Briefe aus der Heimat

  • Calliphana ging ins Tablinum, nachdem sie den Brief von dem Boten in die Hände bekam. Die heiß ersehnten Zeilen ihrer Mutter, dachte sie. Sie zog den Brief zu ihrer Brust, dann hob sie es zu ihrer Nase, schnupperte an ihm, sie roch noch ein ganz kleines bisschen nach dem Parfüm ihrer Mutter, und küsste dann den Brief sanft. Sie setzte sich, und begann langsam den Brief zu öffnen. Sie nahm den Brief heraus, aber da war noch ein anderer Brief drin. Ein Brief an ihre Vermieterin, Severa. Was hatte das zu bedeuten?! Wieso schreibt ihre Mutter an sie?...


    Den Brief an Severa legte sie bei Seite und begann den eigentlichen Brief zu lesen. Sie würde ja auch bald kommen, immer hin wollte sie nach der Ludi mit ihr reden, und es schien der Vermieterin sehr wichtig zu sein.


    Meine geliebte Tochter,


    ich kann es kaum in Worte fassen, wie sehr du mir hier in Sparta fehlst! Die Reise war schon schwer genug, ich dachte meine Laune bessert sich dann nach dem Wiedersehen meiner lang nicht mehr gesehenen Verwandten, aber die Leere in meinem Herzen füllte sich immer noch nicht. Ich hoffe die Zeit heilt die Wunde. Es vergeht kein Tag, an dem ich nicht an dich denke, und daran, ob es dir dort in Rom so ganz alleine gut geht! Zwar weiß ich, dass die Vermieterin ein Auge auf dich wirft, und auf dich aufpasst, aber dennoch...


    Aber nu erzähl, wie geht es dir? Wie ist die Arbeit, gibt es zur Zeit viel zu tun in deinem Officium?


    Hier in Sparta ist alles so, wie damals, als ich nach Rom gezogen bin mit deinem Vater, um ein neues Leben an zu fangen. Ich kann es immer noch nicht glauben, dass ich wieder hier bin. Die Zeit vergeht manchmal so schnell, und doch so langsam. Schnell, wenn ich daran denke, dass es schon 5 Wochen her ist, dass ich aus Rom weggereist bin, und doch so langsam, wenn ich auf deine Briefe warte.


    Vielen unserer Verwandten habe ich schon besucht hier, und stell dir vor, deine Cousine Stella wohnt auch seit einer Woche wieder in Sparta! Sie meinte es würde ihr hier viel besser gefallen, als in dieser riesigen Stadt. Das kann ich selber auch gut nachvollziehen, wer einst in Sparta geboren, der bleibt ein Leben lang Spartaner! Ich kann es dir selber nicht erklären, es ist einfach die Verbundenheit zu der Heimat... Du kannst dies jetzt vielleicht noch nicht nachvollziehen, du selber bist ja in Rom geboren worden, aber vielleicht eines Tages, wenn du heiratest, und weit weg von Rom wohnen musst...




    In diesem Moment kam auch schon Severa ins Tablinum und schaute Calliphana fragend an, wieso sie sie wohl hergerufen habe...


    "Einen Moment Severa, ich lese nur die letzten paar Zeilen zu Ende... Dauert eine Minute!"



    ..., aber ich hoffe du findest dein Glück dort, wo es dir am besten gefällt. Gibt es denn schon junge Männer, Anwärter, die gerne um deine Hand anhalten würden? Bitte sei vorsichtig mit deiner Wahl, bedenke gut, wem du vertrauen kannst, und wem nicht! Wenn du dir nicht sicher bist, hole die Meinung von Severa ein, sie scheint sich in Rom bestens aus zu kennen, vor allem was die Familien angeht! Nimm dich stets in Acht vor falschen Liebeserklärungen, und Männern die dir den Kopf verdrehen wollen, nur um dich in falsche Hoffnungen zu wiegen.


    Du hast mal von einem jungen Mann erzählt, den du in der Schola kennen gelernt hast. Sei dir bitte seiner Freundschaft sicher, ehe du seine noch so ehrlich gemeinten Worten vertrauen schenkst. Bewahre dein Herz vor Schmerzen und Leid. Ich habe Vertrauen in dich, dass du richtige Entscheidung triffst! Und wenn du ihn wirklich so liebst, wie du es mir in dem letzten Brief geschrieben hast, und du dir seiner Liebe auch bewusst bist, dass sie auch aufrichtig ist, dann sei glücklich meine Kleine! Ich wünsche mir, dass du genau so glücklich wirst, wie ich es damals mit deinem Vater war!


