Nachdem ihn sowohl der gestrige Theaterbesuch, als auch der Besuch im Senat eher weiter aufgewühlt, als beruhigt hatten, ging Geminus dieses mal in die Thermen. Und was bot sich ihm da eher an als die uralten Agrippathermen zu nutzen. Denn genauso fühlte er sich.
Schon nach kurzem Aufenthalt landete er im Stagnum Agrippae, dort ließ es sich am besten nachdenken, denn das wollte er.
Es wurde höchste Zeit sich seine Lage zu vergegenwärtigen. Seine jahrelange krankheitsbedingte Umnachtung hatte ihn viel gekostet. Er stand faktisch vor dem nichts. Viel mehr verlieren als er konnte man gar nicht mehr.
Finanziell war vielleicht der einzige Lichtblick auszumachen, nichts tun, kostete auch entsprechend wenig, daher war das zumidnest kein Problemfeld, auch wenn sein Haus recht heruntergekommen war. Aber das ließ sich regeln.
Familiär war das erste Desaster entstanden. Es gab außer ihm faktisch keine Helevtier mehr, alle ausgestorben oder verschwunden, zerstreut und zerschlagen. Sein werter Sohn war schon wieder verschwunden und seine sontigen Kinder verschieden, wie seine Frau. Der einst starke Strom der Helvetier drohte nun gänzlich zu versiegen. Eine einst strahlende Gens vernichtet. Doch nicht von außen, von innen.
Bei seiner persönlichen Karriere sah es sogar noch grausiger aus. Er war einst Politiker, Senator, Freund und Berater von Kaisern gewesen. Heute konnte er sich glücklich schätzen vom Metzger an der Ecke erkannt zu werden. Sein Bekanntheitsgrad war nicht mehr nachweisbar, seine Reputation miserabel bis nicht mehr vorhanden, seine Aussichten grottenschlecht. Vielleicht sollte er sich seinen Gladius suchen und dieser Existenz endlich ein Ende bereiten. Er war ein Relikt. Durch eigene Agonie ins totale Abseits geraten. Abgehängt durch Zeit und Entwicklung. Welche sonstigen Möglichkeiten blieben ihm denn überhaupt noch?
Er schwamm einige Meter weiter, um die Zeit zu überbrücken einen Ansatzpunkt für weitere Planungen zu finden.
Er war noch eingetragener Senator. Sein theoretischer Stand blieb ihm also noch. Doch was sollte der nutzen? Im Cursus Honorum galt er, bei denen, die sich überhaupt noch an ihn erinnerten, als ein Faulenzer, der sich hochgegaunert hatte. Seine Quaestur war ein Witz gewesen und sein Aedilität sogar weniger als das ...
Die Ämtzerlaufbahn so wieder aufzunehmen war undenkbar. Sowohl theoretisch, als auch praktisch. Er müsste deutlich kleiner wieder anfangen. Zunächst musste er seine Position als Senator der Curie überhapt wieder rechtfertigen. er stand nicht bei Null, nein, er stand tief in der Kreise. Nur seine Bedeutungslosigkeit und vielelicht noch uralte rest kaiserlicher Dankbarkeit hatten ihn überhaupt vor der Verdammung bewahrt.
Seine Agenda musste kleiner aussehen. Kleiner ansetzen. Zunächst musste er die Formalien erfüllen, die ihm Senator Macer damals bereits aufgezeigt hatte. Den Cursus Iuris musste er so oder so endlich machen. Er hatte schon oft recht durchgesetzt unter Julian, doch die Formalie fehlte bis heute. Das musste sich ändern. Was sonst noch nötig war ... eigentlich konnte er das selbst nicht entscheiden. Sein Werdegang war so durchlöchert und unüblich, dass es keine normalen und etablierten Wege gab, um dies wieder zu bereinigen. Eigentlich gab es nur einen, dem er diese Frage stellen musste, den Kaiser. Nur er konnte ihm raten, wie das zu bereinigen war. Und ob das überhaupt ging. Er würde ihm schreiben und um eine Audienz bitten, dann hatte er ihm nie sein Mitgefühl für den Toid seines Vaters ausgesprochen. Das musste dringend nachgeholt werden.
Es gab aber noch zig praktische Probleme, die durch seine Agonie entstanden waren. Er hatte sein Wissen, seinen Einfluss und seine Kontakte gänzlich eingebüßt. Er wusste fast nichts über das was Rom und das Reich bewegte, was aktuell war, die Ereignisse und Fügungen der Letzten Jahre. Wie konnte man Politik machen, wenn man neben den Geschehnissen stand? Er musste selbst bei Erfolg beim Kaiser faktisch neu in die Lehre gehen. Zunächst musste er im und außerhalb des Senates wieder Fuß fassen. An den Debatten wirklich teilnehmen würde noch länger nciht können, er würde zuhören müssen und langsam versuchen, die Zusammenhänge wieder zu erfassen. Paralel dazu musste er wieder versuchen in die Kreise seiner Standesgenossen zurückzukommen. Denn Politik war ein Geflecht, keine Alleinunterhaltung.
Wieder zuhause würde den Brief an den Kaiser aufsetzen und Reisevorbereitungen treffen, um bei Zusage nach Misenum fahren zu können. Dann würde er sich eine Abschrift der aktuellen Acta Diurna besorgen.
Rückwärtskraulend betrachtete er die anderen Badegäste.