Comitium | Quando Rex Comitavit Fas

  • 6 Tage vor den Kalenden des März, beziehungsweise am 24. Februar, wie man es später sagen würde, wird in Rom Jahr für Jahr ein wichtiges religiöses Fest zelebriert, welches zumeist unter einem Akronym bekannt ist – Q.R.C.F.


    Dieses Fest erinnert an ein einschneidendes Ereignis in der römischen Geschichte, und zwar an die Vertreibung des letzten Königs, Tarquinius Superbus, nach der Schändung der Lucretia durch Iunius Brutus und Tarquinius Collatinus. Tatsächlich brannte sich diese heroische Tat so sehr ins Gedächtnis der Römer ein, dass das Fest, welches jenem Ereignis gedenkt, nun jedes einzelne Jahr begangen wird – dreimal. Einmal im Februar, einmal im März, einmal im April. Das Fest wurde am Comitium, am Platz der Volksversammlung, gefeiert – die einzigen Male im Jahr, dass der Opferkönig sie, wenn auch nur so kurz wie nur irgendwie möglich, betreten durfte.


    Diese Buchstaben stehen für „Quando Rex Comitavit Fas“, was lose übersetzt bedeutet, dass rechtliche Geschäfte an diesem Tag erst wieder getätigt werden können, nachdem der König am Comitium die Zeremonie ausgeführt hatte. Denn tatsächlich kann an diesem Tag nicht gehandelt werden, bevor nicht der Opferkönig vom Comitium geflüchtet ist. Manche sagen freilich auch, die Abkürzung stehe für „Quando Rex comitio fugit“, als der König vor der Versammlung flüchtete. Andere, die sich nicht mit solchen Interpretationen herumschlagen wollen, sagen auch einfach nur Regifugium – die Flucht des Königs.


    So viele Namen das Fest hat, so streng ist es in der Art und Weise, in der es zu verlaufen hat. Der Opferkönig, der Rex Sacrorum, würde die Weihehandlung, das Opfer an den Genien des römischen Staates, am Comitium durchführen. Anschließend würde er symbolisch die Flucht vom Comitium ergreifen. Streng genommen dürfte der Opferkönig das Comitium überhaupt nicht betreten, und nur am Q.R.C.F. durfte er sich darauf fürs Opfer aufhalten – allerdings nur ganz kurz. Deshalb würde er bis zum letzten Augenblick abseits, vor der Curia Iulia, warten, und sobald das Opfer vollzogen war, wieder vom Comitium eilen.


    Das Fest wurde untermalt von den kultischen Tänzen der Salier, was den militärischen Ursprung dieses Festes herausstrich.


    Der Tag, an dem dieses Spektakel stattfinden würde, war von strahlendem Sonnenschein beherrscht. Seit langem war es endlich wieder ein bisschen warm, gerade so, dass man sich durchaus erwarten konnte, dass es einige Schaulustige gab, die sich das Opfer ansehen würden.

  • | Marcus Menenius Lanatus


    Für Marcus Menenius Lanatus war dieser Tag ein großer - obwohl er dreimal in jedem Jahr auftauchte und von beständiger Einförmigkeit geprägt war. Seit dem Tag, an dem er das Amt des Opferkönigs ergriffen hatte, war er nur noch dreimal auf dem Platz gewesen, an dem er heute erneut zu opfern hatte. Es gab die Legende, dass es dem Rex Sacrorum verboten war, das Comitium zu betreten, weil man alles, was in Verbindung mit dem alten Königtum der Tarquinier stand, von jeglicher Politik fernhalten wollte. Doch angesichts der Tatsache, dass die Comitia Curiata, die an diesem Platz zusammentraten, ohnehin keine politische Bedeutung mehr besaßen, und die Comitia Centuriata auf dem Marsfeld zusammentraten, hatte sich diese Tradition eigentlich überlebt.


    Doch Rom wäre nicht Rom, wenn es die ehrwürdigen Traditionen nicht unabhängig von jedweden vergänglichen und zeitlichen Schwankungen aufrechterhalten würde - wie es den Göttern gefiel. Und so wartete Lanatus etwas abseits in der Nähe der Curia Iulia auf die Salier, um nur möglichst kurze Zeit den traditionellen Platz der Volksversammlung betreten zu müssen.


