Lupanar "AD FEMURIBUS APERTIS'

  • Das Lupanar der geöffneten Schenkel war nicht unbedingt heruntergekommen, aber auch alles andere als eines der Vorzeigeetablisments. An einer der Hauptstraßen der düsteren Gegenden des Aventins gelegen, hatte das Bordell natürlich auch einen Eingang für jene, die nicht gesehen werden wollten.


    Es war ziemlich bekannt, aber nicht unbedingt beliebt, und wurde meist von denen besucht die nicht Geld genug in der Tasche hatten um sich auf einer der belebteren Straßen zu vergnügen.

  • Vala runzelte die Stirn, als er vor dem Lupanar stand. Er war weit heruntergekommenere Zustände gewohnt, doch das hier war nicht unbedingt das, was er erwartet hatte. Hier also sollte der Kerl auffindbar sein? Linos hatte definitiv einen seltsamen Sinn für Humor.


    Als Vala durch die Tür schritt, blickte eine ältliche Frau zu ihm doch, verwirrt einen Mann anzutreffen dessen Tunika so aussah als würde man sie tatsächlich öfter als einmal im Jahr waschen.


    "Dominus!", rief sie ihn herbei, als sie ihre Überraschung ab-, und ein falsches Lächeln dafür aufgelegt hatte, "Tritt näher! Was können wir für dich tun? Gelüstet es dich nach einer Frau, einem Mädchen, oder gar einem Knaben?"


    Sie kam sofort zur Sache, das imponierte Vala. Allerdings hatte er anderes im Sinn: "Ich will Corvus sehen."
    Augenblicklich gefror das Lächeln der Frau, und ihre Mundwinkel sanken langsam nach unten, während sie ihn mit einem Ausdruck des Entsetzens anblickte: "Corvus? Wir haben hier niemanden der Corvus heißt... vielleicht hast du dich im Haus geirrt. Zwei Blöcke weiter gibt es noch ein Lupanar, vielleicht..."
    "Corvus.", insistierte Vala mit regungsloser Miene, "Man sagte, er sei hier."
    Die Frau fasste sich langsam wieder, und ließ ihren voluminösen Oberkörper auf den Tisch sinken vor dem sie saß: "Jetzt hör mal, Junge. Es gibt hier niemanden der so heißt. Du hast dich geirrt. Verstehst du mich? Geirrt! Also, was ist jetzt? Willst du noch einen wegstecken? Du siehst so aus, als könntest du es gebrauchen... wie ich euch Barbaren kenne wollt ihr es wild! Ich habe da genau das richtige für dich!"
    Als Vala schon seinem Ärger nachgeben wollte, erinnerte er sich an den zweiten Teil der Beschreibung des Griechen, die er im ganzen Trubel der Straßengeschäftigkeit wohl vergessen hatte. So schluckte er seine wütende Antwort herunter, und blickte die Frau ernst an: "Gut. Gib mir dieses Mädchen... und zwar schnell."
    Durch diese Worte kehrte das falsche Lächeln der Frau zurück, sie schnipste einmal mit dem Finger und ein alter Mann trat aus einem der Gänge, sich vor Vala knapp verneigend.
    "Ristex. Bring den jungen Herrn doch bitte zu Astrala. Achja, das macht dann zwei Denarii, bitte."
    Vala legte die gewünschte Summe in die fleischige Hand der Frau und folgte dem alten Mann in das Lupanar hinein. Aus einigen Zimmern, die mehr oder minder mit Vorhängen verschlossen waren, drangen eindeutige Kopulationslaute, und Vala überlegte einen Moment lang, ob er nicht einfach etwas länger bleiben sollte als er eigentlich geplant hatte. Er verwarf den Gedanken jedoch, als er von dem Alten in eine Kammer verwiesen wurde in der eine Frau wartete die mit ihrer Hässlichkeit schon neue Rekorde aufstellte. Was für Qualitäten musste diese Frau haben, dass man ihr Gesicht vergaß? Wahrscheinlich jene, in der man es garnicht sah, überlegte er bei sich, als er sich auf der Liege niederließ wo sie mit emotionslosem Blick auf sie wartete. Der Alte verzog sich augenblicklich wieder in den Gängen, und sie waren allein. Vala hockte stumm und regungslos da, wusste nicht, was er tun sollte, und erst als die Finger der Frau sich an seiner Tunika zu schaffen machten stieß er sie grob beiseite.
    "Geh. Hol Corvus. JETZT.", zischte Vala sie an, sie keines weiteren Blickes würdigend. Mit Schreckgeweiteten Augen blickte sie ihn an, schüttelte sachte den Kopf und zog die schmutzige Decke zu sich heran.
    "Ich werde das nicht wiederholen, Frau.", grummelte Vala, doch wieder ging kein Anzeichen von Aktivität von der Frau aus. Irgendwann hatte Vala genug, streckte den Arm aus, nahm das Gesicht der zierlichen Unschönheit in die linke Hand, zog ihn zu sich heran und schmetterte ihren Kopf dann dezent auf Kraft verzichtend gegen die Holzwand dahinter. Er wiederholte seine Frage nicht, sondern blickte die Frau nur auffordernd an als ihr Tränen in die Augen stiegen. Einen Moment später reckte sie ihre Beine über den Rand der Liege und verschwand hinter dem Vorhang.


