Comitium | Quando Rex Comitavit Fas

  • Ich hatte das Gefühl, dass sich diese Zeremonie zäher dahinzog als Harz, das an einer Tanne hinunter lief. Das mochte vielleicht auch daran liegen, dass ich nicht mehr so schnittig und wendig war wie beim Eintritt in die Sodalität, und mir darob das Tanzen - vor allem das lange Tanzen - doch ein wenig die Puste raubte. Nach außen hin den Schein wahrend, wünschte ich mir gen Ende hin im Verborgenen nur noch einen Krug Wasser und sehnte das Ende des Opfers entgegen. Immerhin waren die Tänze nun vorüber, das Opfer geweiht und der rex sacrorum dabei, den victimarii Das Feld zu überlassen, wenn auch nur kurzzeitig. Ich warf dem neben mir stehenden Flavius einen kurzen Blick zu, dann wandte ich mich wieder nach vorn.

  • Nicht nur die Übungsstunden hatten ihren Teil getan. Zumindest was Ursus anging, hatte auch das tägliche Training mit Cimon seinen Teil beigetragen, daß er diese Tänze nun zumindest äußerlich mit spielerischer Leichtigkeit absolvierte. Sein Körpergefühl und seine Kondition waren im Moment einfach hervorragend. Doch auch die anderen Sodales waren voll bei der Sache. Manche mochten erschöpft sein, aber sie ließen es sich nicht anmerken. Sie waren besser als in jeder Übungsstunde. Und falls doch wer patzte, - es fiel nicht auf.


    Avianus machte seine Sache als Magister sehr gut. Das war um so anerkenneswerter, als er am Anfang doch Bedenken gehabt hatte, ob er dieser Aufgabe wirklich gewachsen war. Nun waren die Tänze beendet, die Prozession um den Platz ebenfalls. Der Opferkönig weihte den Stier. Und alles wartete darauf, daß das Opfer vollzogen wurde.

  • Obgleich er suchte es zu verbergen, so ging Gracchus' Atem schnell, sein Herz pochte bis in seine Ohren hinauf und ein stechender Schmerz zog sich durch seine Seite, ob dessen er suchte tief und langsam zu atmen, was ihm indes nicht recht wollte gelingen, da seine Lunge nach möglichst viel Luft in möglichst kurzer Zeit verlangte. Während des Tanzes war die innere Aufmerksamkeit verflogen, hatte er sich verlieren können in den Takten des Rhythmus', doch nun drückte die Last der Anstrengung mit aller Gewalt auf ihn hernieder und er wünschte nichts sich sehnlicher, als dort wo er war hernieder zu fallen und für alle Zeiten liegen zu bleiben. Wie stets indes ignorierte er seine Wünsche, stand mit starrem, ausdruckslosem Blicke, und nur die Rüstung auf seinen Schultern bewegte sich in marginaler Weise auf und ob der hastigen Atmung im Inneren seiner Brust.


    In ihrer inneren Einstellung dem äußeren Scheint weitaus mehr entsprachen die Opferhelfer, welche nicht nur Ruhe ausstrahlten, sondern gleichsam routiniert und mit ruhiger Hand Hammer, Beil und Schalen bereit hielten. Der victimarius positionierte sich zuletzt, nickte hernach dem popa mit dem malleus zu, welcher daraufhin sich an den Rex Sacrorum wandte. "Agimusne?"

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  • | Marcus Menenius Lanatus


    Der Rex Sacrificulus verfolgte die Vorbereitungen der Helfer schweigend und mit würdevoller Miene. Dann endlich war es so weit:


    "Age!"


    befahl er, womit er seine letzte offizielle Amtshandlung vollführt hatte. Zwar musste er noch warten, was die Haruspices zu seiner Gabe sagten, doch danach war ein hurtiges Verlassen des Platzes angesagt!


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  • Während die Helfer ihre Vorbereitungen zur Tötung des Stieres trafen, ergriff eine gespenstische Stille den Platz. Mit würdiger Mine, in den Momenten, vor der Flucht, beobachtete der Opferkönig, gespannt, gefasst und mit einer Ruhe im Gesicht. Die Opferhelfer schlossen bald ab und sahen den Rex fragend an. In diesem Moment wartete jeder auf die finalen Worte. Die Worte, die alles besiegelten und den Moment der Entscheidung herbeiführen sollten.
    "Age", hieß es, und die Opferhelfer legten Hand an, den Stier zu opfern... gebannt sahen auch die Salier zu. Würden die Götter über die Opfergaben erfreut sein? Wie wären die Vorzeichen?

