Ein erster Besuch

  • "Ich denke, ich werde mir erstmal alles eine Weile anschauen und dann entscheiden wie es weitergehen soll. Hier ist ohnehin alles spannender als daheim"


    Als Cara ihr lachend den Vorschlag machte, eine eigene Familie zu gründen, spürte Serrana, wie sie vor Verlegenheit rote Wangen bekam. Die Vorstellung war ja eigentlich sehr schön, aber dafür müsste sie ja erstmal einen passenden Mann finden, und mit Männerbekanntschaften sah es nun wirklich noch sehr mau aus. Der einzige, den sie aus reinem Zufall bislang kennengelernt hatte, stand gesellschaftlich weit über ihr und hatte vermutlich längst vergessen, dass es sie überhaupt gab.
    Jetzt musste Serrana an ihren ehemaligen Verehrer in Nola denken und schüttelte sich unwillkürlich.


    "Wenn es nach meiner Großmutter ginge, wäre ich jetzt schon verheiratet. Sie wollte mich unbedingt mit einem Nachbarn verkuppeln, aber der ist wirklich schrecklich. Alles an ihm sieht irgendwie weiß und weich aus...."
    Serrana verzog unwillkürlich das Gesicht, als hätte man ihr eine dicke haarige Spinne vor die Nase gehalten.


    "Bist du denn schon verlobt?" fragte sie, und hoffte, dass Cara diese Frage nicht zu persönlich fand.

  • Da musste sie sehr lachen, als Serrana den ehemaligen Nachbarn beschrieb.
    "Buona Dea, was für eine schreckliche Vorstellung."


    Das Lachen schien aufgefallen zu sein, denn nun fielen Cara die Blicke ihrer Mitbürger auf, die ihr teils fragend, teils missbilligend, von den Vorbeigehenden zu Teil wurden.
    Sie atmete tief durch und verkniff sich das Lachen, indem sie sich kurz auf die Lippe biss.


    "Nein, verlobt bin ich nicht. Mein Bruder kommt nun erst einmal unter die Haube. Ich habe noch niemanden so gut kennen gelernt, als dass ich mein Leben mit ihm fristen möchte...und bislang wollte mich mein Bruder auch noch nicht schnellst möglich verschächern.", feixte sie dann.


    "Aber ich sehe das ähnlich wie du, ein Mann muss ein Mann sein, stark und markant...nicht weiß und weich."

  • Caras Reaktion auf ihre Geschichte bestärkten Serrana wieder darin, dass ihre Flucht aus Nola die einzige richtige Möglichkeit gewesen war, einer höchst unerfreulichen Zukunft zu entgehen und sie fiel in ihr Lachen ein.


    "Ich bin wirklich sehr froh, dass wir uns kennengelernt haben. Es tut wirklich gut, mal mit jemandem richtig sprechen zu können und nicht nur Floskeln auszutauschen."

  • Cara seufzte "Das alltägliche Leben einer Frau besteht schon genug aus Floskeln und einem nichts sagendem Lächeln, da müssen wir untereinander doch wenigstens reden können," zwinkerte sie schließlich.


    "Ich bin auch froh, dass wir uns getroffen haben. Ich habe gerne Leute um mich und hasse es, allein zu sein. Meine alten Bekannte und Freundinnen sind nicht mehr in Rom - da tut es sehr gut, eine neue zu finden."

  • "Wer hätte gedacht, dass Adulas Schlagfertigkeit so ein nettes Ergebnis haben würde" sagte Serrana schmunzelnd und warf einen liebevollen Blick zurück auf ihre Sklavin, die gemeinsam mit Caras Dienerin und ihrem Lehrer friedlich hinter ihnen hertrottete.


    "Allerdings hoffe ich sehr, dass sie nicht jedesmal erst jemanden zusammenschlagen muss, damit ich einen nettten Menschen kennenlerne"


    Adula mochte mit ihrer hünenhaften Gestalt nicht besonders repräsentativ sein und eine anständige Frisur würde sie wohl auch niemals legen können, aber Serrana spürte instinktiv, dass Adula sich für sie in Stücke reissen lassen würde, auch wenn das vermutlich kaum jemand schaffen würde.


    "Ich danke dir sehr, liebe Großmutter" dachte sie mit einem feinen Lächeln, " auch wenn es wohl kaum deine Absicht gewesen ist, mir mit Adula einen Gefallen zu tun."

  • Mit einem Blick nach hinten zu den Dreien nickte sie zustimmend. "Obwohl viele für eine schlagfertige Leistung zum Amusement viel Geld bezahlen, wenn sie ins Coloseum gehen...nimm also das nächste mal Eintritt."


