Ravenna | Domus des Aelius Calvaster

  • Caius stand kurz nach Axilla auf und streckte sich kurz. Irgendwo knackte es leise, und Caius seufzte tief. Er hatte nicht so viel gegessen, aber jetzt trotzdem fast wirklich Bauchschmerzen. Er folgte Axillas Geste mit dem Blick und nickte dann.
    »Ja, genau«, sagte Caius. Er überlegte, ob er anbieten sollte, sie ins Bett zu bringen. Oder zumindest zum Zimmer. Oder ob das wieder falsch wäre, weil es bedeutete, dass er ihr nicht zutraute den Weg zu finden?
    »Hast du denn alles was du brauchst?« fragte er. Eigentlich war das überflüssig, denn wozu waren die Sklaven sonst da wenn nicht dafür, alles vorzubereiten? Aber Caius wollte auf Nummer sicher gehen. Und außerdem wollte er Axilla nicht jetzt schon wieder allein lassen. Levi schlief bei Katander und den übrigen Sklaven.

  • “Ich denke schon“, meinte Axilla etwas unsicher. Archias schien auf etwas zu warten, kam es ihr vor. Er sah aus, als wäre er auf dem Sprung, aber sie konnte nicht erraten, was es war. Sie hatte ein paar Theorien, und vermutlich lagen die auch gar nicht so falsch, aber sie wollte darüber nicht nachdenken. Also tat sie es auch einfach nicht.


    Sie stand noch einen Augenblick zögerlich da und überlegte, ob es noch etwas zu sagen oder zu tun gab. Aber dem war nicht so. Es gab nur noch diese seltsame Stimmung zwischen ihnen beiden, die Axilla nicht erklären und nur schwer begreifen konnte. Sie schluckte noch einmal und sah kurz in Richtung der Tür. “Gut, dann... Gute Nacht.“ Sie wartete noch kurz auf seine Erwiderung, und dann ging sie auch schon.



    Das Zimmer zu finden dauerte dann doch ein wenig länger, aber dank der Hilfe des einen oder anderen Sklaven hatte sie dann die Richtige Tür und schloss sie hinter sich. Hier brannte nur eine kleine Lampe noch für Licht und tauchte alles in etwas unheimliches Flackern. Axilla überlegte, wann sie zuletzt in so einem Jugendzimmer geschlafen hatte. Ihr eigenes Zimmer in ihrer Jugend war anders gewesen. Sie hatte nie viel auf Spielzeuge gegeben, war lieber den ganzen Tag draußen und unterwegs. Was aber auch daran gelegen hatten, dass es außer den Sklaven keine Kinder in der Nähe gab, der nächste Nachbar war eine viertel Meile entfernt gewesen. Sie ließ ihre Hände kurz über die Sachen gleiten, bewegte den Arm der Spielzeugpuppe und seufzte dann. Kurz kam der Gedanke an Archias auf, was der wohl in Seianas Zimmer jetzt machte. Und warum er dorthin gewollt hatte. Aber sie verscheuchte ihn gleich wieder.
    Langsam zog sie sich selbst aus und legte ihre Sachen auf den Schreibtisch, verdeckte damit die vielen Bildchen darauf, und legte sich ins Bett. Kurz schaute sie noch zur Decke und versuchte einfach, an nichts zu denken. Als das Herzklopfen schließlich langsamer wurde und die Augen träger und das Nichts langsam anfing, sich mit Bildern zu füllen, blies sie die Öllampe noch aus und rollte sich auf die Seite. Es dauerte auch nicht lange, und sie war eingeschlafen.

  • Caius lag auf dem Bett zig Räume weiter und dachte an Axilla. Wie sie früher gewesen war, in Alexandrien. So leicht und fröhlich, immer zu einem Scherz aufgelegt. Und je länger sie sich jetzt kannten, desto mehr verlor sie das, zumindest bei ihm. Wie sie bei anderen war, wusste er nicht. Vielleicht hatte er sich zu sehr darauf konzentriert, bei der Arbeit alles gut zu machen. Vielleicht lag das auch an Leander und dem Kind, die sie verloren hatte. Vielleicht an dem Germanen, vielleicht auch an seiner Reaktion auf ihn. Vielleicht daran, dass er sie beschützt wissen wollte oder daran, dass für sie der Palast ein Käfig war. Da waren einfach zu viele Vielleichts, und eigentlich konnte er nur raten, was los war. Vielleicht (schon wieder eins!) war es auch alles zusammen, irgendwie. Dabei wollte er nichts mehr als sie glücklich machen, auch wenn das schrecklich schnuffelig klang und die meisten anderen Kerle wohl darüber gelacht hätten.


    Caius lag gefühlte Jahrzehnte lang auf seinem Bett und starrte Löcher in die Dunkeheit. Er war echt müde, aber er konnte nicht schlafen. Er stellte sich vor, wie Axilla in seinem alten Zimmer lag und schlief. Bestimmt schlief sie da besser als hier in dem Zimmer, von dem sich seine Mutter diese Zusatzinformation echt hätte schenken können. Jetzt dachte Caius wirklich an Seiana, aber nur kurz. Das Treffen damals war besser verlaufen und er hatte sich besser gefühlt. Aber er wollte gar nicht näher darüber nachdenken. Er war jetzt mit Axilla verheiratet, und das wollte er einfach nicht vergleichen mit dem, was gewesen war. Außerdem konnte man Seiana und Axilla gar nicht vergleichen. Caius ärgerte sich darüber, dass er nun doch darüber nachdachte. Er wälzte sich nach rechts. Irgendwann später nach links. Und dann lag er wieder auf dem Rücken. Axilla ging ihm nicht aus dem Kopf. Immerhin redete sie wieder mit ihm. Naja, nicht wirklich. Mit Levi redete sie mehr. Und persönlicher. Caius seufzte. Er wusste doch auch nicht, was er machen sollte! Eigentlich wollte er sich Axilla einfach nur schnappen und festhalten. Und irgendwie rausfinden, was sie so beschäftigte, dass sie ihm das nicht sagen konnte. Nur würde sie das wieder abblocken und....argggh! Ein Hadeskreis.


