Die Welt ist bunt, die Welt ist schön...

  • Der Hafen wird von einer eigenen Flotte, der Classis Alexandrina bewacht. Am Hafen befinden sich auch das Caesareum und der Fremdenmarkt. Der Hafen wird vom Heptastadion abgegrenzt, einer künstlichen Landbrücke zwischen Festland und Pharos. Hier an diesem unbekannten Ort gab es sehr viel mehr Warenlager, Docks und Kais.


    Mit kritischem Blick musterte Tilla die wachhabenden Soldaten, die die Landbrücke bewachten und die verschiedensten Personen die Hafengrenze passieren liessen, die Zugang haben durften. Sorgenvoll sah sie zu Esther auf und zog Pumillio näher zu sich heran. Vielleicht erhaschte sie noch einen Blick auf Hektor... oder war er schon fort gesegelt?? Glaubst du wirklich daran, dass sie Hektor nach Rom zurück bringen werden? flüsterte Tilla stumm. Diese Frage stellte sie wohl zum x-ten Male an diesem Tage und auch an den bereits vergangenen Tagen. Hoffenlich war Esther nicht längst genervt... aber was konnte Tilla für diese Sorge? Oder gegen diese Sorge machen? Sie war da und liess sich scheinbar kaum mehr vertreiben.


    Die Soldaten sehen ganz schön streng aus... fügte Tilla seufzend hinzu und liess die Schultern hängen. Dieser unbekannte Platz war für sie und auch Pumillio eigentlich ziemlich spannend und (ver)lockte beide ehemaligen Straßenkinder zu Entdeckungsreisen. Die Angst Esther inmitten des Gewühls ebenfalls zu verlieren hielt sie aber von diesem verlockenden Angebot ab. Der gesamte östliche Teil des Hafenviertels mit seinen Straßen, Plätzen, Lagerhäusern und Kontors ist und war ein einziger riesiger Marktplatz. Weizen, Papyus, Gewürze, Sklaven, Elfenbein, Weihrauch und Seide, alle Waren aus Europa, Asien und Afrika wechseln hier ihre Besitzer und werden über das Kanalsystem der Stadt ihren Bestimmungsorten zugeführt. Man wusste kaum wohin man zuerst hinschauen sollte... soviel Neuartiges galt es zu sehen, anzufassen und zu riechen!

  • Mit sorgenvollen Blick sah Esther dem Schiff nach, auf das man den Griechen gebracht hatte und mit dem er nun nach Rom zurück geschickt wurde. Zum Glück hatte Hektor ein Siegel seiner Herrschaft dabei, so dass er nicht ganz so grob behandelt wurde wie ein flüchtiger Sklave. Mit einem leisen Seufzer machte sich Esther selbst arge Vorwürfe. Schließlich war es ihre Schuld, dass man ihn verhaftet hatte, weil sie - im allgemeinen Gedränge - einem reichen Römer, eine Amphore mit Wein über die blendend weiße Toga geschüttet hatte. Nur ein Versehen. Aber das war dem Leibwächter des Römers egal. Der Nubier begann sofort auf sie einzuprügeln und nur Hektor hatte es Esther zu verdanken, dass sie dabei nicht ernsthaft verletzt wurde. Der Grieche war sofort dazwischen gegangen und hatte dem Leibwächter, in der darauf folgenden Schlägerei, dafür den rechten Arm gebrochen ehe ihn eine römische Patrouille verhaften konnte.


    Esther wandte den Blick zu Mia und verstand die stumme Frage und die große Sorge dahinter, die ihre Tochter plagte. Ein gütiges Lächeln umspielte Esthers Lippen als sie schützend einen Arm um Tilla legte. "Ja ich glaube sie werden Hektor nach Rom zurückbringen und sicher werden sie ihn auch gut behandeln. Er ist schließlich der Sklave einer angesehenen römischen Familie und er hatte zum Glück deren Siegel bei sich", antwortete Esther auch zum x-ten Male mit gleichbleibend ruhiger Stimme, ohne im geringsten genervt zu sein. Vielmehr machte es der Ägypterin Kopfzerbrechen was nun aus ihnen werden sollte. Tilla trug ebenfalls eine Tätowierung, welche sie unbestreitbar als Sklavin und Eigentum dieser römischen Familie kennzeichnete.