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  • Der große Tag, für den sich die Salier wochenlang vorbereitet hatten, war nun gekommen. Lange hatten sie geübt und ihren Tanz sowie ihren Gesang zur Perfektion gebracht, nur um heute ein würdiges Bild abzugeben. Es war ein großer Tag und ein bedeutender Feiertag und Avianus war sich bewusst, dass heute wirklich alles perfekt sein musste. Jeder Tanzschritt musste sitzen und im Gesang durfte kein einziger falscher Ton vorkommen. Dafür hatten sie sich immerhin vorbereitet und viele Stunden der Übung investiert.
    Gewandet in ihrer traditionellen Kleidung, langen Speeren und Schilden erschienen die Salii Palatini wohl geordnet auf dem Comitium, mit Avianus als Magister an ihrer Spitze. Dieser spürte schon die Aufregung, die sich immer in ihm breit machte, wenn man eine ganz besondere Pflicht auf sich sitzen hatte und man sich darauf verlassen musste, dass alles perfekt lief. Er vertraute auf seine Fähigkeiten und ebenso auf jene der anderen Sodales.


    So näherten sie sich der Curia Iulia und fanden auch bald Lanatus, den Rex Sacrorum. Avianus fragte sich, wie der Mann sich wohl vor einer solchen Zeremonie fühlte. Er war einer von jenen, die nach dem Opfer fluchtartig den Platz verließen. Natürlich, dachte Avianus, immerhin durften sie hier ja nicht sein... doch meistens waren sie dann aufgeregt. Der Zug der Salier hielt an und versammelte sich vor dem Rex Sacrorum, Avianus nickte zum Signal, dass sie bereit waren.

  • Ursus war sehr stolz darauf, ein Salier zu sein. Die archaische Kleidung mochte bei manchem zwar ein wenig albern wirken, eben bei den älteren Mitgliedern, von denen der eine oder andere eben doch schon etwas aus der Form geraten war. Aber die meisten von ihnen waren gut gebaut, so daß es auch gut aussah. Sie hatten in der letzten Zeit häufig geprobt und so konnten sie sicher sein, ein gutes Bild abzugeben. Nun versammelten sie sich also bei der Curia Iulia, bereits in der Ordnung, in der sie losgehen würden. So gaben sie schon jetzt ein gutes Bild ab. Wie nicht anders zu erwarten war, wartete man bereits auf sie. Obwohl sie durchaus pünktlich waren.

  • Die Übungsstunden ware definitiv notwendig gewesen, das hatte sich währenddessen herausgestellt. Nicht nur, dass wir der neuen sodales wegen ohnehin hatten proben müssen - auch einige der alteingesessenen Salier hatten Schritte verdreht oder vergessen. Doch das Proben hatte sich gelohnt, wie ich fand. Gelegentlich kam bei einem oder zwei von uns noch ein kleiner Fehltritt vor, doch jene sodales hatten mittig Aufstellung bezogen, sodass es kaum auffallen und damit nicht so sehr ins Gewicht fallen würde, wenn der ein oder andere Schritt nicht recht saß.


    Meine tunica picta war sauber und geglättet, die trabea akkurat gelegt, und mit den intensiven Farben der Kleidung und dem eisernen aenum tegumen erregten wir Salier bereits während des Zuges zum comitium Aufsehen. Wie die meisten Salier hatte ich zwei Sklaven im Schlepptau, die neben unserem Aufmarsch herliefen und das Schwert und den Helm trugen, ebenso wie das ancilium, das im sacrarium Martis in der regia aufbewahrt wurde, bis es zum Einsatz kam.


    Als wir nun den Opferkönig erreichten, der traditionsgemäß das comitium noch nicht betreten hatte, ließ ich mit den Helm anlegen und nahm Schild und Kurzschwert entgegen, um somit als vollwertiger Salier den Platz betreten zu können. Auch die meisten anderen ließen sich nun ausstatten. Und dann warteten wir darauf, dass Avianus das Zeichen zum Aufmarsch gab.

  • | Marcus Menenius Lanatus


    Mit abwartendem Blick ließ Lanatus die Salier an sich vorbeiziehen. Noch gut konnte er sich erinnern, ihre Waffen in seiner Funktion als Flamen Quirinalis regelmäßig geweiht zu haben. Damals war noch Aurelius Corvinus der Magister der Sodalität gewesen, doch heute erblickte der Opferkönig ihn unter den Palatini - angeblich hatte es irgendwelche Streitigkeiten gegeben. Der der Wankelmütigkeit konnte es jedenfalls nicht liegen, denn Lanatus kannte den Aurelier als zuverlässigen Pontifex.