    Irgendwann (nach einer Ewigkeit) saß Caius auf dem Bett, die Füße auf dem Vorleger und die Hände grüblerisch an der Stirn. Dann stand er auf und tappte barfuß zur Tür. Er war hundemüde, aber hellwach. Caius tappte durch das Haus. Überall war es still. Kein Wunder, es war sicher mitten in der Nacht. Er brauchte die Augen gar nicht richtig aufmachen, den Weg kannte er ziemlich genau. Trotzdem hätte er sich fast einen Zeh angehauen an einer Ecke, von der er hätte schwören können, dass sie nie da gewesen war. Bei seinem alten Zimmer blieb er stehen. Vielleicht sollte er besser wieder rumdrehen und bis zum Morgen warten...


    Nein. Caius machte die Tür auf und schlüpfte ins Zimmer. Die Vorhänge waren zugezogen. Acht Kinderfußschritte nach vorn und dann vier nach links, dann würde er vor dem Bett stehen. Also vier Schritte und zwei. Er war ja kein Kind mehr. Er tastete und fand den Bettpfosten, dann machte er noch einen Schritt. Axillas Atem ging noch ganz ruhig. Caius stellte sich vor, wie sie da lag und schlief. Mit einem ganz friedlichen Gesichtsausdruck. Er sah ja nichts. Vorsichtig setzte er sich auf den Rand und tastete nach ihr. Sie lag auf der Seite. Dann legte er die Beine hoch. Ganz langsam drehte er sich auch auf die Seite, um sie nicht zu wecken. Irgendwie klopfte ihm das Herz bis zum Hals dabei. Mann, das war irrational! Er hatte Sehnsucht nach Axilla, obwohl sie keine Amweite von ihm entfernt lag. Caius rutschte ein Stückchen näher. Vorsichtig legte er eine Hand auf ihre Schulter, den anderen Arm hatte er unter seinem Kopf. Axillas Haar duftete gut, und Caius seufzte tief.
    »Ich vermisse dich«, flüsterte er.

  • Axilla schlief tief und fest. Sie bekam nicht mit, wie ihre Tür geöffnet und wieder geschlossen wurde, und auch nicht, wie jemand durchs Zimmer huschte. Sie lag einfach da und träumte, unzusammenhängende Bilder huschten durch ihren Geist. Eine Armee von Spielzeugsoldaten marschierte über die Ebenen, über die sie geritten waren. Mal saß sie auf einem Pferd, mal flog sie einfach Körperlos über der ganzen Szenerie. Dann wieder wurde der Raum eng um sie herum und eine ältere Frau sah sie bedrohlich an und wurde dabei immer größer, während sie weiter schrumpfte. Und dann wiederum war sie draußen auf dem Hof, wobei sie nicht wusste ob es nicht der Hof ihres alten Zuhauses war, und wirbelte mit tanzenden Schritten den Staub auf.
    Sie merkte auch nicht, dass Archias sich zu ihr legte. Sie fühlte die warme Hand auf ihrer kühlen Haut, und die Berührung wurde gleich in den Traum eingebaut, wo jemand hinter sie trat und ihr beide Hände auf die Schultern legte. Sie brummelte ein bisschen was unverständliches und richtete sich dann halb auf, drehte sich auf alle Viere und legte sich dann flach auf den Bauch, den Kopf einfach gerade platt auf die Matratze gedrückt, die Hände links und rechts leicht angewinkelt davon. Wach allerdings wurde sie nicht. Mit derselben Sicherheit, wie später wohl jemand seinen Wecker erst auf wiederholen des Klingelns in 10 Minuten stellen, bei selbigem den Wecker dann ausmachen und später schwören hätte können, das dumme Ding sei kaputt und hätte überhaupt nicht geklingelt, der Alarm hätte sich von selber ausgeschaltet und überhaupt wär auf die Technik ja kein Verlass, mir derselben Sicherheit drehte sie sich einfach und schlief weiter, den Rücken jetzt aufgedeckt. Es war immerhin sehr warm zur Zeit, auch in Norditalia.

  • Caius schlief bald ein. Er hatte damit gerechnet, dass Axilla wach werden würde. Frauen schliefen selten so tief wie sie. Aber sie schlief weiter. Und irgendwann schlief auch er dann ein. Morgens irgendwann begann dann Geschäftigkeit im Haus. Caius schlief weiter. Er lag inzwischen selbst halb auf dem Bauch auf der Seite, einen Arm locker über Axilla gelegt. Die Vögel zwitscherten. Caius schnarchte ganz leise.

  • Als Axilla erwachte, begann es gerade, hell zu werden. Sie lag noch immer platt auf dem Bauch, auf ihrer Stirn hatte sich eine kleine Druckstelle gebildet, wo ihr Kopf auf ihrem Handrücken lag. Beim Aufwachen merkte sie, dass sie etwas lüllerte, und sie hob den Kopf etwas an, schmatzte und wischte sich mit ihrer Linken einmal über die Mundwinkel. Sie brummte. Irgendwie hatte sie sich leicht verlegen, sie fühlte sich ganz steif an. Sie streckte ihren Hals nach vorn durch, bis sie zwischen ihren Schulterblättern dieses befreiende Ziehen fühlte, und blinzelte sich dann den Schlaf aus den Augen.
    Es dauerte einen Moment, bis sie bemerkte, dass sie nicht allein war. Das sonore, leise Schnarchen war ihr beim Aufwachen gar nicht aufgefallen, aber jetzt, wo ihr Körper langsam auskühlte und wacher wurde, hörte sie es, fühlte das Gewicht, dass die Matratze neben ihr leicht hinunterdrückte, fühlte die Wärme, die der schlafende Körper ausstrahlte. Vorsichtig und langsam sah Axilla neben sich und erkannte den so wohlbekannten Körper neben sich. Archias. Er schlief noch. Neben ihr.
    Sie überlegte, konnte sich aber nicht daran erinnern, dass er hier hereingekommen war. Ins Bett war sie noch allein gegangen. Sie hatte keinen Wein getrunken. Er musste also irgendwann in der Nacht gekommen sein. Axilla horchte in sich auf die Signale ihres Körpers, aber nichts deutete darauf hin, dass sie mit ihm intim geworden wäre. Das hätte sie auch verwundert, wenn sie sich dann nicht mehr daran erinnern konnte. Vor allem, da sie bereits seit Wochen nicht mehr... Ob Archias in der Zwischenzeit Erleichterung bei einer Sklavin oder in einem Lupanar verschafft hatte, wusste sie nicht. Sie fragte auch nicht danach, und sie hätte auch keine Eifersucht deswegen empfunden. Solange er sie nicht hintergehen würde mit jemandem, den er liebte, war alles im Rahmen.
    Und eigentlich war das die einzige Erklärung, die sie hatte, warum er zwar zu ihr gekommen war, sie aber offensichtlich nicht geweckt hatte. Er hatte keinen Beischlaf gewollt. Axilla verstand zwar nicht, warum nicht, aber offensichtlich war es so. Und jetzt lag er da und schlief.


