exedra | Nur mal so...?

  • Der Sklavenknabe namens Minus führte den flavischen Besucher ins atrium und nahm ihm dann den Mantel ab. "Wennscht bitte hier warten magscht? Ich geh gleisch ma den domminuss frachen ob er Zeit für disch hat." Sprach's und verschwand hüpfend in einem der Gänge der villa.


    Schon kurz darauf kam er zurück und winkte Piso zu. "Her domminuss hat sacht, dasser Zeit für disch hat. Kommscht mit?" Minus führte den Besucher aus dem atrium in die exedra, die ägyptisch gestaltet war. In einem Korbsessel lag Aurelius Corvinus und las ein Pergament. Minus trollte sich, nachdem er seine Aufgabe erledigt hatte und ließ die beiden Herrschaften allein.

  • Ich blickte auf, als Minus den Flavier hereinführte, und sah ihm entgegen. Dann legte ich die Schriftrolle sorgfältig fort und deutete auf einen weiteren Sessel. "Sei gegrüßt, Flavius Piso. Nimm doch bitte Platz." Ich wartete, bis er ebendies getan habe würde. Erst dann fuhr ich fort. "Ich muss schon sagen, dass mich dein Besuch überrascht. Wir kennen uns, glaube ich, noch nicht, auch wenn wir uns auf meiner Hochzeit schon kurz gesehen haben." Ich griff zur Seite und entstapelte einen zweiten Hornbecher, den ich neben meinem eigenen platzierte. "Wein? Pur oder verdünnt?" fragte ich ihn und schenkte ihm dann ein, was er sich ausgewählt hatte. Ich fragte mich, warum er hier war. Das naheliegendste wäre ein Besuch bei Celerina gewesen, doch man hätte ihm gewiss schon an der Tür gesagt, dass sie sich gegenwärtig in Ostia aufhielt. Der zweite Gedanke kam mir ebenso plötzlich wie unerwartet in den Sinn, sodass ich meinen Gast kurz perplex anstarrte, ehe ich meine Augen prüfend verengte. Er kam doch nicht etwa wegen Prisca?

  • Was redete der Sklave da bloß für einen himmeltraurigen Schmarren zusammen? So einem hätte er seinen eigenen Sklaven schon lange ausgebeizt, und zwar salzig. Nicht, dass alle barbarischen Akzente schlecht waren, aber so ein fürchterliches, abscheuliches Latein war nie zu vergleichen mit dem kernigen Fluß des raetischen Akzentes oder der schleppend-weichen Melodie des norischen Zungenschlags. Piso blickte ein wenig indigniert dem Sklaven nach, als jener verschwand.

    Sim-Off:

    8)


    Er kam bald wieder zurück und führte ihm zum Pontifex, in einen Raum, der Piso frappant an diverse Räume erinnerte, die er damals in Alexandria gesehen hatte. Piso setzte ein Lächeln auf, als er den Aurelier sah. Hohen Tieren gegenüber verhielt man sich nett.
    „Salve, Aurelius Corvinus! Ich danke dir, dass du es so kurzfristig einrichten konntest, mich zu sehen.“
    Er setzte sich, sowie ihm der Platz angeboten worden war. Der Stuhl knarzte leicht, altehrenwürdig war das gute Mobilar allerdings. „Das stimmt, wir haben uns auf der Hochzeit gesehen, mehr allerdings nicht, bedauernswerterweise. Oh, danke, verdünnt bitte.“
    Pur wäre schon eine verdammte Versuchung gewesen, aber er wollte sich zu diesem Besuch nicht hoffnungslos besaufen. Der Wein wurde ihm eingeschenkt, doch Piso nahm sich vorerst zurück, was das Trinken anging. „Danke sehr.“, machte er also nur.
    „Ich habe, vor allem in letzter Zeit, immer nur Gutes von dir gehört, Senator, insbesondere vonseiten deines Neffen Aurelius Ursus. Und da habe ich mich gefragt, wieso ich den Ehemann meiner Nichte...“ Er simplifizierte das komplexe Verwandtschaftsverhältnis einfach einmal geradezu verbrecherisch. „...Celerina nur so schlecht kenne. Diesen Misstand wollte ich berichtigen. Ich hoffe, die Ehe läuft gut?“ Piso hätte sich selber an den Kopf geschlagen, wenn er gewusst hätte, n welches Fettnäpfchen er mit diesem Satz schon gleich zu Anfang gelandet war. Denn er wusste ja noch nichts davon, dass Celerina die Fliege gemacht hatte. Niemand hatte es für nötig befunden, ihn darob aufzuklären.
    Er schien kurz nachzudenken. „Außerdem... muss ich gestehen, dass ich eine Frage habe. Du warst ja, bevor du Pontifex geworden bist, Septemvir, wenn ich mich nicht täusche.“ Er blickte Corvinus fragend an.

