waren. Sie stellte sich vor, wie es wäre, sähe sie ihren Vater, ihre Geschwister, ihre Cousins und Cousinen, geschlächtert am Boden. Es war schon so schwer gewesen, als damals ihre Mutter starb... Calvena hatte auf einen Schlag alles verloren. Es musste das Schrecklichste sein, was einem Menschen jemals passieren könnte. Vorsichtig hob Romana ihre rechte Hand und wischte die einzelne Träne, die Calvena über die Wange lief, behutsam weg. Sie entgegnete das tapfere Lächeln, welches ihr Calvena gab, mit einem warmen solchen.


    Calvenas Stimme war so elend und heiser geworden, dass es Romana reute, dass sie keine Wasserflasche bei sich hatte. Doch, da half nichts. Immerhin beruhigte sich Calvena wieder. Und Romana beschloss, die arme Freundin zu umarmen, fest und herzlich. „Ach, Calvena! Ich danke den Göttern, dass sie mir nicht die selbe schwere Last auferlegt haben wie dir. Ich hätte dies nie überstanden. Ich bewundere dich dafür, dass du dies getan hast.“ Sie sprach die Wahrheit, sie wusste nicht, ob sie etwas Ähnliches überstanden hätte. Vielleicht schon. Oder aber auch nicht. Es war müßig, darüber nachzudenken. So konzentrierte sich Romana lieber aufs Jetzt. Und arauf, wie sie Calvena erzählen konnte, was geschehen ist, damals, in Clusium.


    „Gut, wenn du es wissen willst, ich erzähle es dir. Ich habe bis vor Kurzem bei meinen Großeltern gelebt, in Clusium, das habe ich dir schon erzählt. Aber nicht, was der echte Grund war, wieso ich nach Rom gegangen bin.“ Sie holte tief Luft. „Meine Entscheidung, Vestalin zu werden, kam nicht von ungefähr. Nein. Vesta ist mir erschienen.“ Sie blickte sich unwillkürlich um, und fuhr dann fort. „Ich hatte eine Erscheinung ihrer selbst auf einem Feld nahe Clusium. Sie erschien mir, und sagte mir, ich müsse Vestalin werden. Es gäbe keinen anderen Weg für mich. Sie wolle, dass ich Vestalin werde, und ihr diene.“ Eindringlich blickte sie Calvena an. „Du glaubst mir doch, dass ich die Göttin gesehen habe? Du denkst doch nicht etwa, ich wäre verrückt und habe Halluzinationen gehabt?“ Es war ihr wichtig, Calvenas echte Meinung zu wissen.

  • Romana wirkte betroffen und schockiert, sie schien wohl vieles erwartet zu haben, aber nicht diese Eröffnung. Kein wunder sie selbst hatte den Schmerz kaum verarbeitet. Aber Romana erwies sich als wahre Freundin, sie wischte ihr die Träne fort und erwiderte ihr klägliches Lächeln. „Danke…“, sagte sie, etwas anderes konnte sie auch nicht sagen. Zumal es gut tat, mit jemanden darüber zu reden. Schließlich riss sie sich zusammen und atmete tief durch. Nun teilte auch Romana ihr Geheimnis mit ihr und sie war froh darüber. Es verband sie und war ein Beweis ihrer Freundschaft.


    Sie machte große Augen, als die Claudia ihr anvertraute, dass ihr die Göttin Vesta erschienen war. „Bona Dea…“, hauchte sie ehrfürchtig. „Das ist…. Unfassbar!“ sie war sprachlos vor erstaunen und sah die junge Frau nun mit anderen Augen. „Ich freue mich für dich… die Götter zeigen sich uns Menschen soo selten!“


    „Ich wünsche dir nur alles Gute und da du den Segen von Vesta hast, wacht sie sicher auch über dich!“ lächelte sie und freute sich für Romana. „Natürlich glaube ich dir!“ meinte sie.

  • Romana freute es zu sehen, dass sich die Tränen langsam aus dem Gesicht der Germanicerin verzogen, und sie wieder einen ein bisschen gelösteren Gesichtsausdruck annahm. Ihr Wort des Dankes quittierte sie mit einem Lächeln und einem Kopfnicken. Es war eine Selbstverständlichkeit, dass sie Freundinnen in der Not half und versuchte, aufzumuntern. Ihre hohen moralischen Vorstellungen ließen nichts anderes zu. „Schon besser?“, fragte sie sie, als sie ihr ein paar Mal über den Rücken gestrichen hatte. Der jungen Claudierin tat es sehr weh, ihre Freundin so leiden zu sehen, und es tat ebenfalls gut, zu sehen, dass sie Calvena mit ihrer Geschichte von ihrer eigenen ablenken konnte.