    Nicht auszudenken was passiert, wenn Tilla zufällig in die Hände der Römer oder von Sklavenfängern geraten würde. Ein weiteres Mal Vvon ihrer Tochter getrennt zu werden, wäre Esthers Tod und genauso würde sie ihr eigenes Leben für das ihrer Tochter geben. Vielleicht gab es also nur einen Weg, den das Schicksal für sie alle bestimmt hatte und den zu gehen, sicher nicht einfach wäre … ein Weg zurück.


    "Mia? … Wie sind diese Aurelier eigentlich zu ihren Sklaven? Hast du einmal darüber nachgedacht wie es wäre, mit Hektor zurück nach Rom zu gehen? … Ich meine wir alle … nach Rom? ...", versuchte Esther ganz vorsichtig zu ergründen, was Tilla von dieser Vorstellung halten könnte ...

  • Richtig, eine reiche römische Familie war es, zu der er gehörte. Tilla musste es sich eingestehen. Er hatte dort zu leben und nicht bei ihnen, der zusammen gewürfelten Gruppe, egal wie sehr sie es sich wünschte. Es war nicht richtig sich so etwas zu wünschen... vielleicht hatte Hektor Sehnsucht nach der Familie Aurelia. Jetzt nachdem er seine Schuldigkeit getan und ihr zufällig nach gekommen war. Davon, dass er es in dem Auftrag ihrer Herrin Laevina getan hatte wusste sie nichts. Sie ging davon aus, dass er ihre Entführung, so das Schicksal es denn gewollt hatte, schlichtweg mitbekommen und ihrer Freiheit willen gefolgt war. Tilla seufzte noch einmal und sah zu Esther auf. Richtig.. er hatte das Siegel. Daran habe ich nicht gedacht, entschuldige, Mama. erwiderte Tilla stumm und konnte nicht umhin dicke Tränen aus den Augenwinkeln heraus rollen zu lassen. Er hat soviel für uns getan. Und nun können wir ihm nicht helfen, das macht mich traurig. Wir hatten irgendwie keine große Gelegenheit 'Danke' zu sagen. Was muss er jetzt von mir denken? Wieder kam ein stummer Seufzer aus Tillas Kehle.


    Pumillio versuchte seinerseits etwa Tilla wieder fröhlich zu machen und krähte. "Wir können Äpfel klauen und sie auf jedes abfahrendes Schiff werfen. Dann hat er Äpfel für unterwegs zu essen. Oder Hektor verkauft sie als echte ägyptische Äpfel zu horrenden Preisen und kauft sich so von der Familie frei." Tatsächlich hoben sich Tillas Lächeln zu einem amüsierten Miene. Was für eine lustige Vorstellung du hast! knuffte sie Pumillio neckend. Fantasievoll absurd und kaum durchführbar. Die Äpfel aßen sicher die anderen Menschen auf den Schiffen und Hektor bekam nichts ab. 'Äpfelchen' zog im Gegenzug eine verschmitzte Grimasse. "Das wär doch ein feines Spektakel zum Hafentrott. Die Soldaten freuen sich sicherlich über Trubel im Alltag. Gucke mal wie missmutig der Soldat da drüben schaut. Der hat bestimmt nur saure Zitronen zum Frühstück gekriegt!" Jetzt musste Tilla mehr als lächeln und lachte über Pumillios Worte und Ideen.


    Breit lächelnd sah sie Esther an und entdeckte eine Gelegenheit sich hinzusetzen und zugleich vom Hafeneinerlei abgeschirmt zu sein. Kisten, die eine kleine halboffene Arena bildeten, sogar mit Blick aufs schmutzige Wasser. Egal.. dies war besser als allen im Wege zu stehen. Fragend zeigte sie dorthin und wartete auf Esthers Einverständnis dort Platz zu nehmen. Natürlich kuschelte sie sich eng an Esther und lehnte ihren dunkelhaarigen Kopf an deren Schulter an. Jetzt beantwortete sie Esthers Frage. Die Aurelier sind freundlich und nett. Ich gehörte zuerst dem Hausherrn Marcus Corvinus, er teilte mir nach der Tätowierung keine Aufgaben zu und überliess mich dem Hause. Spontan kümmerte ich mich um die aurelischen Frauen, besonders Aurelia Prisca. Sie hat als erste vom Tränenstein erfahren und sorgte dafür, dass ich mich von einem Fieber wieder erholte. Ich fand im Sklaven Maron einen weiteren Freund so wie der Hektor. Sein Herr Cotta ist wieder ausgezogen und Maron ist nie mehr wieder gekommen. Dann war noch Duccia Clara bei uns wohnend, die wegen irgendwas mit Corvinus ausziehen musste. Sie ist kränklich und hustet viel, gegen den Husten trinkt sie Stutenmilch und badet gerne.


