atrium | Prätorianer im Haus

  • Minus, der Sklavenjunge, führte die Herrschaften ins Haus und bot ihnen einen Platz an. Auch wenn die so aussahen, als würden sie lieber stehen wollen. Auf das obligatorische Angebot mit dem Wein verzichtete er gleich ganz, denn immerhin waren sie ganz offensichtlich im Dienst, und von dominus Ursus wusste Minus, dass Soldaten im Dienst keinen Wein trinken durften. Oder es zumindest in Grenzen halten sollten. Dann trollte er sich, um Aurelius Corvinus zu informieren.

  • Kaeso Antonius Hortalus


    Und in der Tat bevorzugten die drei Praetorianer es zu stehen, auch wenn Hortalus für einen kurzen Moment gerne Platz genommen hätte. Doch wenigstens ein Bisschen Disziplin musste er ja mal an den Tag legen, sonst würde die Milites vollkommen das Bisschen Respekt verlieren, dass sie ihm entgegenbrachten.
    Die beiden Milites postierten sich etwas im Hintergrund, in der Nähe des Durchganges, durch den sie von der Porta hierhergekommen waren, während Hortalus sich zögerlich ein wenig umsah.







  • Von Minus beim Diktat gestört, wollte ich den Besuch zunächst warten lassen. Doch als der Junge mir von Prätorianern berichtete, war ich zu neugierig ob deren Anliegen, als dass ich mich noch auf den zu verfassenden Brief hätte konzentrieren können. Mit einem unguten Gefühl begab ich mich also ins atrium, obwohl der Junge mir gesagt hatte, dass es "nur" um die Acta ging. Ich erinnerte mich noch zu gut an die letzte Begegnung hier im Hause mit den Prätorianern. Damals war es ein blamierender und schockierender Grund gewesen, aus dem sie hergekommen waren.


    Als ich das atrium betrat und am impluvium vorbei auf die Prätorianer zu schritt, musterte ich sie. Sonderlich feindlich gesinnt wirkten sie nicht auf mich. Nun ja, immerhin. "Salvete. Was kann ich denn für euch tun?" fragte ich arglos. Im Geiste war ich bereits die Artikel der letzten Ausgabe durchgegangen, doch ich war mir keiner Schuld bewusst, Kaiser oder res publica diffamiert zu haben.

  • Kaeso Antonius Hortalus


    Lange liess der gewünschte Gesprächspartner nicht auf sich warten, ein Umstand den Hortalus durchaus positiv auffasste, denn das wies darauf hin, dass er zumindest kein schlechtes Gewissen hatte, das ihn dazu trieb irgendwelche Dokumente zu vernichten, nur weil Praetorianer im Haus waren.
    Da Hortalus allerdings sowieso nicht wegen so etwas hier war, wäre ihm das aber eigentlich auch egal gewesen. Es hätte ihn nur gestört, wenn man ihn wegen soetwas warten liess.
    "Salve Senator Aurelius und hab Dank, dass du uns so unangekündigt empfängst." Gut, alles andere hätte ihn auch gewundert, denn wer würde sich schon gern dadurch verdächtig machen, dass er Praetorianer wegschickte?
    "Ich bin Antonius Hortalus, Tribun der Cohortes Praetoriae..." was eigentlich unnötig war zu erwähnen "... und im Auftrag des Praefectus Praetorio hier." Und auch das war vor allem eine unnütze und allzu offensichtliche Information.
    "Es geht um einen Artikel in der Acta Diurna. In einer der älteren Ausgaben. Du wirst dich vielleicht erinnern."
    Er kramte wie aus Zauberhand eine Papyrusrolle hervor und entrollte sie langsam um sie ihm dann zu zeigen.