    Die Augen der Germanicerin nahmen beängstigende Ausmaße an. Die werden doch nicht rausfallen, dachte sich Romana, als Calvena schließlich zu sprechen begann. Aus jedem einzelnen ihrer Worte konnte man heraushören, wie beeindruckt sie war. „Ich konnte es auch nicht fassen. Aber ich versichere dir, ich spreche die Wahrheit.“, meinte Romana ernst. Calvena schien es aber auch wirklich zu glauben, was Romana unheimlich erfreute. Sie wusste, viele Leute würden es als Humbug abtun, aber Romana war durch nichts zu überzeugen, dass es vielleicht keine Illusion gewesen wäre.


    „Ich möchte dir viele Male danken.“, bedankte sich Romana gerührt. „Auch wenn dir deine Göttin noch nicht erschienen ist, bin auch ich mir sicher, dass ihr Segen über dich ruht.“ Noch einmal machte Romana ein freundschaftliches, leichtes Klopfen auf Calvenas Rücken. „Ich glaube, wir sollten uns mit etwas anderem beschäftigten als die Vergangenheit, zumindest jetzt... he, da liegt ja noch meine Tunika! Die habe ich komplett vergessen!“, meinte sie. „Also, handeln wir nun weiter?“

  • Diese einfache Geste von Romana bewirkte wahre Wunder, sie versuchte ganz sanft sie zu trösten und es half ihr. Es schien so als hätte sie nicht nur eine Freundin gefunden, sondern eine wirkliche Vertraute. Der Stand spielte da keine Rolle, nur dass sie nun jeweils die Geheimnisse des Anderen bewahrten. Es tat gut mit jemandem seine sorgen, Ängste und Tränen zu teilen. Sie hoffte nur oder vielmehr wünschte es sich, dass sie Beide gemeinsam auch schöne Erinnerungen teilen würden. Eine schlichte Freundschaft gebaut auf vertrauen und wissen. Noch einmal wischte sie sich über die Augen und nickte. Ihr ging es nun Besser. Ihr Lächeln wurde wieder etwas fröhlicher und auch gelöster.


    Nachdenklich und mit einem nun ganz anderen Bild vor Augen musterte sie Romana, sie wirkte völlig normal, auch wenn ihr Vesta erschienen war. Warum sollte sie ihr auch nicht glauben, zwar war sie meist davon überzeugt, dass sich die Götter aus dem Leben der Sterblichen heraus hielten, aber es gab ja unzählige Geschichten, die von anderen Dingen berichteten. Es war nur wirklich beeindruckend, jemandem zu begegnen, der wirklich Kontakt mit einem der Götter hatte. „Ich glaube dir!“ bestätigte sie noch mal. “War es unheimlich als dir Vesta erschienen ist?“ fragte sie zögernd. Irgendwie war sie neugierig.


    „Die Zeit wird zeigen, ob sich mir einmal eine Göttin offenbaren wird… bis dahin werde ich mein Leben einfach leben!“ meinte sie lächelnd. Romana hatte recht, sie wollten sich Ablenken und anderen Dingen widmen. Die Vergangenheit ließ sich nicht mehr ändern, indem sie nur jammerte. „Tatsächlich… na komm, den Händler bekommen wir schon überzeugt!“ lächelte sie und freute sich ein wenig auf das feilschen.



    „Junge Dame! Junge Dame! Kommen näher! Ich viele schöne Kleider! Du sehen! Du fühlen!“ sagte er im gebrochenen Latein und zeigte ihnen wunderbare Tuniken.

  • „Unheimlich?“, fragte Romana sich selber, als sie hörte, wie Calvena dieses Wort verwendete. „Unheimlich. Hmmm.“ Sie dachte streng kurz nach. War sie denn unheimlich gewesen, diese Begegnung? Dass die Begegnung unheimlich gewesen wäre, hieß ja nicht, dass Vesta unheimlich wäre. Nach ein paar Sekunden blickte sie Calvena an, ohne mit dem Kopf zu nicken, oder ihn zu schütteln. „Ich weiß nicht.“ Sie blickte kurz gen Himmel, dann wieder zu Calvena hin. „Ich glaube... ein bisschen. Ich kann es nicht richtig erklären... vielleicht ist es auch das falsche Wort. Aber ein bisschen unheimlich war es. Es kam... so plötzlich. So unerwartet. Denk nicht, dass ich Vesta darum gebeten hätte, mir zu erscheinen, dass ich es mir gewünscht hätte... es ist einfach passiert. Ohne, dass ich mir erklären kann, woher sie auf einmal gekommen war. Sie war einfach da. Aber Vesta selber, sie war nicht unheimlich, ganz und gar nicht. Nur ihr Erscheinen... weißt du schon, wo ich meine? Vermutlich kannst du aus meinen verworrenen Worten rein gar nichts Brauchbares herausdeuten.“, lachte sie und winkte ab.


