Vor dem Gebäude - Ertappt!

  • Vestalin. Das war ihre Stieftochter also. Oder eher: Wollte es gern werden. Wohnte jetzt nicht mir zu Hause, sondern im Atrium der Vestapriesterinnen! Ob es dort schicker war, wusste Ofella nicht. Allerdings wollte sie sich die Chance nicht entgehen lassen, selbst einmal dort vorbeizuschauen. Natürlich nur, um sich selbst zu bestätigen, dass ihr Neid vollkommen unbegründet war. Also hatte sie beschlossen, am heutigen Tage eine kleine Erkundungstour durch Rom zu machen, oder genauer gesagt, sich das Atrium der Vestalinnen einmal anzuschauen. Von außen natürlich, denn sie wollte nicht Gefahr laufen, Romana zu begegnen. Als Herumlungern konnte man ihre Anwesenheit vor dem Gebäude es nicht bezeichnen, immerhin stand sie nur draußen, noch dazu in einiger Entfernung, und besah sich das prächtige Gebäude. Schick war es schon. Aber hier und dort hatte der Marmor doch bereits Risse oder war fleckig.


    Eine Bewegung dicht beim Eingang erregte kurz darauf ihr Interesse. Fegte dort jemand, oder was?! Ofellas Augen verengten sich zu Schlitzen. Als sie jedoch erkannte, wer dort was auch immer tat, weiteten sie sich und die Claudierin wandte sich ab, um möglichst schnell und möglichst ungesehen zurück zu ihrer Sänfte zu kommen. Eines allerdings hatte sie vergessen: Ihr rotes Haar, das wie eine Flamme im Wind stand und zu allem Übel auch noch in genau jenem Moment von der Sonne beschienen wurde.


    Sim-Off:

    reserviert 8)

  • Einige Zeit hatte Romana damit verbracht, sich herzurichten. Die erste Erwägung, die sie sich durch den Kopf gehen lassen hatte, war zuerst einmal, wie sie kommen sollte – so wie sie zu den iuniern gekommen war, oder doch in der Vestalinnentracht? Sie hatte sich lange nciht entscheiden können, war vor ihrer Kleidersammlung gestanden und hatte gegrübelt, bis sie sich doch für die altbewährte Vestalinnentracht entschlossen hatte. Denn insgeheim war sie sich ziemlich sicher, dass Pomponia Pia, die Obervestalin, es gar nicht gerne sah, wenn sie mit etwas anderen als der Tracht sich sehen ließ, auch wenn sie Ausgang hatte.


    Wenn sie aber schon in der weißen Tracht erscheinen würde, würde sie das ordentlich machen. Sie zog frisch gewaschene, blütenweiße Gewänder an, die sie sehr sorgfältig umwickelte. Ihren besten Schleier wählte sie aus, sowie eine in besonders saftigen Farben gehaltene, nicht allzu dicke, Wollbinde, die sie mit einer Kopfbinde, der vitta, um den Kopf befestigte. Das sollte passen. So konnte sie sich überall sehen lassen.


    Sie schritt durch das Atrium hinaus durch die Porta. Wobei, bevor sie das tat, warf sie einen letzten Blick ins Wasser, um sich in der Spiegelung zu sehen. Es passte alles. Ihr Gesicht war vom Schleier umhüllt und blickte ihr aus dem Wasser freundlich entgegen. Kein Claudiergesicht, ein Manliergesicht hatte sie, wie man es ihr oft sagte. Sie ähnelte ihrer Mutter, als jene so alt gewesen war wie sie selbst, so hatte sie gehört. Aber sie wollte nicht mehr darüber nachdenken. Es war der Tag der Fontinalien, und Romana freute sich schon auf das Fest in der Casa Germanica, wo sie eingeladen war. Sie wollte auf keinen Fall zu spät kommen, aber erst jetzt hatte sie losgehen können.