    Während Vala wartete, zählte er die Flecken an der schmutzigen Wand und verband sie in seinem Kopf zu Mustern. Es dauerte einige Minuten bis sich wieder Schritte bemerkbar machten, und der Mann den Vorhang zur Seite schob, nach dem Vala verlangt hatte.


    http://www.kulueke.net/pics/ir…pezielle/valahelfer03.png "Das wird dich extra kosten, Mann.", waren die ersten Worte, die der Mann an Vala richtete.


    "Du bist also Aulus Amatius Corvus.", folgerte Vala aus der schon fast zu makellosen Erscheinung des Mannes, der in seiner Gestalt und seinem Auftreten wohl das absolute Ideal dieser Zeit vereinte. Auch wenn sein Schönheitsempfinden sich vollkommen auf Frauen konzentrierte, war er doch von der Macht der Erscheinung dieses Mannes stark beeindruckt.


    "Der bin ich. Du hast nach mir... geschickt.", schob der Mann eine künstliche Begrüßung, deren Ironie kaum verhohlen war, mit einer gekonnten Handbewegung durch den Raum.


    "Richtig. Ich bin Titus Duccius Vala, und ich habe Arbeit für dich.", kam Vala gleich zur Sache, für den jeder weitere Moment in diesem Haus einer zuviel war.


    "Ah...", verzog Corvus genüsslich die Lippen zu einem süffisanten Lächeln, "...das neue Spielzeug des fetten Griechen. Ich habe gehört, du strebst nach oben... aber meinst du nicht, es ist etwas zu früh deine Laufbahn durch.. meine Leistungen.. voranzutreiben, junger Duccius?"


    "Das sehe ich durchaus genauso. Noch.", erwiderte Vala, der sich erhoben hatte um dem Mann Auge in Auge gegenüber zu stehen, "Aber sagen wir, ich hätte gerne eine Kostprobe deines Könnens, bevor wir uns größeren Dingen zuwenden. Auch wenn man viel von dir spricht, der du tausend Namen zu haben scheinst, so will ich doch sehen wie brillant dein Werk wirklich ist."


    Corvus verschränkte lässig die Arme, sein Lächeln blieb. Er war es gewohnt, dass neue Klienten erst wissen wollten wie gut er wirklich war, bevor sie ihm die wirklich dicken Fische hinwarfen: "Natürlich. Darf ich erfragen, um wen es sich handelt?"