    Neben dem Brief für dich, habe ich einige wichtige Zeilen an Sergia Severa geschrieben, bitte gib ihr den Brief so schnell wie möglich. Ich habe mit ihr was zu klären, ich hoffe du verstehst, dass ich diese Dinge nicht über dir ihr ausrichten lasse. Ich möchte, dass nur sie diesen Brief liest, und ich überlasse ihr die Entscheidung, ob sie den Inhalt mit dir teilt oder nicht. Bitte versprich es mir, dass du den Brief nicht aufmachst!


    Ich hoffe auf eine baldige Antwort von dir, nicht dass uns die Zeit davon rennt!...


    Mögen die Götter jeden deiner Schritte bewachen und dafür sorgen, dass dir nichts passiert!


    Deine dich immer liebende Mutter.




    Die Zeilen ließen Calliphana einige Tränen über die Wangen laufen, aber sie verwischte sie auch schnell, ehe Severa was davon bemerkte.


    Der letzter Satz ließ sie grübeln. ... nicht dass uns die Zeit davon rennt!... Was mag sie damit meinen?! Mehr konnte sie nicht darüber grübeln, denn ihre Vermieterin wartete darauf, mit ihr zu sprechen.


    "Entschuldige Severa, dass ich dich hab warten lassen, aber der Brief kam von meiner Mutter aus Sparta, ich wollte ihn zu Ende lesen. Du fragst dich sicher, wieso ich dich habe hier her rufen lassen. Es gibt zwei Gründe. Zum einen, weil du heute Nachmittag meintest mit mir reden zu wollen. Zweitens, meine Mutter hat dir ebenfalls eine Nachricht geschickt. Sie möchte, dass du sie so schnell wie möglich liest. Sie verriet mir nicht was drinne ist, und überließ es dir, ob du es mir erzählst oder nicht." - sagte sie und überreichte Severa den Brief.

  • Kurz nachdem Makitros mir berichtete, dass unsere Mieterin Furia Calliphana auf mich im Tablinium wartete, betrat ich
    den Raum. Calliphana las irgendwelche Briefe und wirkte sehr aufgeregt, und auch liefen ihr Tränen über die Wangen...
    Ich nahm Platz und wartete, was Calliphana mir zu sagen hätte... Als sie dann nun imstande war, zu reden, erzählte sie
    mir, dass sie diese Briefe eben von ihrer Mutter bekam und dass ihre Mutter sogar einen Brief für mich schickte.


    "Ja, ich wollte unbedingt mit Dir sprechen, aber nicht jetzt, denn ich sehe, dass Du sehr aufgeregt bist, erzähl mir lieber,
    ist Deiner Mutter etwas zugestoßen? ... Aber gib mir den Brief ..., ich muss den zuerst lesen, dann werden wir sehen ..."

  • Liebe Sergia Severa,


    ich weiß, dieser Brief trifft dich sehr unerwartet, und bist auch überrascht darüber, aber es gibt einige Dinge, die ich mit dir besprechen muss. Du fragst dich jetzt bestimmt, wieso dir eine Mutter deiner Mieterinnen einen Brief schreibt. Immerhin kennen wir uns nur flüchtig, wir trafen uns nur an dem Tag, wo meine Tochter bei dir eingezogen ist. Ich weiß aber leider nicht, an wen ich mich wenden soll. Ich habe keine Verwandtschaft mehr in Rom, außer meinem Großonkel, Decimus Furius Licinus, aber er ist ein sehr beschäftigter Mann, er ist bei der Cohortes Urbanae und so, nur sehr wenig Kontakt zu meiner Familie. Die jetzt aber nur aus meiner Geliebten Tochter besteht. Sie ist mein ein und alles!


    Das klingt jetzt für dich bestimmt seltsam, wieso ich dir das sage. Aber es hat damit zu tun, wieso ich dir diesen Brief geschrieben habe.


    Ich möchte dich um einen Gefallen bitten, wenn auch auf so unbekannte Weise. Es ist eine schwere Krankheit die mich plagt, ich weiß nicht, ob ich aus dieser geheilt werden kann oder nicht. Verstehst du mein Dilemma liebe Severa? Ich möchte aber, dass meine kleine Calli jemanden hat, auf dem sie sich verlassen kann, dass jemand um sie sorgt, sollte das Unvermeidliche doch zutreffen. Ich möchte, dass Du auf meine Tochter aufpasst, und all die Dinge tust, als so eine Art Ersatzmutter, die ich leider nicht mehr machen kann.


