Krücke auf dem Markt

  • Noch ein paar Tage hatte es Ragin in den Mauern der heimischen Casa ausgehalten, aber nun musste er einfach raus. Eigentlich wäre er ja lieber durch die Felder und Wiesen und anschließend in den Wald gewandert, aber daran war mit seiner Krücke nicht zu denken. Da war der Markt schon deutlich besser. Seine Hündin Amala sorgte wie immer dafür, dass er genug Platz hatte und so konnte er die gepflasterten Wege doch recht gut passieren und außerdem wollte er mal seine Töpferei und seine Schneiderei inspizieren.


    Seinen Beinen ging es schon deutlich besser. Er konnte sein linkes wieder voll belasten, nur das rechte schmerzte bei Belastung noch. Daher hatte er auch immernoch eine Krücke unter den Arm geklemmt, doch das klappte alles schon erstaunlich gut. Zumindest so lange, bis ihm ein Pferd entgegen kam. Beim Anblick des Tieres und beim Geräusch das die Hufe auf dem Boden machten, krampfte sich sein Magen zusammen, ihm wurde ganz schwindelig und er begann leicht zu zittern.


    Schnell stützte er sich an eine Hausmauer und schloss die Augen, bis das Pferd vorbei war. Er musste aussehen als habe er einen Geist gesehen, so wie er dastand- zitternd, bleich und sich an die Wand klammernd.



    Sim-Off:

    Falls jemand Lust hat ;)

  • Nach einigen Augenblicken würde ihm ein wenig besser und er bemerkte, dass sich seine Hündin vor ihn gesetzt hatte und ihn anbellte. "Pssst!" zischte er ihr zu, worauf sie dann auch gleich verstummte.


    Ragin atmete ein paar Mal tief durch und setzte seinen Weg dann fort. In den letzten tagen war es noch einmal bitterlich kalt geworden und ein eisiger Wind pfiff über das Forum. Dementsprechend wenig war auch los und die Menschen die man sah waren so dick vermummelt, dass man sie kaum von einem Bären hätte unterscheiden können. Dem jungen germanen war noch nicht, dafür war das gehen mit dieser götterverlassenen Krücke einfach viel zu anstrengend. Außerdem hatte er auch zwei heiße Steine in seinen Manteltaschen, die er in einem der Kohlebecken aufgeheizt hatte bevor er sich auf den Weg gemacht hatte.


    Hach was war es schön in Alexandria gewesen. Dort war es warm gewesen, es gab immer etwas neues zu entdecken. Und was gab es hier? Klirrende Kälte und schlechte Erinnerungen. Damals in Alexandria hatte er die Leute vermisst, die auf ihn in Mogontiacum warteten. Nun aber, und das war viel schlimmer, vermisste er die Leute die von ihm gegangen waren und die er vielleicht nie wieder sehen würde. Zuerst war da seine Mutter. Man hatte ihm gesagt die trauer würde mit der Zeit vergehen, aber das hatte nicht gestimmt. Er dachte oft an sie und träumte vor allem oft von ihr. Vor allem der Traum mit dem Fenriswolf kehrte immer und immer wieder und jedes mal erwachte Ragin danach schweißgebadet. Dann vermisste Ragin seinen bruder Ratbald, der ihn hier verlassen hatte. Das setzte ihm noch meht zu, weil er nicht wusste ob sein Bruder noch am Leben war, oder schon nicht mehr unter den Lebenden weilte. Und jetzt waren auch noch Sontje und Eila gegangen. Gut mit letzterer hatte er nie viel zu tun gehabt, was er bedauerte, aber Sontje fehlte ihm doch sehr. Sie war eine Freundin und eine Bezugsperson für den jungen Wirrkopf gewesen, wie Ragin oft von Albin genannt wurde.


    Mit trübsinnigen Gedanken stapfte er weiter durch den Schnee, gar nicht so genau wissend wo er eigentlich hinwollte.