    Was wäre wenn...
    Man stelle sich vor, rein fiktiv natürlich, dass unser neuer Imperator Caesar Augustus verfrüht von den Göttern an die Seite seines Vaters gerufen wird. Man stelle sich vor, Gaius Ulpius Aelianus Valerianus würde Rom nie erreichen, weil er im Kampf gegen eine Chimäre den Heldentod sterben würde. Man stelle sich den römischen Adler ohne Kopf vor.
    Wir kennen das. Die Geschichte hat uns gelehrt, was es bedeutet wenn die Nachfolge eines Kaisers nicht geregelt ist. Normalerweise fließt Blut, römisches Blut.
    Aber wer würde am Ende, wenn der Rauch sich verzieht, als letztes stehen bleiben? Schauen wir uns einmal die Größen unseres Reiches an, die die Fähigkeiten und die Möglichkeiten besitzen, sich an die Spitze unseres wunderbaren Staates zu setzen. Und dort auch zu bleiben.
    [...]
    Zusammenfassung:
    Das Duell zweier Männer ist zu erwarten: Marcus Vinicius Lucianus und Potitus Vescularius Salinator. Einzig Quintus Tiberius Vitamalacus könnte ihnen unter besonders günstigen Umständen gefährlich werden.
    Alle beide vereinen politisches Prestige mit enormem militärischem Potential, und sind durchaus in der Lage andere auf ihre Seite zu ziehen, was die Kämpfe um den Thron noch spannender und undurchsichtiger machen würde. Bei allen drei Erwähnten ist allerdings auch zu erwarten, dass ihnen ihre eigenen Bedenken im Wege stehen, denn alle drei zeichneten sich in Vergangenheit vor allem durch Kaisertreue aus. Es bleibt also abzuwarten ob überhaupt einer der drei in Aktion tritt, oder ob sie das Feld und ihre Dienste einem anderen Kombattanten überlassen.


    "Das sind der Anfang und das Ende des besagten Artikels. Die Acta hatte ihn veröffentlich nach dem Tod des göttlichen Iulianus."
    Mehr sagte er erstmal nicht, sondern wartete erstmal ab, ob der Senator sich erinnerte.







  • Der Prätorianer machte auf mich einen sehr freundlichen Ausdruck. Ein Umstand, den ich seinerzeit bei Caecilius Crassus vermisst hatte, denn für ihn waren wir damals wohl alle in demselben Maße Schuld gewesen wie Titus Cicero. Ein Antonius also. Zwar mochte der Prätorianer selbst solche Informationen als unwichtig abwerten, doch für mich waren sie nützlich, denn ich sprach nicht gern mit namenlosen Gesandten, die sich für etwas besseres hielten, nur weil sie von einflussreichen Männern als Boten benutzt wurden. Ich ahnte es nicht, und doch hatten Antonius Hortalus und ich selbst den gleichen Gedankengang. "Naja, ich denke, es ist in meinem eigenen Interesse, dass ich euch nicht abweise", erwiderte ich nämlich und schmunzelte kurz. Mir fiel der Umstand auf, dass der Junge es offensichtlich versäumt hatte, den Soldaten einen Platz anzubieten. Ich deutete auf die Sitzgruppe. "Wollen wir uns setzen?"


    Ein Artikel einer alten Ausgabe also. Augenblicklich stellte sich mir die Frage, um welchen es sich handelte und warum man mit einem Besuch dann erst jetzt anrückte. Doch der Antonius entrollte ein Dokument und reichte es mir dann. Ich überflog es, las es dann ein wenig genauer. Der Artikel entstammte nicht nur einer alten Ausgabe, er war sehr alt. Ich konnte mich nur noch schwach daran erinnern, immerhin war Valerianus nun auch schon eine ganze Weile Kaiser und sein Vater dementsprechend lange verstorben. Dann blickte ich wieder auf. "Ja, ich erinnere mich zwar kaum, weil es so lange her ist, aber dieser Artikel wurde veröffentlicht", sagte ich und sah den Tribunen prüfend an. "Mit welchem Anliegen hat dich Prudentius Balbus zu mir geschickt?"

  • Kaeso Antonius Hortalus


    Als Corvinus ihm nun ebenfalls einen Platz anbot, stimmte er diesmal zu und setzte sich mit dem Senator in die recht bequem wirkende Sitzgruppe.


    "Mein Praefect möchte wissen, wer diesen Artikel damals verfasste." antwortete er.
    "Prudentius Balbus ist viel daran gelegen mit dem Schreiber zu sprechen." fuhr er fort und hielt dann einen kurzen Moment inne, bevor er weiter sprach. "Die Angelegenheit ist von einiger Brisanz und daher müssen wir vor allem auch darauf bestehen, dass dies vertraulich behandelt wird. Ich brauche von dir lediglich den Namen des Schreibers, danach wirst du nicht weiter behelligt werden."