    Und sie war sich nicht sicher, wie sie reagieren sollte. Das war anders als jede Situation, die sie kannte, und sie hatte keine Ahnung, was er damit ausdrücken wollte. Sie verstand einfach nicht, was hier gerade passierte.
    Sie zog sich die Decke bis hoch auf die Schultern und stopfte sich mit vorsichtigen Bewegungen einen Deckenzipfel nach vorne, so dass ihr Mann beim Aufwachen nicht gleich auf ihre bloßen Brüste gucken musste. Danach stupste sie ihn vorsichtig an. “Hey...“ war das einzige, was ihr einfiel, leise gesprochen, etwas unsicher. Sie hatte doch keine Ahnung, was sie sagen sollte.

  • Sim-Off:

    Was ist denn lüllern? :D :D


    Wenn Caius etwas geträumt hatte, wusste er später davon nicht mehr. Er lag da und schnarchte leise, und er hatte seine Tunika noch an. Die hatte er nämlich am Abend vorher gar nicht erst ausgezogen und sich so aufs Bett gelegt. Caius bemerkte natürlich auch nicht, dass Axilla wach geworden war. Wenn sie wie ein Stein schlief, schlief er nämlich wie ein Felsblock. Da brauchte es schon die Prätorianergarde, die ihren Appell in seinem Schlafzimmer veranstaltete (oder zarte Frauenhände, die wussten, was sie machen mussten), damit er aufwachte.


    Irgendwas piesakte ihn plötzlich. Erst merkte Caius das gar nicht. Dann brach sein leises Schnarchen plötzlich ab. Wach war er immer noch nicht, aber fast. Er machte ein Geräusch, das etwa wie Hngmpfnn klang, atmete dann tief ein und erwachte allmählich, während er seufzend ausatmete. Er drehte sich ganz auf die Seite, vorher hatte er ja irgendwoe halb so und halb auf dem Bauch gelegen. Dann wollte er sich direkt auf die andere Seite drehen, hörte aber Axillas Stimme und machte das nicht, sondern blinzelte verschlafen. Etwas Licht mogelte sich an den Vorhängen vorbei und tauchte das Zimmer wie in einen Honigtopf. Axillas Haut wirkte dadurch bronzefarben, als Caius sie richtig sehen konnte. Er kniff immer noch etwas die Augen. Langsam zeigth ein Lächeln auf seinen verpennten Zügen.


    »Na?« sagte er leise. Sie war gut verpackt. Aber sie sah ihn an, und sie hatte ihn sogar wach gemacht, wie ihm jetzt auffiel. Caius hob eine Hand und strich ihr sanft über die Wange.
    »Bist ja schon wach. Hast du gut geschlafen?« fragte er sie leise. Er hätte zwar gut und gerne noch weiterschlafen können, aber das hier war viel besser. Axilla war so schön in diesem Licht und selbst noch verschlafen, wie sie war. Überhaupt mochte er sie so am liebsten, natürlich und ohne Schmuck und...einfach Axilla eben. Ihm fiel gar nicht auf, dass er sie ziemlich verliebt musterte, wie sie da lagen. Er schätzte viel zu sehr diese Situation hier, nach den letzten Wochen. In denen eigentlich gar nichts gewesen war, nicht mal wirklich gute Umarmungen. Nur Küsschen. Und Gesten. Caius' Hand war an Axillas Gesicht liegen geblieben, auf dem Kieferknochen. Und er sah sie immer noch an.

  • Sim-Off:

    Geringfügiger Speichelfluss an den Mundwinkeln. :D


    Er wachte auf und war noch ganz verschlafen. Seine Augen waren ein bisschen verklebt vom Sand, und seine Haare standen ziemlich wirr vom Kopf ab und sahen filzig aus. Aber das, was Axilla eigentlich durcheinander brachte, war, dass er sie so verliebt anschaute. Und sie berührte, ja fast streichelte. Einfach so, als wären die letzten drei Monate nie gewesen.
    Sie wusste, dass er sie liebte. Sie wusste, dass er die einfache Zeit vom Anfang vermisste. Und dieses Wissen brach jetzt über sie herein und bescherte ihr ein Gefühl, das sie nicht so genau beschreiben konnte. Es hatte etwas von einem schlechten Gewissen. Aber so ganz konnte sie es nicht festmachen. Das einzige, was sie nicht konnte, war ihm weiter in die Augen zu schauen.
    Sie senkte den Blick, sah eigentlich nirgendwo genau hin, nur irgendwo auf die Matratze, aber entzog sich ihm nicht. “Ja, sehr tief, wie es scheint. Ich hab gar nicht mitgekriegt, dass du hereingekommen bist.“
    Sie zuckte leicht mit den Schultern, und blickte dann doch wieder auf, in Richtung Tür. “Stehen deine Eltern früh auf oder eher nicht so?“ Sie wollte nicht noch schlechteren Eindruck machen, indem sie zu spät zum Frühstück kam.

  • Caius schmunzelte seine Frau zur Antwort nur an. Nicht ganz ehrlich, irgendwie ein bisschen mit einer Note von dem Gefühl, das er hatte. Dass es gleich vorbei wäre, dass Axilla aufstehen und sich anziehen würde. Und sie sah ja auch gleich zur Tür hin und fragte nach seinen Eltern. Caius rutschte ein Stückchen runter und legte seinen Kopf dichter an Axillas. Er griff nach einer ihrer Hände und legte sie auf seinen Kopf, irgendwo hin da, und brummte dann unwillig und verschlafen, die Augen nun wieder zu.
    »Rmmmh. Ist doch egal...« murmelte er. Nicht gleichgültig, sondern verkuschelt. Caius war immer noch müde, und das ging so schnell auch nicht weg. Und Axilla machte noch keine Anstalten aufzustehen, also kostete er diese Nähe aus, solange er noch die Gelegenheit hatte. Das kannte sie sicher zur Genüge von ihm. Wenn man ihn ließ, war er ein Langschläfer, und Caius mochte auch einfach Nähe beim Aufwachen. Das war immer schon so gewesen.