  • Als der Flavier davon sprach, nur Gutes gehört zu haben, runzelte ich die Stirn. Das Runzeln vertiefte sich noch etwas, als er Celerina erwähnte. Ich nippte an dem Wein, ehe ich leise seufzte. “Ganz passabel, danke der Nachfrage“, erwiderte ich und ließ die Information weg, dass sich Celerina lieber in Ostia vergnügte, als hier bei mir auszuharren. Andererseits... Als Familienmitglied wusste der Flavier vermutlich um Celerinas Aufenthaltsort. War seine Bemerkung daher vielleicht ein Affront? Prüfend musterte ich meinen Gast und entschied mich, nicht weiter darüber nachzudenken, sondern stattdessen meinerseits zum Angriff überzugehen. “ Da du das Gespräch auf die Ehe lenkst - bist du deswegen hier?“


    Ich war ich ganz sicher, dass er jetzt ertappt dreinschauen und sein Interesse an meiner kleinen Prisca begründen würde, da enttäuschte er meine Erwartung und lenkte das Gespräch auf den cultus. Dementsprechend aus dem Konzept gebracht sah ich ihn auch an. Gleich mit einer freundlicheren Miene nickte ich. “Das ist richtig, ja...“ Kurz überlegte ich, dann war eins und eins schnell zusammengezählt. “Ich nehme an, deine Frage steht in Verbindung zu dem vakanten Platz in den Reihen der septemviri?“ vermutete ich und musste dann lachen. “Verzeih mir wegen meiner direkten Frage eben. Es war nur die naheliegenste Vermutung.“ Immerhin schneite nicht oft ein Flavier einfach nur so herein. Aber „nur so“ war Piso ja schließlich auch nicht hier, wie sich gerade herausgestellt hatte.

  • Hm, waren die Runzeln eine aurelische Erscheinung, gleich der flavischen hochgezogenen Augenbraue? Egal, ob sie es waren oder nicht, Piso konnte an denen ablesen, dass seine Worte mit einem gewissen Befremden aufgenommen wurden. Vielleicht dachte der Aurelier, Piso wollte ihn veräppeln. Dabei waren die Worte des Piso ganz ernst gemeint. Als Corvinus ihm eine knappe Antwort auf die Frage zuteil werden ließ, wunderte wiederum er sich. Wieso das Seufzen? Piso nahm es dem Pontifex nicht ganz ab, dass die Ehe „passabel“ lief. Wäre Piso verheiratet gewesen, und seine Ehe würde „passabel“ laufen, würde er sicherlich nicht seufzen. Obwohl, Corvinus war ja nicht Piso. Er beließ es also nur dabei, freundlich zu nicken, als ob nichts wäre.
    Die Frage, die Corvinus ihm nun stellte, die traf ihn aber unerwartet. Piso blinzelte, erstens um seine beiden Augenbrauen davon abzuhalten, in die Höhe zu schnellen, und zweitens, um den ungläubigen Ausdruck in seinen Augen zu verdecken. Heiraten? War diese Frage jetzt ernst gemeint? Ein Verdacht beschlich ihn. Er ging innerlich die Liste der weiblichen Aurelier durch, die er kannte – eine kurze Liste, bestand sie doch nur aus einem Namen. Bei Venus...
    Piso entschied sich, diese Deutung der Frage nicht in Betracht zu ziehen und eine andere, harmlose zu nehmen, welche sich nur auf Corvinus‘ und Celerinas Ehe bezog. „Ja... doch, wie schon gesagt... ich höre so wenig von Celerina dieser Tage, und ich wollte wissen, ob es ihr auch gut geht. Ist sie denn hier?“, fragte er in ehrlicher, gutgläubiger Unschuld.
    Piso nickte, als Corvinus richtig kombinierte, und lachte ebenfalls. „Genau! Da hast du Recht. Und nein, das ist nicht der Rede wert.“ Da hatte er schon schlimmere Fragen bekommen.
    Der arme alte Tongilius Stolo kam ihm wieder in den Sinn. Vor ein paar Tagen war er noch ein stolzer Eques und Septemvir gewesen, und urplötzlich haute ihn der Herzkasper aus den Sandalen heraus. Welch Pech. Seinen Platz wollte Piso einnehmen. „Ich komme von Tiberius Durus. Er hat sich einer Kandidatur meinerseits positiv ausgesprochen und hat mir ein Empfehlungsschreiben an den ehrenwerten Opimius Naso versprochen. Und er hat mir empfohlen, mich an dich zu wenden, da du früher Septemvir warst.“ Er hüstelte. „Und dies ist meine Frage, wenn du es erlaubst: Wie stelle ich es an, mich zu bewerben?“

  • Er wollte mich vorführen. Ich war mir ganz sicher. Tiefe Furchen entstanden auf meiner Stirn. Die Römische dignitas war nicht so recht zu erkennen auf meinem Gesicht, dafür aber eine gehörige Portion Skepsis. Warum sonst fragte er mich weiter nach Celerina aus? Ich schürzte die Lippen und ließ noch einen Moment verstreichen, ehe ich äußerst gesprächig und recht trocken antwortete. "Nein." Er wusste sicherlich ganz genau, wo sie sich aufhielt. Ich räusperte mich demonstrativ und leerte meinen Weinbecher zur Hälfte. Ein leises Klacken erklang, als ich ihn zurück auf den Tisch stellte.


    "Hat er das?" fragte ich, ein wenig besänftigter. Nun, das war naheliegend. Zumal Durus inzwischen nicht nur ein guter Freund und Kollege war, sondern ein Verwandter, sozusagen. "Ja, das hast du recht. Ich hatte damals das Glück, einen Freund in den Reihen der septemviri zu haben. Aemilius Atimetus, du kennst ihn vielleicht?" fragte ich mit entsprechendem Blick. "Wie du es anstellst, dich zu bewerben? Nun, ein Empfehlungsschreiben ist sicherlich schon ein guter Ansatz. Ich könnte allerdings auch Opimius Naso nach der nächsten Senatssitzung in ein Gespräch verwickeln..." Hin und wieder hielten wir noch einen Plausch, und gelegentlich war ich zur cena in seinem Hause eingeladen. Man konnte sagen, dass wir ein gutes Verhältnis zueinander hatten. Bedingt durch meine jetzige Tätigkeit war ich für den Opimier auch die Anlaufstelle für Ideen, die bei einer Tagung des collegium pontificium vorgestellt werden sollten. "Du bist jetzt in der Kanzlei tätig?" hakte ich nach. Ich meinte, seinen Namen auf Ursus' Ernennungsurkunde gesehen zu haben.