  • Obwohl das Wetter geradezu biestig germanisch geworden war, raffte ich mich auf, um auf dem Markt noch ein paar Sachen zu besorgen. Gestern noch war es klirrend kalt gewesen und hatte geschneit, aber heute hatte der Wind aufgefrischt und brachte etwas wärmere Luft, sodass jetzt nasser Schnee in dicken Flocken herunterkam. Auf dem Markt hatten die vielen Leute das ganze zu einem üblen Schneematsch zertrampelt, dessen Nässe in die Schuhe eindrang und für kalte Füße sorgte.


    Als ich gerade mit einem Händler um den Preis einer Pelzkappe feilschte, sah ich einen Mann mit Krücke, der von einem großen Hund begleitet, durch die Menge ging. Die Leute machten dem Mann, wohl weil sie Respekt vor dem großen Hund hatten, schweigend Platz.


    Irgendwie kam mir der Mann bekannt vor, aber mir fiel sein Name nicht ein. Aber der Hund, ja, den hatte ich ich im Spätsommer vor der Casa Duccia gesehen, er hatte mir zähnefletschend gedroht. Dann fiel mir ein, dass der Mann mit der Krücke ihn zurückgerufen hatte. Amala, das war der Name.


    "Ist das nicht Amala?", sprach ich den Mann an. "Salve, ich bin Valgiso. Erinnerst du dich an den Tumult vor der Casa Duccia im Spätsommer? Ich glaube, ich habe dich damals auch kurz gesehen, du bist auf den kauzigen Friesen losgegangen. Sag, warum gehst du jetzt an einer Krücke?"

  • Amala legte ihren Kopf beiseite als sie ihren Namen hörte, beschloss dann dass der Kerls da vor ihr aber nicht gefährlich war und schwänzelte dann ein wenig.


    Ragin hingegen hob den Blick und musterte den Kerl der da vor ihm stand. Irgendwie kam er ihm schon bekannt vor, aber ein Name fiel ihm beim besten Willen nicht ein. Aber er hatte den typischen germanischen Akzent in der Aussprache seines Latein, also wechselte der Duccier in den Dialekt seiner Vorfahren.


    "Heilsa. Ja, ich erinnere mich. Leider habe ich deinen Namen aber vergessen, wie ich gestehen muss. Ich bin Marcus Duccius Rufus oder Ragin wenn wir unter uns sind."


    Er zwinkerte dem Schnauzbartträger zu. Bei den Römern riefen ihre traditionellen Namen meist Feindseligkeit hervor, deswegen benutzen sie sie nur, wenn sie unter sich oder anderen Leuten aus den Stämmen waren.


    "Mittlerweile gehe ich nur noch an einer Krücke. vor drei Wochen habe ich noch zwei Stück gebraucht. Ich bin im Herbst von meinem Pferd gestürzt und habe mir mehrere Knochen gebrochen. Unsere Heilari meinte ich war die meiste Zeit mehr bei den Ahnen als lebendig, aber jetzt geht es schon wieder. Nur das Bein schmerzt noch wenn ich fest auftrete. Aber wie ist es dir seitdem ergangen? Hast du eine Arbeit in einem unserer Betriebe bekommen? Ich meine mich zu erinnern dass du deswegen dagewesen bist. Oder machst du etwas anderes?"


    Er wollte gar nicht so lange über seine Verletzung reden, weil es ihm einfach peinlich war...

  • Zitat

    Er wollte gar nicht so lange über seine Verletzung reden,


    Ich lachte, weil alle sich in ihrer Männlichkeit getroffen fühlen, wenn sie mal vom Pferd fallen. Und das war auch dem jungen Duccius Rufus anzumerken. "Mach dir nichts draus, alle fallen mal vom Pferd. Germanen fallen vom Pferd, Gallier fallen vom Pferd und Römer auch. Sei lieber froh, dass es dir in jungen Jahren passiert ist, denn wenn man mal alte Knochen hat, dann kann es leicht sein, dass man zum letzten Mal auf einem Pferd gesessen ist".