    Als Caius die Augen wieder aufmachte und linste, konnte er den Bettdeckenzipfel sehen, den Axilla zurechtgesteckt hatte. Er klappte die Augenlider kurz wieder zu und seufzte tief. Dann drehte er den Kopf und sah zu Axilla hin. Sie war auch etwas zerrupft, wie er selber.
    »Da ist sie wie ein Huhn. Kaum ist die Sonne draußen, steht sie auf. Mein Paps kommt nach mir«, sagte er und drehte sich dann auf den Bauch. Caius stützte sich links auf den Ellbogen auf und hielt den Kopf mit der Hand, und mit der rechten Hand strich er Axilla von der Stirn langsam durchs Haar.
    »Wir müssen noch nicht aufstehen«, sagte er leise und lächelte ein wenig.
    »Oder hier bleiben, in Ravenna.«

  • Er nahm ihre Hand und legte sie einfach zu sich an den Hals, als stumme Aufforderung, ihn zu streicheln. Axilla atmete einmal ruhig und leise durch, während er sich tiefer kuschelte, streichelte ihm zweimal am Ohr entlang und nahm ihren Arm dann wieder zu sich. Sie mochte es nicht, wenn sie sich zu etwas gezwungen fühlte. Etwas von sich aus zu tun war eine Sache, aber von einem anderen eine Aufforderung dazu zu bekommen eine ganz andere. Deshalb hatte sie es ja auch nicht gemocht, als Archias sie auf dem Markt gefragt hatte, was sie haben wollte, er würde es ihr kaufen. Sie wäre sich vorgekommen, als hätte sie ihn dazu aufgefordert, und so funktionierte das bei ihr einfach nicht. Weder in die eine noch in die andere Richtung, auch wenn sie wusste, dass es so nicht gemeint war.


    Seine Mutter war also wohl schon auf den Beinen, sein Vater aber würde erst aufstehen, wenn man ihn treten würde. Axilla überlegte, ob es da nicht klug wäre, auch gleich aufzustehen und schonmal die Haare zu richten. Ihre hatten sich gelöst, und dort, wo sie darauf gelegen hatte, hatten sie sich aufgestruppt und standen wirr in alle Richtungen. Das zu kämmen und zu frisieren dauerte.
    Und just in diese Überlegungen hinein sagte Archias, dass sie nicht aufstehen müssten. Oder auch in Ravenna bleiben. Axilla sah zu ihm runter – noch immer lag sie auf dem Bauch, mittlerweile hatte sie sich auf ihre beiden Ellbogen gestützt, die Unterarme locker auf der Matratze liegend. Ein wenig lag sie da wie eine Sphinx, fehlte nur der Löwenkörper. Und ebenso fragend wie die Sphinx blickte sie ihn auch an. “Aber wir sind doch eben erst gekommen? Deine Mutter wird doch sicher noch viel wütender, wenn wir gleich wieder gehen. Das sieht doch aus, als wären wir sauer auf sie?“ Wollte er schon wieder nach Rom zurück? Sie verstand es nicht ganz, was er ihr damit sagen wollte. Aber sie war im Gegensatz zu ihm auch nicht mehr verschlafen, sondern ziemlich wach.
    “Und was sollen wir machen, wenn wir nicht aufstehen?“ Die Frage war vollkommen unschuldig und ohne Hintergedanken gestellt. Sie überlegte nur, dass sie ja eben nicht hier einfach den ganzen Morgen verschlafen konnten. Vor allem, da sie jetzt ja wach war und nicht mehr einschlafen würde.

  • Eigentlich hatte er gar nicht mit dem Streicheln gerechnet oder darauf spekuliert, er hatte es ja nur auf Axillas warme Hand abgesehen gehabt. Jetzt lag sie da wie eine Katze und redete wieder von seiner Mutter. Caius seufzte und rieb sich mit einer Hand den Schlaf aus den Augenwinkeln.
    »Sie ist nicht wütend, denk ich. Sie ist nur...naja, ich hab's ihr nicht gesagt, das mit uns. Und sie hat schon angemeldet, später mal meine Hochzeit ausrichten zu wollen, da war ich fünf und habe nur Pisos Schwestern geärgert«, sagte Caius und dachte kurz daran zurück. An die Zeit als er fünf war, konnte er sich zwar nicht mehr erinnern, aber er hatte ja nicht mit sechs einfach aufgehört, Pisos Schwestern zu ärgern. :D


    »Trotzdem war das gestern...« Er fand keine Worte dafür. Unfair war's gewesen, jawohl, weil Axilla ja am wenigsten dafür gekonnt hatte. Und unnötig und gemein auch. Caius zuckte mit den Schultern, was dazu führte, dass Axilla wegen der Matratzenbewegung leicht mit auf und ab zuckte.
    »Ich mein ja nur. Sie hat da eben ihre Vorstellungen, und das war gestern wirklich anstrengend. Ich kann das gar nicht verstehen, wenn ich ehrlich bin. Dass sie so ist.«
    Langsam wurde auch Caius klarer im Kopf. Und er konnte nicht ganz verhindern, ganz kurz verhalten zu grinsen, als Axilla ihre Frage stellte. Ihm fielen auf Anhieb ein paar Dinge ein, die sie tun konnten. Auch wenn er einige davon ganz schon daneben fand in dieser Situation. Er konnte ja jetzt nicht einfach über sie herfallen, obwohl gewisse Dinge wie jeden Morgen so aussahen. Er rappelte sich auf, drehte sich und ließ sich dann auf dem Rücken wieder zurückfallen. Dann hob er einen Arm und sah Axilla fragend an. Vielleicht, ganz vielleicht wollte sie sich ja an ihn kuscheln.
    »Du könntest mir erzählen, woher du dein Pferd hast«, sagte er, denn das wusste er nicht.
    »Ist ganz schön schnell«, meinte er anerkennend. Er überlegte, wie er Axilla fragen konnte, was sie denn bloß so beschäftigte. Aber er wollte nicht mit der Tür ins Haus fallen und damit Gefahr laufen, sie gleich wieder zurück in das Schneckenhaus zu schubsen, in dem er sie derzeit glaubte. Wegen einer Sache, von der er nicht wusste, was er falsch gemacht hatte. Und direkt fragen war einfach doof. Das fand sie bestimmt nicht lustig.