  • Nein? Was sollte das bedeuten? Und der giftige Tonfall, in dem dieses Nein ausgesprochen wurde, veranlasste Piso dazu, sich ein wenig zurückzusetzen. Selbst der Laut, mit der Aurelius seinen Weinbecher auf den Tisch donnern ließ, klang bedrohlich. Unverständnis sprach aus seinen Gesichtszügen. Wieso war Celerina bloß nicht bei den Aureliern? Die Neugierde blitzte aus seinen Augen kurz, und fast hätte er etwas getan, was sicher dazu geführt hätte, dass man ihn herausgeschmissen hätte. Doch er verbiss sich die zwei Fragen, wo sie denn wäre und wieso sie nicht hier war. Unheil hätte unweigerlich gedräut. Das konnte er von einem Sklaven herausfinden, er würde einfach auf dem Weg heraus einen anhalten und fragen. Er machte also nur ein „Oh.“, was zwar nicht sehr eloquent war, aber das einzige, was in der Situation wohl passte, zumal es sein komplette Nichtwissen über den Umstand, dass Celerina sich in Ostia befand, treffender beschrieb als 1000 Worte.
    Wohl die Tatsache, dass er nicht nachhackte, sowie geschicktes Name-Dropping (ein sehr nützliches Werkzeug der Rhetorik) schaffte er es wohl irgendwie, das Ruder herumzureißen, sodass Corvinus‘ Tonfall sich nun doch versöhnlicher anhörte.
    „Einen Freund bei den Septemviri habe ich leider nicht.“ Piso schüttelte den Kopf ausdrücklich. „Aemilius Atimetus? Ein Aemilier? Nein, ich kenne keinen von jenen.“ Die Aemilier waren einst ein großes Patriziergeschlecht gewesen, doch jetzt war ihr Einfluss deutlich hinter dem der „großen 4“ – die Flavia, die Aurelia, die Tiberia und die Claudia – zurückgefallen. Dass Kontakte zu denen noch einmal nützlich wären, hätte sich Piso nie gedacht.
    Der nächste Vorschlag fand aber durchaus Anklang. „Opimius Naso ansprechen? Das wäre eine Idee!“, meinte er erfreut. „Würdest du das für mich tun? Ich wäre sehr zu Dank verpflichtet!“, versicherte Piso dem Aurelier. Das mit dem Dank meinte er ehrlich – er war darauf erpicht, die Gefallen, die ihm erwiesen wurden, später wieder quitt zu machen. Alles andere wäre Selbstmord am politischen Parkett.
    Eine Frage kam auf, die Piso zu einem Nicken veranlasste. „Ja, ich bin Primicerius a libellis.“, bestätigte er. „Schon seit recht langem. Also, Erfahrung in administrativen Aufgaben habe ich auf jeden Fall.“, lächelte er. Denn dies war ja auch der Aufgabenbereich der Septemviri.

  • Oh. Oh? Oh. Ich zog ein wenig die Brauen zusammen, ließ das vermeintliche Unwissen allerdings sonstig unkommentiert. Ich wusste nicht, was ich von diesem Flavius halten sollte. Wollte er mir tatsächlich weiß machen, dass er nichts davon wusste, wo sich seine Tante aufhielt? Zweifel befielen mich. Eventuell hatte Celerina tatsächlich niemandem etwas gesagt. Nicht einmal ihrer eigenen Familie. Konnte das sein? Immerhin hatte sie mir nichts gesagt. Ich seufzte erneut.


    "Aemilius Atimetus und ich sind Freunde seit Kindheitstagen. Wir waren gemeinsam in Athen", erklärte ich unaufgefordert und schwelgte kurz in der Erinnerung daran. "Ich habe ihm meine Aufnahme bei den Siebenmännern zu verdanken." Auch daran dachte ich nun zurück. An die Freude, die ich empfunden hatte, als ich den Brief zu meiner Aufnahme bekommen hatte. Ein vages Lächeln umspielte meine Mundwinkel.


    Hmm. Ob ich diesem Flavier den Gefallen ausschlagen konnte, den ich eben selbst indirekt vorgeschlagen hatte? Wohl kaum. Immerhin war er verwandt mit meiner Frau. Was mich wieder an sie denken ließ. Bona Dea nochmal! "Das kann ich für dich tun. Ich werde ihm ein Gespräch mit dir vorschlagen. Dann kannst du ihm dein Empfehlungsschreiben vorlegen und ein wenig über dich erzählen." Ich war gespannt, was dann daraus wurde. "primicerius?" echote ich hernach und tätigte eine Feststellung. "Das ist...interessant. Dann strebst du ein Ritteramt an." Denn ich ging nicht davon aus, dass er das Septemvirat hautberuflich bekleiden wollte.