    Mit würdevoller Miene schloss er sich schließlich dem Zug an. Fast etwas tastend betrat er den Bereich, der ihm sonst verboten war und brachte sich schließlich inmitten der Pontifices, die ihm als Opferhelfer dienten, zum Stehen. Heute waren die Genien des römischen Volkes die Adressaten und dementsprechend gab es auch keine echte Statue, vor der das Voropfer vollführt werden musste.


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  • Ebenso wie seine zahlreichen Verwandten, die heute erschienen waren, befand sich auch Publius unter den Reihen der Salii Palatini. Es war ungewohnt für ihn einem solch traditionellen Ritual aktiv beizuwohnen, stand in Sardinien doch eher das ruhige und unbeschwerte Leben im Vordergrund. Im Gegensatz zur Insel hatte Rom eine lange Geschichte, die vor allem von Erfolg geprägt war und an die demzufolge erinnert werden musste. Angesichts der Größe und der Tragweite des Rituals konnte Imbrex ein kleines Stück Begeisterung nicht unterdrücken. Zudem fand er die Kleidung, die die Salier heute trugen, zusammen mit der militärischen Komponente, recht ansprechend. Es verlieh ihm in gewisser Weise ein Gefühl der Stärke, der Überlegenheit und auch der Einheit.


    So marschierte der junge Aurelius also in den Reihen der Salier hinter dem Opferkönig hinterher - durchaus erhaben und würdevoll. Als sie dann den Bereich erreichten, der für den Rex Sacrorum normalerweise verboten war, begann der etwas interessantere Teil des Rituals. Gespannt beobachtete Publius Lanatus und die folgende Vollführung des Voropfers.

  • Nicht nur während der gemeinsamen Termine mit den Sodales, auch zuvor hatte Gracchus bereits ausgiebig auf diesen Tag sich vorbereitet, insbesondere seinen Leib trainiert, dass er der Herausforderung würde gewachsen sein, Schild und Schwert im Tanze zu schwingen. Der Einzug in das Comitium und die dortige Darbietung war bei weitem nicht derart anstrengend wie etwa der lange Zug durch die Stadt beim Armilustrium, so dass es kaum noch eine Ausflucht würde geben, würde er nicht einmal diese Erprobung seiner Kondition bestehen. Kühl lag der Griff des Schwertes in seiner Hand und bereits nach dem kurzen Weg in das Comitium hinein konnte er das Gewicht des Schildes in den Muskeln seines angewinkelten Armes verspüren, wartete darob ein wenig ungeduldig auf die Zelebrierung des Voropfers und den darauf folgenden Beginn des salischen Tanzes, da in der Ablenkung der Bewegung allfällig dies nicht mehr gar so deutlich würde zu spüren sein.

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  • | Marcus Menenius Lanatus


    Ehe eine rituelle Prozession, bei der das Comitium seine Weihe als Ort des Beschlusses von Kriegen erhalten konnte, erfolgte ein Voropfer, das dem Rex Sacrorum vorbehalten war. Und so hielt der Menenier seine Hände nach vorn, um sie zu reinigen. In Ermangelung eines Tempels würde danach auch sofort die Besprengung der Umstehenden erfolgen - die jedoch einem Opferhelfer vorbehalten war.


    Langsam wusch er sich die Hände, während er jenes Gebet murmelte, das seit langem die kultische Reinheit für ein Opfer herstellte. Erst danach wandte er sich dem Foculus zu, auf dem die Opfergaben verbrannt werden sollten.



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  • Der Pontifex Cornelius Scapula assistierte dem Rex Sacrorum an diesem Tage als Opferhelfer, tunkte in dieser Funktion einen buschigen, aus weißem Ochsenschwanzhaar bestehenden Pinsel in eine goldfarbene Schüssel voll Wasser und besprengte die Teilnehmer an der Zeremonie - den Rex Sacrorum, die opferhelfenden Pontifices, einige weitere Opferhelfer des Cultus Deorum, die Sodales der Salier, sowie ein paar umstehende Schaulustige - zur rituellen Reinigung, während die Pontifices Genucius und Cincius den Foculus errichteten. Hernach bereiteten alle drei sich auf das Voropfer vor, nahmen die Gaben dafür auf, um dem Opferkönig sie bei passender Gelegenheit anzureichen, während ein popa den weißfarbenen Stier heran führte, war der sensible Umgang mit den Opfertieren doch nichts, wozu die Pontifices primär prädestiniert waren.