    Tilla hielt nachdenklich inne, kramte die zurückliegenden Erinnerungen hervor. War das alles wirklich erlebt? Ein strenger oberster Sklave sorgte für die Ordnung im Haus. Ich hatte Angst vor dem und dann wurde er von einer Sklavin getötet. Sie musste gehen und kam nie wieder zurück. Ach... Siv darf ich nicht vergessen. Weisst du was? Sie sieht ganz anders aus als ich!!! Sie ist blond und blauäugig und ihr Name steht für die Frau des germanischen Gottes Thor. Ich hörte, dass Marcus Corvinus sie oft zu sich in sein Zimmer zitiert, aber sowas soll ich gar nicht wissen. Ja.. und dann kam Herrin Laevina zu uns und ich wurde vom Hausherrn an sie weiter verschenkt. Laevina ist kaum älter als ich. Ich versuchte bei ihr etwas von den Frisurkünsten anzuwenden, die Herrin Prisca und ihre Sklavin mir beigebracht haben, anzuwenden und ich glaube sie war immer zufrieden. erzählte Tilla in mehreren Sätzen von der zurückliegenden Zeit in Rom. Duccia Clara habe ich zu den Saturnalien in ihrem neuen Heim besuchen dürfen. Ich bekam meine allererste Post von ihr. Oh, du hättest sehen sollen, wie die aurelischen Sklaven gestaunt haben, dass ich Post kriegte. Sie nannte mich 'Glöckchen' und wollte mich zu ihrer Tochter adoptieren. Aber da wusste ich noch nicht, dass es dich gibt...


    Sie fühlte nach dem Tränenstein und dem Medaillion, nahm beides zärtlich berührend in die Finger. Mama.... ich weiss nicht, ob ich wirklich zurück möchte. Ich weiss es einfach nicht. Können wir noch bleiben? Vielleicht fällt mir dann die Antwort ein, was ich will. Aber ich darf dich nicht vergessen.. und Pumillio! Was wollt ihr machen?


    Sim-Off:

    Edit: Ich vergesse immer dieses 'kursiv'.. sorry. Hoffentlich gefällt dir's.

  • Traurig aber wahr. Sie mussten tatenlos dabei zusehen wie das Schiff für die Überfahrt nach Rom beladen wurde, ohne die Gelegenheit zu haben sich noch einmal von Hektor zu verabschieden Esther verdrängte nur mühsam ihre Tränen und auch Pumilios Augen glänzten verräterisch. Am meisten schien aber Tilla traurig zu sein über diese unerwartete Trennung. Esther zog ein kleines Tuch aus dem Ärmel ihres Gewandes und tupfte damit behutsam die kullernden Tränen von Tillas Wangen.


    "Nicht traurig sein Mia … Hektor weiß ganz bestimmt wie dankbar wir ihm alle sind. Ich bin mir sicher, wir werden ihn irgendwann wieder sehen.", versuchte sie ihre Tochter irgendwie zu trösten , wobei Esthers Stimme durchaus überzeugt klang. Schließlich vertraute sie auf das Schicksal, welches ihr nach so vielen Jahren der Hoffnungslosigkeit so überrschend ihr Liebstes zurück gegeben hatte.


    Und das würde sie niemals mehr freiwillig hergeben wollen, weshalb sie regelrecht erschrak, als Pumilio den Vorschlag mit dem Äpfel stehlen machte. "Oh nein! Nein nein nein … Ihr beide werdet ganz sicher keine Äpfel stehlen und auch keine anderen Sachen. Ihr werdet schön brav sein. Hört ihr?!" fuhr Esther mit strenger Stimme dazwischen und sah Pumilio und Tilla eindringlich dabei an. Nicht auszudenken, wenn sie beim stehlen erwischt und am Ende gar, so wie Hektor, nach Rom zurück gebracht würden.


    Im nächsten Moment musste sie aber selber wieder schmunzeln. Das Lachen ihrer beiden Kinder war einfach zu ansteckend und so umarmte sie beide und drückte sie innig an sich. "Bitte versprecht mir, dass ihr vorsichtig seid und nichts unternehmt was euch in Gefahr bringen kann. Geht allen Römern aus dem Weg und macht vor allem um die Soldaten einen großen Bogen. ", bat Esther sie in der Hoffnung, dass Pumilio und Tilla so vernünftig wären und sich daran halten würden.


