officium MAC | Eine flog über das Kuckucksnest...

  • "Danke. Du kannst jetzt gehen." Pyrrus klaubte seine Wachstafeln und die Dokumente zusammen und machte sich auf, um die Abschriften zu erstellen und sie anschließend zur Poststelle zu schaffen. Er war schwer beladen und öffnete die Tür zum Hinausgehen mit dem Ellbogen. Ich unterschrieb bereits einen Arbeitsvertrag und beachtete den scriba nicht weiter. Als er hinaus gegangen war, versuchte er, die Tür mit dem Fuß zu schließen, was nur insofern gelang, dass das Holz sich dicht an den Rahmen legte, nicht aber vollständig schloss. Die wür war damit angelehnt.


    Ich bemerkte es jedenfalls nicht. Kaum hatte die Unterschrift ihren Platz gefunden, streute ich Sand auf die feuchte Tinte und erwärmte das Siegelwachs über der Flamme einer Öllampe. Neben mir lag bereits ein ansehnlicher Stapel von Dokumenten, denen noch das Siegel fehlte. Als das Wachs warm genug war, tropfte ich einige Tropfen der zähen Flüssigkeit auf den Papyrus. Anschließend drückte ich den Ring an meiner Rechten hinein und wartete einen Moment. Auf diese Art und Weise schaffte ich drei weitere Dokumente, die ich nach der Fertigstellung auf die andere Seite legte.

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    Das Haus war wirklich groß und schön. Anders als zuhause. Es hatte ganz andere Bilder an den Wänden, und die Gänge waren alle ganz anders. Es gab hier viel mehr Gänge als zuhause. Und viel längere Gänge. Und viel mehr Zimmer, aber die waren alle zu.
    Panthea ging ganz vorsichtig einen Gang entlang. Sie wollte sich das Haus ja nur mal anschauen. Sie würde schon nichts kaputt machen. Ehrenwort! Sie war ganz vorsichtig. Sie wollte ja nur mal die Bilder an den Wänden alle anschauen. Und Mama hatte ja auch gar nichts gesagt, als sie sich heimlich aus dem Zimmer geschlichen hatte. Konnte auch daran liegen, dass Mama gerade ein wenig schlief. Sie hatte viel gearbeitet in der Nacht und gespielt. Panthea hatte es gehört, in ihrem Traum. Mama spielte oft nachts, wenn sie nicht schlafen konnte, und schlief dann am Nachmittag eine Stunde oder auch zwei. Eigentlich sollte Panthea ja da auch schlafen, aber sie war gerade nicht müde. Und die Tür war gar nicht so richtig zu gewesen, sie hatte sich nur auf einen Stuhl stellen müssen, um sie aufzumachen. Das hieß doch praktisch, dass sie auch rausgehen durfte, während Mama schlief, und keinen Mittagsschlaf machen musste.
    Am Ende des Ganges schaute Panthea ganz vorsichtig um die Ecke. Ein bisschen war es ja wie Verstecken. Es durfte sie keiner finden, sonst musste sie wieder ins Bett. Aber solange sie ganz vorsichtig war, konnte sie herumlaufen. Sie schaute, und da kam ein Mann, der mit ganz vielen Papieren und Tafeln beladen war. Sie presste sich an die Wand und lugte ganz vorsichtig um die Ecke, aber er sah sie nicht und ging an ihr vorbei. Sie schaute ihm noch hinterher, bis er aus ihrem Sichtfeld verschwunden war, und ging dann weiter in die Richtung, aus der er gekommen war.
    Das war ein schöner Gang! Ja, wirklich schön. Der hatte ganz tolle Bilder an der Wand, auch wenn Panthea nicht wusste, wer das auf den Bildern war. Sie schaute sie sich mit großen Kinderaugen an, bis sie schließlich zu einer Tür kam. Die war nicht zu. Alle anderen Türen waren zu, und hier gab es keine Stühle, auf die man draufklettern konnte, um die Türen richtig aufzumachen. Aber die hier war einen Spalt offen.
    Panthea schaute ausgiebig nach rechts. Dann schaute sie ausgiebig nach links. Keiner da. Sie könnte ja nur mal ganz kurz reinschauen. Nur, um zu schauen, was dahinter war. Ganz kurz. Die Hand ging zur Tür und öffnete sie vorsichtig. Das ging schwer, die Tür war ja so groß und sie so klein. Aber sie konnte sich durchquetschen und schaute vorsichtig rein.