    Draußen angekommen, atmete sie tief Luft ein – wie sehr sie sich schon freute! – bevor sie sich nach links wandte und schon losgehen wollte. In genau jenem Moment aber bemerkte sie etwas. Da war etwas... Rotes. Sehr, sehr rot. Romanas Haar hatte ja einen leicht rötlichen Glanz, der aber, im Laufe der Zeit, immer mehr ins Bräunliche abwanderte. Sie war sich sicher, sobald sie erst 20 wäre, würde sie komplett braune Haare haben. Doch so rote Haare... waren selten in Rom. Wenn es sich nicht um eine Sklavin handelte. Und eine Sklavin war diese Person ganz sicher nicht.


    Es konnte nur eine Frau sein, deren Anwesenheit Romana mehr als nur verwundert hätte. Diese Haare, die waren wie ein Signal, welches man aus der Menge herausstechen sah. Schnell eilte Romana auf die Person mit den Haaren zu und kam hinter ihr zum Stehen. „Ofella?“, fragte sie. Denn Mutter würde sie diese Person niemals nennen.

  • Ofalle war nun wirklich nicht unauffällig, von ihrem Haar ganz zu schweigen. So gesehen war es daher auch kein Wunder, dass Romana sie sofort erkannt hatte. Warum hatte es auch das Mädchen sein müssen, die in jenem Moment das Gebäude verließ und die Treppen herunter schritt? Als sie ihren Namen hörte, konnte sie auch die Schritte nicht länger ignorieren, die sie schon vorher hinter sich vernommen hatte. So blieb Ofella mit entnervtem und ergebenem Gesichtsausdruck stehen, zwang ihre zu Tode betrübten Mundwinkel zu einem strahlenden Lächeln und wandte sich erst dann zu Romana um. "Romana, Kind!" jauchzte sie und presste sich die vermutlich vollkommen perplexe Romana an die wohl genährte Brust, ehe sie sie wieder atmen ließ und ein wenig von ihr weg rückte. Den nun derangierten Schleier und das seltsame Gebinde auf dem Kopf ihres Stiefkindes maß sie mit kurzem Blick. Ofella war eine perfekte Schauspielerin. Romana würde mitnichten bemerken, dass Ofella sich am liebsten schleunigst aus dem Staub gemacht hätte. "Nein! Was für ein Zufall! Stell dir vor, eigentlich hatte ich dich besuchen wollen, aber ich dachte mir, gerade an einem Feiertag wirst du gewiss alle Hände voll zu tun haben, da wollte ich dich nicht stören", erklärte sie vollkommen glaubwürdig und ohne auch nur im Entferntesten mit der Wimper zu zucken. "Tss, Zufälle gibt es!" Ein neuerlicher Blick bemaß die angehende Vestalin. Zu klein, zu dürr, zu unscheinbar. Vestalin war genau das Richtige für sie. Einen Mann konnte sie so ohnehin nicht für sich vereinnahmen. Ofella lächelte. "Gut schaust du aus!" Und dieses Gewand... Ob es mit Absicht einem alten Jutesack nachempfunden war? "Wie geht es dir denn, mein Liebes?"

  • Ach, bei den Göttern, hätte sie die roten Haare doch nur ignoriert. Romana hätte sich selbst dafür von oben bis unten abwatschen können, dass sie die Ehefrau ihres Vaters nicht ignoriert hatte. Nur war es ein so seltener Anblick, die Mutter ihres lieben Bruders (schon beim Gedanken an ihm musste die Claudierin sich zurückhalten, nicht auf den Boden auszuspucken) hier in Rom zu sichten. Es musste einen Grund dafür geben, denn Romana wissen wollte.


    Doch lieber wäre sie ohne Aufklärung geblieben. Denn die Wucht, mit der die komplett überraschte Romana an die Brust der gebürtigen Lucretierin gedrückt wurde, war unheimlich. Ungelenk, reflexartig, suchte auch sie eine Umarmung der Ofella. „Ähm... ja... es ist auch sehr schön, dich hier zu sehen!“, log sie, dass es sie wunderte, dass ihre Nase nicht noch länger wurde, als sie es schon war. Woher nahm die Alte nur ihren Enthusiasmus her? Romana war so konfus, dass sie ohne Widerrede den Wortschwall ihrer Schwiegermutter über sich ergehen ließ, dabei Ofella mit einem sorgfältig geübten Lächeln auf ihren Lippen anblickend.