    Aufmerksam hörte Esther dann zu, als Tilla von den Aureliern berichtete und sie versuchte sich ein genaues Bild von diesen Patriziern zu machen. Sie schienen keine grausamen Herren zu sein, aber verständlicher Weise zog es Tilla auch nicht gerade zu ihnen zurück. Konnten sie es wirklich riskieren nach Rom zurück zu kehren? Andererseits waren sie hier in Alexandria auch nicht auf Dauer sicher.


    Als Tilla darum bat, noch eine Weile hier in Ägypten blieben zu dürfen, nickte Esther schnell und gab ihrer Tochter einen Kuss auf die Stirn. "Natürlich Mia. Wir bleiben noch etwas hier. .. Und wenn wir gehen, dann gehen wir gemeinsam, egal wohin, das verspreche ich dir." Sie konnte durchaus verstehen, dass Tilla nach all dem Erlebten erst einmal wieder zu sich selbst finden musste. Aber glaubte sie am Ende, sie müsse allein nach Rom zurück?


    "Tja was wollen wir nun machen? Ich schlage vor, ich kaufe euch ein paar gebrannte Mandeln oder was ihr eben wollt und dann, erkunden wir ein wenig die Gegend. Wie wäre das?", schlug Esther auf die letzte Frage hin grinsend vor, um ihre trüben Gedanken zumindest ein wenig aufzuheitern.



    Sim-Off:

    Natürlich gefällt es mir, sehr sogar. :)

  • Da war er wieder... ihr alter Name Mia. Sie musste sich an ihn gewöhnen.. vieleicht solte sie von nun an Miatilla oder umgekehrt Tillamia rufen lassen. Tilla liess sich von Esther die Tränen abtupfen. Eine Geste von ihrer wiedergefundenen Mutter, welche sie bis aufs Äußerste genoß. Stumm sah sie bei Esthers Ermahnungen Pumillio an, versuchte seinen Blick zu ergründen. Äpfel stehlen war für beide Minderjährigen ein Kinderspiel.. bei dem man, wie vor vielen Tagen erlebt, jedoch in Gefahr geraten konnte. Sie hatte die Notwendigkeit des nicht mehr stehlens schon in der Villa Aurelia versucht abzulegen... doch was konnte sie gegen das Jucken in den Fingerspitzen tun? Mama Esther wusste sicherlich eine Lösung. Ablenken konnte Esther ziemlich gut und hatte es geschafft ihre Trauer um Hektor wegzublasen. Esther wollte bleiben und Pumillio wusste anscheinend nichts zu sagen. Gut, dann bleiben sie noch eine Weile in diesem fernen Land.


    Aus dunklen Augen sah sie Esther an. Ein stummes Nicken gab Tillas zustimmende Antwort preis keinen einzigen Versuch des Stehlens zu unternehmen sowie vorsichtig zu sein. Sag mir, woran ich einen Römer erkennen kann? Die Menschen hier sehen beinahe gleich aus. Soldaten gehe ich schon immer aus den Weg, Mama. Manche aber sind nett und begleiten einen bis nach Hause vor die Tür. Vor allem dann, wenn man in Begleitung eines kleinen Jungen namens Nero ist, der sich verlaufen hat und zu einer reichen Gens gehört. Für sein Zurückbringen habe ich eine Belohnung bekommen. Die hing in einem guten Versteck in Rom, bis dieses plattgemacht wurde. Ich konnte die Münzen nicht mehr retten, weil ich zu spät von Plattmachen erfuhr. Schau.. die paar Münzen habe ich von der Aurelierin Prisca bekommen, um mir etwas schönes zu kaufen. Tilla kramte die Münzen heraus und zeigte sie Esther und Pumillio.


    Das Orakel Sybille hat mir nämlich eine leere Tafel beschert und darüber war ich ziemlich traurig. Noch am selben Tag traf ich auf Pumillio und später auf diesen bösen Mann namens Marduk. erzählte Tilla flüsternd und darauf achtend, dass man ihr Flüstern verstand. Jetzt sind wir hier und haben viel Zeit. Sie holte Luft und blickte auf die heilende Wunde in der Armbeuge. Essen gehen war immer gut. Köchin Niki hatte sie manchmal Schleckermäulchen genannt. Ich hätte wirklich sehr gerne gebrannte Mandeln und Honigbrote. Ich mag Honigbrote und warme oder kalte Milch mit Honig, Mama. verriet sie Esther einige ihrer Vorlieben gegen Magenknurren. Ich und Pumillio mögen Äpfel.. sie sind Essen und Trinken in einem. Es waren Erfahrungen eines ehemaligen Straßenmädchens. Kennst du Rosinen und Walnüsse, Mama? Käse und Gurken?