    Da saß wer an einem Schreibtisch mit ganz vielen Papieren. Panthea blieb wie angewurzelt stehen. Bestimmt gab es gleich Schimpfe. Der Mann stempelte ein Papier und nahm dann das nächste. Keine Schimpfe.
    Kurz überlegte Panthea, ob sie nicht einfach abhauen sollte. Aber die Neugier war doch zu groß. Langsam tapste sie zu dem Schreibtisch rüber, direkt vis-a-vis zu dem Mann. Wenn sie sich gaaaanz auf die Zehenspitzen stellte, konnte sie sogar auf den Schreibtisch draufsehen. Der Mann machte grade noch einen Wachsstempel auf ein Papier. Papa machte sowas auch manchmal bei ganz wichtigen Sachen.
    “Was machst du da?“ fragte sie neugierig, die Nase gerade so eben über der Schreibtischkante und sich mit beiden Händchen an eben jener festhaltend. Große Kinderaugen beobachteten dabei den Mann, der sie bis eben gar nicht gesehen hatte.

  • Als das nächste Siegel getrocknet war, legte ich auch dieses Dokument zur Seite und zog das nächste heran. Wachs tropfte zäh auf den Papyrus. Ich senkte die Hand und drückte den Siegelring hinein und - erschreckte mich so sehr, dass ich zurückzuckte und dabei mit dem Ring das Wachs auf einem digitus des Briefes verschmierte. Mit Wachsresten an Fingern und in den Intarsien des Ringes, mit erhobener Hand und klopfendem Herzen starrte ich die zwei kleinen Kinderhände und das wuschelige Gesicht an, das von der Nase aufwärts direkt vor meinem Schreibtisch zu sehen war. Ein Kind. In meinem Arbeitsraum. Kaum groß genug, um über die wuchtige Platte zu schauen. Eins und eins waren schnell zusammengezählt, diese Kleine musste die Tochter von Ursus' Gast sein.


    Ich hob mir die Hand entgegen und versuchte, das nun kalte Wachs abwesend aus Ring und von den Fingern zu pulen, sah dabei das kleine Mädchen an. "Siegel setzen", sagte ich einen Moment, nachdem sie ihre Frage gestellt hatte. "Du hast mich ganz schön erschreckt. Wer bist denn du?" fragte ich sie dann und zog den Ring vom Finger. An weiteres Siegeln war erst einmal nicht zu denken, zunächst müsste der Ring gereinigt werden. Und das Dokument musste neu aufgesetzt werden, denn so konnte man es kaum in den Versand geben. Was ich vom plötzlichen Auftauchen des Mädchens halten sollte, war mir selbst noch nicht ganz so klar. Einerseits war es ungehörig, sich so anzuschleichen, andererseits schien sie noch nicht so alt zu sein. Dafür allein hier herumzustromern. Die Götter allein wussten, was sie bereits alles angestellt, umgeworfen und kaputt gemacht hatte. Ich legte die Hände auf dem Schreibtisch zusammen und sah die Kleine fragend an. Ganz niedlich schaute sie ja schon aus, doch ich wusste, dass das - gerade bei kleinen Kindern - alles nur Tarnung sein konnte.