  • Überrascht hob ich die Brauen. Wer diesen Artikel verfasst hatte, konnte ich aus dem Stehgreif ohnehin nicht sagen, da würde ich in den Archiven nachsehen müssen. Allerdings hatte man als auctor nicht nur den Vorteil, andere herumscheuchen zu können, sondern auch die Pflicht, eben jene zu schützen. "Der Artikel wurde vor einige Zeit verfasst. Es gehen täglich Unmengen von Dokumenten über meinen Schreibtisch, von daher wirst du sicherlich verstehen, dass ich dir den Namen nicht aus dem Gedächtnis nennen könnte", begann ich. "Allerdings muss ich dich auch darauf hinweisen, dass ich als auctor nicht den Namen desjenigen Verfassers preisgeben darf, wenn dieser nicht zustimmen sollte. Ich nehme an, du wirst mir kaum sagen dürfen, was dein Präfekt für ein Anliegen hat, das er mit dem Verfasser besagten Artikels diskutieren will?" Das war schon eine seltsame Sache. Ich strengte mein Hirn an, doch mir wollte nicht einfallen, wer den Artikel eingereicht hatte und was sonst noch darin stand. Eines stand fest: Ich würde meinen scriba schicken, damit er mir die benötigten Informationen besorgte. Oder aber selbst gehen, denn ein Besuch im domus der Acta stand für heute ohnehin auf dem Plan. Ich überlegte. "Hm. Wenn besagter Autor sich allerdings etwas schuldig gemacht haben sollte...dann wäre es mir möglich, seinen Namen zu offenbaren. Immerhin möchte ich mich nicht der Beschuldigung aussetzen, jemanden gedeckt oder etwas vertuscht zu haben. Du verstehst doch meinen Zwiespalt?" sagte ich vielsagenden Blickes.

  • Kaeso Antonius Hortalus


    Hortalus hörte zu und nickte zwischendurch zustimmend.


    "In der Tat ist es so, dass ich dir nicht sagen kann, was genau der Praefect mit dem Verfasser bereden will." antwortete er und in der Tat wusste er das auch gar nicht, denn auch wenn er ein durchaus vertrauensvolles und freundschaftliches Verhältnis zu seinem Vorgesetzten pflegte, so sagte jener ihm in dienstlichen Dingen trotzdem nur die Dinge, die er wissen musste.
    "Ich verstehe natürlich deine Bedenken und auch Prudentius Balbus meinte bereits im Vorfeld, dass solche sicherlich auftauchen werden. Daher lässt er dir versichern, dass weder dir als Auctor der Acta, noch dem Verfasser etwaige negative Konsequenzen erwarten." sagte er in einem, so hoffte er, vertrauenserweckenden Tonfall. Manchmal hatte er das Gefühl, dass die Uniform, die er trug, dafür sorgte, dass jeder davon ausging, dass er die Wahrheit verschleiern würde und nichts lieber tat als Menschen einzusperren.
    "Allerdings befürchte ich, dass das Wohlwollen des Praefecten gegenüber dem Verfasser ein wenig leiden könnte, wenn dieser sich vehement weigern sollte einem Gespräch zuzustimmen." Selbst wenn Corvinus den Namen nicht rausrücken würde, so gäbe es schliesslich auch andere - aufwändigere und dreckigere - Möglichkeiten an die Informationen zu gelangen.







  • Ich hob nachdenklich die Hand ans Kinn und sah in die Ferne. Es sollten keinen von uns negative Konsequenzen erwarten. Konnte ich diesem Tribun trauen? Er hörte sich durchaus ganz verständnisvoll an, war freundlich...und doch erinnerte ich mich zu gut an die Überheblichkeit des Caecilius Crassus.