  • Pumilio war von der Ermahnung seiner neuen Mutter nicht sehr angetan und so zog er grimmig ein Schnute. Doch Widerspruch war zwecklos, das hatte der Kleine mittlerweile erkannt und so zuckte er schließlich nur ergeben mit den Schultern. Aus seiner Sicht ein guter Kompromiss, denn er hatte ja nicht laut geschworen nicht mehr zu stehlen. Aber natürlich würde er von nun an besonders darauf Acht geben, nicht von diesen unliebsamen Römer erwischt zu werden. Hoffentlich war Esther mit seiner Geste zufrieden und würde ihn nicht noch mehr dazu drängen, es laut zu schwören.


    Doch Esther nickte dem kleinen Jungen lediglich zu und beließ es bei ihrer gut gemeinten Ermahnung. "Am wichtigsten ist es, dass ihr um alle Soldaten einen großen Bogen macht. Aber auch die Reichen in ihren Sänften und ihren Gefolgen meidet ihr am besten. Manchen von ihnen mögen sicher nett sein, aber darauf können wir uns nicht verlassen", erklärte sie dann auf Tillas Frage hin, worauf es ihr an kam und dabei warf sie einen Blick auf die Münzen, die ihre Tochter stolz vorzeigte. "Pass nur gut auf sie auf Mia. Weisst du denn schon, was du dir gerne davon kaufen würdest?", fragte sie mit einem milden Lächeln auf den Lippen nach.


    Kurz darauf blickte Esther wieder nachdenklich drein, als Tilla von dem Orakel erzählte. Sie hatte zwar eine Vermutung, was diese leere Tafel bedeuten konnte, doch sie wollte nicht hier und jetzt darüber sprechen. Stattdessen kramte Esther in ihrem kleinen Beutel herum und holte schließlich ein paar Sesterzen hervor. Zum Glück durfte sie in der Färberei und im Haushalt ihrer alten Freundin mitarbeiten, so dass sie ein bisschen Geld verdienen konnte, um den Lebensunterhalt für ihre Kinder zu sichern. Die Ironie des Schicksals dabei war, dass sie nun mehr Geld übrig hatten da Hektor nicht mehr hier war.


    "Ja natürlich kenne ich Rosinen und Nüsse, auch Käse und Gurken … und ich mag auch Äpfel. Hier! Nehmt und kauft euch dort am Stand worauf ihr Lust habt", meinte Esther lächelnd und drückte Mia und Pumilio jeweils drei Münzen in die Hand. Ein paar Schritte weiter hatte ein Händler seinen Stand mit Süßigkeiten und sonstigen Köstlichkeiten aufgebaut und er blickte bereits - in freudiger Erwartung eines guten Geschäftes - in ihre Richtung. "Danach können wir uns noch ein wenig im Hafen umsehen, wenn ihr wollt. ...Habt ihr eigentlich schon den Leuchtturm bemerkt? Ich bin mir sicher, ihr habt noch nie ein so hohes Gebäude wie dieses gesehen", schlug Esther vor, was sie als nächstes unternehmen könnten.


    Es war ein Versuch, ihren Kindern ein wenig Freude und Normalität zu bereiten, nach all den Strapazen und schrecklichen Erlebnissen der vergangenen Tage. Doch innerlich kam Esther nicht zur Ruhe. Unablässig musste sie daran denken was geschehen war, in der Hoffnung, dass es endgültig vorbei wäre … doch war es das wirklich? ...

  • Achso.. die Reichen meinst du. Ja, denen gehe ich aus dem Weg. versprach Tilla-Mia ihrer Mutter. Auch auf die Soldaten können wir uns nicht verlassen, haben sie doch unseren Hektor uns weggenommen. fügte sie mit ernster Miene hinzu und tat die Münzen von Aurelia Prisca zurück in ihren Beutel. Hm.. ich weiss nicht. Ich habe eigentlich schon alles was ich habe und brauche. Wir haben ein dach überm Kopf, zu essen und zu trinken und ein paar neue Kleidungsstücke. ich habe noch das schön bedruckte Tuch mit den Delphinen drauf, meinen Tränenstein und dein Medailion, dich und Äpfelchen. Was wollte ich mehr? sinnierte Tilla-Mia fragend, sah Esther dabei an.