  • In jenen Augenblicken, als der Opferhammer schwer auf die Schädelplatte des Stieres krachte, kaum spürbar hernach von vorne her die scharfe Kante des Beiles in dessen Hals sich schob, schien die Zeit stehen zu bleiben, schien ein Herzschlag sich zu dehnen zu einem endlosen, stummen Augenblick - als müsse die Welt Tribut zollen dem Hauch des Todes, welcher mit seinen eisigen Klauen das Leben des Tieres umfasste und es der Welt entriss. Erst als die Augen des Stieres sich empor gen Himmel drehten, als endlich die Beine unter ihm einknickten und er mit einem dumpfen Laut zu Boden krachte, dass der Grund des Comitium unter dem Schlage leicht erzitterte, kehrte die Zeit zurück in die Welt, und als müsse man nun die verlorenen Sekunden aufholen, machte routinierte Hektik sich breit rund um das Opfertier. Der Schlächter weidete es aus und legte Stück um Stück der vitalia auf vergoldete Platten, welche die Opferhelfer ihm anreichten. Einer kleinen Karawane glich die Kette aus Männern, die zurücktraten von dem leblosen Tier und hinüber zu dem Altar, an welchem bereits der Haruspex harrte. Mit feierlicher Miene begutachtete dieser die Organe, drehte und wendete sie im hellen Tageslicht, legte sie hernach mit einem Nicken zurück auf die Platten. Zuletzt nahm er das Herz des Stieres auf, ein unförmiger, blutiger Klumpen von der Größe eines kleinen Kinderkopfes, prüfte auch dieses akkurat, ehedem er es wortlos zurück legte. Einen Augenblick noch wartete er, dass auch der letzte Opferhelfer sich an die Feuerschale hatte gesellt, in deren lodernden Flammen die Gaben würden verbrannt werden, warf sodann dem Rex Sacrorum einen wissenden Blick zu, ehedem er laut verkündete - dass bis über die Rostra seine Stimme musste hinweg schallen:
    "Litatio!"

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  • | Marcus Menenius Lanatus


    Das nun erfolgende Ritual war wohl das eiligste, das die Stadt Rom kannte: Kaum hatte der Haruspex die Litatio verkündet, zog Lanatus seine Toga etwas hoch und beschleunigte seine Schritte. Halb rennend, aber dennoch auf Würde bedacht, überquerte er das Comitium und trat zurück auf das Forum.


    Für einen alternden Mann war dies eine respektable sportliche Leistung, denn die Tradition wollte es, dass der Opferkönig nicht nur das Comitium, sondern sicherheitshalber auch das ganze Forum verließ. Also rannte er, umgeben und seinen Popae, vorbei an der Rostra, den Statuen und Monumenten direkt auf seine Heimstatt an der Via Sacra zu, wo er in Sicherheit war.


    Man würde ihm wohl einen Teil des Stierfleisches für sein Abendessen bringen - ihm selbst war es jedoch für heute untersagt, sein Haus zu verlassen, um die Römer zu versichern, dass er keinesfalls politische Absichten damit zu verbinden gedachte, dass er auf dem alten Versammlungsplatz ein Opfer darbrachte und es aus diesem Grund betrat.


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  • Selbstredend war nichts anderes zu erwarten gewesen denn die litatio, galt die Feierlichkeit doch dem Wohle Roms, und obgleich nicht sonderlich viele Zuschauer sich hatten versammelt - wiewohl 'nicht sonderlich viele' Zuschauer so nahe des Forum noch immer stets eine größere Menge waren -, so würde die Nachricht über ein Scheitern, somit ein schlechtes Omen für den Staat, wie ein Feuer durch die Straßen der Stadt sich verbreiten und bald würde allerorten schwelende Furcht ob des dräuenden Unheils ausbrechen. Die pax deorum war nicht ohne Ursache ein wichtiger Garant für das Wohl des Imperium Romanum, wiewohl deren Lenkung derart bedeutsam, dass der Imperator selbst dessen Vorsitz übernahm - zumindest nominell. Während der Rex Sacrorum also traditionell die Flucht ergriff, legten die Opferhelfer die Innereien behutsam in die Feuerschale, dass alsbald gräulichfarbener, nach verbranntem Fleisch riechender Rauch über den Opferplatz wehte. So pompös der Ritus hatte begonnen, so monoton endete er nach der Übereignung des göttlichen Anteiles - der Schlächter zerlegte das Tier in kleinere Stücke, die popae räumten die Kultgegenstände zusammen und die Pontifices warteten in ein wenig Abstand nurmehr darauf, dass die vitalia zur Gänze verbrannt waren, während die beiden Bünde der Salier zum Abzug sich bereit machten.

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  • Avianus atmete von dem spannenden Moment auf, die gefühlte ewig lange Warterei vor den entscheidenden Worten. Gebannt sah er zum Haruspex, der das Opfer mit prüfenden Blicken besah, den Atem anhaltend. Jede Sekunde dehnte sich zu einer halben Ewigkeit... in der Stille hörte Avianus sein Herz in der Brust klopfen. All diese Anspannung, bis zu dem erlösenden Moment, als der Mann endlich verkündete: Litatio! Das Opfer war rein, wurde angenommen von den Göttern!


    Zum Abspann der Geschehenisse konnten sie bewundern, wie der Rex Sacrorum fluchtartig das Comitium verließ. Avianus musste sich wundern - dass ein älterer Mensch überhaupt so schnell war! Doch wenn es darauf ankam, so dachte er, nahm man sich die Kraft einfach irgendwoher. Denn hier musste der Mann schnell sein, diesen Ort zu verlassen, wo er normalerweise nicht hingehörte. Bald schon sah man den Alten nicht mehr, der nicht nur das Comitium, sondern auch das Forum verließ. Unter dem Jubel der Bevölkerung. Doch für die Salier war es nun auch an der Zeit, abzuziehen.
    "Sehr gut", fand Avianus, "Heute haben wir unsere Pflicht erfüllt und die römische Tradition ausgelebt. Nun ist es an der Zeit, dass wir nach Hause gehen und uns ausruhen, es war ein anstrengender Tag. Vale bene!"

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