xystus | ientaculum für einen Heimkehrer

  • Angesichts der milden Wetterlage an diesem Tag sprach nichts dagegen, das Frühstück heute auf der Terrasse zu bereiten. So hatten die Herrschaften nebenbei einen wunderbaren Ausblick auf den Garten, der trotz der fortgeschrittenen Jahreszeit noch immer in voller Blütenpracht erstrahlte. Geschäftig und leise gingen die Sklaven ihrer Arbeit nach, rückten hie und da einen Sessel und eine Liege zurecht, drehten den Tisch ein paar Mal herum und ordneten die silbernen Tabletts mit den Speisen ansehnlich an. Brot mit garum, süßes Gebäck, Honig und Früchte, dazu verschiedenste Säfte - für jeden Geschmack war eine reichhaltige Auswahl geboten.


    Noch war niemand von den Herrschaften hier. Doch das würde sich sicher bald ändern, wenn erst der Duft der vielen Leckereien bis in ihre cubiculi vorgedrungen wäre. Zudem waren die Leibsklaven von Brix angewiesen worden, den Familienmitgliedern von der Rückkehr ihres Verwandten Avianus zu berichten.

  • Leider war Avianus noch allein auf der besagten Terrasse, wo für heute morgen ein Frühstück angesetzt war. Es war einfach merkwürdig, dass er schon seit letzten Abend hier in der Villa Aurelia war und noch niemanden der Familienmitglieder selbst zu Gesicht bekommen hatte. Sogar Sklaven striffen durch das Haus und erledigten, wie sonst so üblich, ihre Arbeiten. Doch Avianus war erstaunlich früh aufgestanden, viel früher, als er es vor seiner Abreise noch zu tun pflegte. Vielleicht wollten die Verwandten einfach nur richtig ausschlafen.


    Doch Avianus hatte in der Legion lernen müssen, auch mit weniger Schlaf genauso fit zu sein! Nur das ermöglichte es dem jungen Aurelier, tatsächlich früher als alle anderen hier anwesend zu sein - diese militärische Ader konnte er wohl so schnell nicht mehr zur Seite legen! Vielleicht würde sich diese Eigenschaft auch eines Tages zum Vorteil ausnutzen lassen. Doch so bleib es ihm nur übrig, sich hinzusetzen und zu warten, nachdem er durch die Gänge der Villa geschlendert ist.

  • Bereits seit längerem hatte Prisca nicht mehr richtig gut schlafen können und war deshalb die zweite Frühaufsteherin an diesem Morgen. Einerseits lag das sicher an der Vorfreude über die baldige Rückkehr ihrer beiden Verwandten (kurz nach Avianus sollte ja auch Orestes wieder zurück sein), andererseits bedrückte es Prisca sehr, dass ihre Reise zu Minervina nicht von dem erhofften Erfolg gekrönt gewesen war. Sie hatte es nicht geschafft, die liebgewonnene Cousine aus ihrer tiefen seelischen und körperlichen Qual zu befreien und darüber machte sich die Aurelia schwere Vorwürfe. Kurz nach ihrer eigenen Rückkehr kam zu allem Überfluss auch noch die schreckliche Nachricht, dass die Cousine kurze Zeit später verstorben sei. Prisca konnte das noch gar nicht so recht begreifen und deshalb war sie schon seit Tagen hin und her gerissen zwischen tiefer Trauer und alltäglicher Normalität.