  • Nun, Axilla konnte es verstehen. Irgendwie. Wenn man sie und Seiana nebeneinander stellte, dann war Seiana die Matrone, die perfekte Ehefrau, die mit Würde und Ruhe das Haus kontrollierte und etwaiges Chaos, durch Kinder oder etwas anderes, mit Gelassenheit und Strenge zu ordnen wusste. Axilla dagegen war eher wie das Chaos, das beseitigt werden musste. Aber sie wollte nicht schon wieder etwas sagen, weil Archias das dann gleich wieder auf ihre Gens beziehen würde, und auf die ließ Axilla nichts kommen. Gar nichts.
    “Das von gestern ist nicht so schlimm. Ich halt das schon aus.“


    Axilla sah auf Archias runter, wie der ihr den Arm hinstreckte, und tat so, als habe sie es nicht bemerkt. Sie wollte jetzt nicht kuscheln wie ein frisch verliebtes Pärchen. Nach dem Matratzensport war kuscheln schön, oder wenn sie sich schlecht fühlte oder krank war. Oder als sie traurig gewesen war wegen Urgulania und Leander. Aber jetzt, einfach so, da war das was anderes. Vor allem in der jetzigen Situation. Axilla hatte viel zu viel Anspannung in sich, als dass sie da jetzt ruhig sich anschmusen könnte.
    Vor allem, da ihr Blick auf etwas anderes fiel. Inzwischen wusste sie ja schon, dass das rein gar nichts mit tatsächlicher Erregung zu tun hatte, sondern bei Männern – zumindest bei ihrem – einfach so war. Und er dann meistens sogar eher nicht wollte, sondern eher sich mal auf die Latrine verabschiedete. Dennoch kam ihr nun eine Möglichkeit in den Sinn, wie man den Morgen hätte verbringen können, und sie war ja auch nur Frau. Noch dazu eine, die nun auch seit einiger Zeit abstinent lebte.
    Da kam ihr die ablenkende Frage ganz gelegen. “Den Braunen? Vom Pferdemarkt. Ist die Zucht von einem örtlichen Pferdezüchter. Der mischt seine Stuten mit einem thrakischen Hengst. Weißt du, die mit dem hellbeigen Fell und der Stehmähne, die etwas kleiner sind als die römischen. Hat wohl was damit zu tun, dass es dort so bergig ist. Ich hab so genau nicht aufgepasst.“ Axilla hatte ihn gekauft, weil er nicht so groß war und sie allein aufsteigen konnte, weil man sich an seiner Zottelmähne gut festhalten konnte, er weder einen lahmen Tritt noch einen Senkrücken hatte und beim Atmen nicht rasselte. Dass er so schnell lief war wohl eher, weil sie viel kleiner und sehr viel leichter als jeder andere in der Reisegesellschaft war und so ihr Pferd kein Gewicht auf dem Rücken spürte.

  • Nicht so schlimm? Caius' Blick zeigte deutlich, dass er das ganz anders sah, obwohl er gar nicht bezweifelte, dass Axilla das aushielt. Nur angenehm war das ganz bestimmt nicht, wenn man direkt mit einer Ex verglichen wurde. Und seine Mutter hatte da einfach den Vorgel abgeschossen. Caius seufzte. Und er tat so, als hätte er den Arm war nicht zum Kuscheln ausgestreckt, sondern um sich zu strecken. Er nahm deswegen noch den zweiten Arm dazu und streckte sich wirklich, ließ sich dann wieder fallen und fand es einfach nur schade, dass es so war zwischen ihnen, wie es war. Caius kuschelte gerne, das war nicht nur was für frisch Verliebte oder wenn man krank war oder so, seiner Meinung nach. Davon abgesehen ging es ihm selber nicht unbedingt so blendend, also hätte er das schon gebraucht gerade. Und wenn's nur eine Art Rückversicherung gewesen wäre, aber Axilla ignorierte ihn und er machte keinen weiteren Versuch, sie dazu zu animieren. Piano, Caius. Vielleicht sogar piano forte. Was leichter gesagt war als getan, da Axilla gerade etwas entdeckte und Caius automatisch an bestimmte andere Aktivitäten abseits des Kuschelns dachte - aber gut, so würde das eh erstmal nicht gehen, und da sie ja nicht mal kuscheln wollte, würde sie das auch ganz bestimmt nicht wollen. Dachte er.


    So kuschelte er sich also allein ins Bett und hörte sich ihre Erzählung über das Pferd an.
    »Achso? Ich hab gedacht, das wär eine germanische Züchtung«, sagte Caius. Und erst hinterher fiel ihm auf, dass er vielleicht nicht unbedingt was Germanisches hätte erwähnen sollen.
    »Aber das mit den Bergen macht Sinn«, schob er deswegen gleich nach und verfluchte sich selbst dafür, dass er nicht richtig nachgedacht hatte grad. Vielleicht brachte Axilla auch gar nicht seine Worte damit in Verbindung. Caius seufzte lautlos, sah eine Weile an die Decke und drehte sich dann doch wieder zu Axilla auf die Seite. Machte ja so keinen Sinn, wenn er auf dem Rücken lag, da konnte er sie genausogut anschauen. Gesagt, getan, und Caius sprach es dann doch direkt an.
    »Du...kannst du mir sagen, was ich falsch mache?« fragte er sie aufrichtig.
    »Ich wollte gar nicht mit dir streiten. Aber irgendwas hab ich gemacht, also, falsch gemacht. Und ich halt das so kaum noch aus, Axilla.«

  • Da Axilla bäuchlings lag und sich immer wieder ein wenig streckte und die Muskeln spannte, bekam sie von Archias Blick nicht wirklich etwas mit. Dass er nichts sagte, war ihr auch ganz recht, sie wollte jetzt nicht auch noch mit ihm über seine Mutter diskutieren und die dann auch noch verteidigen, wo ihr danach sowieso gar nicht zumute war. Axilla merkte ja sehr wohl, dass Caenis sie nicht leiden mochte, und ein Teil von ihr sah ja auch, was sie gegen Axilla hatte. Da war es schwer, so zu tun, als wäre alles in Ordnung.