    Valas Blick verdüsterte sich bei dieser Frage, doch seine Lippen formten ein wölfisches Grinsen: "Ich hoffe du bist nicht allzu enttäuscht, wenn ich dir sage, dass es um eine Frau geht."

  • Nicht lange darauf fand Vala sich wieder im selben Teil der Stadt, im selben Haus, im selben Raum mit derselben Nutte. Die war dieses Mal allerdings nicht ganz so widerspenstig, was das Holen ihres Arbeitgebers anging. Im Gegenteil: sie war durchaus entgegenkommend. Der Schorf an ihrer Stirn schien sie wohl jeden Tag daran zu erinner, warum der überhaupt da war. Was dazu führte, dass Corvus verhältnismäßig schnell im Raum erschien, und Vala mit einem abschätzigen Blick bedachte.


    http://www.kulueke.net/pics/ir…pezielle/valahelfer03.png "Gehe ich richtig in der Annahme, dass du erfahren hast, dass ich erfolgreich war?", waren die ersten Worte die in dieser Konverstion gewechselt wurden. Ungefragt füllte Corvus zwei Becher mit Wasser und drückte einen davon Vala in die Hand, bevor er sich auf der anderen Seite des kleinen Raums auf einem Schemel niederließ.


    "Das tust du. Ich wohne im Hause des Praetorianerpräfekten, vergessen? Da gehen soviele Informationen ein und aus, dass es einen Stab von Sklaven braucht um diese überhaupt nur ansatzweise zu bewältigen. Gute Arbeit, würde ich sagen. Nur dieser Verschleiss an Menschenleben...", legte Vala den Kopf tadelnd-lächelnd auf die Seite. Natürlich war es ihm vollkommen egal, wer wie ums Leben kam. Alleine die Tatsache, dass er die Iunia verschonte, und dem Aelier nur einen Schuss vor den Bug versetzte, in dem er ihren Leibsklaven direkt vor ihrer Nase verbluten ließ, hatte mehr mit der Intervention eines römischen Idealisten zu tun, als denn mit wirklichen Skrupeln Valas. Wenn es nach ihm ginge, würde der Aelius sich jetzt andere Leute suchen, um seine weibliche Ader auszuleben.


    "Es war ein Sklave.", grollte Corvus, dem man offensichtlich ansah, dass er nicht begeistert über das Ziel gewesen war, "Ich gehe für einen Sklaven nicht das Risiko ein, dass man sich vielleicht mein Gesicht merkt. Auch ich habe ein gewisses Bedürfnis nach Heimlichkeit, ich bin mir sicher, du wirst das verstehen."


    "Oh, natürlich tue ich das.", erwiderte Vala süffisant lächelnd, "Ein verlängerter Arm, sozusagen... den dann rein zufällig ein vorbeikommender und höchst mutiger Passant erledigt."


    "Man tut, was man kann.", stellte Corvus mit finsterer Miene fest.


    "Nun gut..", beließ Vala es dabei, einen kleinen Beutel zückend, "..wieviel schulde ich dir?"


    "Eintausend Sesterzen.", nun war es an Corvus, süffisant zu lächeln. Ein Lächeln, das noch breiter wurde, als Vala mit großen Augen den kleinen Lederbeutel sinken ließ, und den Meuchelmörder ehrlich überrascht ansah.


    "EINTAUSEND SESTERZEN? BIST DU DES WAHNSINNS? DAVON KÖNNTE SICH DIE IUNIA VIER SOLCHER SKLAVEN KAUFEN!!!", brach es aus Vala hervor, der nicht umhin kam, sich dezent verarscht zu fühlen.


    "Eintausend Sesterzen.", wiederholte Corvus ruhig, die Verblüffung des Duccius in vollen Zügen genießend, "Einhundert für den Sklaven. Vierhundert dafür, dass ich mich überhaupt zu solch einer Arbeit herablasse. Und fünfhundert für das Kind, das ich getötet habe. Den armen Hund, der den Auftrag letztendlich ausgeführt hat bekommst du gratis."