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    “Und warum setzt du Siegel?“ kam sofort die nächste kindliche Frage, während Panthea beobachtete, wie der Mann seinen Ring auszog und sich das schöne Wachs von der Hand pulte. Schade, denn es hatte ganz interessant ausgesehen, wie er die Siegel gesetzt hatte. Vielleicht hätte sie das auch machen dürfen. Sie konnte das, ganz bestimmt, sie war ja schon groß und kein Baby mehr.
    “Ich bin Panthea, und du?“ fragte sie weiter. Hinter dem Schreibtisch so zu stehen war aber doof, also ließ sie sich wieder sinken und ging um den Schreibtisch herum. Auf halben Weg blieb ihre Sandale aber am Boden hängen, so dass sie mit einem “Uff“ einmal auf die Knie und Hände fiel. Aber sie hatte sich nichts dabei getan, rappelte sich nur wieder auf, streifte sich damenhaft die Hände an ihrem Chiton ab und ging dann ganz um den Schreibtisch rum, um den Mann besser sehen zu können. Mama hatte ja gesagt, man musste den anderen immer in die Augen schauen! Was unter anderem dazu geführt hatte, dass Panthea Erwachsene gerne weckte, indem sie ihnen mit dem Finger einfach kurz ein Auge öffnete und fragte, ob sie denn wach seien...

  • "Weil", begann ich automatisch und runzelte dann verwirrt die Stirn. Ich redete mit einem kleinen Mädchen über die Notwendigeit des Siegelvorgangs? "Nun, das Emblem auf dem Siegelring ist jenes meiner Familie, und diese Art von wichtiger Korrespondenz erfordert ein Siegel, um es offiziell zu machen und...." Die Runzeln auf meiner Stirn wurden tiefer. Wie alt war das Kind, vier Jahre, fünf? Drei? Ich blinzelte irritiert und erklärte es dann anders. "Wenn ich mein Siegel nicht darauf setze, dann denkt der Empfänger vielleicht, der Brief sei gar nicht von mir. Verstehst du?" fragte ich sie leicht ratlos. Das vage Gefühl von Hilflosigkeit überkam mich, hielt an, während sie sich vorstellte, und verstärkte sich, als sie um den Schreibtisch herum kam und dabei auf dem Boden landete.


    Unterdessen hatte ich den Scherenstuhl ein wenig zurückgeschoben und mich ihr entgegen gedreht. Warum kam sie denn nun hierher? Schnell hatte sie sich wieder aufgerappelt. Verwundert sah ich sie an. "Panthea also. Es freut mich, deine Bekanntschaft zu machen", erwiderte ich höflich und blinzelte dann. "Ich?" Ich wandte den Blick kurz zur Tür, um zu überprüfen, ob mich jemand erretten würde, doch da war niemand in Sicht. Und es würde auch eine ganze Weile niemand herkommen. Also wandte ich mich wieder der Kleinen zu, um ihre Frage zu beantworten. "Ich bin Marcus Aurelius Corvinus", sagte ich und ließ vorsichtshalber jegliche weitere Information weg, da ich glaubte, dass das Kind mit diesen Begriffen und Umschreibungen ohnehin nicht viel würde anfangen können.

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    Das war eine kompelizierte Erklärung aber! Total kompelliziert! Also machte Panthea das einzige, was ihr dazu einfiel. Sie fragte nochmal nach. “Und warum denkt der das?“
    Jetzt war sie auch ganz um den Schreibtisch herum und konnte den Mann sich richtig anschauen. Der hatte was ganz komisches an. Skeptisch beäugte Panthea seine Kleidung. Papa hatte immer was anderes angehabt, und Onkel Timos auch. Und Opa Philolaos auch. Panthea schaute es sich also mit leicht vorgezogener Schnute an und überlegte, als der Mann ihr dann Antwort mit seinem Namen gab. Der war auch konfilaziert!
    “Marcos Aurevos Corvos...“, versuchte sie es leise nachzuplappern, aber laut genug, dass er es wohl hören konnte. Dabei sah sie ihn ganz streng kritisch fragend an. Diesen Blick hatte sie eindeutig von der Mutter geerbt.
    “Was bedeutet der Name?“ fragte sie. Wenn der soooo lang und soooooo kompilafiziert war, musste der sicher was ganz wichtiges bedeuten.