    “Wieso eine germanische Züchtung? Weißt du, wie weit man die Pferde transportieren müsste von Germania? Die wären ja teuer ohne Ende.“ Axilla grinste kurz bei der Vorstellung. Ihr fiel wieder ein, wie Serrana nach Germania reisen wollte, um ein Pony zu kaufen. Als gäbe es in ganz Italia keine Pferdezüchter. Die Vorstellung war nach wie vor lächerlich, wenn sie darüber nachdachte. Ebenso wie die Tiere der Legio in Nikopolis, die auch aus Mogontiacum gekauft worden waren. Auch wenn die Acta nicht nochmal berichtet hatte, wie es den Tieren jetzt ginge, Axilla würde das interessieren. Arme Viecher, kalte Winter gewohnt mit dichtem Fell, und jetzt der ägyptischen Sonne ausgesetzt. Sie würde es wundern, wenn die Hälfte von ihnen nach dem Sommer noch lebte.


    Doch gerade, als sie so leicht vor sich hinschmunzelte und schon gar nicht mehr an die Situation hier dachte, kam Archias und fragte danach. Was er falsch mache. Dass er es nicht mehr aushalte. Ihr Lächeln verflog und ihr Körper zog sich ein wenig unwohl zusammen. Sie rollte leicht mit den Schultern, um die Decke höherrutschen zu lassen, sie fühlte sich irgendwie ein bisschen kalt.
    “Also...“ Was sollte sie ihm sagen? Was machte er falsch? Im Grunde ja gar nichts. Nur sie war für diese Ordnung, in die er sie gestoßen hatte, nicht gemacht. Sie konnte mit seiner Ängstlichkeit nicht umgehen. Sie konnte nicht damit umgehen, dass er immer alles ausdiskutieren musste. Sie kam damit nicht klar, dass er so überhaupt keinen Sinn fürs Militär hatte, kein Verständnis dafür, dass Schwert und Rüstung Werkzeuge waren und keine Spielsachen. Sie konnte mit seiner Eifersucht nicht umgehen, denn bislang gab es noch nie jemand, der ihretwegen eifersüchtig gewesen wäre. Sie war auch noch nie so lange mit einem Mann zusammen gewesen. Silanus hatte sie nach der ersten Nacht weit von sich gewiesen und war erst wieder gekommen, als Axilla die Richtigkeit seiner Entscheidung erkannt hatte. Ihr Verhältnis mit Timos hielt keine zwei Wochen. Piso war nicht einmal ein Verhältnis, sondern nur eine Bettgeschichte im Suff. Und auch von Zuhause kannte sie das einfach so nicht, wie es nun zwischen ihnen beiden war. Ihr Vater war nur selten zuhause, und wenn er da war, war sowieso alles ganz anders. Und ihre Mutter war ständig krank und hätte Axilla nie und nimmer kontrollieren können, selbst, wenn sie es versucht hätte.
    Aber das konnte Axilla alles so nicht sagen. Archias würde das nicht verstehen. Wie sollte er auch? Eigentlich machte er ja nicht wirklich etwas falsch, er machte es eben nur nicht richtig. Jetzt beispielsweise lagen sie wieder nebeneinander und diskutierten und redeten, wo er sich auch genausogut ganz auf sie hätte drehen können und ihren Rücken einfach küssen konnte. Gut, er konnte das nicht, denn dann wäre er nicht er gewesen, wenn er sie einfach zu so etwas überreden wollen würde. Aber wie erklärte sie das?
    “... ich muss mich nur an diese ganze Ehe-Sache noch gewöhnen. Das ist alles so... so... ich weiß nicht.“ Einengend. Bedrückend. Ordentlich. Eben alles, nur nicht frei. “Ich denke, wir sollten vielleicht besser aufstehen. Ich sollte noch schauen, ob ich vielleicht noch ein anderes Kleid habe, das ich hier tragen kann, und... ähm, meine Haare müssen gerichtet werden und, und... ich muss ja auch nach Levi sehen und... deine Mutter wird sicher nicht mit dem Frühstück warten wollen...“ Es war ein Ablenkungsversuch, noch dazu ein schlechter. Aber Axilla wollte einfach nicht darüber reden.

  • »Die Germanicer importieren ihre Tiere auch hierher, glaub ich. Quarto hat welche für die Veneta gekauft«, gab Caius noch zurück. Warum grinste sie denn da? Caius konnte den Gedankengang nicht verstehen, aber er sagte nichts dazu. Hinterher sagte er nämlich nur was Falsches, und dann war sie vollkommen verstimmt. Also sah er sie nur an. Die Wölbung, die ihr Rücken machte, ins Tal und dann wieder ein Stückchen rauf, aber leider unter der Decke. Klar fand er das heiß. Besonders nach den letzten Wochen. Aber wie würde das denn aussehen, wenn er jetzt einfach über sie her fiel. Also sah er ihr ins Gesicht und versuchte, sich damit abzulenken. Bei dem Thema war das ja auch nicht besonder schwer. Leider sagte sie nur wieder nichts dazu, obwohl er so gern mal gewusst hätte, was sie dazu dachte. Sie konnte sich nicht an die Ehe gewöhnen. Aha? Caius sah sie irritiert an. Und zack, da lenkte sie dann ab, und Caius fiel das sofort auf. Er ließ sie reden und dachte nach. Dann legte er eine Hand auf ihren Rücken.


    »Axilla, hör mal. Ich will dich nicht damit nerven. Aber ich seh doch, dass du unglücklich bist. Mir gehts dabei doch auch nicht gut. Das in den letzten Wochen und so... Ich möcht nicht, dass das so weiter geht. Heute Morgen ist das erste Mal, dass wir wieder reden. Ich mag das, Axilla. Bei dir liegen und mit dir reden und dich anschauen. Dea Dia, du bist so schön...«
    Caius sah kurz nach seinen Worten zu seiner Hand und fuhr damit die Wölbung an Axillas Rücken runter und von der Mitte her wieder rauf. Dann biss er sich auf die Unterlippe und konzentrierte sich wieder auf ihren Gesichtsausdruck. War ziemlich schwierig grad.
    »Du weichst mir aus. Das liegt doch an mir. Ich mein, du kannst doch unmöglich ein Frühstück mit meiner Mutter mir vorziehen...« Caius versuchte sich an einem schwachen Scherz, aber ob der gelang, war er sich nicht so sicher. Trotzdem zog er sogar recht glaubwürdig die Mundwinkel hoch.
    »Wenn ich was ändern kann, mach ich's.« Und Caius hätte Axilla in diesem Moment wirklich alles gegeben.