    An diesem Tage jedoch sollte die Wiedersehensfreude allem Trübsinn überwiegen. "Was?? Avianus ist schon seit gestern Abend zurück. Und warum sagt uns das niemand?" Prisca war sichtlich ungehalten über die verspätete Nachricht, die sie von Saba während des Ankleidens erhielt. "Herrin wir dachten du und die anderen Herrschaften schlaft alle schon. Da wollten wir euch nicht stör …", versuchte Saba sich und die übrigen Sklaven zu verteidigen. "Halt den Mund, du dummes Ding! Ihr Sklaven sollt nicht denken, wie oft muss man euch das noch sagen .. Geh mir aus dem Weg!",fuhr die Aurelia die Sklavin an und schubste diese dabei unsanft zur Seite. Es folgte ein kritischer Blick in den Spiegel und da zumindest die magenta farbene Tunika und die Frisur korrekt saßen, entging Saba gerade noch einer Bestrafung. Ohne die Sklavin weiter zu beachten verließ Prisca ihr cubiculum und machte sich in Richtung xystus auf, ...
    ~~~
    ... wo sie in dem Moment freudig "Avianus!! " ausrief, als dieser sich in einen der Sessel nieder lassen wollte. Mit wenigen Schritten hatte Prisca ihren Verwandten erreicht und schenkte ihm ein erfreutes Lächeln und einen herzliche Umarmung. "Es tut mir so leid. Ich habe erst jetzt von diesem unützigen Sklavenpack erfahren, dass du schon seit gestern Abend zurück bist. ... Den Göttern sei dank, du bist gesund aus diesem schrecklichen Germanien zurück gekehrt" Für Prisca war dieses Land nach wie vor ein Graus. " Erzähl doch, wie ist es dir dort ergangen. War es sehr schlimm?", erkundigte sich die Aurelia mit besorgter Miene. Sie nahm neben Avianus Platz und hörte ihm gespannt zu.


    Die Sklaven stellten währenddessen eine Platte mit gemischten Speisen und etwas Obst vor den Herrschaften bereit, sodass beide davon nehmen konnten worauf sie Lust hatten.

  • Gerade erst hatte Avianus angefangen, es sich auf dem Sessel richtig gemütlich zu machen und ließ sich einige Gedanken seiner letzten beiden Amtszeiten durch den Kopf gehen, da kam auch schon eine andere Frühaufsteherin, den jungen Aurelier nach seiner langen Absenz zu begrüßen. Avianus war glücklich, dass Prisca gekommen war, denn das vertrieb das Gefühl, dass es der Familie egal sei, Avianus wiederzusehen. Sofort, getrieben von Wiedersehensfreude, erhob er sich von seiner bequemlichen Sitzhaltung und hielt auf Prisca zu. "Prisca! Endlich, ich dachte schon, ihr hättet alle das Haus verlassen oder wollt mich nicht mehr sehen", rief der junge, ehemalige Tribun und erwiderte die Umarmung seiner Cousine herzlich.


    "Ja, ich bin gesund zurückgekehrt", erklärte Aviauns lächelnd, was man ihm vielleicht eh schon ansah, "Nimm die Sklaven doch nicht so hart ran!" Es war für Avianus wie ein Segen der Götter, wieder in einer vertrauten Gegend zu sein, in einer vertrauten Stadt mit der vertrauten Familie und den vertrauten Nachbarn. Was er noch tun musste, war es, diesen Göttern zum Dank zu opfern. Interessiert fragte die Cousine nach, wie es Avianus ergangen sei und dieser fühlte sich sofort an den Kampf erinnert, den er in einem germanischen Wald schlagen musste. Wie er - notgedrungen, um sich wehren - zwei von diesen Räubern erschlagen hatte. Avianus setzte sich wieder und Prisca neben ihm. Er wurde ein wenig nachdenklich.
    "Das Land war nicht schlimm, wenn man durch die Alpen gekommen ist und somit das Schlimmste hinter sich hatte. Aber nun ja, ich habe Blut an meinen Händen kleben."
    Avianus hatte das dunkelrote Tuch mit dem aufgenähten Löwenkopf dabei, dass Prisca ihm vor der Abreise gab und zog es aus seiner Tasche. Es sah genau aus, wie am ersten Tag...
    "Vielleicht", Avianus reichte es seiner Cousine, "Möchtest du das zurück haben?"

  • Nicht nur Avianus war überglücklich wieder hier zu sein. Auch Prisca hatte ihren Cousin sehr vermisst und deshalb hob sie verwundert eine Augenbraue über die geäußerte Befürchtung, niemand wolle ihn sehen. "Wie kommt er denn auf so einen Unsinn? Prisca zögerte kurz und war leicht irritiert.Das soll wohl ein Scherz sein Und genau als solchen tat die Aurelia dies nun ebenfalls scherzend ab:""Doch ja, du hast natürlich recht. Der Rest der Familie hat fluchtartig das Haus verlassen als du an kamst. Nur mich haben sie hier vergessen. Und nun lauf ich dir ausgerechnet noch in dieArme!" Prisca sah ihren Cousin kurz mit ernster Miene an, ehe sie nicht anders konnte und kopfschüttelnd los kichern musste.