    "Kind?", ächzte Vala, dessen Verblüffung noch einen Sprung weiter in der Karriereleiter der Überraschungszustände getan hatte, "Was für ein Kind? Welches Kind kann gefährlich genug sein, als dass du es auch umlegen musst?"


    "Nicht gefährlich. Sagen wir, es war dummerweise zur falschen Zeit am falschen Ort.", lächelte Corvus kalt, "Du hast mir verschwiegen, dass die Iunia schwanger war."


    "SCHWANGER???", ächzte Vala auf's neue. Das wurde langsam wirklich paradox. Er hatte Axilla noch nicht einmal angerührt. Nicht, dass er das nicht früher oder später getan hätte, aber die Absicht, Axilla auf's Kreuz zu legen war der Absicht, sie in ein Grab zu verfrachten schnell zum Opfer gefallen. So hübsch war sie dann auch wieder nicht, als dass man sie unbedingt noch vorher beglücken musste, bevor er ihr den Blutkreislauf auslagern ließ. Aber das... diese Nachricht... das war... das war... wer konnte... mit wem hatte sie? Der Groschen fiel. DESHALB war der Aelier so ausgerastet? Weil er eine Frau geschwängert hatte, während er mit der anderen römisches Vorzeigepärchen spielte? Vala kam nicht umhin, dem Mann innerlich Respekt zu zollen. Das hätte genauso gut aus seiner Feder stammen können. Wenn der Aelius es wirklich war. Er würde sich da versichern müssen.


    "Ja. Schwanger.", wiederholte Corvus monoton, das Wasser in seinem Becher schwenkend, als wäre es ein guter Wein, "Der Schock über das zugegebenermaßen plötzliche Ableben ihres Sklaven hat da wohl etwas in Gang gesetzt. Glaub mir, ich kenn mich aus mit schwangeren Frauen.." Er nickte in Richtung der Tür, und meinte damit die Mädchen und Frauen seines Lupanars. Und Vala verstand. Lupae waren immer wieder mal schwanger, das war wohl das übliche Berufsrisiko. Entweder, sie trugen die Kinder aus und etzten sie dann aus, oder sie trieben sie ab. Oder ließen sie einfach sterben. Von daher konnte man es Corvus ruhigen Gewissens glauben. Was die Sache noch ungeheuerlicher machte.


    "Schwanger.", stellte Vala zum ersten Mal wirklich fest. Einen Augenblick später zuckte es in seinen Mundwinkeln... ein Zucken, dass er sich jedoch mit Mühe wieder wegzwang.


    Vala sprang auf, stellte den Becher ab und warf Corvus den Beutel zu, welcher sich nicht die Mühe machte, das Geld zu zählen. Wenn es nicht stimmte, würde er sich den Rest einfach holen. Bevor Vala den Raum verließ, schüttelte er noch einmal lächelnd den Kopf, und sprach schließlich, mehr zu sich selbst als zu Corvus: "Wenn Pluto mir hold ist, war es ein Sohn."