    Hätte sie jedoch Gedanken lesen können, hätte sie sich arg gewundert über das, was Ofella dachte. Zu klein? Ein so langes Gestell wie Romana gab es kein zweites Mal in Rom. Sie überragte ihre Schwiegermutter, die selber groß war, um Einiges, sogar ihren Vater übertraf sie an Größe. Zu dürr? Romana war nicht dick, doch hatte sie des Öfteren mit ihrem Bauch zu kämpfen, der nur selten auf Idealgröße zusammenschrumpeln wollte. Zu unscheinbar? Durch ihre Größe ausgeschlossen, und das strahlende Gewand tat ihr Übriges. Vielleicht war Ofella einfach nur verkalkt. 8) Aber das glaubte Romana auch, ohne diese Gedanken erraten zu können.


    „Öhh, danke, dass du das sagst. Und mir geht es sehr gut, danke! Wie geht es dir?“, fragte Romana sittsam. In der hohen Kunst des Schauspiels war sie unerfahren, und der von Natur aus sehr ehrlichen Romana fiel es schwer, nicht einfach nur dreinzugaffen wie eine Idiotin.

  • Nun, zumindest wusste das Kind, wie man sich höflich verhielt, wenn sie auch schon kaum ihre Züge unter Kontrolle hatte. Wäre dies ihre eigene Tochter gewesen, würde sie selbstverständlich wissen, wie man seine wahren Gefühl verbarg. Doch sie war nicht ihr Kind, und so sah Ofella keine Notwendigkeit, Romana selbst zu schulen. Zudem sie sich für ein Leben in Keuschheit unter Gleichesgleichen entschieden hatte. Bei den wenigen Gelegenheiten in ihrem Leben, die Romana für Ränkespiele zur Verfügung stehen würden, würde es keinen Unterschied machen, ob auf ihrem Gesicht zu lesen war wie in einem Buch oder nicht.


    "Oh, du weißt ja, der Husten", sagte Ofella und zuckte mit einer Schulter. "Sonst recht passabel. Und sie behandeln dich hier auch gut?" Ofellas rechte Braue wanderte hinauf gen Haaransatz. Es war ihr eigentlich gleichgültig, immerhin hatte sich Romana selbst in diese Situation manövriert, da musste sie auch sehen, wie sie zurande kam. "Bist du denn gar nicht eingeteilt, das Feuer zu hüten heute?" wollte sie darauf folgend wissen, ein wenig skeptisch geworden, dass Romana hier draußen herumlungerte und offensichtlich ausgehen wollte - allein, ohne Geleitschutz. Ofella hustete leise und räusperte sich dann. "Ich halte dich doch nicht etwa auf?" Vielleicht bot sich ja doch eine gute Gelegenheit zur schnellen, aber würdevollen Flucht.

  • Nur langsam begann Romana, sich von ihren Schrecken über diese Umarmung zu erholen, und einen ein wenig gelasseneren Gesichtsausdruck zu machen. Das Gespräch hier fand sie ein wenig ungeschickt, doch sie ahnte nichts Gutes. Man musste aus dieser Frau herausholen, wieso sie hier war.


    „Das ist ja schlimm!“, meinte sie und schüttelte demonstrativ den Kopf. „Da ist es ganz und gar verständlich, dass du das gesündere Klima in Baiae bevorzugst gegenüber der giftigen Luft hier in Rom. Da frage ich mich, wie kommt es, dass wir die Freude haben, dich wieder in Rom empfangen zu können?“, fragte sie und blickte ihre Schwiegermutter so freundlich wie möglich an.


    Dass ihre Schwiegermutter der Meinung war, Vestalinnen müssten immer das Feuer hüten, käme Romana abstrus vor. Es war viel wahrscheinlicher, dass sie herausfinden wollte, was Romana im Schild hätte. „Ich habe Ausgang.“, informierte sie ihre Schwiegermutter. „Zu den Fontinalien.“ Ein elender Geist in ihr entschloss sich, die Wahrheit zu sagen. „Ich bin bei einer Freundin zu einem Fest eingeladen.“ Ofella würde hoffentlich verstehen, dass nur Romana eingeladen war, und sich nicht etwa mitschleppen lassen.