    Mit einem stummen Lächeln nahm sie zur Kenntnis, dass Esther das gleiche aß wie sie selbst. Was hatte sie denn sonst erwartet? Esther war ihre Mutter. Tilla-Mia drückte sachte Esthers Hand. Im Laufe des Tages gab es bestimmt eine Gelegenheit mit Esther alleine zu sein. Stimmt.. Gurken esse ich auch gerne, aber die gibts nicht so oft zu Tisch.


    Sie folgte Esthers Blick und entdeckte nun auch den fliegenden Händler. Komm Pumillio.. 'räubern' wir ihn aus. forderte sie Pumillio mit einem aufleuchtenden Augenzwinkern auf und rutschte von den Kisten. Mit Hilfe von Äpfelchens Stimme und Gesten erstand Tilla-Mia Honigstangen ohne und mit Mandel- oder Nußwürfelstückchen. Mit den vom Händler gekauften Sachen kehrten sie zu Esther zurück und reckten die Nasen in die Luft. Mama, ich möchte gerne mehr vom Hafenviertel sehen. Und jetzt wo du es sagst.. ich habe so ein hohes Gebäude noch nicht gesehen. gab Tilla-Mia zu und bemühte sich den Honig rechtzeitig mit den Lippen abzuschlecken, was ohne Zunge ziemlich schwierig war. Da blieb der eine oder andere Tropfen auf der Kleidung nicht aus.


    Der Turm Ist bestimmt höher.. als... das Kolosseum.. in Rom. Wieso leuchten? Ich sehe kein Licht! gebärdete Tilla-Mia mit einer Hand, weil sie gerade Nußstückchen zu zerkauen hatte. Wollen wir weiter gehen? Dicht ging sie an Esthers Seite weiter und genoß die leckere Süßigkeit.

  • "Ja das stimmt Mia. Wir haben uns! Das ist das Schönste was ich mir denken kann ... ", pflichtete Esther ihrer Tochter lächelnd bei. Sie lebten und sie hatten zu essen und zu trinken. Was wollten sie da noch mehr? Wenn nur nicht die Unsicherheit ihres Daseins und die Ungewissheit über den Verbleib der Anderen aus dem Tempel wäre. Doch daran wollte die Ägypterin heute nicht mehr denken. Mit Freude im Herzen verfolgte Esther hingegen, wie Tilla und Pumilio zum Süßigkeitenstand hinüber liefen und dort gemeinsam einige Leckereien erstanden. Für Pumilio war es zwar ungewohnt für die Sachen zu bezahlen, andererseits war es auch einmal ganz schön von einem Händler angelächelt anstatt von ihm fort gejagt zu werden. Mit einer Tüte gebrannter Mandeln in der Hand und einer großen Honigstange im Mund stellte sich der kleine Junge anschließend neben Mia hin und war mit sich und der Welt zufrieden. " Isch habe ausch nosch kein scho hohes Gebäude geschehen. Wie hosch ischt esch denn und woher kommt dasch Lischt?", plapperte Pumilio mit vollem Mund munter drauf los, worauf ihm Esther mit einem gütigen Blick über die Nasenspitze strich.


    "Mit vollem Mund versteht man dich aber seeehr schlecht Pumilio", ermahnte sie ihn schmunzelnd, ehe sie ihre beiden Kinder jeweils links und rechts bei der Hand nahm: "Na dann kommt mal mit ihr beiden!"


    Gemeinsam gingen sie weiter zum Hafenviertel, welches von dem Markt aus in ein paar Minuten zu erreichen war. Esther kannte die Gegend, auch nach all den vielen Jahren, noch sehr gut und so steuerte sie zielsicher diejenige Anlegestelle an, von der aus man den besten Blick hinüber zu dem Leuchtturm hatte.


    "Na hab ich euch zu viel versprochen?", meinte Esther bei dem Anblick des hochaufragenden Gebäudes, welches etwas vorgelagert vor dem Hafen in den Himmel ragte. "Natürlich sieht man am helllichten Tag das Licht nicht, welches er aussendet. Erst am Abend, wenn die Feuer entzündet werden und in der Nacht, strahlt sein Licht weithin sichtbar über das Meer und weist den Schiffen so den sicheren Weg nach Alexandria", erklärte Esther mit sehnsüchtiger Stimme und einem leisen Seufzer in Erinnerung an den einen romantischen Abend den sie mit Tillas Vater hier, auf einem Boot verbracht hatte. So viele schöne Erinnerungen an damals kamen mit einem Mal zurück und ließen die Ägypterin tief aufseufzen.