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  • Der Zeremonie setzte sich fort und die Salii folgten den Rex Sacrorum, der diesen Bereich deutlich zu scheuen wusste. Doch er ging weiter und als er dies tat, gab auch Avianus eine Geste, dass sie ihm alle folgen sollten. So erreichten sie bald den Ort, an dem das Voropfer stattfinden sollte. Mittlerweile lag das Schild schwer im Arm der Aureliers, welcher dieses dennoch fest im Griff hatte und mit entschlossenem Blick der Zeremonie beiwohnte. Der Rex Sacrorum wusch sich die Hände und murmelte seine Gebete, während auch die Salii endlich zum stehen kamen.


    Der Opferhelfer begann routiniert und effizient mit seiner Tätigkeit. Nacheinander besprengte er die umliegenden teilnehmenden Leute, so auch die Salier mit Wasser und vollzog die rituelle Reinigung. Währenddessen wurde im Hintergrund der Foculus aufgebaut. Anschließend sollte das Voropfer bald vollzogen werden...

  • Zu den besprengten Zuschauern gehörte auch Macer, der diese Zeremonie mit verfolgte. Nach dem Ende seiner Prätur stand er zwar nicht mehr so im Licht der Öffentlichkeit, wie es die amtierenden Magistrate taten, aber trotzdem ließ er selten die Zeremonien der größeren Feiertage aus, zumal an diesen ja ohnehin keine sonstigen offiziellen Tätigkeiten stattfanden. Und da zahlreiche Senatoren in die Aktivitäten der Salier oder der übrigen Priesterschaft involviert waren, wärd es an diesem Festtag sogar mit privaten Terminen schwieriger als übrig gewesen. Also genoss Macer einfach das gute Wetter, die Würde einer religiösen Feier und die Entspannung des unbeteiligten Zuschauens, um den Tag zu genießen und die Traditionen Roms weiter leben zu lassen.

  • | Marcus Menenius Lanatus


    Aufmerksam betrachtete der Rex Sacrorum die Arbeiten der Opferhelfer, die den Opferaltar errichteten und nun die Gaben herbeibrachten. Langsam nahm er sie an und hob sie hoch, als zeigte er sie einer vor ihm stehenden Person (die aber eher eine Personengruppe aus Schaulustigen war).


    Zuerst erfolgte das Opfer von Weihrauch an Ianus Pater, den Mittler zwischen Menschen und Göttern, der mit seinen zwei Gesichtern zu beiden zugleich sprechen konnte. Dann erst waren die Genien des römischen Volkes an der Reihe:


    "O Genii populi Romani,


    ihr segnet das Volk der Quiriten und verleiht ihm Kraft, seine Feinde zu besiegen und den Triumph aufzurichten über den ganzen Erdkreis. Ihr steht ihnen bei und seid Rat und Hilfe bei den Beschlüssen seiner Gesamtheit, die seinen gewaltigen Bannstrahl der Macht lenken.


    Dies danken wir Euch mit gerechten Opfern und guten Gaben, wie es schon unsere Väter und deren Väter taten von Geschlecht zu Geschlecht.


    Darum bitten wir Euch auch diesmal um Euren Segen für dieses Kriegsjahr. Leitet den Sinn der Quiriten gut und lasst Euch nieder an diesem Platz, um den Beschlüssen mit Rat und Hilfe beizustehen, die das Volk der Römer hier trefft.


    Hierfür bieten wir Euch gute Gaben. Nehmt sie an als Zeichen unseres Bitten und erfreuet Euch, wenn Ihr gemeinsam mit uns Mahl haltet."


    Nach jeder Präsentation einer Gabe, die mit einem eigenen kurzen Gebet bedacht wurde, stellte er diese vor sich auf den Opfertisch, wo die Opferdiener sie wieder abräumen würden, während die Opferprozession ablief.


    So wurde zuletzt auch der Stier geweiht, den man ausgewählt hatte, um den Genien als Speise zu dienen. Dies konnte der Menenier jedoch sehr routiniert erledigen, sodass er kaum seine Gedanken dabei hatte, als er mit dem Opfermesser über den Rücken des Tiers strich.