    Schnell fing sie sich aber wieder, denn die vergangenen Tage und Wochen waren alles andere als lustig gewesen. Avianus wusste davon vielleicht noch gar nichts und wunderte sich deshalb nur, dass so wenige Angehörige zur Begrüßung hier waren . ""Ach die Sklaven … ja ich weiß. Ich sollte nicht zu hart mit ihnen sein. Ich bin nur in letzter Zeit etwas angespannt und übermüdet. … Marcus war lange Zeit sehr krank, Orestes ist schon seit längerem verschollen. Ursus ist wegen seines Tribunats in Mantua ebenfalls nur selten hier, und seine Schwester Minervina, ..." Prisca geriet kurz ins stocken, bei dem Gedanken an das unausweichliche Schicksal ihrer Cousine." es geht ihr sehr, sehr schlecht" , klärte Prisca ihren Cousin kurz auf, ehe sie mit einem tiefen Seufzer und einem traurigen Blick zur Kenntnis nehmen musste, dass auch Avianus schreckliches hinter sich haben musste. Stumm legte sie eine Hand auf die ihres Cousins und drückte diese leicht. Zum Trost für ihn und in der Hoffnung, all die trüben Gedanken irgendwie vertreiben zu können, damit die Wiedersehensfreude dadurch nicht zu sehr geschmälert würde.


    Zum Teil gelang es auch spontan bei dem Anblick jenes Tuches das sie extra für Avianus gestickt hatte. "Du meine Güte. Du hast es immer noch? Und es sieht noch genauso aus wie am ersten Tag." Prisca war ehrlich beeindruckt von dem Zustand des Tuches. Ihr Cousin musste es anscheinend gehütet haben wie seinen Augapfel. Versonnen strich Prisca über den weichen Stoff und betrachtete den gestickten Löwenkopf, der ihr so einige Mühen bereitet hatte. "Ja ich wollte es von dir persönlich zurück haben. … Und nun, da du gesund zurück bist, möchte ich es dir schenken. Es soll dir auch weiterhin Glück bringen, auf all deinen Wegen" Mit diesen Worten und einem herzlichen Lächeln, gab die Aurelia das ehemalige Pfand Avianus zürück. …auf all deinen Wegen? Er wird doch hoffentlich nicht bald schon wieder abreisen, war unvermittelt Priscas nächster Gedanke. "Was hast du denn eigentlich jetzt vor, Avianus? … Du bleibst doch hoffentlich hier in Rom?", fragte Prisca mit besorgter Miene vorsichtig nach und im selben Moment fiel ihr ein, dass er ja gerade erst seit ein paar Stunden zurück war. Und ich löchere ihn schon mit Fragen über seine Zukunftspläne.


    "Entschuldige bitte lieber Cousin. Ich weiß, ich bin schrecklich neugierig. Nicht wahr?", fügte Prisca deshalb mit einem schuldbewussten Augenaufschlag und einem leichten Schmunzeln hinzu, ehe sie Avianus die Gelegenheit zur Antwort gab ...

  • "Wie schrecklich", lachte Avianus über den Sarkasmus von Prisca auf und musste sich derweilen auch vor Schmerzen den Bauch halten. Mit einem Witz, der so gut zur Situation passte und vielleicht nicht einmal so unrealistisch war, nein, damit hätte Avianus nicht gerechnet. Zumindest nicht in diesem Moment. Es war jedoch schön zu sehen, dass die Cousine ihren Sinn für Humor nicht verloren hatte! "Hoffentlich wirst du des Nachts ruhig schlafen können, nach solch einem traumatischen Erlebnis!"