  • Ich sah das Mädchen ein wenig unglücklich an. Nch einfacher konnte ich das nun beim besten Willen nicht erklären! Die Brauen rückten enger zusammen, als ich mich doch tatsächlich dabei ertappte, wie ich nach einer besseren Erklärung suchte. "Das Bild auf dem Siegel ist wie eine Unterschrift. Und weil es allein nicht ausreicht, unterschreibe ich noch einmal zusätzlich. Damit keiner denkt, dass jemand so tut, als sei er ich. Und dann vielleicht Briefe verschickt, die gar nicht stimmen", mühte ich mich, in der Hoffnung, dass sie es nun verstanden hatte. Während ich erklärte, sah sie mich äußerst kritisch an. Flüchtig wandte auch ich den Blick hinunter, um zu sehen, ob meine tunica einen Fleck hatte, doch da war nichts.


    "Corvinus", verbesserte ich automatisch, als sie mich Corvus nannte. "Das bedeutet 'kleiner Rabe'." Ich lächelte sie an - irgendwie war sie doch ganz goldig mit ihrer Fragerei und ihren wuscheligen Locken - und beschloss, in die Offensive zu gehen. "Bedeutet denn Panthea etwas? Und wie alt bist du eigentlich?" Erneut ein Schielen in Richtung Tür. Noch hatte ich die Hoffnung ja nicht aufgegeben. "Weiß deine Mutter, dass du hier bist?" vergewisserte ich mich.

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    “Und warum tut jemand so?“ Panthea verstand es immer noch nicht. Das war viel zu schwierig. Sie dachte, das sieht einfach nur lustig aus mit den Siegeln, das machte sicher Spaß. Aber das war eine ganz wichtige Erwachsenensache, so wie es ausschaute. Ganz furchtbar schrecklich wichtig.


    Als er sagte, er würde kleiner Rabe heißen, sah Panthea ihn sehr skeptisch an. “Du siehst nicht wie ein Rabe aus“ sagte sie kurz. Und dann fragte er sie etwas. Und wenn ein Erwachsener einen etwas fragte, musste man antworten.
    Prompt bekam er drei Finger unter die Nase gehalten, als er nach ihrem Alter fragte. “Aber schon halb vier!“ kam noch als Untermauerung ihres Alters mit hinzu. Sie war ja schon fast groß!


    Die Sache mit ihrem Alter war damit geklärt, blieb noch der Name.
    “Panthea heißt 'Alles ist göttlich' Oder 'die Götter sind in allem'. 'Pan' ist alles! Die Natuuuur, und die Blumen, und der Himmel... Und theos sind die Götter...“ erklärte sie ihm ganz genau und langsam, damit er es verstand.

  • Ich warf ihr einen ratlosen Blick zu. "Vielleicht, weil jemand will, dass..." begann ich und hielt dann in einem verwirrten Schulterzucken inne. Diese Kleine war aber auch eine harte Nuss! "Sieh mal, wenn du einen Brief bekommst, wo drinnen steht, dass Gaius morgen nicht mit dir spielen kann und du das glaubst und traurig bist deswegen, der Brief aber eigentlich gar nicht von Gaius kommt, sondern von jemandem, der eifersüchtig ist, weil er nicht mitspielen darf udn der deswegen so tut als sei er Gaius - dann ist das doch gemein, nicht? Und die Siegel helfen einem dabei, zu erkennen, dass der Brief auch wirklich von Gaius kommt. Und ganz nebenbei kann man daran auch erkennen, wenn jemand den Brief schon geöffnet hat, bevor er dir zugestellt wird. Falls ein Geheimnis drin stand." Ich lächelte schief und kratzte mich dann über dem rechten Ohr. Das war mein letzter Versuch. Ansonsten, beschloss ich, war das Mädchen einfach zu klein, um diesen Sachverhalt begreifen zu können.