  • “Die Germanici haben ja auch nicht alle Amphoren im Regal...“, grummelte Axilla leise vor sich hin und erinnerte sich dabei an das Gespräch, dass sie erst kurz vor der Abreise mit Serrana geführt hatte. Oder die unzähligen davor. Oder noch schlimmer, an Calvena und ihre kleine Ansprache in den Thermen. Kurz schüttelte sie sich leicht, ließ es dann aber sein. Und zu Quarto wollte sie ja auch nichts falsches sagen, immerhin war der der Bruder des Kaisers. Und sie hatte noch immer Angst, dass er sie früher oder später doch nochmal zur Rede stellte, was sie in seinem Bett zu suchen gehabt hatte. Ob er überhaupt wusste, dass sie das gewesen war?


    Nun, nur dann war das Thema weit schwieriger. Und Archias ließ sich nicht ablenken. Im Gegenteil. Er streichelte einmal über ihren Rücken, und Axilla wusste nicht so recht, ob sie durch das schöne Gefühl mehr erregt oder mehr erschreckt war. Es war einfach wirklich sehr lange her... und eigentlich wollte sie auch jetzt nicht. Aber sie vermisste diese Entspannung, die es mit sich brachte, dieses Loslösen der ganzen Anspannung. Und davon hatte sie mehr als genug in sich.
    Sie zitterte ein wenig, als Archias sie so ansah. Sie sah etwas ängstlich zurück und wusste nicht so recht, was sie sagen oder tun sollte. Dann redete er weiter, wollte wissen, was falsch lief. Aber sie konnte ihm das so nicht sagen! Er würde es nicht verstehen. Sie hatte es ja versucht, mehrfach, aber er hatte es noch nie verstanden. Warum sollte es diesmal besser sein? Sie konnte nicht mehr sagen als das, was sie schon so oft gesagt hatte. Dass er ihr einmal vertrauen sollte. Dass er seine Eifersucht lassen sollte. Dass er Vala in Ruhe lassen sollte und nicht über ihn diskutieren sollte. Dass sie die Wachen verabscheute. Was sollte sie denn noch sagen, was sie nicht schon gesagt hatte?
    “Schlaf mit mir“, sagte sie dann schließlich anstatt all dem, was Archias wohl hätte hören wollen. Sie sah ihn ängstlich an. Sie wollte nicht darüber reden, und es war so einfach! Axilla wusste nicht, wie enthaltsam er gelebt hatte, aber wenn es ähnlich war wie bei ihr, würde es nichtmal lang dauern. Es würde sie entspannen, es würde ihn vom Reden abhalten. Er würde aufhören, weiter zu bohren. Es war perfekt.
    Sie drehte sich leicht auf die Seite, die Front zu ihm, so dass der Bettdeckenzipfel etwas verrutschte und tiefere Einblicke gewährte. “Schlaf mit mir“, wiederholte sie nochmal und drehte sich etwas weiter, bis fast auf den Rücken. Sie wusste nicht, ob er darauf eingehen würde. Sie wollte nur wirklich nicht weiter darüber reden.

  • Tja.


    Caius sah es in Axillas Augen, das da was kam. Nur dass das kam, damit hatte er mal so überhaupt gar nicht gerechnet. Er sah Axilla an, die Lippen teilten sich kurz verdutzt, und sie wirkte verschreckt. Nur warum, das wusste er nicht. Warum schlug sie das vor, wenn sie offensichtlich doch Angst hatte? Caius lag eine Ablehnung auf der Zunge. Das war vielleicht kurz gut, aber dann? Dann würde er da liegen und sie auch und sie hätten dasselbe Problem wie vorher, nur entspannter. Aber Axilla war gemein, sie drehte sich und ließ die Bettdecke rutschen, und natürlich schaute Caius hin. Das war so gemein!


    Er sah so aus, als würde er hin und her gerissen sein (war er tatsächlich). Bis Axilla ihn noch einmal aufforderte (da dann nicht mehr). Immerhin hatte er ja gerade gesagt, dass er alles machen würde, nur damit es besser wurde. Und besser war Auslegungssache. Und überhaupt. Caius' Widerstand schmolz, bevor er sich frei enthalten konnte. Glücklicherweise gingen bestimmte Tätigkeiten irgendwie auch trotz bestimmter morgendlicher Verhältnisse, obwohl er tatsächlich überlegte, erst noch auf der Latrine zu verschwinden. Aber die Chance, dass Axilla dann auf und angezogen war, wenn er wieder kam, war einfach zu groß. Also ließ er es, und berührte sie lieber liebevoll an der Wange. Da war eine ungeheure Hemmschwelle, ihr überhaupt so nahe zu kommen, dass er sie küssen konnte (und sie das zulassen würde). Caius ließ sich dabei Zeit, schloss dann aber die Augen, als es soweit war und er sie küsste. Bona Dea, er wollte sie. Aber er wollte das auch auskosten, wenn sie ihn schon wollte nach den letzten Wochen. Obwohl ein Teil von ihm irgendwie wusste, dass sie auch damit nur ablenken wollte. Also würde er sie nicht gleich mit Haut und Haaren fressen, sondern hier und da kosten und weit mehr Augenmerk darauflegen, dass es ihr gut ging, als sich selbst zu bedienen und ihr dann nur das kalte Buffet zu lassen. Seine Hände fanden recht zügig das, was er eben noch nicht mal gesehen hatte, aber dass er nach wie vor etwas skeptisch war, wirkte sich auch auf diese Berührungen aus. Und auf die Dauer der Streicheleinheiten. Er lag nahe an ihr, mehr aber erstmal nicht, und beschäftigte sich erstmal nur ausgiebig mit den weniger verfänglichen Teilen Axillas...

