Wind zerzauste die ehemals penibel hochgesteckte Frisur der schmalen Gestalt am Strand. Valeria zupfte sich die letzten Haarklammern heraus und legte sie neben sich in den Sand. Der Wind spielte mit ihren goldenen Strähnen, zupfte und zerrte daran, als wollte er sie zum Spielen einladen. Sie sah hinaus aufs Meer. Blaugraue Wellen mit weißen Schaumkronen versuchten einander zu überholen. Sie verlor sich in dem Anblick, der eine Sehnsucht in ihr wach rief, die sie nur selten erlebte. Mit einem tiefen Seufzer senkte sie den Blick auf die Wachstafel, die sie in der Hand hielt. Mit der flachen Seite des Stylus löschte sie die letzten Zeilen. Leise murmelte sie mürrisch vor sich hin, schrieb wieder einige Worte und radierte sie erneut aus. Schließlich platzierte sie frustriert die Tafel neben sich, erhob sich und klopfte sich den Sand von den Kleidern.
Mit dem Blick nun wieder Richtung Meer gewandt, ging sie am Strand entlang. Einige Schritte weiter streifte sie ihre Sandalen ab und ging barfuß weiter. Sie steuerte die flachen Wellen an, die über den Sand leckten und sich dann wieder zurückzogen. Hin und wieder verirrte sich ein Sonnenstrahl durch die hellgrauen Wolken aufs Meer und ließ die Wellen verheißungsvoll glitzern. Valeria war zwar hier, aber in Gedanken war sie weit, weit fort. Eine ganze Weile ging sie so dahin, blieb stehen und ging wieder. Und merkte dabei nicht, wie die Dünung ganz langsam der Tafel, den Klammern und den Schuhen immer näher kam, als wollte sie sich diese Dinge klammheilig stehlen.
Thread ist freigehalten