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  • Nachdem der Stier geweiht worden war, konnte mit Beginn der kleinen, symbolischen Prozession am Rande des Comitium entlang die Darbietung der Salier beginnen, dass diese noch einmal winzige Korrekturen an ihrer Formierung vornahmen, während die Musikanten ihre Hörner bliesen, der dumpfe Takt den luftigen Raum erfüllte, in einiger Entfernung sich brach an den hohen Gebäuden der Stadt. In einer einzigen, fließenden Bewegung durch alle Leiber hindurch begann der Tanz der Salii Palatini, reihte sich ein in die Bewegung des blechernen Klanges, ihre Füße folgten dem rhythmischen Dreischritt und ihre Schwerter schlugen den Takt auf den Schilden, während aus ihren Kehlen die uralten, archaischen Worte klangen, deren Bedeutung dieser Tage niemand mehr kannte und die sich doch dem Geiste eröffneten, kündeten von kämpferischen Zeiten und heroischen Taten. Ohne Gedanken, ohne Sinne noch folgte Gracchus dem seit Jahren erlernten Ritus, ließ sich fort tragen von der vertrauten Melodie, ließ seine Stimme fließen, die ihm so vertraut in ihrer Klangfarbe und doch längst nicht mehr die seine war, in gesungenem Schall aus den Tiefen seines Selbst drang, welches bewusst ihm stets verborgen blieb, ließ sich treiben von dem Rausch der Dynamik, die alle Pein für kurze Zeit vergessen machte.

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  • Sich im Einklang bewegende Leiber. Es war wie ein Rausch, der einen beständig tiefer mit sich hinab zog, wie ein Strudel, in dem nicht nur man selbst gefangen war, sondern gleichsam andere, deren Leiber sich im gleichen Maße drehten und wendeten. Der monotone Klang der Schwerter auf den Schilden, das rhythmische Stampfen vieler Füße und die Vakanz des Geistes machten jeden Tanz für mich zu einem Taumel, dem ich mich gern hingab. Konturen und Gesichter außerhalb verschwammen zu undeutlichen Farbtupfern, aneinandergereiht wie Perlen auf einer Schnur. Unbedeutend und gänzlich nichtig, bis der Tanz endete und der Geist aus dem Nebel des Rausches wieder auftauchen mochte, die Stimmen vom Wind fortgetragen worden waren und wir alle uns des Seins wieder bewusst sein würden.


    Ich blickte verstohlen zu Avianus, der als unser Vortänzer fungierte. Bald war die Prozession, die dem eigentlichen Opfer voranging, am Ort ihrer Bestimmung angelangt. Es war an ihm, uns zu führen, und nachdem die Melodie verklungen und der letzte Schritt getanzt worden war, warteten wir auf ihn, damit er uns führte.

  • Die perfekt einstudierten Tänze und der Klang der Waffen riefen in Publius ein Gefühl hervor, das er bisher noch nie wahrgenommen hatte. Natürlich hatte er bereits an Opferungen teilgenommen, allerdings war es Neuland für ihn diese im Kreise einer religiösen Vereinigung und eines öffentlichen Spektakels mit derartigen Tänzen zu untermalen. Während die Zuschauer dem Ereignis interessiert folgten, nahm die Zeremonie ihren Lauf.


    Imbrex blickte zu seinem Verwandten Avianus, als der Tanz beendet wurde und er selbst aus seinem innerlichen Einklang gerissen wurde. Natürlich wusste der Aurelius, was als nächstes kam, allerdings war es dem Magister überlassen den nächsten Schritt einzuleiten.

  • Und sie begannen zu tanzen: Rythmisch, in völligen Einklang vollzogen sie ihren Ritus und begaben sich wie in einen Zustand der Trance. Jeder Ton hatte gesessen, jeder Schritt wurde schon instinktiv zu einem richtigen Schritt. Die Stunden der Übung waren nicht vergebens und gleichsam gelassen konnten sie nun ihre Körper bewegen, ihre Speere und Schilde, für ungeübte Hände nur schwer und unbeweglich, mit in ihren Tanz miteinbeziehen. Was mit dem Voropfer geschah, sickerte allmählich ins Unterbewusste.
    Nach den Opfergaben wurde nun auch der Stier für das blutige Opfer geweiht. Ruhig, wie ein Tier, das wusste, es könne nichts mehr unternehmen, ließ der Stier die Prozedur über sich ergehen.