    Es war schon ein ulkiges Bild wie Adula neben dem alten Griechen und der kleinen, zierlichen Zofe schritt. Ihre Helia blickte von Zeit zu Zeit bewundernd zu der doch um einiges größeren Adula, nur Archimedes interessierte das alles sehr wenig. Er sah sich um und pfiff ein Lied.


    "Ist sie schon lange bei dir, deine Adula?"

  • "Sie ist schon vor einige Jahre vor meiner Geburt zu meiner Familie gekommen. Mein Großvater hat mir erzählt, dass er sie vor zwanzig Jahren als eine Art Sonderangebot gekauft hat.
    Damals war sie ungefähr sechs, sah aber aus wie zwölf, und der Händler wollte sie unbedingt loswerden, weil sie einem der Aufseher den halben Daumen abgebissen hat."
    Serrana musste bei der Erinnerung an diese lang vergangene Geschichte kichern.


    "Eigentlich ist sie ganz friedlich, man muss sie nur in Ruhe ihre Arbeit machen lassen. Auf dem Feld hat sie mit dem Pflug wohl wahre Wunderwerke vollbracht."


    Serrana schaute sich noch einmal nach den beiden Sklavinnen um.


    "Naja, und meine Großmutter Lavinia konnte Adula noch nie leiden, deshalb hat sie sie mir vermutlich auch als Leibsklavin mitgegeben."
    Dein Mädchen sieht aber sehr hübsch und lieb aus, sie sorgt bestimmt gut für dich, oder?"

  • Cara kicherte ebenso.


    "Das glaube ich gern. Aber es ist beruhigend zu wissen, wenn man eine starke Gefährtin an seiner Seite hat, auch gerade hier in Rom."


    Sie grinste, als sie nach hinten blickte und Helia ihren Blick lächelnd erwiederte.
    "Sie sieht aus wie ein Engel und kann verschworen sein, wie der Teufel," grinste Cara weiter, "aber sie ist die Fürsorge in Person und zu meinem Glück und dem Leidwesen anderer zu allen Schandtaten bereit, zu denen ich sie jemals angestiftet habe."

  • "Nun es scheint, als würden sich Helia und Adula perfekt ergänzen" sagte Serrana mit einem Schmunzeln.


    Bei dem Wort Schandtaten war sie plötzlich hellhörig geworden. Sie selbst konnte auf diesem Gebiet wenig beisteuern, und war deshalb ausgesprochen neugierig auf Caras Unternehmungen.


    "Was habt ihr beiden denn angestellt?" fragte sie gespannt.

  • Mit einem Schmunzeln sah sie sich um "Ach, das erzähl ich dir lieber nicht hier." lachte Cara dann "Wer weiß, wessen Ohren das hier noch zu hören kriegen könnte."


    Da konnten die beiden auf einmal von hinten ein Räuspern vernehmen. Cara drehte sich leicht überrascht um und sah wie der Grieche sie mit hochgezogener Braue ansah. Cara ihrerseits warf ihm ebenso mit hochgezogener Braue einen bösen Blick zu, worauf sich Helia leicht räusperte "Herrin, dein Bruder erwartet dich gleich pünktlich zum Essen. Es wäre unhöflich, sich schon jetzt zu verspäten, wenn du weißt, dass er mit dir reden will."


    Cara seufzte und sah wieder zu Serrana "Eine meiner Untugenden. Einmal habe ich zum Essen eingeladen und bin als letztes unten auf meinem eigenen Fest erschienen. Zum Glück hat Crassus alle empfangen."


    Sie zuckte mit einem leichten Grinsen entschuldigend die Schultern. "Nunja, findest du heim? Kommst du mich bald besuchen? Wenn du magst, schicke ich meinen Tiro oder eine Sänfte.", sie holte einmal Luft und zwinkerte dann schelmisch "Ich bin auch rechtzeitig fertig und nehme dich in Empfang."

  • "Mach dir keine Sorgen, ich werde den Weg schon finden. Und ich freue mich schon sehr darauf dich wiederzusehen und deine Familie kennenzulernen. Aber jetzt solltest du wirklich gehen und deinen Bruder nicht länger warten lassen."


    Die beiden jungen Frauen verabschiedeten sich sehr herzlich voneinander und Serrana sah Cara lächelnd hinterher, als diese mit ihrem Lehrer und ihrer kleinen zierlichen Leibsklavin davonging. Sie merkte, dass sie sich jetzt schon nicht mehr ganz so fremd und verloren in Rom fühlte und genoss noch einmal für einen Augenblick den Trubel all der Leute um sie herum. Dann schaute sie zu Adula hoch und lächelte:


    "Komm Adula, wir gehen jetzt auch heim. Irgendjemand auf diesem Platz wird uns sicher den Weg zur Casa Iunia beschreiben können."

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