  • Piso betrachtete das Mienenspiel des Pontifex. Auf ihm war Verwunderung anzusehen. Konnte es sein, dass Piso und Corvinus in dieser Hinsicht einander vorbei redeten? Auch, weil Celerina Pisos Nichte, nicht Tante war. Aber da Corvinus seine Gedanken nicht aussprach, rektifizierte er dies auch nicht. Er musste unbedingt herausfinden, was da im Busch steckte.
    Er hörte Corvinus zu, wie jener von seiner Kindheitsfreundschaft mit dem Aemilier erzählte. Piso lächelte ganz leicht. Eine Kindheitsfreundschaft war durch nichts zu ersetzen, obwohl er Archias bisher nicht zu beruflichen Zwecken ausbeuten hatte können. „Athen. Sicher sehr schön. Aber ich war dort noch nie.“, gestand Piso, ebenso unaufgefordert.
    Die Freude, die Corvinus verspürt hatte, als er die Aufnahme erhalten hatte, konnte Piso sich vorstellen. Er konnte sich gut daran erinnern, wie er in seinem Officium komplett ausgeflippt war, als ihm zugetragen worden war, er wäre jetzt im ordo senatorius.
    Die Dankbarkeit strahlte aus seinen Augen heraus, als Corvinus versprach, ihn Opimius Naso vorzuschlagen. „Danke, Pontifex!“, rief er aus, sich davor zurückzuhaltend, eine ebenso inbrünstige Dankesbekundung zu zelebrieren wie jüngst bei Tiberius Durus. „Das schätze ich sehr.“ Ah, er konnte spüren, wie er weiterkam. Wie sich etwas bewegte. Sein glückliches Lächeln brillierte Corvinus unzweifelhaft sehbar entgegen.
    Welches nun doch ein wenig schwand, als Corvinus das Ritteramt ansprach. „Ritteramt. Das war einmal.“, seufzte er und trank vorsichtig aus dem ihm angeboten gewesenen Wein. „Ich habe mich durchaus für einen ritterlichen Posten bemüht, doch dies wurde abgeschmettert. Nun widme ich mich mit vollem Eifer dem, was mir schon lange vorschwebte: Der cursus honorum. Ich möchte Senator werden. Mein Amt in der Kanzlei werde ich, wenn ich gewählt bin, natürlich hinlegen. Und dann auch nicht mehr aufgreifen.“, informierte er den Aurelier. „Gleich bei der nächsten Wahl will ich mich bewerben.“ Er wartete nun gespannt ab, was Corvinus dazu zu sagen hätte.

  • Ich nickte nur auf die Athenbemerkung hin. Alles, was ich ihn nun über Athen hätte erzählen könnnen, wusste er sicherlich bereits durch Erzählungen von Verwandten und Bekannten oder aus Büchern, also unterließ ich es, davon zu sprechen.
    Nun, immerhin schien er sich aufrichtig über meine Zusicherung zu freuen, dass ich mit Naso sprechen würde. Das überraschte mich, denn ich hatte angenommen, dass er aufgrund seiner Verwandtschaft mit Celerina und der damit entstandenen Beziehung zu mir bereits davon ausgegangen war, dass ich ihm half. Es freute mich, dass er ohne Erwartung, dafür aber mit Hoffnung gekommen war, und das zeigte sich auf meinem Gesicht in einem erfreuten Lächeln. "Ich werde dich wissen lassen, was bei dem Gespräch herausgekommen ist, Flavius", versprach ich.
    Bezüglich des Ritterpostens konnte ich nur nicken. "Ja, aber wenn ich ehrlich bin, wundert es mich nicht. War es nicht dein Verwandter Furianus, der seinerzeit ein Ritteramt bekleidete? Viele Freunde hat er sich damit nicht gemacht", kommentierte ich. Es war wunderlich, dass Furianus Piso nicht von seinen negativen Erfahrungen berichtet und ihm geraten hatte, kein Ritteramt auszufüllen. "Es ist ja nicht mehr lange hin bis zu den Wahlen. Wirst du In die Fußstapfen Gracchus' treten und decemvir litibus iucandis werden?" fragte ich interessiert und hielt mit meiner Absicht, vielleicht selbst noch einmal zu kandidieren, erst einmal hinter den Berg.

  • Sicherlich hatte Piso schon von Athen gelesen, doch er hätte gerne noch ein paar Erste-Hand-Erfahrungen gehört. Nun ja, er würde schon irgendwann einmal nach Athen gehen, wenn er Zeit hätte dereinst.
    Nun, der Aurelier schien sich göttlich über den emotionalen Piso zu freuen. Oder war er eher erfreut über diese überschäumende Freude (welche jedoch noch viel überschäumender hätte sein können)? Wie dem auch sei, er versicherte ihm, dass er Piso informieren würde. Piso nickte nur. „Prima.“ Ein weiteres „Danke.“ konnte er sich aber nicht verkneifen.
    Corvinus sprach nun die Vergangenheit des Furianus an. Piso musste lächeln. Ja, dies war ein Punkt in der Vergangenheit des Furianus, die jener immer unter den Teppich zu kehren versucht hatte. Doch trotzdem... so ein ritterlicher Posten wäre schon etwas gewesen. Er hätte im Geld baden können wie... schade, dass es noch keinen Onkel Dagobert gab, mit dem Piso sich hätte vergleichen können, und so verlor sich sein Versuch, eine Äquivalenz zu finden, im Ergebnislosen.
    „Nun, dem Erfolg von Furianus hat es scheinends keinen Abbruch getan.“, antwortete Piso also nur. „Aber wie gesagt, die Bürde eines ritterlichen Amtes in meinem Lebenslauf werde ich nun wohl nicht mehr mit mir herumschleppen müssen.“ Er zuckte die Schultern.
    Corvinus kam auf die Vigintiviri zu sprechen, und Piso verzog keine Miene, als er antwortete. „Nun, ich habe vielmehr gedacht, ich möchte Tresvir Capitalis werden, wie mein Vetter Aristides. Die Rechtspflege finde ich sehr wichtig.“, erklärte er. „Doch ich wäre auch prinzipiell bereit, Decemvir zu werden, sowie der Senat dies fordert. Erlaube mir eine Frage, Senator, welches Amt hast du bei den Vigintiviri bekleidet?“