    So merkte man zum Beispiel, dass es wirklich traumatische Ereignisse gegeben haben musste, von denen Avianus weit ab im fernen Germanien nicht einmal etwas mitbekommen hatte. Es war womöglich der Grund, weshalb er noch niemanden hier gesehen hatte, außer Prisca. "Marcus krank, Orestes verschollen", echote Avianus ungläubig und seine Mine verfinsterte sich dabei. "Und Minervina?" Sein Gesichtausdrück hätte düsterer wohl nicht sein können und er geriet nun in ernsthafte Sorgen um die Familie. "Was ist geschehen? Wie konnte das passieren? Was ist mit Minervina", stotterte der junge Aurelier unsicher und seufzte gut hörbar, sich mit einer Hand durch die Haare fahrend. Auch Bilder von den Waldkämpfen leißen sich nicht abschütteln, doch Avianus vergaß sie, als Prisca ihm beistand. "Was ich erlebt habe ist... nicht so wichtig wie die Familie." Es war ja kein Problem... nur zwei Männer erschlagen...

    "Natürlich habe ich es immer noch"
    , rief Avianus, "Denkst du, ich schmeiße so etwas weg?" Gehütet und behalten hatte er es... nur benutzt hatte er es nicht, denn bei einem solchen schönen Tuch war es fast schon schade, es dreckig zu machen! Er hatte dann einen Nutzen davon gehabt, wenn er es rausholte und an die Familie denken konnte. "Danke, Prisca. Das weiß ich zu schätzen", erwiderte Avianus ehrlich erfreut über die Geste seiner Cousine.


    Was Avianus nun tun würde, das hatte er sich gut überlegt. Im Grunde waren das seine einzigen Gedanken auf seiner Reise nach Süden gewesen. "Ja, ich bleibe in Rom. Und ich werde für das Amt des Quaestors kandidieren, wie einst auch Ursus." Imaginär hängte er jedoch noch an: "Und ich werde die Mörder meines Vaters finden."
    "Es gibt aber schlimmere Arten von Neugierde", lächelte er.

  • Mit Sicherheit wäre es nicht die Schuld ihres Cousins, wenn Prisca auch in den folgenden Nächten unruhig schlafen sollte. Über seine Rückkehr freute sie sich wirklich, wenngleich die tiefe Sorge und die nagende Gewissheit über Minervinas Schicksal doch allgegenwärtig waren. Avianus schien die Nachricht jedenfalls sehr zu treffen und da er besorgt nachfragte, gab die Aurelia im mit leisen stockenden Worten Auskunft: Über ihre spontane und erfolglose Reise ans Meer zu ihrer Cousine - über die niederschmetternde Diagnose der Ärzte - über ihr Schreiben an Ursus und den Plan Minervina, für die ihr noch bleibende Zeit, nach Rom zu holen. Da ahnte sie ja noch nicht, dass Minervina bereits ins Elysio gegangen war.


    Doch das Leben musste - so abgedroschen es auch klingen mag - irgendwie weitergehen und deshalb fiel Prisca ihrem Cousin fast ins Wort, als dieser seine eigenen Sorgen und Nöte als unwichtig abtun wollte. "Unsinn!" Sie versuchte zu lächeln, was sicher etwas gezwungen wirkte angesichts der aktuellen Geschehnisse. Aber dennoch. Die Familie bedeutete Prisca mittlerweile sehr viel und dies wollte sie Avianus zeigen, indem sie seine Hand weiterhin hielt und ihn eindringlich dabei ansah: "Avianaus! Du vergisst, dass auch du ein Teil der Familie bist. Und deshalb, …. bin ich gerne für dich da sofern es etwas gibt was dich betrübt, oder wenn ich sonst etwas für dich zu tun vermag" Nicht tadelnd sondern sehr vertraut klingend bot sie ihm dies an.


    Immer noch beeindruckt von dem Zustand des Tuches schaute Prisca Avianus in die Augen und schüttelte leicht den Kopf: Nein natürlich habe ich nicht angenommen, dass du es einfach so wegwerfen würdest, aber … das du es nicht ein einziges Mal benutzt hast?! … wunderte sich Prisca noch immer leicht. Es hatte für ihn wohl eine sehr große Bedeutung und deshalb freute sie sich sehr, dass er es auch weiterhin in Ehren halten würde.