    Aber natürlich war es für einen jungen Mann kein Vergnügen, mit einer Krücke herumzuhumpeln. "Auf jeden Fall wünsche ich dir eine gute Heilung, Duccius Rufus. Möge dir Epona dabei helfen".


    "Wie es mir ergangen ist? Nachdem sich das Getöse vor eurer Tür etwas gelegt hatte, habe ich mit Marsus gesprochen. Er hat mich dann als Scriba in der Regia angestellt. Ich hatte kaum meine Wachstäfelchen bereit gelegt, da zog der Legatus auf eine Inspektionsreise durch die Provinz. Wir sind durch die ganze Provinz gehuscht - immer eilig - mit fluchenden Kutschern und schlechten Unterkünften. Der Legatus hatte gedacht, der goldene Oktober wäre die richtige Zeit zum Reisen, aber wir haben dann doch ziemlich kalte Nasen bekommen. Jetzt bin ich zurück, kenne einiges von der Provinz und der Alltag rüttelt sich wieder ein".

  • Ach er war also Scriba bei Witjon in der Regia. Interessant. Und auch die Reise klang interessant. Aber irgendwie nahm die Kälte dem ganzen doch etwas die Würze. Den namen wusste er zwar immernoch nicht, aber er musste ja nur seinen Vetter fragen. Der würde hoffentlich wissen wie sein Schreiber hieß.


    "Das klingt spannend. Ich würde gerne die Neuigkeiten aus der Provinz und etwas über deine Erlebnisse erfahren. Wenn du vielleicht ein wenig Zeit hast, würde ich dich gerne in unsere Taberna einladen. Bei einem heißen Met redet es sich doch viel besser, oder? Natürlich nur wenn du etwas Zeit hast."


    Irgendiwe war ihm der urige Kerl sympathisch. Er redete so ungezwungen, es war fast wie ein Stück heimat. Schön war es gewesen als man sich noch nicht so viele Gedanken machen musste was man sagte. Es war schon erstaunlich wie schnell er "verrömert" worden war.

  • Zitat

    Bei einem heißen Met redet es sich doch viel besser, oder? Natürlich nur wenn du etwas Zeit hast


    "Wer vermag es schon, an einem kalten Wintertag die Einladung zu einem heißen Met auszuschlagen? Vielleicht ein paar Ägypter, die keinen Schneematsch kennen. Ich danke dir, Ragin, ich freue mich drauf. Aber", ich deutete auf mich, "Valgiso muss auch Gelegenheit zu einer Revanche bekommen, verstehst du?"


    Da ich meinen Handel um die Pelzmütze unterbrochen hatte, als ich Amala bemerkte, sagte ich zu Rufus, "Einen Augenblick noch", und wandte mich an den Händler. Ich bot ihm sechs Sesterzen für die Mütze, er meinte darauf, dass ihn das mitten ins Herz träfe, weil dann sein Sklave nichts zu Essen hätte. Ich erklärte ihm, dass ich nichts zu Essen hätte, wenn von meinem Lohn nichts übrig bliebe und dass sieben Sesterzen sicherlich genau neben sein Herz träfen. Wir wurden handelseinig.


    "Dann lass uns gehen", sagte ich zu Rufus.

  • Ach Valgiso hieß er also. Ein interessanter Name. Wo der wohl herkam? Zumindest war es kein Name der Ragin geläufig war. Und woher kannte er sich mit Ägyptern aus? Das würde sicher eine interessante Unterhaltung werden.


    "Na damit abe ich gar kein Problem, ich werde auch immer gerne zu einem Getränk eingeladen" antwortete Ragin grinsend.


    Nachdem Valgiso denn seine Mütze gekauft hatte gingen, oder humpelten, sie los zur Taberna Silva Nigra.

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