    Denn es gab nun wirklich... nun, nicht Bedeutsameres, aber dem Seelenwohl von zwei Mädchen Zuträglicheres, als sich über Götter den Kopf zu zerbrechen. Handeln war doch immer was Schönes, und Romana dachte durchaus von sich selber, dass sie eine gute Feilscherin wäre. „Ich sehen? Ich fühlen?“, wiederholte sie, mit den Augen blinzelnd, wie immer sie es tat, wenn sie etwas verwunderte. Wie konnte bloß jemand nach Rom kommen und derart mies Latein reden? Das verwunderte sie immer. Obwohl es genug Gestalten in Rom gab, die nicht einmal das grundlegendste Latein können. Sie strich also über den Stoff, gab aber kein Wort von sich über ihre Meinung darüber. Es war genug, dass sie den Händler danach fragte: „Sag mir, guter Mann, was ist dein Preis?“ Egal was es wäre, sie würde die Tunika sicherlich nicht so nehmen, wie der Mann es anbot. Der würde ihnen beiden, Töchtern aus gutem Hause, sicherlich doppelt so viel abknöpfen wollen wie anderen.

  • Romana schien sich bisher zwar schon Gedanken gemacht zu haben über die Erscheinung, der Göttin, aber wohl noch nicht, wie sie sich dabei gefühlt hatte. Sie selbst wäre wahrscheinlich vor Ehrfurcht erstarrt gewesen und hätte sich gefragt, ob Vesta an der richtigen Adresse bei ihr war. Langsam nickte sie, sie wusste was Romana sagen wollte. Schließlich war es ja im Grunde ein Wunder, dass sich ihr eine Göttin offenbart hatte. „Ich verstehe dich…“, sagte sie und drückte Romanas Hände kurz. Schließlich ließen sie dieses Thema erst einmal Ruhen. Vielleicht würden sie später noch einmal darüber reden, dann wenn sie Beide die Welt vielleicht etwas besser verstanden, oder zumindest die Wünsche der Götter.


    Calvena drehte sich um und versuchte ein mädchenhaftes Kichern zu verbergen. Der Händler war mit seinem drolligen Latein einfach zu komisch und jedes Mal wenn er etwas sagte, prustete sie in ihre Hand.


    „Nicht teuer!“ bestätigte der Händler. „Ich sein Günstig!“ proklamierte er und drückte Romana den Stoff in die Hand, damit sie diesen besser begutachten konnte. Die junge Germanica sah ihr dabei über die Schulter und strich auch einmal über das Kleidungsstück. „Schöner Stoff ist es auf jedenfalls….“, meinte sie und sah den Händler erwartungsvoll an.


    „Nur 50 Sesterzen!“ erklärt der Händler. „Alles!“ er machte eine Geste um auf seine gesamte Ware zu deuten.

  • Romana lächelte Calvena dankbar zu, als diese ihr zu verstehen gab, was sie empfand. Sie spürte den angenehmen Druck wieder in ihren Händen, und sie selber drückte zurück. Es war angenehm, sich mit einer anderen Person darüber unterhalten zu können, ohne dass diese dies kritisch examinierte, oder es ihr einfach nicht glaubte.


    Nun aber war nicht die Zeit, sich allzuviele Gedanken darüber zu amchen. Es ging ans Handeln. Romana betastete den Stoff kritisch und hörte, wie Calvena hinter ihr flüsterte, der Stoff sei gut. Dies war er aber auch wirklich. Sehr geschmeidig, weich, nicht kratzig, dies war sicher gut zu tragen.