  • Ich hob die Brauen, als Piso vom Werdegang seines Verwandten sprach.
    "Um Furianus ist es recht ruhig geworden. Hat er nicht sogar geheiratet, ohne großes Aufsehen damit zu erregen? Von einem Mann wie ihm erwartet man ein rauschendes Fest, erst recht, da er aus einer solch angesehenen Familie stammt. Ich muss sagen, dass es mich schon sehr verwundert hat, dass er bereits verheiratet nach Rom zurückkehrt", sagte ich zu Piso. Nicht, dass ich unbedingt auf dieses Fest hatte gehen wollen - vielmehr war es wunderlich, dass er klammheimlich geheiratet hatte, noch dazu eine Claudia. Dass die Claudier diese stumme Heirat befürwortet hatten, war allerdings noch wunderlicher. Vermutlich war die Frau daher von schlechtem Status. Warum sonst sollte man eine Heirat verschweigen?


    Piso schien es gelassen zu sehen, dass er auf dem ritterlichen Wege nicht weiterkommen würde. "tresvir capitalis", wiederholte ich nachdenklich. Dann trat das Erkennen in meinen Blick. "Marcus Aristides? Ich war seinerzeit auf seine Hochzeit eingeladen. Ein angenehmer Mensch. Leider ist es letztens recht still um ihn und seine Braut geworden." Fragend sah ich Piso an. "Wir hatten damals zusammengearbeitet, ehe ich mein Ädilat nicht weiter verfolgen konnte", erinnerte ich mich. "Ich? Ich selbst war ebenfalls mit der Erbschaftsbürokratie betraut gewesen. Deswegen fragte ich. Die Arbeit hat mir gelegen. Aus welchem Grund möchtest du tresvir werden? Im Senat wird man dich sicherlich dasselbe in Grün fragen, aber bis dahin geht ja noch ein wenig Zeit ins Land."

  • Jetzt ging Corvinus also dazu über, implizit Furianus zu kritisieren. Der Mann hatte ja durchaus recht, und Piso hatte sich auch schon darüber gewundert. Er bemühte sich um eine diplomatische Antwort auf die Frage.
    „Nun... das stimmt.“ Piso hatte ja noch nicht einmal die Braut kennen gelernt. Eine Nichte vom nicht minder geheimnisumwitterten (oder einfach nur zurückgezogenen?) Claudius Menecrates war sie. „Ich denke einfach, Furianus hat solch ein Brim... öh... solch einen Aufwand nicht nötig. Außerdem... ihm geht es zur Zeit nicht so gut.“ Corvinus würde das hoffentlich verstehen, hatte ja auch er eine fiese Krankheit damals eingefangen, als er Aedil gewesen war. „Aber es scheint eine echte Liebe zwischen ihnen zu existieren.“ Zumindest, wenn man danach ging, wie Furianus ihn angegenagen war, als er gescherzt hatte, er habe sie sich wohl geangelt.
    Da Piso hoffentlich mittels Cultus weiterkommen würde, hatte er innerlich schon lange die Ritterämter abgehackt. „Aristides, ja.“, bestätigte er. „Er lebt jetzt wieder in Baiae, mit seiner Frau Epicharis. Rom war wohl doch nichts für ihn, wie es aussieht.“ Dies war ein trauriger Umstand, doch Aristides schien es sich gut gehen zu lassen, wie man es so hörte. „Ah, du warst auch Decemvir? Nun, ich könnte mir genau so gut vorstellen, decemvir zu sein. Nur gefällt mir die Arbeit des tresvir capitalis doch besser. Der Grund dafür ist, wie gesagt, die Rechtspflege. Ich würde aktiv die Möglichkeit bekommen, etwas gegen die ausufernde Kriminalität in den Straßen Roms zu tun.“ Natürlich gab es da die harten Kerle, die Verbrecher selber erdrosselten. Piso würde sich dafür irgendeinen Henkersknecht nehmen. Unästhetisch mochte solch eine Arbeit sein, doch viel unästhetischer wäre noch der Anblick, solche Verbrecher frei herumlaufen zu lassen. „Als Jurist und besorgter Bürger liegt mir viel an der Sicherheit der Urbs Aeterna. Ich habe noch keinen Militärdienst geleistet, doch ich habe zwei Kurse an der Academia abgeschlossen, die mir einen Einblick gegeben haben in die Arbeit der Gesetzesvollstrecker bei den Vigilen und der Stadtkohorte. Zudem denke ich, dass ich gut zusammenarbeiten könnte mit den Prätorianern.“ Schließlich kannte er viele von diesen, sogar ziemlich gut, da jene ja den Palatin bewachten, sowie den Princeps Caecilius. Mit dem Praefectus Prudentius Balbus verband ihn sogar durchaus eine kollegiale Freundschaft, von ihrer Zusammenarbeit in der Kanzlei noch her. „Zudem würde ich gerne den Prätoren helfen und einen Einblick in ihre Arbeit bekommen.“, fügte er hinzu, dies war ja schließlich auch eine Aufgabe der Tresviri Capitales.