    „Neinneinnein!“, gebot Romanas Anstand ihrer Schwiegermutter zu versichern. „Ich bin ganz sicher pünktlich dort.“ Sicher war sie sich dabei nicht, eine kleine Verspätung hätte sie schon ohne Ofella einkalkuliert.

  • Das Klima bevorzugen. Gesünder und verständlicher. Ofella unterdrückte es, die Nase zu rümpfen. Pah! Wäre es nach ihr gegangen und hätte sie diesen grausigen Husten nicht gehabt, hätte sie sich ganz sicher nicht in die wilde Walachei abschieben lassen. "Ach, Kind, selbstverständlich vermisse ich euch alle ganz schrecklich. Jedes Mal - kaum, dass ich Rom den Rücken kehre!" sagte Ofella wehmütig und nickte bezeugend. Warum sie wirklich hier war, beantwortete sie damit nicht. Da würde sich Romana schon etwas besser anstrengen müssen, um die Wahrheit herauszufinden.


    Doch dann, kaum dass Ofellas bedauernder Ausdruck von ihrem Gesicht gewichen war, sagte Romana etwas, das sie wohl kurz darauf bereuen würde. Denn natürlich interessierte Ofella dieses Fest. Wie hätte es auch anders sein können? Aufmerksam blinzelte die Rothaarige. "Oh, ein Fest? Bei wem denn? Ich war schon so schrecklich lange nicht mehr auf einer Feier... In Baiae ist ja nichts los, ganz öde ist es!" Der eigentliche Grund war allerdings, dass in Baiae inzwischen kaum noch jemand Ofella einlud, von den pompösen Festivitäten ihrer guten Freundin Flavia Agrippina einmal abgesehen. Doch Ofella würde ihre Stiefmutter sicherlich nicht bitten, sie mitzunehmen. Stattdessen setzte sie auf die Höflichkeit Romanas und seufzte bitterlich. "Ach, wie schön, Kind. Dass wenigstens du heute Abed ausgelassen sein kannst. Ich denke, ich werde wohl früh zu Bett gehen... Es ist sehr schwer, wieder Anschluss zu finden, wenn man längere Zeit nicht in der Ewigen Stadt war, weißt du? Aber wenigstens du kannst dich heute amüsieren." Kläglich war der Augenaufschlag, mit dem Ofella Romana bedachte. Und zur Sicherheit schob sie noch einen herzzerreißenden Seufzer hinterher.

  • Romana wusste nicht ganz recht, ob sie lachen oder weinen sollte, als Ofella ihr erzählte, dass sie ihre Verwandschaft in Baiae „ganz schrecklich“ vermisse. Wenn es Ofella so ein Bedürfnis war, nach Rom zu kommen, wieso war sie nicht eher zurückgekehrt? Obwohl... sie war jetzt ja da. Ob zum Vorteil oder zum Nachteil der Betroffenen, konnte Romana nicht sagen. Sie hatte Ofella ganz anders in Erinnerung, als sie sich jetzt gab. Aber wer wusste, vielleicht hatte sie sich tatsächlich gewandelt? Innerlich glaubte sie das nicht.