    Als sie den Preis hörte, riss sie die Augen auf. 50 Sesterzen für so etwas? Nein, nie im Leben! „Was? Du willst mich auf den Arm nehmen!“, meinte sie entsetzt. „Sag, Calvena, das ist doch ein unerhörter Preis. Nur weil er sieht, dass wir nicht aus der Gosse sind, versucht er uns auszunehmen!“ Ärgerlich blickte sie ihn an. „Jetzt ehrlich, dass ist kein vernünftiger Preis. So viel bin ich nicht bereit zu bezahlen. Du hast einen besseren Preis, da bin ich mir sicher, Händler.“, meinte sie zu ihm und blickte ihn kritisch an. „Gibt es keinen akzeptableren Preis? Sonst müssen wir wohl woanders schauen gehen.“, eröffnete sie den Händler, dem sie um keinen Preis der Welt so einen Preis für die Tunika geben wollte.

  • Auch Calvena stürtzte sich nun auf die bunten Tuniken, strich darüber und beurteilte kritisch, als sie jedoch den Preis vernahm, sah sie den Händler kritisch an. "Wir wollten uns einen anderen Händler suchen.... ich habe da vorne jemanden gesehen, der die gleiche Qualität für einen Bruchteil anbietet!" meinte sie und ließ den Stoff aus den Fingern gleiten.


    "Nein, jungen Damen! Ich der Beste! Ich sagen 40 Sesterzen!" sagte er hecktisch und hielt den Damen seine Ware unter die Nase.


    Calvena schüttelte den Kopf, selbst das war noch bei weitem viel zu viel. Sie würden scih wohl woanders umsehen müssen.


    "Komm Romana, lass uns weiter gehen! Ich bin mir sicher, wir finden die gleiche Farbe noch einmal und wesentlich günstiger!"

  • „Gut, dass du jemanden kennst, der da vernünftigere Preise anbietet!“, meinte Romana zu Calvena hin, den Händler gar nicht mehr beachtend. „Dann gehen wir, los, geh du voran. Denn ich habe echt nicht Lust, mich mit dem Typen herumzuärgern.“ Sie lächelte und ließ den Händler stehen. Sie war sich sicher, auf dem Weg zum anderen, weg vom Stand, würde der Händler noch etwas nachrufen.


    Und dem war tatsächlich so. Kaum hatte sich Romana ein paar Schritte vom Stand wegbewegt, hörte sie den Händler den beiden nachrufen: „30!“ Sie blieb stehen. „25!“ „Psst, Calvena, das klingt doch schon viel vernünftiger. Bleib einmal stehen.“, meinte Romana zu ihrer Freundin und drehte sich um. „10!“, rief sie über die Köpfe der Leute hinweg. Der Händler schüttelte entsetzt den Kopf, denn dies war nicht sehr viel für so einen guten Stoff. „Na gut, 15!“, schob Romana nach und ging wieder zum Stand hin. „15, nichts mehr.“ „Was, 15!“, rief der arme Händler aus. „22!“ „Nein, 17.“ 20!“ „18.“ „Gut, 18!“, rief der Händler und hob verzweifelt die Arme, aber was konnte er tun? Romana wandte sich um. „Calvena! Wir kriegen sie um 18! Und ich bin mir sicher, ein Mengenrabatt ist da auch noch drinnen.“ Sie lächelte von einem Ohr zum anderen.

  • Spontan hackte sich Calvena bei Romana unter und zog sie sacht von dem Stand fort. Der Händler bekam nur große Augen und spürte wie ihm seine Kundschaft gerade weg lief. „Nur wenige Ecken weiter, da ist ein kleiner Schneider. Guter Stoff, schöne Farben und vernünftige Preise!“ erklärte sie ihrer Freundin und suchte sich einen Weg durch das dichte Gewimmel von Leibern. Ein Huhn flatterte ihnen aufgeregt über den Weg, ihm hinter rannte ein Bursche, wild fluchend ein blutiges Messer schwingend.


    Als der Händler ihnen dann nach rief, verlangsamten sie ihren Schritt und warfen dann fast synchron einen Blick über die Schulter. Auf Calevnas Zügen zeigte sich ein breites Grinsen, als Romana knallhart um den Preis feilschte. Der Händler hatte das Nachsehen und sie würden die Tuniken für einen Bruchteil des Preises.


    „Das nenn ich mal ein faires Angebot! So können wir unsere Kleiderschränke glatt einmal neufüllen, ohne gleich ein Vermögen dafür auszugeben!“ sie grinste breit. Seite an Seite kehrten sie zu dem Stand zurück und wühlten sich mit guter Laune durch die Unmengen an Farben und Schnitten. Calvena fand für sich eine herrliche indigofarbene Tunika, hinzu kamen eine waldgrüne, eine sturmblaue, ein helles blau, verschiedene Rottöne, eine violette und schlichtes weiß. Die Ausbeute von Romana war ähnlich ergiebig.