  • Ich ahnte nicht, dass Piso sich später darüber wundern würde, woher ich von der Ehe des Furianus wusste. Es hatte eben auch seine Vorteile, auctor zu sein. Den Hinweis, dass Furianus es nicht nötig hatte, seine Hochzeit nicht zu verbergen, ließ meine Brauen kurzzeitig hinauf rutschen. Ich erwiderte darauf nichts, schließlich wollte ich bei unserer Konversation keinen Kleinstreit vom Zaun brechen. Dass er krank gewesen war, hatte auch ich gehört. Immerhin hatte Furianus damals für Aufsehen erregt, als er den Kaiser darum gebeten hatte, vor seinem Tod noch einmal Ägypten bereisen zu dürfen. Und nun war er verheiratet mit einer, wie man sagte, Frau Mitte dreißig, und nahm die Fäden des öffentlichen Handelns wieder auf. Ich enthielt mich eines Kommentars dazu, kommentierte allerdings seinen Ausspruch über die Liebe. "Dann kann er sich glücklich schätzen."


    "Ah, das sind natürlich schlagkräftige Argumente", erwiderte ich, nachdem Piso vorgetrage hatte, warum er ein guter tresvir wäre. Wieder fiel mir auf, dass ich dringendst die Zeit finden sollte, den cursus iuris zu absolvieren. "Nun denn, ich werde dich bei deiner Wahl unterstützen. Wissenswert für dich wäre vermutlich noch, dass ich es nicht nur der Verwandtschaft wegen tun werde", sagte ich zu Piso und lächelte kurz. "Ich kenne dich zwar kaum, aber ich hoffe, diesen Umstand auf Dauer ändern zu können. Es könnte auch durchaus möglich sein, dass unsere Familien in der Zukunft weiter zusammenwachsen und wir allein ob dessen schon mehr Gemeinsamkeiten entdecken." Während ich das sagte, beobachtete ich seine Reaktion auf meine Worte ganz genau. Ich würde schon herausfinden, ob ihn hinsichtlich Prisca etwas umtrieb. "Du hast auch eine Schwester, nicht wahr?" fügte ich hinzu und dachte dabei an Avianus und Imbrex.

  • „Das hoffe ich ebenfalls.“, erwiderte Piso ebenso knapp wie Corvinus. Es war eigentlich gar nicht seine Art, jetzt nicht noch einen Kommentar draufzusetzen, aber er war sich ziemlich sicher, dass Furianus es nicht schätzen würde, wäre er indiskret mit familiären Angelegenheiten. Und als Strafe drohte eine hinter die Löffel, also auf keinen Fall etwas, was sich Piso einhandeln wollte.
    Er hörte lieber dem Manne zu, als jener seine Rechtfertigung, tresvir capitalis werden zu wollen, abnickte. Gerade noch gut gegangen. Und, es kam noch besser. Piso blickte erstaunt drein, als der Aurelier ihm seine Unterstützung aussprach. Beide Augenbrauen hob er hoch, und sein Mund war geformt, als ob er ein Ü oder ein Ö verlautbaren wollte (Corvinus hatte Piso wohl mit seinem Versprechen wirklich überrascht). Doch entrann ihm kein Ton, und Piso renkte nach einer Sekunde wieder sowohl Mund wie auch Augen ein. „Das ist sehr freundlich von dir. Vielen Dank!“, rief er also mit einem frohen Lächeln im Gesicht aus. „Ich hoffe ebenfalls, dass wir uns besser kennen lernen. Und ja, eine engere Verbindung zwischen der flavischen und der aurelischen Familie ist mehr als nur wünschenswert.“ War er nicht schon für irgendeine schwindlige Verbindung mit einer Tiberierin eingeplant? Er verzog nachdenkend die Lippen. Doch bei den Tiberiern gab es ja keine ungebundene Dame, wie Piso gehört hatte (in der Kanzlei, im Zusammenlauf der Informationen des Reiches, tätig zu sein, hatte nämlich auch Vorteile). Er zuckte leicht, fast unmerkbar, die Achseln. Im Gegensatz zu den Aureliern, wohlweislich, dachte er sich, an eine Marktbegebenheit zurückdenkend. Er blickte genau auf Corvinus, sehend, ob es nicht eine physische Gemeinsamkeit mit Prisca gäbe. Corvinus ohne Dreitagebart... könnte fast hinkommen...
    Er blinzelte, als der Mann etwas anderes ansprach. „Oh, ja, ich habe eine Schwester. Sie heißt Vera.“ Der Kerl wusste ja enorm viel. „Und sie ist auf der Suche nach einem Ehemann.“ Beziehungsweise die Familie für sie. Piso dachte fast, der Aurelier erwarte sich eine Antwort in dieser Hinsicht.