    Bitte erfülle mir diesen Wunsch! Ich wäre die ewig dankbar!


    Ich habe meiner Tochter noch nichts von meiner Krankheit erzählt, ich überlasse es dir, ob du es ihr erzählst, was in diesem Brief steht.


    Mögen die Götter deine Schritte bewachen!


    Liebe Grüße sendet dir aus Sparta,


    Attica

  • Ich nahm den Brief entgegen, öffnete ihn vorsichtig, und ohne Calliphana anzusehen, las das Geschriebene. Ich habe
    die Mutter von Calliphana nur einmal gesehen und sie hat auf mich einen angenehmen Eindruck gemacht, sie wirkte
    schon damals etwas kränklich, ich dachte aber, sie ist nur traurig, weil sie ihre Tochter ganz alleine in einer fremden
    Umgebung lassen musste. Nachdem ich den Brief gelesen habe, überlegte ich kurz, wie ich ihr den Inhalt des Briefes
    so schonend wie möglich beibringen sollte......Es war keine leichte Aufgabe für mich, aber es blieb mir nichts anderes
    übrig, ich seufzte und blickte Calliphana an,


    "Nun, Calliphana, Deine Mutter bittet mich um einen Gefallen, Dir eine Ersatzmutter zu werden, denn Deiner Mama
    geht es nicht gut und sie kann nicht in der nächsten Zeit nach Rom kommen, also bittet sie mich, auf Dich aufzupassen"


    dabei sah ich Calliphana direkt in die Augen, denn ihr Verhältnis mit Iulius war mittlerweile kein Geheimnis mehr, aber
    nun, weil er in seine eigene Casa umgezogen war, sie aber hier blieb, fragte ich die junge Frau ganz unschuldig -


    "Du weisst aber, was das bedeutet, wenn ich mich bereit erkläre, Deine Ersatzmutter zu werden, liebe Calliphana, oder?"


    und wartete geduldig auf ihre Reaktion....

  • "Was schreibt meine Mutter? Was hat sie?? Wieso ist sie krank???"


    Das erzählte traf Calliphana wie ein Blitzschlag. Sie versuchte ihre Tränen zu unterdrücken aber es fiel ihr sehr schwer. Sie legte ihre Hände vor ihr Gesicht und schloss die Augen. "Das kann nicht sein... das kann nicht sein... das kann NICHT SEIN!" - rief sie laut.


    "Schreibt sie noch was? Darf ich zu ihr? Was sagte ihr Medicus?" - Fragen über Fragen quälten sie jetzt innerlich. Sie wusste, dass Severa nicht auf all ihre Fragen eine Antwort hatte, aber sie versuchte das wenige aus ihr raus zu pressen.


    Danach erst fing sie an darüber zu grübeln, was das nun für sie hieße. Eine ungewohnte Situation... Severa als ihre Ersatzmutter? Ihre Augen wurden groß, sie erstarrte für einen Moment. Zwar war Centho schon mit einem Fuß außer Haus, und war dabei in seine eigene Casa zu ziehen, aber dennoch, jedes ihrer Schritte wäre beaufsichtigt. Nicht mal ihre eigene Mutter ging so streng mit ihr um, wie sie Severa so einschätzte... Dabei war sie nicht so viel älter als sie! Sie hatte trotzdem was mütterliches, was erfahrenes, und vor allem strenges an sich. Es war ihre Art mit den Dingen um zu gehen. Sie kam ihr vor, als wäre sie oft vom Leben enttäuscht worden, dass sie ein wenig verbittert ist wegen Geschehnissen in der Vergangenheit. Was war der Grund??


    Sie hat aufgehört darüber zu grübeln, und drehte sich dann wieder zu Severa um:


    "Ich kann es ahnen, aber bitte, sag... Was würde es denn für mich bedeuten? Sei mir nicht böse, aber ich hoffe es kommt nicht dazu. Ich wünsche mir so sehr, dass meine Mutter wieder gesund wird, es ist nicht gegen dich."

  • Calliphana hatte mein Mitgefühl erweckt, sie war noch sehr jung und das Leben war manchmal sehr grausam. Nach kurzem
    Überlegen entschied ich mich, ihr den Brief doch zu zeigen, denn ich war auch nicht imstande, alle Fragen zu beantworten.
    Ich berührte sanft ihre Schulter und gab ihr dann den Brief. Und während sie den Brief las, trank ich mein Honigwasser, um
    meine Nerven zu beruhigen...