  • Es war eine der Touren, die Vala in in den letzten Wochen seines Aedilats machte, und auch eine jener Touren, die er bis zum Ende aufschob. Nicht, weil er sich vor Lupanaren ekelte... die hatte er im Zuge seines Aedilats oft genug besuchen dürfen und sich dabei mit wenig Mühe von den Avancen und 'Gefälligkeiten' der dort arbeitenden Bevölkerung zurückgehalten. Aber dieses Lupanar... nein, dorthin wollte er nicht. Aber irgendwie musste er, da seine Entscheidung hinsichtlich gewisser Dinge doch längst überfällig war.
    "Duccius!", rief die ältliche Dame, die wie immer im Eingangsbereich des Lupanars 'Wache' hielt und die Kunden empfing, "Es ist lange her, seit du uns das letzte Mal beehrt hast."
    "Ich war... indisponiert.", murrte Vala, der den Männern der Cohortes Urbanae draußen zu warten. Was er normalerweise nicht tat, denn abseits des obligatorischen Geschäftssinn brachten die Puff-Daddys in Rom selten den Hirnschmalz mit um zu checken, dass ein Aedil etwas war an dem man sich nicht vergriff. Und die Zeit des Bürgerkriegs hatte sie offensichtlich vorwitzig werden lassen, etwas, dessen Ende nicht jeder Zuhälter akzeptieren wollte.
    Hier allerdings war die Situation etwas anders. Vala würde den Schutz der Urbaner nicht brauchen, weil sie gegen das, was ihn hier erwartete ohnehin nicht schützen konnten: "Ich will zu Corvus."
    "Er erwartet dich bereits...", wies die alte Dame mit einem undeutbaren boshaften Lächeln den Gang entlang, der in einem schon fast obszön-theatralischen Halblicht den Weg tiefer in das Lupanar wies.
    "Na dann wollen wir mal..", murmelte Vala als wolle er sich selbst Mut zusprechen und vergaß dabei vollkommen seinen Tiro hinter sich als er den Gang entlangschritt.

    http://www.kulueke.net/pics/ir…pezielle/valahelfer03.png Der Besitzer des Lupanars saß in seinem Officium, das er wohl kaum dazu nutzte das Geschäftliche des Betriebs zu verwalten, weder mit dem Rücken zu ihnen gewandt in einem luxuriösen Stuhl, weder streichelte er eine Katze, noch studierte er augenscheinlich Papiere. Er saß einfach da, auf einem schlichten Stuhl, hinter einem schlichten Schreibtisch in einem ohnehin schlicht eingerichteten Officium... und blickte dem eintretenden Aedil mit kalten Augen entgegen. Es folgte ein Moment unbehaglicher Stille, in welcher der Amatier den Duccier auf eine Art und Weise betrachtete die den Moment zwischen Katze und Maus als liebevoll erscheinen ließ. Es war nicht einmal so, als dass man sagen könnte die Temperatur im Raum wäre um mehrere Grad gefallen... denn sie bewegte sich schon von Anfang an nahe am Gefrierpunkt.
    Wieviel Zeit letztlich verstrich, in der Corvus und Vala sich gegenseitig anstarrten, konnte er irgendwann nicht mehr sagen, doch schließlich schluckte er den Kloß in seinem Hals herunter und entschied sich zur Offensive, indem er sich auf den Schemel vor dem Schreibtisch niederließ und den Amatier mit einem Blick fixierte von dem er hoffte, dass er unbeeindruckt aussah.
    "Ich habe Arbeit für dich.", sagte Vala schließlich überzeugter, als er sich fühlte. Immerhin standen da noch gewisse Dinge ungeklärt im Raum.
    "Ach, wirklich." , lehnte der Amatier sich mit perfekt-unbeeindruckter Mimik zurück und faltete theatralisch die Finger. Vala fragte sich, warum der Typ kein Politiker geworden war... aber wahrscheinlich lief die Profession doch auf's gleiche hinaus.

  • Wie üblich folgte Aquila dem Aedil wie ein – die Formulierung gefiel ihm irgendwie am besten – ein Schatten. Im Schlepptau des Duccius, so war es vielleicht am Anfang ein bisschen gewesen, ein kleines bisschen nur, und er bildete sich definitiv ein, dass er von den ersten Wochen an rasant zu einer echten Hilfe für den Duccius geworden war. Punkt.