    Die junge Frau hätte sich aber am Liebsten selber eine deftige Watsche gegeben, als sie hörte, wie Ofella in die Kerbe sprang, die sie selber ihr vorgegeben hatte! Bei den Göttern, jetzt war sie in einer Zwickmühle. Die Worte ihrer Stiefmutter hörte sie, als sie krampfhaft überlegte, wie sie aus dem Dilemma herauskam. Auf der einen Seite konnte sie Ofella mitschleppen. Dabei würde sie vielleicht einen Störfaktor ins Fest mit hineinbringen. Vielleicht würde ihr Calvena niemals verzeihen, dass sie die alte Hexe mitgenommen hatte. Auf der anderen Seite konnte sie die Mutter ihres verhassten Bruders abblitzen lassen. Dies hieß – auf sich eine Ladung lucretischen Hass zu ziehen. Und zudem würde ihr Vater das wohl überhaupt nicht gerne hören. Romana wusste ja noch nicht, dass Ofella dazu nach Rom gekommen war, ihre Bindung mit ihrem Vater, wenn nicht komplett zu lösen, dann zu lockern. Sie wusste nicht, wie eng sich ihr Vater noch mit ihr verbunden fühlte... vielleicht noch relativ eng? Ihm zuzutrauen, dass er dies nicht einmal mit seiner Tochter teilen würde, war es schon. Es wäre ein Risiko. Und vielleicht hatte Ofella sich wirklich geändert? Hoffnung gab es ja immer.


    Sie schwankte noch immer stark zwischen ihrer Ehrlichkeit, welche diktierte, Ofella eine Abfuhr zu erteilen, und ihren Manieren, die verlangten, ihrer Schwiegermutter einen Gefallen zu tun. „Das Fest wird bei den Germanicern sein.“, machte Romana, um Zeit zu schinden. Dann sagte sie etwas. Was sie sagen wollte, war: „Ja dann, gute Nacht.“ Blödsinnigerweise, durch unerklärliche Lautverschiebungen, klang das, was aus ihrer Kehle herauskam, eher wie: „Willst du vielleicht mitkommen?“


    Als sie sich das sagen hörte, krümmte sich innerlich ein Teil von ihr – aber jetzt war es heraus. Romana unterdrückte gewaltsam einen Seufzer, der wohl genauso schmerzhaft geklungen hätte wie der, den Ofella ausgestoßen hatte.

  • Na sowas, das dauerte aber! Rang die kleine Dirne etwa damit, ihr zu- oder abzusagen? Ofella setzte gerade zu einem weiteren, betrübt angehauchten Seufzer an, als Romana bemerkte, dass es sich um eine Feier der Germanicer handelte. Ofella kam dabei natürlich augenblicklich dieser eitle Geck von Avarus in den Sinn - der Senator war! Also waren mit Sicherheit auch andere Senatoren geladen, was sich augenblicklich positiv auf ihr Bedürfnis auswirkte, ihre Stieftochter auf dieses Fest zu begleiten. "Tatsächlich!" machte sie als prompte Reaktion auf Romanas Zeitschinderei. Und endlich kam die gewünschte Aufforderung. Ofella tat überrascht. "Nein wirklich? Du würdest mich mitnehmen? Wie schön, mein Kind!" Es klang tatsächlich erstaunt und unendlich erfreut. "Oh je, aber so kann ich unmöglich auf ein Fest gehen!" Sie sah demonstrativ an sich herunter: Ofella war recht gut gekleidet. Wenn sie eines verstand, dann, wie man sich vorteilhaft kleidete. Dennoch war sie unzufrieden mit ihrem Äußeren. "Ob wir noch eine Winzigkeit Zeit hätten? Ich müsste mich nur rasch umkleiden lassen, etwas Schminke hier und die Haare..." Schon war Romana zur Nebensache geworden. Ofella zupfte sich am roten Schopfe. "Komm, meine Liebe, begleite mich doch. Es wird ganz gewiss nicht lang dauern, schließlich können wir die Germanicer nicht warten lassen, nicht wahr?" Und Ofella hakte sich bei Romana unter und zog sie sachte in Richtung ihrer Sänfte...

  • Wenn Ofella genervt war von den Sekunden, während denen Romana innerlich Argumente abwog, ließ sie sich nichts anmerken. Romanas Information, dass sie zu den Germanicern gehen würde, wurde mit einem „Tatsächlich“ kommentiert, von dem Romana nicht wusste, was sie davon halten sollte. War das negativ oder positiv gemeint?