    Ganz spontan nahm Esther ihre Tochter und Pumilio in die Arme und drückte sie innig und voller Liebe an sich. "Ich ... ich bin so froh, dass ich euch beide habe", wisperte sie nur mit Freudentränen in den Augen. Dann schob sie die Kinder wieder etwas von sich, um sie einen Moment lang nur gedankenverloren anzusehen. Wohin sollen wir nur gehen, um endlich in Sicherheit zu sein? Ständig nagte diese eine Frage an ihr, so sehr sie sich auch bemühte an dem heutigen Tag alle sorgenvollen Gedanken zu verdrängen. "Na habt ihr genug sehen, oder sollen wir noch ein wenig hier bleiben? …. Ich denke wir sollten später noch in den Tempel gehen und den Göttern ein Opfer darbringen", fragte Esther dann nach, wobei sie den zweiten Satz eher zu sich selbst gesprochen hatte in der Hoffnung, die Götter würden ihnen beistehen und sie auch weiterhin beschützen ...

  • Mit einem Lächeln hörte sie Pumillios Worte und wünschte sich wieder einmal so wie er einfach drauflos sprechen zu können, aber ihr blieb nur das stumme Flüstern. Esther wünschte sich vielleicht ebenso Tilla-Mia sprechen zu hören, doch sie konnte ihr diesen Wunsch niemals erfüllen. Schon längst hatte das Mädchen vergessen, wie ihre Stimme geklungen hatte, bevor sie ihr weggenommen worden war. Wieder drückte sie Esthers Hand ganz feste und ging brav ihre Hand haltend an ihrer Seite mit.


    Tilla-Mia hatte am Ende des Spazierganges ihre gekauften Süßigkeit aufgegessen und machte große Augen. Dem Leuchtturm waren sie mit jedem Schritt ziemlich nahe gekomnmen, es sah beeindruckend und ziemlich hoch aus. Sofort versuchte Tilla-Mia sich das Gebäude bei Nacht vorzustellen, schloß sogar die Augen, um es vor ihrem inneren Augen sehen zu können. Es war in ihrer Fantasie ein überwältigender Anblick. Plötzlich spürte sie Esthers Arme, um sich herum, wunderte sich über die Umarmung und beschloß diese zu geniessen. Tilla-Mia umarmte auch Esther und blickte ihre Hand festhaltend zum Leuchtturm. Das sieht Nachts bestimmt toll aus, vielleicht guckt Hektor auch gerade nach dem Leuchtturm. Mama, wer klettert jede Nacht hoch, um das Licht anzuzünden? Geschieht das bei jedem Wetter? Wie weit kann man schauen? Noch weiter als von einem Schiff? flüsterte Tilla fragend drauflos.


    Sie zuckte mit den Schultern, sah sich zum Hafenviertel um. Pumillio saß auf einer Kiste und schleckte seine Süßigkeit immer noch auf. Eine Biene kam zu ihm geflogen und ärgerte den Jungen. Der Junge sprang auf, versuchte vor der Biene davon zu laufen. Auf einem der Wege stürzte er und verlor im Fallen seine Leckerei. Weinend kehrte er zu ihnen zurück und verlangte von Esther getröstet zu werden, zeigte ein blutendes Knie vor. Tilla-Mia seufzte, wartete geduldig. Ja.. genug gesehen. Zu den Tempeln? Hm.. ja.. gerne. Und dann nach Hause zu deiner Freundin? Kennst du hier noch Leute? Kinder?


    Ja, was machte man den lieben langen Tag in einem fernen fremden Land? Spazieren gehen, miteinander reden und für den Tag einkaufen konnte doch nicht alles sein? Sie hatte keine Ahnung, wie es sich als leibliche Tochter einer wieder gefundenen Mutter lebte und erlebte dies erst jetzt, beinahe sechzehn, siebzehn Jahre später. Meistens fühlte Tilla-Mia sich ganz erschlagen von den vielfältigen Eindrücken, wenn sie abends im Bett lag und schlafen sollte. Konnte sie denn als Tochter alles nachholen, was sie mit ihrer Mutter versäumt hatten? Die Bilder von Mio gehörten sowieso Esther. Weisst du, wie lieb ich dich hab, Mama? fragte Tilla spontan, wie immer stumm flüsternd.

  • "Ja das Feuer wird jede Nacht und bei jedem Wetter von den Leuchtturmwärtern entzündet. Und man kann von dort oben viel weiter sehen, als von einem Schiffsmast aus", erklärte Esther ruhig und bereitwillig jede Frage ihrer Tochter. "Wenn wir heute Abend bei uns zu Hause auf das Dach steigen, dann sollten wir eigentlich von dort aus das Licht sehr gut sehen können. Und bei der Gelegenheit werde ich euch ein bisschen was über die Sterne am Himmel erzählen", stellte die Ägypterin ihren beiden Kindern eine weitere kleine Überraschung in Aussicht. Es war einfach schön in die strahlenden Augen ihrer beiden Kinder zu blicken und zu spüren, wie sehr sie sich freuten.