    Ein Lupanar also wieder einmal. Aquila hatte davon genug gesehen im vergangenen Jahr, dass er gar nicht mehr sicher war ob er so was je in Anspruch nehmen wollte. Naja, gut, sie hatten vor allem auch jene besucht, bei denen eher zu erwarten war irgendwas zu finden, nicht so sehr die hochklassigeren. Vielleicht sollte er da mal eigene Untersuchungen zu anstellen. Nur um rauszufinden, wie es in einem richtig teuren Ding aussah... Aquila wurde ziemlich abrupt aus seinen Gedanken gerissen, als sie das Lupanar erreichten – denn das war schon so ziemlich alles, was dieser Besuch mit den vorigen gemein hatte. Es ging schon damit los: die Urbaner blieben draußen. Das war ungewöhnlich, und im ersten Moment fragte sich Aquila, ob der Senator sich diesmal tatsächlich mit einer der Lupae einlassen wollte, was er bisher immer abgelehnt hatte, und das in einer Art, die Aquila vermuten ließ, dass es nicht darum ging seine Bettgeschichten nicht mit Dienstlichem zu vermischen, sondern dass er per se was gegen Huren hatte.
    Genau aus dem Grund glaubte Aquila aber nicht so recht, dass dieser erste Gedanke richtig war, und als sie drinnen waren, bestätigte sich das auch. Er wollte zu keiner der Lupae, er wollte zu... einem Mann?!? Aquila starrte den Aedil an. DAS hätte er nun nicht gedacht, dass der auf Kerle stand, und überhaupt, was sollte das mit seinen ganzen Weibergeschichten, wenn er dann in ein Lupanar ging, um mit einem Kerl... nein. Ganz sicher nicht. Was auch immer der Duccius von diesem Corvus wollte, es war ganz sicher nicht das. Wäre es so, hätte er doch schon früher was gemerkt... oder? Waren seine Weibergeschichten vielleicht nur Fassade und dienten dazu, sehr effektiv zu verbergen, dass er eigentlich schwul war? Für einen winzigen Moment zögerte Aquila, als der Duccius nach dem kurzen Gespräch mit der Empfangsdame weiter ging – dann setzte auch er sich in Bewegung. Nicht, dass er wirklich das sehen wollte, wenn der Duccius tatsächlich mit diesem Corvus... aber ihn trieb Neugier, eine gewisse Art von morbider Faszination und eine vage Mischung aus Hoffnung und Vermutung, dass doch etwas anderes dahinter stecken könnte. Was auch immer es war: er wollte es zumindest wissen. Verschwinden konnte er immer noch.


    Und tatsächlich... wie ein Stelldichein mit einer männlichen Hure wirkte das ganz sicher nicht, was sich ihm zeigte. Weder der Kerl, noch das Zimmer, noch das Verhalten – beider Männer. Prompt schnellte Aquilas Neugier nach oben, während er das tat, was er so häufig getan hatte im vergangenen Jahr: sich wie ein Schatten im Hintergrund zu halten und zuzuhören.