    Wie Romana erwartet hatte, war Ofella durchaus erfreut über die Einwilligung, sie mit sich zu schleppen. Und gleich begann Ofella über ihre Kleidung Reden zu schwingen. „Nein, nein, du schaust gut aus, wirklich gut!“, beeilte sich Romana zu sagen. Sie hatte eh schon so viel Zeit verloren! Und durch Ofellas Schminkoperation würde sie sich nochmals elend verspäten. Aber sie fühlte schon ihren linken Arm eingezwickt in denen von Ofella. Romana war nicht so schwach, wie es scheinen mochte, aber gegen diese Masse an Fleisch war sie wehrlos. Sie ließ sich, kein Wort des Widerspruchs wagen, in die Sänfte schleppen und rang sich ein freundliches Lächeln ab – wie gut, dass jenes ihr von Natur aus gut gelang. „Äh, ja, so wie ich dich kenne, wird das garantiert ganz fix gehen.“, süßholzraspelte sie, während sie der verlorenen Zeit nachsinnte. „Aber bist du sicher, dass du dich herrichten musst? Du schaust tadellos aus...“, regte sich doch ein wenig, vermutlich vergebener, Widerspruch.

  • "Ach, meine Liebe, ich danke dir für das Kompliment... Aber du weißt ja, wie das ist. Ich kann doch unmöglich mit diesem ganzen Straßenstaub auf ein glamuröses Fest gehen, erst recht nicht zu den Germanicern! Weißt du, ich habe gerade gestern erst eine Germanica kennen gelernt", erwiderte Ofella, während sie Romana beständig wie eine Dampflok weiter mit sich zog. Und besagte Germanica hatte gar nichts erwähnt von diesem Fest, wenn sie sich recht erinnerte! Senile alte Schnepfe! "Außerdem sind bestimmt eine Menge Senatoren da. Und Ich will deinen Vater schließlich nicht bloßstellen, indem man mit dem Finger auf mich zeigen wird wie auf ein altes Weinfass!" Ofella war sich sicher, dass Romana ihrem geliebten Papi so eine Schmach nicht angedeihen lassen würde, deswegen erwähnte sie überhaupt erst Menecrates. Sie lächelte mütterlich, und kurz darauf erreichten die beiden die Sänfte, ohne dass Ofella einen der Widersprüche ihrer Stieftochter geduldet hätte. Wenig später schon bahnte sich die Sänfte schaukelnd ihren Weg durch die überfüllten Straßen Roms, in denen ausgelassene Grüppchen feuchtfröhlich die Fontinalien feierten.



    Anderenorts


    Es sollte tatsächlich auch nicht lange dauern, bis Ofella sich für geeignet ausstaffiert erachtete, um ein germanicanisches Fest zu besuchen. Geschlagene siebzig Minuten später war sie dann fertig: Geputzt und frisiert, geschminkt und gewandet, geölt, gepudert und gewienert. Sie kam die große Freitreppe herunter wie eine Diva - und so sah sie auch wirklich aus! Sie wirkte zehn Jahre jünger, die Götter allein wussten, wie Ofella das schaffte. "Ich wäre soweit, Herzchen", flötete sie der sicherlich genervten Romana entgegen. Und endlich, endlich (!) schaukelte die Sänfte den Feierlichkeiten im Hause Germanica entgegen.


    Sim-Off:

    Eine ausführlichere Aussehensbeschreibung folgt später! :]

  • Mehr als nur genervt war Romana. Hätte es damals schon Armbanduhren gegeben, hätte sie wohl ohne Unterlass auf jene geschaut, stattdessen aber beobachtete sie minutiös die Sonne, wie sie immer weiter nach unten sank. Sie hätte es wissen müssen, dass ältere Frauen immer mehr Zeit brauchten, um sich herauszuputzen. Romana zwang sich ein erfreutes Lächeln ab, obwohl sie am Liebsten Ofella geschüttelt hätte vor lauter Verzweiflung. „Ach, du schaust so wundervoll aus, Ofella!“, meinte sie. Ihr Vater würde es ihr nie verzeihen, behandelte sie seine Ehefrau nicht mit Respekt.


    „Jetzt ist wohl alles bereit!“, hoffte sie und begab sich ebenfalls in die Sänfte, welche sie nun zu den Germanicern brachte.

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