  • "Sprichst du da nur für dich oder für deine Familie?" hakte ich schmunzelnd nach, als Piso auf die wünschenswerte Festigung der Bindung zwischen unseren Familien sprach. Seine Schwester hieß also Vera und war unverheiratet. Das war interessant. Ich griff erneut zum Weinbecher, blickte flüchtig in die darin kreiselnde Flüssigkeit. "Es ist zur Sitte geworden, dass man vor der Aufnahme in den Senat heiratet. Gut, das war bei mir auch nicht gegeben, aber... Ich will es mal salopp sagen: Ich bin mir sicher, dass der ein odere andere meiner Verwandten Interesse an deiner Schwester hätte. Und die Aurelierinnen sind durchwegs fromme, tugendhafte Römerinnen." Nur bei Prisca war ich mir da manches Mal nicht ganz so sicher, wie ich hier den Anschein gab. doch das würde Piso ja nicht wissen. "Hast du dir denn dahingehend schon Gedanken gemacht?" fragte ich.


    "Nun ja. Wie geht es denn dem kleinen Gracchus Minor?" setzte ich meine Ausfragung fort. Kinder waren zwar nicht unbedingt etwas, auf das ich selbst hingewiesen werden wollte - eben in Ermangelung eigener - doch interessierte es mich schon, ob der Kleine in die Fußstapfen seines Vaters treten würde.

  • Die Frage des Corvinus war durchaus interessant. „Sagen wir mal so: ich spreche für mich selber.“ Andere wünschten sich für ihn ja eine tiberische Braut. Nur, die Frage war, ob eine solche beschaffbar war. „Aber das soll nicht heißen, dass andere das nicht so sehen könnten.“, fügte er hinzu und bediente sich am Wein, schwenkte die Flüssigkeit aber nicht lange rum, sondern wurlte sie runter.
    Jetzt aber konnte er es sich nicht mehr verkneifen, seine rechte Augenbraue hochzuziehen, ganz flavisch. „Andere aurelische Familienmitglieder?“, fragte er nach. „Du musst wissen, ich möchte gerne von der Qualität eines möglichen Ehemannes überzeugt sein, bevor ich meine Schwester weggebe.“ Er wollte nicht implizieren, dass die Aurelier keine anständigen Leute waren – nur, dass er das Beste als gerade gut genug für Vera wähnte.
    Zu Corvinus‘ Aussage bezüglich der Aurelierinnen nickte er nur. „Etwas anderes habe ich nie gedacht.“ Bei seiner nächsten Frage kam er aber ins Stocken. „Öhm... gedacht ja...“ Sollte er die Frage überhaupt beantworten? Es war ja nichts dabei. „Wie du gesagt hast, man sollte heiraten, bevor man Senator wird.“ Er grinste verlegen. „Ich meine... ja, und ich habe mir auch schon Gedanken gemacht, ob ich vielleicht eine Aurelierin heiraten sollte. Gestattest du mir eine Frage, eine ganz unverbindliche? Ist zur Zeit ein weibliches Mitglied deiner... ähm... ehrwürdigen Familie ungebunden? Nur aus Neugier.“, schob er eilends nach. Eine Frage wie ein politischer Kamikazeflug war das gewesen, zumindest kam es Piso so vor.
    Gut, dass man auf anderes zu sprechen kam. „Oh, Minimus geht es sehr gut. Er ist der Wonneproppen der ganzen Familie und kann schon wirklich gut gehen und sprechen.“, lächelte er. „Eindeutig ein sehr begabtes Kind!“

  • Ich konnte nicht umhin, amüsiert die Brauen zu heben, als Piso geschickt auswich, indem er meine Frage gleich in zwei Varianten und zugleich nichtssagend beantwortete. Spätestens in diesem Moment dachte ich mir, dass er den perfekten Politiker abgeben würde.


    "Selbstverständlich, nichts anderes hätte ich angenommen. Ich verfahre schließlich nach demselben Prinzip. Immerhin würde man seine Schwester beispielsweise nur ungern jemandem an die Hand geben, der zwar einen guten Eindruck macht, aber in Wahrheit nicht geeignet ist", erwiderte ich beipflichtend. "Nun ja, aber diejenigen, die infrage kämen, müssen sich selbst darüber im Klaren sein, was sie wollen. Ich kann nur für die Damen des Hauses sprechen, nicht aber für meine Vettern und Neffen." Das mussten sie schon selbst tun, immerhin waren alle alt genug, so etwas selbst entscheiden und regeln zu können.


    Beinahe goldig, mitanzusehen, wie Piso plötzlich verlegen wurde. Nur aus Neugier wollte er also wissen, wer bisher nicht versprochen war. Hatte mich die Frage eingangs noch ein wenig ins Grollen gebracht, fand ich sie nunmehr amüsant, was wohl daran lag, wie er sie vorbrachte. "Nun ja", begann ich langsam, nippte erneut an meinem Wein und betrachtete Piso dann kurz. "Ich kann wohl für meinen Vetter Manius Orest sprechen, wenn ich dir mitteile, dass seine beiden Schwestern in Kürze hier erwartet werden", gab ich preis und trank meinen Becher aus. Mit leisem Klacken platzierte ich ihn auf dem Tisch. "Und dann wäre da noch meine Nichte. Bei ihrem zukünftigen Ehemann lege ich ganz besonders großen Wert darauf, dass er vernünftig, respektvoll und gut gesinnt ist. Prisca heißt sie." Und eigentlich wollte ich sie gar nicht verheiraten. Aber immer noch besser ein Flavier als jemand anderer.