  • Den Burschen mit dem Messer hatte sie schon gar nicht mehr gesehen, so eifrig bemüht war sie, doch noch beim Händler den Preis zu drücken. Und so tollpatschig hatte sie sich auch wieder nciht angestellt, dachte sie stolz und grinste genauso frech wie jene zu Calvena zurück. Ein herzliches Lachen war von ihr zu hören, als Calvena erwähnte, dass man die Kleiderschränke auffüllen könnte. „Herrje, die armen Kleiderschränke! Ich beneide sie nicht, bald werden sie schon platzen!“, lachte sie, bevor sie sich auch daran machte, das Kleidungssortiment des Händlers zu durchwühlen. Es war gut, dachte sie und siuchte sich auf die Schnelle einmal 10 heraus, so viele wie sie auch Calvena hatte. Ihre Farben waren nicht ganz so bunt, man konnte sagen, knartschig, wie jene von Calvena, mit der Ausnahme von einer orangeroten Tunika, sondern hielten sich eher bedeckt – celesteblau, hellgrün, einige weiße von verschiedenen Längen und Schnitten, eine graue und zudem gelbe. Schließlich fand sie noch eine blassrosane, die sie echt entzückend fand. Dies war ihre Ausbeute.


    Sie wandte sich nun wieder an den Händler, mit einem kecken, selbstbewussten Lächeln auf ihren Lippen. „So.“, meinte sie. „10 für uns beide. Oder wolltest du noch sehen, ob du etwas findest, Calvena? Dann schaue ich nämlich auch noch mal. Liegt an dir.“ Der Händler wagte es, aufzumucken. „Äh, sind 360...“, begann er, schwieg jedoch sofort, als Romana ihm einen warnenden Blick zuwarf. „Eine Sekunde, bitte... also, wäre das alles, Calvena? Ich meine, die Graue, die ich da habe, die schaut doch elegant aus, würde sie dir nicht passen?“ Das entsprechende Kleidungsstück wurde mit Kraft aus Romanas Stapel herausgezogen und zur Germanicerin hingehalten. „Doch gut, oder? Oder findest du doch das Gelbe besser?“

  • Es machte Spaß sich durch das Sortiment zu wühlen, Farben, Schnitte und Längen auszuwählen oder das Gesicht zu verziehen. Als dann Romana ihr eine graue Tunika unter die Nase hielt runzelte sie leicht die Stirn. „Glaubst du die Farbe steht mir?“ fragte sie kritisch und hielt sich den Stoff vor ihre eigene Kleidung. Die Länge war wunderbar, ebenso der Schnitt, nur bei der Farbe war sie unschlüssig. „Obwohl… mit einer violetten pala dürfte das der Hit sein!“ Kurz ging sie im Kopf durch, was sie zu Hause an Kleidungsstücke hatte, mit der man alles kombinieren konnte. Ungläubig blinzelte der Händler nur, wie die beiden Frauen völlig Gedankenlos sich auf seine Waren stürzten. Er machte zwar noch immer ein gutes Geschäft, trotz des gedrückten Preises, aber er begegnete selten solchen Kundinnen.

  • Dass der Händler nur selten soclhen Kundinnen begegnete, war leicht zu glauben. Eine Kurze und eine Lange, eine Plebejerin und eine Patrizierin, beide mit großen Klappen, einem großen Maß an Unverfrorenheit, und zudem klinkte es bei beiden anscheinend gleichzeitig aus, wenn sie vor großen Mengen an Kleidung standen. Wie es bei Frauen halt so ist, dachte der Händler sich insgeheim und lehnte sich zurück, mit einem ganz zarten Lächeln auf seinem Gesicht.


    Derweilen nickte Romana eifrig. „Unbedingt, du würdest toll darin aussehen!“, war sie sich sicher. „Und zu einer violetten Palla würde es ganz sicher hervorragend passen. Aber ich will dir nichts aufdrängen, entscheide du.“ Sie machte, für sich selber, einen Entschluss. Sollte Calvena eine weitere Tunika nehmen, oder auch zwei, würde Romana dies auch tun. Sie würde bei solch einer Entscheidung sicher nicht hintennach stehen! Ihr Vater hatte ihr ja ein Budget gegeben, fürs Geld ausgeben. Klar, dass sie dies nicht in Gebrauchsgegenstände, sondern in Kleidung investierte. Auch wenn sie sich bewusst war, dass sie, wenn sie Vestalin werden würde, sicher nicht so oft in Gewändern in dieser Farbe herumlaufen würde.