  • http://www.kulueke.net/pics/ir…pezielle/valahelfer03.png "In der Tat, ich habe etwas, dass deinen Fähigkeiten bedarf um realisiert zu werden.", sprach Vala, der sich hinter einer dicken Mauer der Ausdruckslosigkeit verschanzte, die im Zucken der Augen hier und da Risse aufwies.
    "Wenn ich dich daran erinnern darf." , raunte Corvus mit perfekter Maske des Eisprinzen, "Schuldest du mir ohnehin noch etwas."
    "Achso?", gab Vala sich unwissend.
    "Du hast mir einen Senator versprochen." , erinnerte Corvus mit frostiger Stimme den Duccius an eine Abmachung von vor Jahren, an die Vala sich nur vorgeblich nicht erinnern konnte und sich demnach nachdenklich durch den Bart strich: "Wenn ich mich recht erinnere, habe ich dich damals wegen dieser Angelegenheit an die Decima verwiesen."
    Corvus reagierte, indem er nicht reagierte und nicht einmal ein tadelndes Kopfschütteln als notwendig ansah: "Das Gespräch, wie du sicherlich weißt, was alles andere als fruchtbar. Ich bin mir sicher, du hast dabei das eine oder andere unterschlagen.. und es hat meine Zeit verschwendet. Ich hasse es.."
    "Jaja, jaja...", wedelte Vala mit der Hand ab, "...du hasst es wenn man deine Zeit verschwendet. Ich werde dir dich für deine Umstände entlohnen.. aber zuvor musst du etwas anderes für mich erledigen."
    "Lass mich raten..", grollte Corvus, dessen Gesichtsausdruck an Finsterheit zulegte, als er von Vala unterbrochen wurde, "..es geht um eine Frau. Oder um den da?", er wies auf den Decimus, der sich im Hintergrund gehalten hatte und taxierte den Jungen einen Moment lang mit seinen schwarzen Augen wie ein Hai, der sich nicht sicher war ob er sich überhaupt mit einer Makrele beschäftigen sollte.
    "Was? Wen? Oh...", staunte Vala einen Moment überrascht, als er dem Blick des Amatiers folgte und seinen Tiro dort entdeckte, wo er immer zu finden war. Den hatte er vollkommen vergessen! Und jetzt war er hier... das war... unpraktisch. Äußerst. "Das ist mein Tiro, der ist in Ordnung.", brummte Vala entschuldigend und mit deutlicher Sorge erfüllt schob er nach: "Ich... eh... habe ihn mitgebracht, weil... eh... also... weil er auch dorthin will, wo ich nun hinstrebe. Ich denke deine Leistungen könnten ihm zupass kommen."
    "Hoffentlich ist er solventer als du es bist, Duccius.", meinte der Servicedienstleister und wandte sich wieder Vala zu, "Also.. es geht um eine Frau."
    "Japp.", gab Vala zu, "Wie hast du das bloß erraten?"
    "Es ist nicht das erste Mal, falls du dich erinnerst.. und sollte ich das auch jemals vergessen: dein Ruf erinnert mich stets daran. Deine Schwäche für das weibliche Geschlecht könnte dein Untergang sein, Duccius.", faltete Corvus die Hände vor etwas, das in seinen Maßstäben wohl als Lächeln durchgehen könnte, für alle anderen aber nur als Riss in der Eisdecke zu erkennen war.
    "Überlass die Belehrungen Linos. Der ist der Rhetor, du bist der Meuchelmörder, vergiss dies nicht.. ich bezahle dich nicht für Ratschläge, sondern dafür, dass du Dinge erledigst."
    "Oder auch nicht.", konterte Corvus unbeeindruckt, "Also, worum geht es?"
    "Um die hier.. und diesen Namen.", zog Vala zwei kleine Metallstücke und ein Stück Leder aus einem kleinen Säckchen, die er vor Corvus auf den Tisch legte, "Ich möchte, dass du arrangierst, dass der Name diese beiden Stücke bekommt."
    "Ein Abschiedsgeschenk? Duccius, du überraschst mich immer wieder., zeigte Corvus sich ganz und garnicht überrascht als er die zwei kunstvoll geschmiedeten Stücke auf der Tischplatte beobachtete. Schließlich ließ er sich doch zu einer Regung hinreißen, als er das Stück Leder mit dem Namen darauf zu sich heranzog. Als er ihn überflog, wanderte eine Augenbraue kritisch nach oben: "Die ist nicht unbekannt.. das dürfte spannend werden. Bestimmte Wünsche, wie sie sterben soll?"
    "Garnicht.", gab Vala zurück, was die Augenbraue des Amatius weiter nach oben wandern ließ, "Ich will einfach nur, dass du ihr die beiden Stücke zukommen lässt.. und zwar so, dass ihr klar wird, dass es keinen Ort gibt an dem sie sich vor mir verstecken könnte. Beziehungsweise: vor dir."
    "Schon wieder so eine Schreckgeschichte?", zeigte der Meuchelmörder sich keineswegs beeindruckt, sondern eher abgeneigt, "Duccius, ich möchte dich drauf hinweisen, dass es durchaus auch andere Arten und Weisen gibt eine Frau zu beeindrucken. Gerade du solltest das wissen."
    "Sagen wir: in dieser Sache sind meine Künste nutzlos. Es braucht handfesteres.. und da kommst du ins Spiel.", verteidigte Vala sich, und schob schließlich noch seinen Trumph ins Spiel als der Amatier sich weiterhin abgeneigt zeigte: "Danach gebe ich dir sogar mehr als deinen Senator. Allerdings findet dieser sich nicht in Rom."
    "Das ist unschön.", murrte Corvus, deutete Vala aber dennoch weiterzusprechen, "Das müsste ich mir genauer überlegen.. unbekanntes Terrain, unbekannte Menschen, nicht mein Revier. Aber erzähl weiter, vielleicht überlege ich es mir noch... um wen geht es?"
    Vala, der den Meuchelmörder anbeißen spürte, lächelte nicht gerade verhalten als er den Namen preisgab: "Quintus Marius Turbo."