    Nun war es an der Zeit, die Prozession über den Platz anzuführen und nur eine kleine Pause war ihnen zwischendrinnen vergönnt gewesen. Avianus sah sich wenige Sekunden lang um, man wartete auf ihn als Magister, anzufangen. Und so kam es auch: Sie tanzten weiter, der Magister führte die Prozession um den Platz an...

  • | Marcus Menenius Lanatus


    Auch der Rex Sacrorum folgte der Prozession, die sich nun anbahnte - in würdevoller Entfernung von dem Stier und den Saliern, die mit ihren rhytmischen Tänzen begannen.


    Hierfür hatte der Menenier jedoch keine Zeit: Er musste nun das Comitium weihen - denn einzig zu diesem Zweck war es ihm schließlich erlaubt, es zu betreten. Eine kurze Runde setzte an, während der Opferkönig den dargebotenen Aspergill ergriff und begann, den Platz immer wieder mit dem geweihten Wasser zu besprengen, das den Versammlungsplatz zu einer göttlichen Stätte weihen würde.


    "Mögen die Götter das Volk der Quiriten, das an diesem Platz zusammenkommt, segnen in Frieden und Krieg."


    wiederholte er dabei immer wieder, während er langsam einen Fuß vor den anderen setzte.


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  • | Marcus Menenius Lanatus


    Die Prozession kam zum Stehen und auch der Opferkönig nahm wieder seinen Platz ein. Die Weihe des Tieres stand bevor und so ergriff er die dargereichten Mittel, um das Tier zu weihen.


    "Genii Populi Romani: Euer Segen für uns, dieser Stier für Euch!"


    Damit war das Tier geweiht und der eigentliche Opferakt konnte erfolgen. Langsam gab er die Patera zurück in die Hand des Popa, schob die Toga Praetexta, die etwas verrutscht war, zurück und sprach noch einmal ein Opfergebet:


    "Genii Populi Romani, wir bitten Euch um Segen für Euer Volk in Frieden und Krieg!
    Genii Populi Romani, wir bitten Euch um Rat und Leitung für die Versammlungen an diesem Platz!
    Genii Populi Romani, wir bitten Euch um ewigen Sieg in diesem Jahr!"


    Erwartungsvoll blickte Lanatus nun zu den Opfermetzgern, die ihre Ausgangsposition einnahmen.


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  • Nichts war ihnen zu monoton. Keiner Anstrengung waren sie nicht gewachsen. Sie tanzten, gaben sich der Prozession hin, einige voller Lust, manche mit gewandelten Sinnen. Doch sie taten, was sie tun mussten, schwangen stilvoll, elegant, auch archaisch ihre Speere, ihre Bewegungen flossen Rythmisch mit ihrem Gesang zusammen. Jeder, welcher der Zeremonie beiwohnte, verstummte, um den maskulinen, kriegerisch klingenden Gesängen zu lauschen. Worte, die alt waren, nie jedoch in Vergessenheit gerieten, erschallten, selbst wenn sie niemand mehr so richtig verstand.
    Die Salier erfüllten ihre Pflicht, so auch die anderen, die an der Prozession beteiligt waren. Während sie sich immer weiter den auf Dauer erschöpfenden Tänzen hingaben, erfüllte auch der Rex Sacrorum, was sein Auftrag war. Mit lauten Worten und mit Aspergill weihte er den Schauplatz der kultischen Handlung ein.


    Plötzlich, nach einer Weile und beinahe zeitgleich kam die Prozession zum stehen. Der Rex Sacrorum nahm den ihm gebührenden Platz ein, um das Opfertier zu weihen und auch die Salier verstummten in diesem Augenblick mit ihren Gesängen. Man hörte sogar den Wind in den Ohren rauschen. Gebannt lauschte Avianus den Worten des Opferkönigs, während sein strapazierter Arm endlich einen Moment der Ruhe fand. Es reichte schon, dass er nicht viel in Bewegung war, damit er ausruhen konnte. Nun war schon bald der Stier zum Opfer geweiht - und er war bereit, den Göttern als Opfer dargebracht zu werden. Der spannendste Moment stand bevor...

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