    "Oh! dann bin ich ja beruhigt", bemerkte Prisca lächelnd in Bezug auf ihre Neugier und gleichermaßen auf die Nachricht hin, dass Avianus in Rom bleiben und kandidieren wolle. Das Amt des Quästors war eine gute Position um sich zu beweisen - fand Prisca. Und zudem ist es viel ungefährlicher, wie eine militärische Aufgabe. Für eine Sekunde glaubte die Aurelia allerdings einen Schatten auf Avianus Miene zu erkennen. Hat er gar Zweifel an seinem Erfolg?, dachte Prisca dabei und deshalb wollte ihm frischen Mut geben: "Ich bin überzeugt, dass du Erfolg haben wirst bei der Wahl. … Hast du denn deine Pläne schon Ursus oder Marcus mitteilen können? Sicher würden auch die Anderen den Entschluss ihres Cousins befürworten und unterstützen.

  • Sim-Off:

    Sorry, für die späte Antwort! :(


    Welch üble Geschichte es war, über welche sie hier sprachen... Avianus sah ungläubig drein und die Erschütterung über Minervinas Tod stand ihm nur so ins Gesicht gemeißelt. Wusste Ursus schon davon, was seiner Schwester wiederfahren war? Sicher war sich Avianus nicht, wie sein Vetter dies wohl aufgenommen hätte oder hat. Es war eine Nachricht, die Avianus erschütterte. Was sollte er jetzt sagen? Sollte er lieber schweigen und Minervina gedenken? Am Besten tat er dies und ließ sich die Ratlosigkeit sichtbar anmerken.
    "Danke, Prisca", quälte sich Avianus, sein gesenktes Haupt zu heben und ein Lächeln aufzusetzen, doch es war ehrlich, "Es wird Ursus bestimmt mehr erschüttern, als mich. Ich möchte für ihn da sein. Und es tut gut, dass du für mich da bist. Doch, Prisca: Ich muss wissen, wie das geschehen konnte. Wie ist Minervina gestorben? Sage es mir." Ernst sah er seiner Cousine in die Augen - wenn er jemanden so ansah, konnten


    Avianus´ Gesichtsausdruck verbesserte sich jedoch wieder, als sie auf das Tuch zu sprechen kamen. "Ja, irgenwie habe ich es geschafft. Es war mir zu wertvoll, als dass ich mir damit Schweiß oder Tränen gewischt hätte. Und ich werde es auch weiterhin im Herzen tragen. Egal wohin ich gehe." Es war ja wohl das Mindeste, dass er es bei sich behielt. Ein kleines Stück Familie, egal an welchem Ende der Welt er gerade war.


    Es war nicht einmal Selbstzweifel, der Avianus´ Herz erfüllte, wenn er von seiner nächsten Kandidatur im Cursus Honorum sprach. Doch es waren Gedanken, die er jetzt in diesem Moment verstoßen musste. "Noch nicht, ich bin doch erst gekommen. Aber wollen wir sehen, wie sich die Kandidatur gestaltet."

  • Die Erschütterung war Avianus deutlich anzumerken, angesichts der schrecklichen Nachricht über Minervinas Schicksal. Prisca tat es einerseits leid, dass sie ihren Cousin unmittelbar nach seiner Ankunft mit einer solch traurigen Nachricht belasten musste. Andererseits würde Avianus es - über kurz oder lang - sowieso erfahren. Nur war es eben nicht so einfach zu erklären: "Wie Minervina genau gestorben ist? ...", wiederholte die Aurelia die Frage tonlos und rief sich die traurige Geschichte noch einmal ins Gedächtnis.