    Ich seufzte und entschied mich. "Nun, wenn ich das Anliegen deines Präfekten nüchtern betrachte, stellt es sich mir folgendermaßen dar: Es gibt einen Artikel in der Acta Diurna, der aus irgendeinem Grund erst jetzt, Jahre nach dessen Veröffentlichung, sein Interesse geweckt hat. In dem Artikel geht es offenbar um Nachfolgerangeleien im Todesfall unseres geliebten Kaisers, der seit einer ganzen Weile nicht in Rom weilt und einem anderen das Steuer des Staatsschiffes überlässt. Drei freundliche Prätorianer tauchen bei mir auf und möchten den Namen des Verfassers besagten Artikels erfahren, lassen dabei durchblicken, dass sie eigentlich gar nicht auf meine Kooperation angewiesen sind und versichern mir zudem, dass nicht mit negativen Konsequenzen gerechnet werden muss. Und das, obwohl dieser Artikel jenen Mann als kritisch beschreibt, der aktuell der Stellvertreter des Kaisers ist?" Ich hob die Brauen und stieß mit einem Puh-Laut die Luft aus. "Also, Tribun Antonius, du kannst hoffentlich verstehen, dass das etwas, nun ja...seltsam anmutet."


    Ich dachte mt gerunzelter Stirn einen weiteren Augenblick nach und bot dann folgendes an: "Also gut. Ich werde mich schlau machen. Überbringe deinem Präfekten bitte eine Einladung von mir. Sag ihm, dass ich ihn herzlich einlade, morgen Abend zur cena herzukommen. Aus gegebenem Anlass bitte nicht in Begleitung, sondern allein. Ich würde mich sehr freuen, wenn er dieses Angebot annimmt. Würdest du das für mich tun?"

  • Kaeso Antonius Hortalus


    Soweit hatte Hortalus gar nicht gedacht. Die Acta Diurna hatte ja in ihrer letzten Ausgabe gemutmaßt, dass der Praefectus Urbi und der Praefectus Praetorio sich doch näher standen, als es bisher den Anschein hatte. Natürlich musste der Oberschreiber dann davon ausgehen, dass dies alles durch den Stadtpraefecten forciert wurde und trotz aller Beteuerungen der Verfasser hinterher ohne Kopf da stand.
    Er hätte jetzt natürlich versichern können, dass es noch immer eine unüberwindbare Kluft zwischen Balbus und dem Vescularier gab, aber das ersparte er sich selbst, da er davon ausging, dass der Aurelier ihm dies nicht glauben würde.
    Nachdem der Aurelier dann seine Einladung ausgesprochen hatte, nickte der Antonier. "Ja, ich werde ihm deine Einladung überbringen und ich vermute, dass er sie auch annehmen wird, denn diese ganze Angelegenheit schien ihm von recht großer Wichtigkeit zu sein." sagte er und gab damit seinen persönlichen Eindruck von jenem Moment wieder, als der Praefect ihn für diesen Botengang instruiert hatte.
    Dann erhob er sich. "Senator Aurelius, ich danke dir nocheinmal, dass du mich so kurzfristig empfangen hast und möchte dich dann auch nicht weiter behelligen."







  • Ich nickte auf die Worte des Prätorianers hin. Ausgesprochen freundlich, doch, das konnte man durchaus behaupten. Endlich mal jemand, der nicht wie die Axt im Walde vorging. Sehr löblich war das, durchaus. Als sich der Antonius erhob, stand auch ich auf, um ihm die Hand zu reichen. "Nein, ich habe zu danken. Schließlich wird man als Tribun wohl nicht oft zu einem Boten, der eine Einladung zum Essen überbringen soll", schmunzelte ich. "Dein Präfekt soll mich wissen lassen, ob ihm der morgige Abend zupass kommt oder ein anderer Tag besser geeignet wäre für einen Besuch." Leone würde die Nachricht - mündlich oder schriftlich - entgegen nehmen, und ich würde mich um die ausstehenden Informationen kümmern.


    Ein Nicken zu Minus hin folgte, der sogleich herbeihüpfte, um die Herrschaften hinaus zu geleiten. "Vale, Tribun Antonius."

  • Kaeso Antonius Hortalus


    Hortalus versicherte dem Senator noch einmal, dass er bald vom Praefecten hören würde und liess sich dann, gemeinsam mit seinen Untergebenen, nach der Verabschiedung hinaus geleiten.







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