  • Axilla hätte heulen mögen, als er so zärtlich sie einfach nur streichelte und berührte. Warum konnte er sich nicht einfach nehmen, was sie ihm anbot? Warum konnte er nicht einfach nur die pure Leidenschaft über sie hereinbrechen lassen und gut? Warum musste es so langsam sein, so sanft und so zart? Sie wollte jetzt nicht diese Zärtlichkeit, ganz und gar nicht. Sie wollte jetzt keine Liebe. Sie wollte nur Entspannung und dass er aufhörte, zu fragen. Das war alles. Sie wollte kein Gekuschel und keine sanften Küsse und keine zaghaften Berührungen, die von Liebe geradezu getränkt waren.
    Beinahe hätte Axilla einfach losgeweint. Es war zum verzweifeln! Warum konnte er sie sich nicht einfach nehmen. Sie küsste ihn, hart, fordernd, drängte ihren Körper ungeduldig an seinen. Sie schloss die Augen und ließ ihre Phantasie ein wenig fliegen, um sich selbst mehr zu erregen. Sie stöhnte leise, aber als sie die Augen öffnete, waren es braune Augen, in die sie sah. Ungestüm griff sie Archias in den Schritt, streichelte ihn herausfordernd auf der sich immer mehr spannenden Tunika. Sie wollte jetzt nicht schmusen und kuscheln. Sie schenkte ihm nur einen sehr eindringlichen Blick aus grünen Augen, während sie seine Tunika gerade weit genug hochschob und ihn dann auch schon auf sich zog.

  • Viele Männer hätten sich wohl ein Bein ausgerissen für eine Frau wie Axilla im Bett. Caius schätzte das auch sehr, die Götter waren da Zeuge. Nur jetzt, in dem Moment, kam ihm das alles seltsam vor. Das Verhalten passte nicht zu der Angst von eben in ihrem Blick. Und so gut das auch war, so falsch wirkte es auf ihn. Aber andererseits verlangte ihm das jetzt nicht irgendeine Art von Zwang ab, mit ihr zu schlafen. So. Caius tat, was sie wollte. Nicht nur, weil sie es wollte, sondern weil er es dann auch wollte. Ihr Blick stand regelrecht in Flammen. Caius schenkte ihr einen, der nicht weniger intensiv aussagte, was er mit ihr anstellen würde. Er zupfte selbst noch etwas an der Tunika, die nervte ihn nämlich. Er wollte Axillas Haut spüren, da musste sie sich gedulden. Ohne sich zu lange damit aufzuhalten (er hatte es ja selber eilig, jetzt wo sie deutlich gemacht hatte, dass sie auf Verwöhnmomente keine Lust hatte), zog er sie über den Kopf und ließ sie irgendwo hin fallen, und dann war er auch schon über ihr, stützte sich rechts und links ihrer Schultern mit den Ellbogen auf und legte seine Hände an ihr Gesicht. Dann erst tat er das, was ein Ehemann eben tut. Er brauchte die Augen nicht zumachen, um sich etwas vorzustellen. Er hatte es hier, er brauchte nur Axilla anschauen. Wie sich ihre Lippen verbogen, wenn sie seufzte, wie sie manchmal die Augen verdrehte oder ihn ansah. Das genügte. Caius klaute sich einen stürmischen Kuss, selber keuchend, Axillas Finger auf seinem Rücken. Er war an sich recht unmusikalisch, aber den Rhythmus, den hatte er drauf. Das war damals in Alexandrien schon wie eine Droge gewesen, mit Axilla, und das war es jetzt wieder. Die ganzen Worte hätten echt vermieden werden können, wenn er einfach nur über sie hergefallen wär, statt zu diskutieren. Er wusste plötzlich gar nicht mehr, warum sie in den letzten Wochen nicht so zusammen gewesen waren. Und falsch kam ihm die Sache auch nicht mehr vor, sondern verdammt richtig. Und verdammt gut. Lang hielt er das so nicht mehr aus, auch wenn er den festen Vorsatz hatte, Axilla nicht zuvorzukommen. Und wenn sie dann auch noch ihre Beine um ihn legte...

  • Was tat sie hier nur? Axilla wusste, dass es falsch war, und dass es nicht das war, was sie eigentlich wollte. Eigentlich wollte sie nur nicht weiter darüber reden, was mit ihr los war. Eigentlich wollte sie nur dem ganzen Druck entfliehen.
    Nun, es war schön, was Archias machte. Er wusste, was ihr gefiel, und er mühte sich auch redlich, es ihr so schön wie möglich zu machen. Sie konnte es in seinem Gesicht sehen, wie er sich zurückhielt und sich anstrengte, um auch sie zum Höhepunkt zu treiben. Und er küsste sie so voller Leidenschaft, dass Axilla sich wie die schlimmste Lügnerin des ganzen Imperiums vorkam, als sie es erwiderte. Sie wusste, was er mochte, wie sie sich bewegen, wie sie ihn halten musste, um seine Lust noch mehr zu steigern. Und es war ja auch wirklich schön. Nur konnte sie sich einfach nicht fallen lassen, nicht in dieser Situation. Nur würde Archias das genauso wenig verstehen wie das ganze Gespräch davor. Das konnte sie ihm noch viel weniger sagen, ohne ihn zu kränken. Es hörte sich ja auch ganz und gar schrecklich an. 'Du, ich wollte eigentlich gar nicht, aber reden wollt ich eben noch weniger'. Nein, das klang abscheulich. Und Axilla fühlte sich auch abscheulich. Archias liebte sie so sehr, und sie wusste das, und trotzdem machte sie sowas.
    Sie zog sich an ihn, barg ihren Kopf an seiner Schulter, so das er die Verzweiflung in ihren Augen nicht sehen konnte. Ihre Laute täuschten zweifellos über ihren inneren Kampf hinweg, und auch ihre fordernden Bewegungen ließen darauf schließen, dass sie es genauso genoss wie er. Und es war ja auch wirklich schön! Das war ja das besonders schlimmer daran. Wenn Axilla nur einfach alles vergessen hätte können und sich nicht so schuldig gefühlt hätte, es wäre wundervoll gewesen. Sie biss ihn leicht in die Schulter und spannte ihren Körper an, spielte ihm etwas vor. Den Unterschied würde er nicht bemerken, und es war nicht seine Schuld. Er bemühte sich wirklich. Er liebte sie. Axilla wusste das.
    Erschöpft ließ sie sich atemlos zurücksinken und hoffte, dass es ihn genug animiert hatte, es nun zuende zu bringen. Sie küsste ihn noch einmal viel sanfter als zuvor. Nein, er konnte wirklich nichts dafür, dass sie so abscheulich zu ihm war.

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