    "Das weiß ich leider nicht so genau Avianus. … Noch vor wenigen Wochen war ich bei Minervina und habe versucht ihr irgendwie beizustehen. Da haben mir die Ärzte gesagt, dass sie sehr wahrscheinlich bald … " Prisca sprach es nicht aus. Der Moment damals war sehr schlimm gewesen und Avianus konnte sich denken was sie meinte. "Jedenfalls sollte Minervina nach Rom zurückkehren, weil wir uns hier besser um sie kümmern könnten. Ich bin sofort nach Rom zurück gereist um alles für ihre Ankunft vorbereiten, während Ursus seine Schwester nach Hause begleiten sollte. Ich habe ihm extra noch einen Brief geschrieben, doch … schon kurz nach meiner Rückkehr überbrachte ein Bote die schreckliche Nachricht …", erzählte Prisca ihrem Cousin mit glänzenden Augen, was in den vergangenen Wochen alles passiert war. "Im Augenblick weiß ich selbst nicht genau, ob Ursus noch rechtzeitig angekommen ist und warum es plötzlich so schnell ging. … Ich denke wir müssen auf den Bericht der Ärzte warten. Marcus weiß eventuell mehr …", schloss die Aurelia ihren Bericht mit einem tiefen Seufzer.


    Nun hätte sie ein Taschentuch gut gebrauchen können. Doch jenes Tuch das sie ihrem Cousin geschenkt hatte, war im selbst zu schade, um daran Schweiß oder Tränen abzuwischen. Dieses Bekenntnis zauberte schließlich wieder ein leichtes Lächeln auf Priscas Gesicht und so nahm sie kurzerhand das Ende ihres Schals und tupfte damit den verräterischen Glanz aus ihren Augen. Die Trauer um Minervina würde sie alle noch lange begleiten, andererseits mussten sie auch nach vorne schauen, dorthin, wo das Leben sich abspielte.


    Dass Avianus - so kurz nach seiner Ankunft - noch keine Gelegenheit hatte um mit Marcus zu sprechen, war der Aurelia bewusst. Allerdings hatte Prisca durchaus angenommen, dass die beiden eventuell auf dem Postweg miteinander kommuniziert hatten. Allerdings zweifelte Prisca nicht daran, dass Avianus wusste was er tat und wie er vorgehen sollte. "Wenn ich dir irgendwie helfen kann, … sag es ruhig ...", bot sie Avianus trotzdem ihre Unterstützung an, wenngleich es sehr wenig gäbe was sie als Frau in der Politik für ihn tun konnte - oder? …Im Moment schienen die Gedanken des Cousins ohnehin mehr um das Schicksal Minervinas zu kreisen, als um seine eigene politische Karriere … was nur verständlich war ...

  • Avianus fühlte sich merkwürdig, ganz und gar, stand er vollkommen neben sich. Wie könnte das denn sein, dass er nicht einmal, wieder richtig in Rom angekommen, Fuß gefasst hatte und es dann vom tragischen Ableben einer Verwandten erfuhr? Es war merkwürdig und fühlte sich an, wie ein böser Traum. Würde er denn bald wieder aufwachen? Ein Ruck im Bett und auf einmal lag er auf der Pritsche und es war doch alles in Ordnung? Nein - es war real und das merkte Avianus auch.


    Auch Prisca schien die Geschichte sehr nahe zu gehen, was Avianus noch trauriger machte. Sie redete den Satz mit den Ärzten nicht zu Ende und Avianus umarmte sie, um ihr die Kraft zu geben. "Wir können es nicht mehr ändern. Wir müssen nun in die Gegenwart schauen, um unsere Zukunft zu bestimmen.", meinte Avianus mit ernst klingender Stimme.
    Dass die Cousine dem jungen Aurelier trotzdem helfen wollte, fand dieser schön, doch nie wäre ihm in den Sinn gekommen, seine Familienmitglieder zusätzlich mit seinen eigenen Problemen zu belasten. Nein, dazu waren diese zu zahlreich, wusste er und es galt Vorrang, Minervina eine würdige Bestattung zukommen zu lassen, damit diese sich würdig zu den Ahnen der Familie hinzugliedern konnte. "Es wird nicht nötig sein. Ich habe keine Probleme, mit denen ich nicht selbst klarkommen könnte." Das war angesichts der Tatsache, dass er die Mörder seines Vaters noch suchte, ein wenig gelogen, doch er wollte nicht zusätzlich belasten.

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