    Bei ihrer nächsten Bemerkung musste ich kurz lachen. "Tja, jetzt vielleicht nicht mehr. Als ich klein war, vielleicht schon. Ich weiß nicht, warum meine Eltern mich so genannt haben", erwiderte ich und zuckte erst mit den Schultern, dann mit dem Kopf zurück, als Panthea mir nun direkt demonstrierte, wie alt sie war. Drei also, fast vier. Erneut lächelte ich schief. Kein Wunder, dass sie mich zuvor nicht verstanden hatte, sie war noch viel zu klein für solche Dinge! "Ah, das ist ein netter Name", fiel mir dazu ein. Selbstredend hatte ich zuvor schon ans Pantheon gedacht. Da fiel mir auf, dass sie meine Frage gar nicht beantwortet hatte, die wichtigste der drei. "Und? Weiß deine Mutter, dass du hier bist?"

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    Seine Erklärung verwirrte Panthea mehr als alles bisher Gesagte. Wer war denn Caius? Und warum hatte der Geheimnisse? Und wer ließ den nicht mitspielen? Und wieso eifersüchtig, der andere konnte doch auch mitspielen! Dann spielte man eben Verstecken oder Fangen oder Dieb und Stadtwache, oder das Stöckchenspiel.
    “Was für ein Geheimnis hat Caius denn?“ fragte sie also, völlig von dem Gedanken gefangen, und sah dabei den komischen Rabenmann ganz neugierig an.


    Nur leider hatte er die Frage nach der Mama nicht vergessen, und Panthea begann ein wenig, hin und herzuwiegen, fast ein wenig, als wolle sie tanzen, und drehte dabei ihre kleinen Händchen ein wenig. “Mama ist müde“, erklärte sie, während sie im Raum herumschaute, anstatt Corvinus in die Augen. “Sie hat ganz viel Musik gemacht in der Nacht, ganz leise, und ist jetzt müde. Mama macht schöne Musik. Hast du schon gehört?“

  • Ich sah Panthea an und zweifelte an ihrer ernsten Absicht, mich verstehen zu wollen. Dann seufzte ich tief und winkte ab. "Ach, das ist nicht so wichtig. Merk dir einfach, dass unter einen echten Brief auch ein Siegel gehört von demjenigen, der ihn schicken will", fasste ich dann zusammen und sah durchaus etwas bedauernd drein. Vielleicht lag es auch daran, dass sie ein Mädchen war, noch dazu ein griechisches. Wer wusste das schon. Woran ich nicht dachte, war dass die Kleine vielleicht nicht locker lassen würde, nun, da ich von einem - fiktiven! - Geheimnis begonnen hatte und nicht weitererzählte.


    Soso, die Mutter Pantheas war also müde. Dann war niemand da, der auf das Mädchen aufpasste? Ich runzelte die Stirn. "Warst du schon im Garten?" fragte ich sie alarmiert. Vor meinem geistigen Auge war schon alles zertrampelt, kurz und klein gehackt und vollkommen verloren. Mit tief gerunzelter Stirn sah ich Panthea an und wartete auf Antwort. "Ehm. Nein, habe ich nicht. Was spielt sie denn?" ging ich dann auf ihre Frage ein und wunderte mich, warum diese Frau nachts Musik machte und tags schlief.