    Das plötzliche Weinen des kleinen Jungen ließ Esther aufhorchen und sofort war sie bei Pumilio, wischte ihm die Tränen ab und verband das blutende Knie mit einem Tuch, ehe sie ihn an sich drückte. "Schsch … nicht mehr weinen. Zu Hause hab ich noch ein paar Süsigkeiten für euch"


    Dann wandte sich Esther wieder an Tilla, die geduldig gewartet hatte und nun wissen wollte wen sie hier noch kannte. "Es ist shon lange her, dass ich hier war. Ein paar Händler aus dem Marktviertel und eben die Familie meiner Freundin, bei der wir untergekommen sind, kenne ich noch von früher. Aber ansonsten ist mir die Stadt nach den vielen Jahren sehr fremd geworden." Esther seufzte leise und hob die Hand, um ihrer Tochter sanft eine Haarsträhne hinter das Ohr zu streichen. Wieder musste die Ägypterin daran denken, dass sie hier auf Dauer nicht bleiben konnten und deshalb fasste sie für sich den Entschluss, möglichst bald mit ihren Kindern nach Rom zu reisen, selbst wenn Tilla eigentlich noch hier bleiben wollte.


    In dem Moment stellte Tilla flüsternd eine Frage, die Esthers Augen verdächtig zum glänzen brachten. Stumm nickend nahm Esther ihre Tochter einfach in die Arme und wiegte sie zum Dank sanft hin und her. Ein zärtlicher Kuss auf die Wange und ein verliebter Blick in die dunklen wundervollen Augen des Mädchens ließen das Herz der Ägypterin in diesem Moment vor Glück und Freude übergehen. "Ich bin so glücklich, dass ich dich habe Mia ...", flüsterte Esther mit erstickter Stimme an Tillas Ohr und erst nach einer ganzen Weile ergriff sie Tillas Hand und die von Pumilio, um mit ihren beiden Kindern weiter jenen Weg zu gehen, den das Schicksal für sie bestimmt hatte ...

  • Leuchtturmwärter.. vielleicht werd ich das später mal machen? kicherte Tilla verschmitzt und lachte Esther vergnügt an. Auja.. ich mag Dächer.. ich kann nämlich gut klettern, weisst du?! Sie sah zum Himmel auf, an dem noch keine Sterne zu sehen waren... aber es würde ganz sicher schon bald dunkel werden. Auf der Reise mit dem Schiff hierher habe ich die Sterne beobachten können. Manchmal sahs so aus als schwimmen Fische im Nachthimmel. Das klingt so dumm von mir... vielleicht hab ich es nur geträumt... erzählte Tilla stumm flüsternd, schüttelte den Kopf.


    Aufmerksam beobachtete sie wie die Ältere mit dem Kleinen umging. Noch mehr Süßes? Dann möchte ich heim.. Mit stummer Geste bot sie Pumillio an ihn Huckepack zu tragen. Der Junge nahm das Angebot an, machte es sich asbald auf ihrem Rücken gemütlich und hielt sich an ihren Schultern fest, anstatt sie von hinten zu umarmen. Ich glaube dir sofort das alles fremd aussieht. In Rom gab es keinen Tag an dem alles gleich oder wie immer blieb. Nur die Elendsviertel veränderten sich kaum..


    Tilla umarmte nach ihren Worten und denen von Esther, die Ältere und liess sich von ihr drücken. Ja, Mama.. Das war so schön... dieses Zusammensein mit ihrer wiedergefundenen Mutter. So musste es sein.. eine Tochter zu sein. Fest und sachte zugleich umgriff sie esthers an und ging an dessen Seite weiter. Wobei sie den einen oder anderen Hüpfer über die Pfützen nicht unterlassen konnte. Sie kreuzten den Händler. Mit den restlichen Münzen kaufte Tilla spontan etwas süßen Vorrat für den Heimweg. Es ging jetzt nach Hause. Oder ich werde später was Großes wie Papa... furchtlos und tapfer. Was hast du gearbeitet als ihr zusammen wart? Ich kann Haare zurecht machen..klettern und reiten.. schreiben und lesen.. und schweigen! vertraute sie ihre herumschwirrenden Gedanken Esther an.

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