  • Der Mann war... gelinde gesagt: beeindruckend. Ohne eine Ahnung zu haben, worum es hier ging, hatte Aquila doch das Gefühl, dass ihr Gegenüber von der Sorte war, die man lieber nicht als Gegner haben wollte. Und wie sich das Gespräch entwickelte... Das hieß, es musste sich gar nicht entwickeln, der erste Schlag kam gleich ziemlich am Anfang. Decima, sagte der Aedil, und Aquilas Gesichtszüge entgleisten für einen Moment. Wie, was, welche Decima hatte was mit einem Kerl wie dem da zu tun? Und warum? Seine Neugier wuchs genauso wie sein Unwohlsein, und je mehr er hörte, desto weniger wusste er, ob er seinen Ohren trauen sollte, oder ob er da wirklich hörte, was er zu hören glaubte. Er versuchte einen neutralen, unschuldigen Gesichtsausdruck aufzusetzen, als die Sprache zwischendurch auf ihn kam, fühlte sich aber effektiv daran gehindert, als er gemustert wurde von diesem Corvus, auf eine Art, die ihm klar machte wie sich wohl ein Kaninchen vor der Schlange fühlen musste. Der Blick des Duccius, der darauf folgte, war auch nicht sonderlich schön zu sehen, wenn auch nicht so unangenehm wie der andere, und weil er so gar nicht wusste, wie er reagieren sollte, setzte er einfach ein ziemlich unpassendes Lächeln auf... das ihm gleich darauf schon wieder verging. Hörte er da Sorge in der Stimme seines Senators, der plötzlich seine Eloquenz verloren zu haben schien und ein wenig stammelnd erklärte, was Aquila hier machte?
    Und dann fiel das Wort, das ihm schon im Kopf herumgespukt war, ohne dass er es hätte bewusst denken wollen: Meuchelmörder. Was Aquila in einen Zustand versetzte, den er selbst nicht so genau beschreiben konnte: Unwohlsein, wie schon die ganze Zeit, nach wie vor Neugier, ein wenig Unglauben, eine ordentliche Portion morbider Art von Faszination, und etwas, das Angst ziemlich nahe kam. Verdächtig nahe. In jedem Fall spürte Aquila sein Herz weit stärker klopfen als normal war. Weil er plötzlich nicht wusste wohin mit seinen Händen, verschränkte er die Arme einfach, während er sich einredete ruhig zu bleiben, es lautlos wiederholte, immer wieder, und zugleich versuchte weiter zuzuhören. Er linste auf das Stück Leder in dem Versuch, den Namen zu erkennen, war aber erfolglos – zu weit weg, und Corvus zu schnell dabei es aufzuheben. Und ein Mord sollte das offenbar ohnehin nicht werden. Im Gegensatz zu dem nächsten... da sagte der Duccius den Namen sogar laut. Und Aquila machte unwillkürlich ein erschrockenes Geräusch, das er noch währenddessen versuchte zu unterdrücken, so dass das, was zu hören war, halb wie ein Prusten, halb wie ein Husten klang.

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