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    Wie konnte ein Geheimnis nicht wichtig sein? Wenn es Caius nicht wichtig war, warum war es dann geheim, und warum durfte er deshalb nicht spielen? Erwachsene waren manchmal sehr merkwürdig. “Darf Caius dann jetzt doch spielen, oder ist es noch geheim?“ fragte sie also nach und merkte dabei nichts von der wachsenden Verzweiflung ihres Gegenübers.
    Dann aber fragte er sie plötzlich nach dem Garten, und Panthea sah ihn beinahe schon brüskiert an. “Neeeeeeeein, da daaaarf man nicht rein gehen. Weil da wohnen Blumen, die ganz schnell kaputt gehen. Die erschrecken sich dann und fallen tot um! Da darfst du nicht rein, sonst gibt’s Schimpfe!“ Besser, Panthea warnte Mikrocorax, bevor er auch noch Schimpfe vom Hausherrn bekam.
    Auf die Frage, was sie denn spielt, schaute Panthea ihn an, als hätte er nicht mehr alle Amphoren im Regal. “Na Musiiiik“, erklärte sie ihm langsam, als wäre er schwer von begriff. Das hatte sie ihm doch grade erzählt! Erwachsene hörten auch einfach nicht zu! “Aber manchmal schreibt sie es nur auf und spielt gar nicht. Sie sagt, sie hört es in ihrem Kopf und muss nicht spielen. Und Harmonia singt ja sowieso alles ganz schön. Die ist ja auch groß!“

  • Erst rutschte eine Braue hinauf. Dann die andere. Ein wenig verzweifelt sah ich Panthea an. "Ja", sagte ich resigniert. "Gaius darf spielen." Es brachte eben rein gar nichts, wenn man einem Mädchen solche Dinge nahelegen wollte. Sie verstanden die Zusammenhänge nicht. Knaben waren da ganz anders. Ich hoffte, dass ich bald einen Sohn haben würde. Der würde mich gewiss verstehen. Ein leises Seufzen kam über meine Lippen, die sich dann leicht nach oben bogen, als Panthea vom Garten sprach. Erleichterung breitete sich aus. "Ganz genau, das ist vollkommen korrekt!" bestätigte ich ihr lächelnd. Besser, sie glaubte an die Schimpfe und ließ ihre tollpatschigen Kinderfüße aus dem Garten heraus.


    "Tja..." machte ich dann. Wie man Musik einfach so aufschrieb, ohne sie zu spielen, wusste ich nicht. Andererseits wusste ich ohnehin nichts über die Musik, was Piso damals schon festgestellt hatte, ohne es laut zu sagen. "Weißt du, ich meinte eigentlich, welches Instrument sie spielt, wenn sie Musik macht." Ich schmunzelte. "Harmonia? Du meinst Concordia?" fragte ich dann nach, obwohl ich wusste, dass es so sein musste. "Sie hat hier einen sehr schönen Tempel, am forum romanum. Vielleicht geht deine Mutter mit dir mal dorthin."

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    Das war aber fein! Dann hatte sie ja gleich einen Spielkameraden! Pantheas Augen leuchteten und sie grinste vergnügt. “Können wir dann verstecken spielen?“ fragte sie nochmal weiter. Anscheinend kannte ihr Gegenüber diesen Caius ja sehr gut und dann wusste er das ganz sicher auch.
    Zumindest wusste er auch, dass man nicht in den Garten durfte. Das war schonmal gut, dann bekam er auch keine Schimpfe. Der Hausherr musste wirklich furchtbar streng sein, wenn der wegen Blumen schimpfte. Dabei war so ein Blumenstrauß doch was ganz schönes! Und die wuchsen ja auch wieder. Aber Schimpfe war natürlich nicht schön.


    Aber bei der Musik brachte er was durcheinander. Auch wenn das mit dem Tempel toll klang. Wenn es da schön war, war das sicher gut! “Wer ist denn Concordia?“ fragte sie nach, sie kannte ja nur die Gottheiten, die in Alexandria verehrt wurden, und die waren aus dem griechischen und teils aus dem ägyptischen Pantheon.
    “Und Mama spielt Harmonia. Das ist eine Kithara! Die ist sooooo groß, und hat ganz viele Saiten. Aber die darf ich nicht spielen, weil das darf man nur, wenn man ganz viel dolle geübt hat.“ Panthea erklärte unter Einsatz von Händen und Füßen, wie toll denn die Kithara war. Im Übereifer nickte sie dabei so heftig, dass die Locken nur so flogen. “Vielleicht zeigt Mama sie dir ja mal. Wenn du ganz lieb fragst, macht sie das bestimmt.“