    Liebe Sergia Severa,


    ich weiß, dieser Brief trifft dich sehr unerwartet, und bist auch überrascht darüber, aber es gibt einige Dinge, die ich mit dir besprechen muss. Du fragst dich jetzt bestimmt, wieso dir eine Mutter deiner Mieterinnen einen Brief schreibt. Immerhin kennen wir uns nur flüchtig, wir trafen uns nur an dem Tag, wo meine Tochter bei dir eingezogen ist. Ich weiß aber leider nicht, an wen ich mich wenden soll. Ich habe keine Verwandtschaft mehr in Rom, außer meinem Großonkel, Decimus Furius Licinus, aber er ist ein sehr beschäftigter Mann, er ist bei der Cohortes Urbanae und so, nur sehr wenig Kontakt zu meiner Familie. Die jetzt aber nur aus meiner Geliebten Tochter besteht. Sie ist mein ein und alles!


    Das klingt jetzt für dich bestimmt seltsam, wieso ich dir das sage. Aber es hat damit zu tun, wieso ich dir diesen Brief geschrieben habe.


    Ich möchte dich um einen Gefallen bitten, wenn auch auf so unbekannte Weise. Es ist eine schwere Krankheit die mich plagt, ich weiß nicht, ob ich aus dieser geheilt werden kann oder nicht. Verstehst du mein Dilemma liebe Severa? Ich möchte aber, dass meine kleine Calli jemanden hat, auf dem sie sich verlassen kann, dass jemand um sie sorgt, sollte das Unvermeidliche doch zutreffen. Ich möchte, dass Du auf meine Tochter aufpasst, und all die Dinge tust, als so eine Art Ersatzmutter, die ich leider nicht mehr machen kann.


    Bitte erfülle mir diesen Wunsch! Ich wäre die ewig dankbar!


    Ich habe meiner Tochter noch nichts von meiner Krankheit erzählt, ich überlasse es dir, ob du es ihr erzählst, was in diesem Brief steht.


    Mögen die Götter deine Schritte bewachen!


    Liebe Grüße sendet dir aus Sparta,


    Attica

  • Ich sah zu Severa hoch. Es war ein Mitleid erregender Anblick wie sie sie ansah.


    "Das Schlimmste meiner Befürchtungen ist also wahr... Und ich kann nichts tun. Das einzige was ich tun kann, ist ihr so schnell wie möglich zu antworten, und darauf hoffen, dass sie den Brief noch lesen kann. Ich hoffe aber dass sie wieder gesund wird, was meinst du, können die Ärzte sie noch retten?"


    Sie überflog mehrmals den Brief während sie auf Severas Antwort wartete, aber das machte die Sache nur noch schlimmer. Sobald ihre Vermieterin ihren Mund zum antworten öffnete, legte sie den Brief bei Seite und hörte ihren Trost spendenden Worten aufmerksam zu. Sie wusste nicht genau, wieso ihre Mutter Sie auserwählt hatte über sie zu wachen, aber alles hatte ihren Grund, und sie vertraute ihrer Entscheidungen immer. Severa war doch nicht so herzlos und kühl wie sie sich nach Außen immer gab. Heute bewies sie den Gegenteil. Sie war mitfühlend, nett und warmherzig. Sie wirkte manchmal aber, wie eine verbitterte, alte Matrone. Sie war doch selber kaum älter als Calli selbst. Ihre Bitterkeit musste irgendwo ihren Ursprung haben, und da ihr Liebster bald aus der Casa ausziehen würde, hätte sie mehr Zeit um die Casa und deren Bewohner unter die Lupe zu nehmen, vielleicht würde sich das eine oder andere Geheimnis über Severa auch lüften... 8)


    Nachdem Severa gesprochen hatte, dachte sie eine kleine Weile über ihre Worte nach...


    "Danke dir für dein Mitgefühl, und entschuldige wenn ich jetzt ein wenig grob klinge, aber ich möchte jetzt alleine sein. Ich versuche noch heute meiner Mutter zu antworten, also schicke bitte Nashua zu mir mit Schreibutensilien. Danke und Vale bene."


    Etwas nachdenklich saß sie nun da. Wie eine Skulptur, nicht mal dass sie atmet sah man ihr an.


    Einige Minuten später trat auch die Sklavin rein, und brachte ihr Feder und Papyrus.


    "Danke, und jetzt schau nach ob der Bote, der mir so eben den Brief brachte noch da ist. Und beeile dich, meine Zeit ist kostbar!" - schickte sie mit den Worten Nashua auf ihre Arbeit.

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