    Vielleicht bräuchte sie doch nicht so viele Gewänder. Aber dies machte jetzt erst einmal nichts, sie war im Kaufrausch, da überlegte niemand rational. „Komm schon, Calvena!“, hörte sie sich selber sagen. „Was meinst du, wie super du damit aussehen würdest! Das wäre wirklich ein Gucker, sage ich dir!“

  • Noch einen Moment hielt Calvena die graue Tunika an ihre Brust, dann legte sie diese nach gutem zureden auf den Stapel der Tuniken, welche sie auf jeden Fall mitnehmen würde. „Du hast recht! Außerdem kann man grau zu allem kombinieren…“, grinste sie und wühlte sich weiter durch die viele farbigen Schätze. Eine Olivgrüne und eine safrangelbe landeten wieder in dem wirren Haufen aus Kleidern, welche ihr eindeutig nicht gefielen. „Sag mal! Wie wird das sein, wenn du Vestalin bist? Darfst du auch mal ausgehen?“ fragte sie nach und fand eine weitere weiße Tunika mit elegantem Schnitt, welche auf ihren Stapel landete. Kurz betrachtete sie ihre Ausbeute. Fürs erste würde es reichen. Ihr Kleiderschrank würde diese Unmengen an Stoff gerade so fassen können.


    „Wie viele hast du? Ich bin jetzt bei…“, sie zählte noch einmal durch, „dreizehn!“ sie kicherte und freute sich über diesen Erfolg beim Stöbern. Ihr Blick wanderte über den Stand und sie konnte ein Kästchen mit ausgestelltem Schmuck entdecken, bisher war es ihr nicht aufgefallen. Neugierig wühlte sie sich nun auch noch durch Armbänder, Ketten und Ringe.


    "Oh, sieh nur!" rief sie aus und zeigte Romana eine Kette mit einem roten Karneolanhänger, in Form einer Blüte. Ihre Augen glänzten. Da würde sie am Preis noch etwas felischen müssen, aber das Schmuckstück wollte sie unbedingt haben.

  • Romana hatte nicht viel Mühe, Calvena vom Kauf der Tunika zu überzeugen, und fix landeten noch ein paar Kleidungsstücke auf ihrem Haufen. Jetzt hatte Romana wieder ein Alibi zum Zuschlagen. Doch vorher beantwortete sie noch die Frage der Germanicerin.


    „Sicher kann ich ausgehen. Ich meine, so lange ich mich gut benehme, und solange es nicht zu oft vorkommt, kann ich sicher zur Obervestalin gehen und Ausgang beantragen. Das wird sicher nicht zu schwierig sein.“, gab sie sich überzeugt. „Es ist ja kein Kerker.“ Obwohl, sie war ja noch keine Vestalin, sie wusste das ja nicht genau... es würde sich weisen.


    „Dreizehn!“, rief sie aus. So viel! Sie schaute auf ihren Haufen. „Ich bin bei zehn... nein, elf.“, meinte sie, simultan zu einer Handbewegung, welche eine purpurne Tunika von einem Ständer riss, sodass dieser nur so wackelte. Aber brauchte sie mehr? Wenn sie so dachte, könnte sie sich auch sagen, sie brauchte gar nichts. Ihr Kleiderschrank war nicht proppenvoll, aber er war adequat gefüllt. Aber Einkaufen machte halt so viel Spaß!


    Als sie sich wieder Calvena zuwandte, fiel ihr auf, dass sie sich einem Kästchen von Schmuck zugewandt hatte. Sie schmunzelte leicht über Calvenas Begeisterung. „Ja, der ist schön!“, meinte sie. „Aber ich werde wohl auf Schmuck verzichten. Wenn ich wirklich Vestalin werde, werde ich das nicht tragen können.“ Sie zuckte die Achseln. „Immerhin eine Sache, die gut ist, man erspart sich Geld für Schmuck und sonstigem Ramsch.“ Sie hatte es humorvoll gemeint, doch konnte man ihrer Stimme auch ein leichtes Seufzen entnehmen. Wenn sie dann viel Geld verdiente, was sollte sie bloß damit machen? Ansparen? Oder jeden Tag sich Essen bestellen?


    „Also, sie steht dir echt gut. Rot passt dir. Was denkst du von blaugrün? Der Lapislazuli-Anhänger da...“, sie deutete auf ihn, „würde dir sicher gut stehen.“

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