  • Die Möglichkeit, dass sie mit Gaius verstecken spielen wollte, kam mir gar nicht in den Sinn - eben weil es ihn gar nicht gab, und so nahm ich an, dass sie mit wir und beide meinte. "Nein", lehnte ich also erst einmal kategorisch ab. Zum Versteckenspielen hatte ich weder die Muße noch die Zeit, aber das brauchte ich der Kleinen ja nicht zu erklären. Sie würde es ohnehin nicht verstehen können. "Spielt das deine Mutter nicht mit dir? Oder eure Sklaven?" schob ich nach.


    Bei dem folgenden Thema war ich dann wieder ganz in meinem Element. Ich lehnte mich ein wenig weiter zurück. "Concordia ist die Göttin der Harmonie und Eintracht. Die Griechen nennen sie Harmonia. Warte..." Ich nahm einen Beutel aus der Schublade, öffnete ihn und schüttete Münzen in meine Hand. Als ich gefunden hatte, was ich suchte, gab ich Panthea die Münze. "Siehst du, hier ist sie abgebildet." Und dann fragte ich mich, was ich eigentlich hier tat. Ich legte die Börse auf den Schreibtisch und musterte das Mädchen noch einmal eingehend. "Ja, vielleicht", erwiderte ich unbestimmt und rätselte, warum sie nicht einfach Kithara gesagt hatte. Ich hüstelte. "Meinst du nicht, dass deine Mutter nach dir sucht, wenn sie aufwacht?" fragte ich, scheinbar ganz arglos.

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    Panthea schaute ein wenig verständnislos auf diese deutliche Ablehnung. Eben hatte er doch noch gesagt, Caius dürfe spielen, und jetzt doch nicht? “Und warum nicht?“ fragte Panthea also gleich mal zurück und war dann ein wenig verwirrt, wie er jetzt auf Mama und die Sklaven kam. “Doch, manchmal. Und mit Nebet, und Nebtawi. Hay und Bay sagen immer, das ist doof. Aber die sind auch schon groß.“ Das Corvinus ihre Freunde ja gar nicht kennen konnte, bedachte Panthea nicht, sie erzählte einfach und zählte dabei an den Fingern die Namen ab. Ein bisschen wehmütig wurde sie schon, weil sie ja schon ganz lange nicht mehr mit ihren Freunden gespielt hatte.
    Allerdings war das vergessen, als ihr die Münze gereicht wurde. Mit kindlicher Freude drehte Panthea sie in den Händchen und rieb mit dem Zeigefinger über das Bild. “Die ist ja nur so groß“ zeigte sie mit den Fingern, maß sicherheitshalber nochmal die Figur auf der Münze und zeigte nochmal. Dann musste sie kichern. Das war aber eine lustige Göttin, die so klein war. Differenzieren zwischen einem Abbild und der göttlichen Macht konnte Panthea noch nicht. Für sie war ein Bildnis eines Gottes eben dieser Gott selbst, ohne dass sie sich dabei irgendwas dachte. Letztendlich war die größte Macht in ihrem jungen Leben ohnehin kein Gott, sondern die eigene Mutter, von daher war das auch nicht ganz so wichtig.
    Die Frage nach eben jener ignorierte Panthea aber geflissentlich. Statt dessen schaute sie nochmal gebannt auf den Schreibtisch und schaute nach der Börse. Waren da wohl noch mehr Götter drin? Neugierig war sie schon, aber sie traute sich nicht, nachzuschauen. Aber schauen tat sie schon und es war ihr anzusehen, wie neugierig sie eigentlich war.
    “In Alexandria ist auf den Münzen der Basilius drauf“ erzählte sie also einfach, ohne seine Frage zu beantworten. Dass das Wort falsch war, wusste sie nicht. Was hatte der auch so einen kompilifizierten Namen? “Der ist auch nur so klein“ zeigte sie dann wieder mit den Fingern.

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