    "Das klingt vielversprechend. Ich hoffe, dass auch mein Erbe irgendwann unterwegs sein wird", erwiderte ich und wusste doch, dass daraus nichts wurde, wenn ich nicht endlich tätig wurde. Ein erster Schritt wäre wohl gewesen, Celerina endlich aus Ostia zu holen.

  • Puh, Corvinus bekam seinen Satz gerade eben nicht in die falsche Kehle. „Genau, das meine ich.“ Er fuhr fort, zustimmend zu nicken, als Corvinus die Wichtigkeit, einen Plan zu haben, hervorhob. „Das stimmt, doch eine gewisse Flexibilität ist nie schlecht.“ Zum Beispiel hätte er es sich früher nie denken lassen, dass er um ein hohes priesterliches Amt sich bewerben würde. Und da war er nun, ein Bittsteller, dessen Gesuch auch tatsächlich erfolgreich sein würde. „Ambition jedoch ist das wichtig. Und vor allem, er soll kein Banause sein.“, fügte er noch schnell hinzu. Er hatte durchaus eine Abneigung gegen Leute, die sich nicht mit Kunst auskannten (oder mit seinem Verständnis davon).
    Aber jetzt würde in der Aurelius sicherlich rauswerfen aus seiner Villa! Doch nichts dergleichen geschah, vielmehr zierte ein amüsiertes Lächeln die Lippen des Senators. Wohl musste Piso erscheinen wie einer der vielen Männer Roms auf Brautschau. „Ach, gleich zwei Schwestern?“, fragte er nach. Auswahl schien es allerdings zu geben. „Was sind denn ihre Namen?“
    Und nicht genug davon, Corvinus erwähnte noch ein unvesprochenes Familienmitglied. Piso lauschte. Würde es vielleicht... sie sein? Der Name fiel – sie war es tatsächlich. Piso schoss das Blut in seine Wangen. Er hielt sich für einen Mann, dem man Röte nicht gut ansehen konnte, doch vielleicht mochte dies nun nicht so sein. Zudem weiteten sich seine Augen ostentibel. „Prisca, hast du gesagt?“ Ja, ohne Zweifel hatte der Mann diesen Namen erwähnt. Langsam fühlte er seine Wärme im Gesicht weiten und seine Pupillen wieder schrumpfen.
    „Ich... ich kenne sie. Ich habe sie getroffen, zweimal, bei deiner Hochzeit und kürzlich am Markt. Eine hochanständige, freundliche junge Frau.“, brachte er hervor. Und herausragend hübsch, verflixt noch eins. Unwillkürlich drückte er seinen Rücken durch, als wäre ihm daran gelegen, vorm Pontifex besonders formell zu erscheinen.
    In dieser Liegeposition traf ihn auch die befriedigte Entgegnung des Aureliers auf seine Antwort hin. „Sehr vielversprechend, ja.“, meinte er. Hoffentlich würde er Senator sein, bis Minor in den Alter wäre, erste politische Schritte zu unternehmen. Vielleicht hätte er dann auch Lust, sich von seinem Onkel ein wenig in die Politik einweisen zu lassen. Er schmunzelte kurz.
    Aurelius kam aber nun auf ein wieteres Thema zu sprechen, was den Nachwuchs anging. „Möge Dea Dia, die Göttin des Wuchses und der Fruchtbarkeit, dir in deinem... Unterfangen gewogen sein!“ Hoffentlich halfen die Glückwünsche eines Arvalbruders in dieser Hinsicht.

  • Noch wichtiger, als der Umstand, einen Plan zu haben, war, dass er funktionierte. :D


    Er soll kein Banause sein? Ich hob ein wenig überrascht die Brauen. Was meinte der junge Flavius nur damit? Wann war man ein Banause? Ich beschloss, nicht darauf einzugehen. Am Ende hielt ich ihn noch selbst für einen Banause per definitionem, und das würde dem Gespräch keine gute Wendung geben. Mit Musik konnte ich nur etwas anfangen, wenn sich dazu schlanke Frauenleiber bewegten und ich viel Wein intus hatte, ansonsten war sie zum Essen ganz nett, doch sonst?


    "Ja, es sind Zwillinge. Sie gleichen wie ein Ei dem anderen. Narcissa und Flora sind ihre Namen", erwiderte ich auf das Interesse des Piso hin, der ganz plötzlich große Augen machte. Ich nahm einen weiteren Schluck, stellte dann den Becher wieder ab und legte eine Hand als Kinn. "Ja. Prisca", wiederholte ich. Zweifellos ging eine Veränderung bei dem Flavier vor. Er schien plötzlich zu glühen und zu strahlen, dann jedoch normalisierte sich dessen Gesichtsausdruck wieder und ich musste schmunzeln, war zugleich aber skeptisch. "Ja, das ist sie wohl. Sie ist mir die liebste Nichte, und deswegen wird es ihr zukünftiger Ehemann auch besonders schwer haben, fürchte ich." Mit leicht verengten Augen betrachtete ich Piso. "War sie wieder Kleider kaufem, hm?" versuchte ich das Gespräch weiter in diese Richtung zu drängen.


    "Danke für diese guten Wünsche. Wir werden sehen, was die Götter in ihrer Weisheit für uns vorgesehen haben", entgegnete ich auf seine Worte hin. Noch ahnte ich ja nicht, dass ich mich lebensmüde und todessehnsüchtig in ein wahnwitziges Unterfangen stürzen würde, einfach weil ich nicht nachdachte. Doch das war eine andere Geschichte.

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